

Auf einer abendlichen Fahrt mit der Regionalbahn glaubte ich zunächst meiner Müdigkeit zuschreiben zu müssen, dass ich die Reflexion meines Abteils in der Scheibe durch zarte psychodelisch wirkende Farben untermalt zu sehen glaubte. Nein, nun etwas wach geworden glaubte ich es nicht nur, sondern war sicher, dass dort Farben waren, die aus ganz bestimmten Betrachtungswinkeln und vor geeigneten Hintergründen deutlich hervortraten.
Nachdem ich einige Zeit herumgerätselt und auch experimentiert hatte (zum Glück waren kaum Fahrgäste anwesend, die ich hätte nerven können), fiel mir wieder ein, wie es zu diesen Farberscheinungen kommt. Es ist vor allem eine nicht direkt wahrnehmbare Kunststofffolie, mit der die Scheiben des Zugs vermutlich aus Sicherheitsgründen überzogen sind. Sie hat die sicher nicht beabsichtigte Eigenschaft doppeltbrechend zu sein und beim Durchgang von polarisiertem Licht Farberscheinungen hervorzubringen. Ein schöner Nebeneffekt also.
Wie an anderer Stelle ausführlicher beschrieben, wird normales Licht polarisiert, wenn es unter einem bestimmten Winkel (Brewsterwinkel) reflektiert wird. Das ist hier u. A. auf der glänzenden Ablage vor dem Abteilfenster der Fall. Das so polarisierte Licht fällt durch die Folie und wird dabei in zwei Teilwellen unterschiedlicher Geschwindigkeit zerlegt. Das führt dazu, dass ihre jeweiligen Phasen nicht mehr in derselben, sondern in unterschiedlichen Ebenen gleich sind. an der Rückseite der Scheiben reflektiert. Davon würde man normalerweise gar nichts merken, wenn das in dieser Weise modifizierte Licht nicht auf die Fensterscheiben aufträfe und von diesen abermals unter dem Brewsterwinkel ins Auge des Betrachters reflektiert und auf diese Weise abermals polarisiert würde. Dabei fallen die verschiedenen Ebenen der Teilwellen wieder zusammen und überlagern sich (interferieren). Aufgrund der durch die Doppelbrechung bewirkten Phasenverschiebung, kommt es zu Verstärkungen und Abschwächungen bestimmter Wellenlängen des sichtbaren Lichts, d.h. zu einzelnen Farben.
Damit die Bedingungen für die Farbentstehung erfüllt sind, treten die Farben nur unter bestimmten Winkeln auf. Außerdem sind bestimmte Hintergründe in der Spiegelwelt besser als andere geeignet, die Sichtbarkeit der Farben zu erhöhen.
Durch die Entdeckung dieses von den Fensterkonstrukteuren unbeabsichtigten Phänomens verging der Rest der Reise durch interessante Eindrücke beim Blick durch das Fenster wie im Fluge.
„Wie im Flüge“ ist gut!
Du hättest den ganzen Zug mit deinen Erkenntnissen unterhalten können. 😀
Hast es aber für den Blog vorbehalten 😀
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Ich glaube die wenigen Anwesenden hätten eine solche Unterhaltung nicht gewünscht. Der Blog hat den Vorteil, dass nur diejenigen das Gesprächsangebot annehmen, die es auch wirklich wollen. 😉
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Solche farbigen Lichtbrechungen erscheinen uns jedesmal wie ein Wunder. Wer weiß, von wieviel Wunderbarem wir täglich umgeben sind? Warum sind wir jedesmal über die Farbenvielfalt der Wolken und Blumen so erfreut? Am Meer gibt es sicher weitere Farbwunder.
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Daran knackse ich zurzeit.
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Man muss allerdings lernen, diese „Wunder“ zu sehen.
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Ja, die Freude darüber überwiegt doch, auch wenn man vieles noch nicht erklären kann. Aber nach und nach erkennen wir die Gesetzmäẞigkeiten.
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Stimmt, aber es lässt sich nicht alles in Gesetze auflösen – das große Geheimnis bleibt.
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Nein, nicht „in Gesetze auflösen“, das meinte ich nicht.
Wenn wir „dem großen Geheimnis“ weiter nachspüren, es zu begreifen versuchen, kommen wir weiter und ahnen weise Schöpfungsgesetze in und über allem.
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Okay. 🙂
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😊
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