
… will sagen: Er gibt nur dann annähernd die Wirklichkeit wieder, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Merkwürdigerweise sind es teilweise gerade solche, die in der abgebildeten Realität meist nicht realisiert sind. Zum Beispiel muss der Spiegel eben sein, darf keine Krümmungen aufweisen, muss gut reflektieren…
Genau das ist in dem Foto nicht gut erfüllt und führt zu einer ganz anderen Geschichte. Wir sehen lang aufstrebende kurvige, sich an bestimmten Stellen verzweigende, teilweise wellige Gebilde. Es handelt sich um eine mit spiegelndem Aluminiumblech verkleidete Wand. Wäre sie eben, so würde sie ganz gut spiegeln, wie man an einigen Stellen sieht. Da sie aber unterschiedlich gekrümmt ist, vermag sie nur entsprechend verzerrte Bilder wiederzugeben. Vielleicht kann man an den blauen Teilen erkennen/erahnen, dass hier hängende, sacht im Wind wehende Fahnen zu sehen sind. Bei schwachen Krümmungen kommt es zu Wellenlinien und Schwankungen in der Dicke des Fahnenmasts. Bei den starken Krümmungen, weisen die Strukturen auf einen Punkt hin. Diese Singularitäten sind trichterartige Vertiefungen, die durch Schrauben hervorgebracht werden, mit denen die spiegelnden Platten an die Wand fixiert wurden. Sie sind entscheidend für die Stabilität der Aluminiumfassade und es ist, als würden die Strukturen dem Rechnung tragen, indem sich ihnen oft mehrfach zuwenden. Natürlich nur dort, wo es Gegenstände gibt, die in ihren Einflussbereich gelangen. Die Kräfte, die von den Schraubenfixpunkten ausgehen, sind zwar stark aber kurzreichweitig, was zu einer starken lokalen Krümmung des Blechs führt. Die Fahnenmasten sind natürlich nur eine Möglichkeit, die spiegelnden Aluminiumbleche zum „Reden“ zu bringen. Andere hier nicht im Bild auftretende Spiegelobjekte würden natürlich andere Geschichten erzählen…
An einigen Stellen sieht es gar aus, als hätte der Maler Dali gewirkt, richtig schön surreal!
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Solche Assoziationen können einem wirklich kommen, wenn der Blick ein wenig hinter die Aluminiumfassade geht.
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Im mmk Frankfurt gab es eine Installation, in der wir manchmal schwer zuzuordnente Spiegelungen hervorrufen.
Damals hätte man das stärker austesten können/müssen. 😀
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Da im vorliegenden Fall bei der Verkleidung der Fassade die besonderen Spiegeleffekte vermutlich gar nicht beabsichtigt waren, hätte man es hier mit einer Art „absichtsloser“ Kunst zu tun… 😉
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Nicht intendiert.
Mein Totempfahl im Garten wird von manchen ganz anders gelesen.
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Ja, das kann ich mir denken.
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Ein interessantes Kunstwerk!
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Ja, zumal es vermutlich von keinem als solches geplant war…
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Ja, es gibt doch immer wieder Überraschendes😊
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Zum Glück! 🙂
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😊
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Kunst ohne künstlerische Absicht? Das widerspricht meiner Definition. Schön jedenfalls, ausdrucksvoll schon nicht mehr, denn was könnte ein abwesender Gestaltungswille ausdrücken?
Das bezogen auf das reale Phänomen … ganz anders natürlich steht es um die gestalterische Absicht des Fotografen.
Du hast ja den Begriff des „Naturschönen“ geprägt, um eine Form nicht von Menschen gestalteter Ästhetik zu erfassen. Braucht es eine ähnliche Wortschöpfung bezogen auf technische Phänomene? Oder erfasst du Physikalisches wie z.B. Spiegelung als Teil der Natur?
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Kunst ohne künstlerische Absicht ist m. E. solche, die vom Erschaffer nicht nicht als solche beabsichtigt war., aber von einem Betrachter als solche gesehen wird. Das gilt für das Naturschöne genauso wie für technische Objekte. Ich würde zwar zögern, eine Aluminiumverkleidung als naturschön zu bezeichnen, aber im Prinzip gehört sie dazu… Vielleicht findet sich ja noch einmal ein eleganter Sammelbegriff.
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Faszinierende Strukturen, die zwar ein „Werk“ der Natur sind, aber doch eines Blickes bedürfen, der den Schatz zu heben weiß. Arnold Schönberg behauptete, Kunst käme nicht von Können, sondern von Müssen. Das passt hier ganz gut, setzt man voraus, dass den wahrnehmbaren Phänomenen der Natur kein gestalterischer Wille unterstellt werden kann, sie vielmer „tut“, was halt sein muss. Darf ich bei dieser Gelegenheit eine Frage anbringen, die mich schon lange umtreibt, und vielleicht auch nur ein Scheinproblem beschreibt? Warum vertauscht das Spiegelbild zwar links und rechts, nicht aber oben und unten? Vielleicht gibt es auf Ihren Seiten dazu bereits einen Artikel? Danke!
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Die Schönberg Übertragung finde ich auch sehr passend und zeigt, dass auf eine bestimmte Weise zu einem „Kunstwerk“ der Betrachter zwingend dazu gehört.
Zur Frage: Ein Spiegel vertauscht gar nicht links und rechts, sondern vorne und hinten. Wenn ich vor einem Spiegel stehe und mein gespiegeltes Gesicht betrachte, bleibt das linke Auge links und das rechte Auge rechts. Allerdings schaut mein Gesicht mir nunmehr entgegen. Denn ein Spiegel wirft das Licht zurück, sodass das von meinem Gesicht ausgehende Licht nunmehr aus der Gegenrichtung kommt. Und diese „Umstülpung“ sieht dann wie eine Links-Recht-Vertauschung aus, weil ich mein Spiegel-Ich gedanklich um 180° drehe. Es gibt wohl einige Artikel und auch Kommentare zu dieser Frage auf meinem Blog, aber sind nicht leicht auffindbar.
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Danke!
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🙂
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Mal abgesehen von der Ästhetik deines Fotos – auch dee anfangs formulierte Gedanke fasziniert mich: dass eine „korrekte“ Wiedergabe der Realität durch Spiegelung in der Natur eigentlich nie zustandekommt. Unser Hirn macht da wohl keine Ausnahme.
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Insofern ist der Spiegel auch eine schöne Metapher für die Unvollkommenheit einer wie auch immer gegebenen Wiedergabe der Realität.
Bei der Wahrnehmung der Welt und der Verarbeitung der Sinneseindrücke findet bereits eine derart drastische Reduktion der Information statt, dass dem Gehirn nur ein sehr beschränkter und vom jeweiligen Individuum abhängiger Datensatz zur Verfügung steht.
Es ist sogar so, dass rein physiologisch die Kanalkapazität der Sinnesorgane Größenordnungen zu klein ist, um alle pro Zeiteinheit einströmenden Eindrücke übertragen zu können.
Geschickterweise hat die Natur es jedoch so eingerichtet, dass wir dennoch das Gefühl haben, alle mitzubekommen – wenigstens wenn wir wollten.
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