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Marginalia

Diese Kategorie enthält 1557 Beiträge

Eine Schnecke mit Pappelflaum

Diese Nacktschnecke bewegte sich langsam auf ihrem Schleimpfad über die Straße. Es war windig und der Samenflaum der nahegelegenen Pappel erfüllte die Luft. Und da blieb es dann nicht aus, dass auch die Schnecke getroffen wurde. Durch die extreme Klebrigkeit der Schneckenhaut, blieben einige weiße Büschel haften, die der Schnecke offenbar nichts ausmachten. Jedenfalls rutschte sie auf ihrem Pfad weiter, als ob nichts gewesen wäre. Es waren nicht genug Samenflaume, um die nackte Schnecke zu einer weiß gekleideten Schnecke zu machen.

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Rheum Rhabarberum

Ich kann mir denken, dass nur die Wenigsten darauf kommen, um welche Pflanze es sich hier handelt. Und wenn ich sage: „Rhabarber“, dann rechne ich mit Zustimmung, aber nur weil „Rhabarber“ nicht nur für eine Pflanze steht, sondern auch für „unsinniges Zeug“. Aber diese winzigen Herzchen – deren Größe man anhand der im Samenstand herumturnenden Ameisen abschätzen kann (ca. 6 – 8 mm) – haben mit Rhabarber sehr viel zu tun. Sie sind die Samen einer leibhaftigen Rhabarberblüte. Vielleicht erinnert sich der eine oder die andere an den kürzliche erschienenen Beitrag „Wenn der weiße Rhabarber wieder blüht“. Dieser Rhabarber ist nun verblüht und versprüht seine unzähligen ebenfalls naturschönen Samen. Der Rhabarber hat es also ganz schön in sich nicht nur im Hinblick auf sein Sauersein (von sauer gibt es offenbar kein passendes Nomen).

Überlagerung von echten und erinnerten Bildern

Manche Gedanken kristallisieren sich zu Bildern.
Ich sitze am Fenster, blicke auf die Nachbarhäuser in der Straße und lasse die Gedanken schweifen. Alte Urlaubserinnerungen werden an die Oberfläche gespült, sie überlagern in Bildern das tatsächlich Gesehene.

Lichterloher Wolkenrand

Wie ein Blitz zeigt sich hier der Rand einer Wolke und verrät, dass hinter ihr die Sonne scheint. Warten wir es also ab, bis sie sich in ihrer ganzen Pracht zeigt und genießen vorerst die eindrucksvollen Blautöne.

Wenn der weiße Rhabarber wieder blüht…

Dass der Rhabarber auch mal blühen könnte, ist mir in den Jahren, in denen er in unserem Garten wächst und uns mit den sauren Stangen versorgt, nicht wirklich aufgegangen. Erst als er es dann wirklich tat, wie in diesem Jahr, war ich über den gesamten Vorgang doch einigermaßen erstaunt. Die Pflanze bildete nämlich nicht nur Blätter, sondern einen steil aufwärts strebenden Trieb aus, der im Moment vermutlich seine größte Höhe von etwa 150 cm erreicht hat. Dabei habe ich ihn in Unwissenheit über den Vorgang auch wohl noch massiv gestört, weil ich die Blätter wie üblich abgeerntet hatte. Ich vermute, dass der Pflanze dadurch einiges an Energie entgangen sein muss, die sie für die Bildung der Blüte zusätzlich hätte verwerten  können. Ich frage mich, wie groß sie dann wohl geworden wäre.

Apropos Rhabarberblatt. Bei Arno Schmidt (1914 – 1979) liest man:
„Ä – Felix-Oswald,“ hob Frau Ruth auch gleich an: „Gib ma-ma ! Von den hartgekochten Eiern – „; wickelte auch eine Brotscheibe aus dem Rhabarberblatt, in welches man sie (mein Rat!) zum Frischblieben ländlich geschlagen hatte; uralte Sitte. Aber <Eier das sauberste Essen>?: „Ich hab schon ma 1gehabt, da war ein wirggel-lebendijer Ohrwurm drin! – Und wenn ich nicht irre, berichtet eine <Bremische Naturforschende Gesellschaft> noch ganz andere Sachen: Neenee!“.
Überhaupt schien die Luft voller  Fehlleistungen.*

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* Arno Schmidt. Kühe in Halbtrauer. In: Ausgewählte Werke 3. Berlin; 1990. S. 74

43 und ein Gefühl von 7

Liebe Julia, nachdem du erst vor einigen Wochen großes Pech gehabt hast, holt dich dein Geburtstag mit der Zahl 43 definitiv aus diesem Tief heraus. Dazu möchte ich dir ganz herzlich gratulieren und gleichzeitig darauf aufmerksam machen, dass die Summe der Ziffern von 43 genau 7 ergibt, die ein direkter Hinweis auf dein Lebensglück ist und neben weiteren glückbringenden Besonderheiten die Anzahl der Farben des Regenbogens darstellt.
Außerdem steht die Zahl 43 für die Buchstaben des Alphabets an 4. und 3. Stelle und bedeutet „DC“.
DC steht für die Abkürzung direct current, was auf deutsch Gleichstrom heißt. Du stehst im 43 Jahr also unter Strom aber der fließt gleichmäßig dahin.
Schaut man sich außerdem an, was die Engelszahl 43 bedeutet, so wird abermals auf die Kombination der Zahlen 4 und 3 zurückgegriffen. Dabei steht die Zahl 4 für „die Attribute Stabilität und Fähigkeit, solide Grundlagen zu schaffen, Anstrengung und Wille, Praktikabilität und Anwendung, Disziplin und Fortschritt, Leidenschaft und Tatkraft mit sich und steht in Resonanz mit den Energien der Erzengel.“ Das klingt doch überwältigend. Aber es kommen noch „Gesellschaft, Kreativität, Enthusiasmus und Optimismus, Selbstdarstellung und Kommunikation, psychische Fähigkeiten und intellektuelles Streben, Wachstum, Expansion und die Prinzipien der Vergrößerung“ hinzu, für die die Zahl 3 steht.
Aber bevor ich ganz ins Esoterische abgleite, möchte ich noch auf etwas handfest Mathematisches sozusagen als rationales Gegengewicht hinweisen, nämlich auf das sogenannte Münzproblem. Denn die 43 unterhält dazu eine ganz besonder Beziehung. Falls du dir einen Eindruck davon verschaffen möchtest, schaue dir den Spektrumbeitrag: Die Mathematik frittierter Hähnchen an und teile mir gelegentlich mit, ob du davon in irgendeiner Weise profitieren kannst.
Ach ja, und dann bleiben da noch die 43 ausgestellten Kleider auf den Champs-Elyssee. Du hast offenbar genau nachgezählt (siehe Foto). Und, waren es 43, sozusagen als Zielvorgabe für dieses Jahr?

Gelber Hibiskus

Der Hibiskus stammt ursprünglich aus den Tropen und ist heute auch in den gemäßigten Klimazonen anzutreffen, wo ich ihn nicht nur in seinen roten, sondern auch seinen ebenso schönen gelben Blüten in freier Natur antraf.
Als Topfpflanze kennen wir dieses Malvengewächs inzwischen auch in den eigenen vier Wänden. Er fasziniert nicht nur durch seine auffallend leuchtenden Farben seiner großen Blüten. Erstaunlich ist auch sein Verhalten, seine Blüten nachts zu schließen und tagsüber wieder zu öffnen. Damit kommt er dem menschlichen Verhalten ziemlich nahe. Diese schließen nachts die Augen und viele von ihnen öffnen sie tagsüber auch wieder. Allerdings ist die Motivation für diesen Wechsel eine andere. Durch das Schließen soll die Blüte vor der nächtlichen Kälte geschützt werden (siehe auch den früheren Beitrag).

In Farben funkelndes Gras in der Morgensonne

Zugegeben, das Foto ist unscharf. Aber das ist bewusst geschehen. Denn anderenfalls hätte ich kaum einen Eindruck davon vermitteln können, wie das Gras vor ein paar Tagen in der Morgensonne in allen Spektralfarben funkelte. Es sind die Tautröpfchen, die – normalerweise übersehen oder in Form nasser Füße ein Ärgernis darstellen – hier deutlich und ästhetisch ansprechend auf sich aufmerksam machen. Sie reflektieren das Sonnenlicht ins Auge des Betrachters.
Wenn man die Sonne im Rücken hat und sich vor den tropfnassen Blättern bewegt, beobachtet man, dass das Funkeln in einem Aufflammen und Verlöschen einzelner Lichtblitze besteht, die synchron der Bewegung folgen. Beeindruckend ist insbesondere, dass neben weißen auch farbige Lichtblitze zu sehen sind. Wenn man einen Lichtpunkt fixiert und die Blickrichtung leicht variiert, kann man erreichen, dass dabei ein ganzes Spektrum von Farben durchlaufen wird. Durch die Beobachtungskonstellation wird klar, dass das Sonnenlicht ähnlich wie beim Regenbogen 1. Ordnung in die Wassertropfen eindringt und nach zweimaliger Brechung und einmaliger Reflexion ins Auge des Beobachters gelangt.
Da das weiße Licht aus allen Spektralfarben besteht, werden die Lichtstrahlen je nach Farbe unterschiedlich stark gebrochen und auf diese Weise wie von einem Prisma in Farben aufgespalten.
Doch wenn das Phänomen im Automatikmodus fotografiert wird, ist man meistens über das Ergebnis enttäuscht. Die Lichtblitze sind zu klein, um eine eine nennenwerte Spur auf dem Chip zu hinterlassen. Da hilft es dann in vielen Fällen nur noch, bewusst unscharf zu fotografieren, um so die winzigen Lichtblitze auf eine größere Fläche zu verschmieren und ihnen dadurch eine größere Sichtbarkeit zu verschaffen. Unsere Augen schaffen es beim Umherblicken u. A. mit Hilfe der angepassten Pupillenöffnung sich stets auf die betrachteten Details einzustellen. Bei den hellen Lichtpunkten, stellt sich eine winzige Pupillenöffnung ein; beim vergleichsweise dunklen Gras ist sie hingegen wesentlich größer.
Wir haben es hier also mit dem merkwürdigen Sachverhalt zu tun, dass eine bewusste fotografische Qualitätsverminderung Ansichten hervorbringt die anders nicht zu haben sind.
Man kann aber auch die Defokussierung so groß machen, dass die Zerstreuungskreise mehrere Farben gleichzeitig aufweisen. Auf diese Weise lassen sich mit der Unschärfefotografie auch künstlerische und ästhetische Aspekte realisieren. Diese auch physikalisch interessante Thematik wird vor allem unter dem aus dem Japanischen kommenden Begriff „Bokeh“ (von jap. 暈け = unscharf, verschwommen) diskutiert.

Die verschmähte Blume

Löwenzahn

Keine Vase will dich. Keine
Liebe wird durch dich erhellt.
Aber deines Samens reine
weiße Kugel träumt wie eine
Wolke, wie der Keim der Welt.

Lächle! Fühl dich gut gedeutet!
Blüh! So wird aus Schweigen Huld.
Bittre Milch und Flaum, der gleitet:
O, nicht Haß – den Himmel weitet
Weisheit. Stillesein. Geduld.

Wärst du auf der Höh geboren,
ferne, selten, früh empor:
Teilnahmslosem Gang der Horen
blühtest ruhmvoll, unverloren,
groß, dein Wunder vor.
*

Faszinierend an den Löwenzahnsamen ist u. A. ihre physikalisch raffinierte Weise, sich in der Luft zu neuen Ufern auszubreiten. Im Unterschied zu anderen Samen hängen diese nicht an flächigen Flügeln. Ihr Gleitschirm besteht aus einem filigranen Faserskelett, das auf den ersten Blick nicht besonders geeignet erscheint, um sich optimal fortzubewegen. Doch in ihrer Größenordnung erweist es sich gerade wegen der feinen Struktur als besonders prädestiniert, langsam und stabil durch die Luft zu gleiten. Physikalisch gesehen ähnelt die Forbewegung der an ihren Pappussen hängenden Samen eher dem Schwimmen als dem Gleiten in der Luft, weil für so winzige Objekte bereits die Zähigkeit der Luft bemerkbar macht.

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* Joseph Weinheber (1892 -1945)

Les Deux Magots

Dies war vor vielen Jahren mein Lieblingscafé, am liebsten zu Zeiten, wenn Paris nicht gerade von Touristen überrannt wurde. Abgesehen davon, dass Physik überall ist, kann ich zu diesem Ort nichts Physikalisches beitragen. 😉

Der Moment, in dem die Sonne die Erde streift

Ich liebe den kurzen Zeitraum am Morgen, wenn die Sonne gerade über den Horizont blinzelt und eine Lichttangente über das flache Land legt. Heute hatte ich Gelegenheit, diesen Moment in einer kaum zu überbietenden Feinheit zu erleben. Als ich eine Schnecke ähnlich gemächlich über den Weg rutschen sah, wie die Sonne aufstieg, flammte plötzlich der flache orangefarbene Schneckenkörper im hellen Sonnenlicht auf. Wie man an den angestrahlten Tannennadeln und Steinchen auf dem Weg erkennt, wurde hier das ästhetisch Prinzip des Ton in Ton in hervorragender Weise erfüllt.
Die Tage im Mai sind für mich in dieser Hinsicht besonders passend, weil wir – die Sonne und ich – etwas zur gleichen Zeit aufstehen.

Es gibt nicht nur eine blaue Blume

Vielleicht wird um die Suche nach der Blauen Blume (spätestens seit Eichendorff) zu viel Gedöns gemacht. Vielleicht hat so manch einer sie in der Hand gehabt und es nicht bemerkt. Ich denke, dass man bei der Suche etwas beherzter zur Sache gehen und wo nötig selbst Hand anlegen sollte. Es ist zwar dann nicht DIE blaue Blume aber immerhin Eine erreichbare blaue Blume.

Spiegeldefekt

So manches Mal, wenn ich in einen Spiegel schaue – und sei es nur das Fenster eines beleuchteten Raums, habe ich den Eindruck, dass aus dem Spiegel meine Mutter zurückschaut. Für mich ein eher positiver Aspekt, wenngleich er mit naturwissenschaftlichen Mitteln nicht zu erklären ist.

Ja, ja ich weiß: „Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, …,von denen sich eure Schulweisheit nichts träumen läßt.“*

Es scheint nicht nur mir so zu gehen. In dem Roman „Die Autorenwitwe“ von  Judith Kuckart stolperte ich über die folgende Stelle:
Olga geht zum Spiegel, sieht hinein, und der Spiegel schaut mit dem Auge ihrer Mutter zurück. Die muß ihr aber auch überall auflauern!**

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* William Shakespeare. Die Tragödie von Hamlet, Prinz von Dänemark.

** Judith Kuckart. Die Autorenwitwe – Erzählungen. Köln 2003, S. 35.

Reflexionen am frühen Morgen

An einem morgendlichen Spaziergang taucht plötzlich wie an einem hell erleuchteten Baum gepinnt, mein Schattenbild auf. Auch wenn es nur ein Schatten ist, das Gefühl, dass er etwas mit mir zu tun hat, lässt sich einfach nicht vermeiden.
Schaut man genauer hin, so zeigt sich, dass die durch die Zwischenräume zwischen den Bäumen hervorgebrachten Lichtspalten nicht nur Teile anderer Bäume erhellen, sondern auch den Boden. Dadurch entsteht zuweilen der irritierende Eindruck als würden die Bäume teilweise ihre Grenzen überschreiten.
Die gelbliche Farbe des Lichts zeigt, dass die Sonne noch sehr tief steht und ihr Licht einen so langen Weg durch die Atmosphäre zurücklegt, dass infolge der sogenannten Rayleigh-Streuung die kurzen Wellenlängen (vor allem die Blautöne) zum großen Teil durch Streuung zu den Seiten verloren gegangen sind. „Verloren“ ist nicht ganz korrekt, denn das vorwiegend herausgestreute kurzwellige Licht sorgt als Himmelblau bzw. Tageslicht tagsüber für die typische indirekte Beleuchtung, ohne die wir ansonsten nur etwas im direkten Licht der Sonne sehen würden. Das wären dann optisch gesehen ähnliche Verhältnisse wie auf dem Mond, der keine Licht streuende Atmosphäre besitzt.

Zum Welttag des Buches 2023 – Liest du noch?

Tauben lesen auf diesem mit ihrem Sitzbüchern zum Lesen einladenden Park in Paris Essbares auf, das sie zwischen den Sandkörnern finden. Es sind meist Essensreste, die die Menschen beim Picknick hinterlassen haben. Auch wenn die Aufforderung zum Lesen hier in Stein gehauen ist, heißt das noch lange nicht, dass davon im Sinne des Welttags des Buches eine nachhaltige Wirkung ausgeht. Jedenfalls sollte man sich darauf nicht ausruhen und andere Möglichkeiten zum Lesen anzuregen vernachlässigen.

Eine Felswand mit „Kaustiken“

Visuelle Ähnlichkeiten entdeckt man oft in völlig verschiedenen Bereichen und Zusammenhängen. Als ich diese Felswand (links) fotografierte, erinnerten mich die hellen Lichtbänder an Kaustiken wie man sie oft in flachen Gewässern beobachten kann (rechts). Tatsächlich hat das eine mit dem anderen rein materiell gesehen nichts zu tun. Unser Mustererkennungsvermögen kennt oft keine Grenzen welcher Art auch immer und stellt Zusammenhänge her, die realiter gar nicht bestehen. Aber diese unsere Fähigkeit völlig verschiedene „Ansichten“ miteinander zu verknüpfen, stellen eine Grundlage für die Entwicklung neuer Ideen und Möglichkeiten dar, auf die man durch bloßes Nachdenken wohl kaum gekommen wäre.

Verräterischer Blick

Bei vielen Aktionen verrät man sich dadurch, dass man Spuren hinterlässt. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Fotos im Spiel sind. Ein Selfie ist in vielen Fällen mit von der Partie, auch wenn man es nicht erwartet. So auch auf diesem Foto. Das Abbild hilft andererseits, die Aktion zu rekonstruieren.

Wege 23: Osterspaziergang mit bunten Eiern

Wer auch immer diese Ostereierinstallation tief im Innern des Waldes eingerichtet hat, wird sich dabei einiges gedacht haben. Darüber möchte ich jetzt nicht spekulieren und stattdessen diese Kuriosität einfach durch ein Foto dokumentieren. Vielleicht ordnet sich auch diese „künstlerische“ Auseinandersetzung mit der Natur unter ähnlichen Aktionen ein, die ich in früheren Beiträgen dokumentiert habe, wie beispielsweise die Baumkleidung, der winterliche Schmuck von Bäumen mit gestrickten Sternen, die farbliche Hervorhebung zerfallender Bäume oder gar die eher philosophisch einzuordnende Auseinandersetzung mit Kein und Sein. Jedenfalls zeigt sich darin, dass ein Wald nicht nur reale Wege hat, deren Existenz plakativ geleugnet wird, sondern auch Wege, die nicht nur begangen, sondern auch diskutiert werden.

Ach, hier hat er sich versteckt…

Ich habe ihn an einem seiner langen Ohren erkannt. Hätte er sich nicht auf diese Weise der Sonne exponiert, ich wäre ihm wohl nicht so schnell auf die Spur gekommen. Denn zugegeben, sich in einem Tropfen zu verstecken und gleichzeitig zu sonnen, ist schon eine sehr originelle Art, sich vom Verteilen der Eier zu erholen oder sich dem gar zu entziehen. Die physikalisch äußerst interessante Frage, wie er in den Tropfen hineinkam und erst recht, wie er wieder herauskommt, möchte ich hier einmal ungeklärt lassen…

Anmerkung: Es handelt sich um ein echtes Foto, Photoshop war nicht im Spiel. Man könnte auch sagen: Reiner Zufall und die Disposition Pareidolien zu sehen, in diesem Fall aus aktuellem Anlass Osterhasen in den Augen oder sonstwo zu haben.

Tröpfchenalarm am Morgen

Normalerweise sieht man sie nicht, sondern ist unangenehm berührt – ein nur schwer zu beseitigendes Kitzeln im Gesicht durch aufgringliche Anhänglichkeit zeigen, dass es bereits zu spät ist – der Spinnfaden ist gerissen.
In diesem Fall (Foto) wurde ich im letzten Moment gewarnt. Der Faden hatte sich eine größere Sichtbarkeit zugelegt, indem seine wasserliebende Oberfläche mit winzigen Tröpfchen belegt war. Ich bückte mich also und entging damit einer Minidusche, obwohl diese Erfahrung vielleicht ganz interessant gewesen wäre.
Warum und wie die Spinne den Faden über den Wanderweg gespannt hat, blieb ihr Geheimnis. Ich hätte ihr geraten, sich eine andere Stelle zu suchen. Zwar würde der nächste oder übernächste Wanderer ins unfertige Netz gehen, aber trotz der fetten Beute hätte die Spinne nichts davon. Vielleicht war es ja auch nur eine künstlerische Installation, der ich durchaus das Prädikat „naturschön“ verleihen würde.
Erstaunlich erscheint der einen oder dem anderen vielleicht, wie straff der Faden trotz der verhältnismäßig großen Wasserlast gespannt ist. Die Ursache dafür habe ich in einer früheren Arbeit beschrieben.

Eine zauberhafte Felswand

Nicht ich schien die Wand zu berühren, sondern aus dem Stein lösten sich feine Teilchen und strömten meiner Hand zu, zogen mich in einen Regelkreis, in dessen pulsierendem Gleichmaß die Grenzen der Dinge mehr und mehr schwanden und einem Zustand Raum gaben, der alle Unterschiede, Konturen und Selbstgewißheiten zu einem chaotisch an- und abschwellenden Rauschen umschmolz.*

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* Klaus Modick. Die Schrift vom Speicher. Frankfurt 1994, S. 74.

Wasser verwandelt Formen in Substanzen

Angesichts des Wesens menschlicher Wirklichkeit ist die Interpretation von Träumen eine Tautologie und läßt sich bestenfalls durch das Mengenverhältnis zwischen Tageslicht und Dunkelheit rechtfertigen. Es ist jedoch zweifelhaft, ob dieses demokratische Prinzip in der Natur wirksam ist, wo sich nichts einer Majorität erfreut. Nicht einmal das Wasser, auch wenn es alles seiner Reflexion und Refraktion unterwirft, sich selbst eingeschlossen, wobei es Formen und Substanzen verwandelt, manchmal auf sanfte, manchmal auf monströse Weise.*

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* Joseph Brodsky. Ufer der Verlorenen. Frankfurt 2002, S. 57f

Frühlinghafte Begegnung

Luftige Leere

Ein Trinkglas wird gefüllt, wenn man ein Getränk hineingibt. Vorher war es leer – sagt man. In Wirklichkeit war es nicht leer, sondern mit Luft gefüllt. Aber was ist schon Luft? In dieser Sprechweise ist sie gleichbedeutend mit Leere. Dabei wissen wir, dass wir ohne Luft nicht leben können und es dem Menschen versagt ist einen luftleeren Raum herzustellen. Wenn man vom luftleeren Raum spricht, meint man einen Raum in dem der Luftdruck reduziert ist. In einem sogenannten Ultrahochvakuum ist er sogar sehr stark reduziert.
Wenn man also ein Glas mit einem Getränk füllt, verdrängt man mit einem dichteren Fluid, dem Getränk, ein weniger dichtes, die Luft, die dann außerhalb des Glases Platz findet.
Um die Luft als physikalische Gegebenheit bewusst zu machen, präparieren wir eine Situation, in der sie sich ähnlich wie Wasser verhält. Dazu wird ein leeres – pardon – mit Luft gefülltes Glas überkopf in ein Gefäß mit Wasser gedrückt. In diesem Fall tritt kein Wasser in das Glas ein, weil anders als in der „luftigen“ Umgebung des Alltags im Wasser das dichte und das weniger dichte Medium gewissermaßen ihre Rollen vertauschen, vorausgesetzt es wird außerdem „oben“ und „unten“ vertauscht, indem die Glasöffnung entgegen der üblichen Praxis nach unten gerichtet wird.
Dass durch diese doppelte Vertauschung – Flüssigkeit und Luft sowie oben und unten – die Verhältnisse irgendwie gleich bleiben, wird noch überzeugender, wenn man aus dieser Erkenntnis Konsequenzen zieht. Eine Konsequenz wäre, dass man in der „wässrigen“ wie in der gewohnten „luftigen“ Umgebung versuchte, Luft von einem Glas in ein anderes umzufüllen.

Luft einschenken. Zum Glück gibt es keine Flecken, wenn einige Blasen vorbeigehen.

Ein entsprechender Versuch ist leicht ausgeführt (Skizze): In der kopfstehenden Wasserwelt eines Aquariums wird ein luftgefülltes Glas vorsichtig über (aus der Sicht der Luftwelt: unter) einem „leeren“, also mit Wasser gefüllten Glas geneigt und die Luft ins bis dahin luftleere Wasserglas gegossen. Wie in der Luftwelt muss man aufpassen, dass man nichts vorbeigießt oder das Glas nicht zum Überlaufen bringt. Auch die Verdrängung des Wassers durch die ins Glas strömende Luft erfolgt genauso unauffällig wie die Verdrängung der Luft beim Eingießen von Wasser in der normalen Luftwelt.
Erst durch eine Betrachtung der Dinge in einer anderen Welt versteht man, was in dieser Welt wirklich passiert.
Damit ist der Kern des Problems getroffen. Da aus lebensweltlicher Perspektive alles Erfahrene immer schon benannt und begriffen ist, muss aus neuer unvertrauter Perspektive (hier: aus der Sicht der Wasserwelt) Altbekanntes zum Unvertrauten gemacht werden, um so die Realität in neuer, vorher nicht erlebter Weise sichtbar zu machen.
Die obigen Experimente demonstrieren darüber hinaus ein typisches Vorgehen innerhalb der physikalischen Forschung. Es werden Symmetrieüberlegungen angestellt, um die in einem bereits physikalisch erschlossenen Gegenstandsbereich gemachten Erfahrungen auf einen anderen irgendwie dazu symmetrisch gedachten Bereich zu übertragen.
Im vorliegenden Beispiel zeigt sich aber, dass die fluiden Medien Luft und Wasser zumindest nicht in dem simplen Sinne symmetrisch zueinander angesehen werden können, dass ein bloßer Austausch derselben zu einem entsprechenden Ergebnis führt. Außerdem müssen in einer weiteren Symmetrieoperation Oben und Unten vertauscht werden. Erst diese doppele Vertauschung führt zu Phänomenen, die in der hier unterstellten Vereinfachung vom Medium Wasser oder Luft unabhängig sind.

Der erste Experimentalphysiker Georg Christoph Lichtenberg (1842 – 1799) hat sich ausgiebig mit dem Füllen und Leeren von Gläsern befasst und daraus seine Lehre bzw. Leere gezogen:
Ich fragte ihn, ob er das leichteste Verfahren kenne, ein Glas ohne Luftpumpe luftleer zu machen. Als er sagte: Nein, so nahm ich ein Weinglas, das voll Luft war wie alle leeren Weingläser, und goss es voll ein. Er gestund nun ein, das es luftleer sei, und dann zeigte ich ihm das beste Verfahren, die Luft ohne Gewalt wieder zuzulassen, und trank es aus. Der Versuch misslingt selten, wenn er gut angestellt wird. Es freute ihn nicht wenig, und er wurde von uns allen mehrmals angestellt*.

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* Georg Christoph Lichtenberg: Schriften und Briefe IV. München 1967, S. 316

Frühlingsanfang

Seitdem die Sonne sich wieder vermehrt blicken lässt und ihre Strahlen radial in alle Richtungen sendet – jedenfalls nach der geometrischen Optik – werden einige frühe Blüten dazu angeregt, es ihr gleich zu tun. Die Strahlen der Weidenblüte sind kürzer, dafür enden sie in kleinen gelben Proviantpaketen für die frühen Insekten.
Frühlingsanfang bedeutet, dass die Tage fortan länger sind als die Nächte. Das bedeutet, dass sich die Sonne am Tage länger über dem Horizont aufhält als darunter, auch wenn das möglicherweise infolge von Nebel und Wolkenbedeckungen nicht unmittelbar nachvollzogen werden kann. Wer in den letzten Tagen Sonnenauf- und -untergangzeiten sehr genau beobachtet oder nur auf einer Liste verfolgt hat, wird zu seinem Erstaunen festgestellt haben, dass der Tag bereits vorgestern länger war als die Nacht. Schuld daran ist die „Hebung“ der tiefstehenden Sonne durch Lichtbrechung in der dichten Atmosphäre.

Regenbogenfarben

Als ich am Morgen noch etwas schlaftrunken das Haus verließ, glaubte ich zunächst meinen Augen nicht zu trauen. Durch das kahle Geäst der Bäume fiel mir eine beeindruckend hohe pastellfarbene Säule auf, die auf eine sehr unmittelbare und zugleich symbolische Weise die Farben anklingen ließ, die der Tag vielleicht noch in der einen oder anderen Form hervorbringen würde.
Es waren die Farben, die bei der Reflexion des Sonnenlichts in einer hier kaum sichtbaren Wand fallender Regentropfen durch Brechung hervorgebracht wurden.
Weil das weiße Licht der Sonne aus Wellen unterschiedlicher Länge besteht und die Brechung für jede Wellenlänge eine andere ist, treten sie in Form von getrennten Spektralfarben hervor und formen einen bunten Regenbogen.
Dass der Bogen hier fast senkrecht auf der Erde zu stehen scheint ist seiner „Größe“ zuzuschreiben: Am morgen und am Abend, wenn die Sonne gerade über den Horizont steigt entstehen auf dem flachen Land die größten Regenbögen. Am Mittag, wenn die Sonne hoch am Himmel steht, sieht man unter geeigneten Bedingungen nur noch den oberen Teil des Bogens unmittelbar über der Erde. Und da fällt er meistens kaum auf.

Bewegung in der Felswand

Als ich vor dieser aus einem Felsen mit einer überdimensionalen Säge herausgearbeiteten glatten Wand stand, hatte ich kurzfristig den Eindruck, das Steinpaar im rechten Drittel würde sich über den holprigen Hangweg von einer zur anderen Erhebung hüpfend nach links unten bewegen. Zugegeben – eine Täuschung. Aber vielleicht bewegt er sich ja tatsächlich, wenngleich dem Kontext entsprechend geologisch langsam 😉 , also mit einer Geschwindigkeit von derselben Größenordnung in der der Fels selbst entstanden ist. Man könnte die Szenerie aber auch als Dornröschenschlaf ansehen, das wäre wesentlich poetischer und würde die naturschöne Ansicht kongenial begleiten.

Abschied von Corona?

Als ich vor einigen Tagen frühmorgens dieses Bild vor Augen hatte, liefen die letzten Jahre wie ein Film vor mir ab und hinterließen äußerst zwiespältige Gefühle. Zwar ist die Maske nach wie vor in Betrieb – jede Arztpraxis zeigt, wie aktuell sie noch ist – aber gleichzeitig wird sie auf Eis gelegt bzw. eingefroren – wie es dieses vielsagende Bild aus der Natur nahezulegen scheint. Irgendwie wehrt sich etwas in mir, dieses Bild als naturschön anzusehen, obwohl äußerlich alles zu stimmen scheint: Die Symbolkraft überwiegt die Ästhetik.

Abend am Watt

Meeresstrand

Ans Haff nun fliegt die Möwe,
Und Dämm’rung bricht herein;
Über die feuchten Watten
Spiegelt der Abendschein.

Graues Geflügel huschet
Neben dem Wasser her;
Wie Träume liegen die Inseln
Im Nebel auf dem Meer.

Ich höre des gärenden Schlammes
Geheimnisvollen Ton,
Einsames Vogelrufen –
So war es immer schon.

Noch einmal schauert leise
Und schweiget dann der Wind;
Vernehmlich werden die Stimmen,
Die über der Tiefe sind.*

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* Theodor Storm (1817 – 1888)

Mach es wie die Platane

Die Platane trennt sich von Zeit zu Zeit von ihrer für das weitere Wohlergehen problematisch gewordenen Borke. So einfach wie die Platane kommen wir Menschen offenbar nicht aus unserer Haut.

Vorspiegelung von Pflanzen

Nichts erscheint in solchem Maße vegetabilisch; nicht einmal, wo sie doch die Durchpausung wirklicher Pflanzen verewigen, die Spuren des Farns in der Steinkohle, der Meerlilie im Schiefer. Und trotzdem sind die Dendriten nie lebendig gewesen. Niemals bewässerte auch nur ein Tröpfchen ihre verzweigten Spitzengewebe, niemals schwärmten Samen aus geheimen Quersäcken in ihnen hoch, um sie ringsum zu vermehren. Ihr zartes Laubwerk wurde von einer blinden Kristallisation toter Stoffe, metallischer Oxyde in den Stein eingeschrieben. Doch ihre Büschel, ihr Gezweig erblühen so wunderbar, daß sich der Uneingeweihte mit Sicherheit darüber täuscht. Nur mit Mühe kann man ihn über seinen Irrtum aufklären.
Vorspiegelung sicherlich diese Salze, die das Pflanzlich so vollkommen simulieren, wobei sie allesamt dem Leben und dem Verderben enthoben sind. Trotzdem kann ich mich nicht der Überzeugung erwehren, daß diese falschen Farne, die mit der Pflanze nur das Aussehen gemeinsam haben und einer Welt angehören, die mit der ihrigen unvereinbar ist, auf ihre Weise den Geist belehren, daß es weit umfassendere Gesetzmäßigkeiten gibt, die gleichzeitig das Unbelebte wie das Belebte regieren.
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Caillois, Roger: Steine. München: Hanser 1983, S. 30f.

Verräterischer Schatten

Der Schatten bringt es an den Tag: Der Gleichschritt wird zur Gefahr, wenn die, die ihn mitmachen, gleichzeitig (momentan) immer nur auf einem Bein stehen. Viele Pilze haben dieses Prinzip vervollkommnet, allerdings für den Preis ewig auf einer Stelle zu stehen. (Stichwort: Ein Männlein steht im Walde…)
Eine andere Frage ist, warum Menschen dazu neigen, sich zu synchronisieren. Im vorliegenden Fall pendeln sogar die Arme im gleichen Takt.

Vierzig + Eins ist Einundvierzig

Lieber Jan, heute feierst du deinen 41. Geburtstag, zu dem ich dir ganz herzlich gratuliere. Mit der 1, die du nunmehr zur 40 addieren musst, nimmt das neue Jahrzehnt Fahrt auf (ich weiß wovon ich rede!). Und damit geht auch die Duplo-Zeit zu Ende (siehe Foto).
Die neue Zeit hat bereits spektakulär begonnen und gibt der 41 eine besondere Note, die auch mathematisch einiges hergibt. Zum einen ist 41 eine Primzahl. Prim kommt von Primus, der Erste und das trifft nun ja wohl in besonderer Weise zu. Jedenfalls nehmen wir es mal so. Des Weiteren liefert das Polynom n2 + n + 41 für alle n von 0 bis 39 weitere Primzahlen – ohne Ausnahme. Kannst ja mal nachrechnen.
Wie dem auch sei, du siehst auch die auf den ersten Blick nichtsagende 41 hat es in sich. Das zeigt sich bereits darin, dass ihre Quersumme 5 ist. Und haben wir nicht 5 Finger an jeder Hand? Du wirst es merken, dass dich die 41 im positiven Sinne begleiten wird – zumindest für ein Jahr.

Vorschein des Frühlings

Obwohl Kiefern immergrün sind, auch im Winter, hatte ich den Eindruck, dass dieses Exemplar eines filigran gewachsenen Baumes das Licht von weit her reflektiert und die Verheißung von Frühlingsgefühlen zum Ausdruck bringt.

Sonnenaufgang in einer Pfütze

Bislang hat uns hier der Winter nicht gerade mit winterlichen Ansichten verwöhnt. Lediglich die in den letzten Nächten immer wieder zugefrorenen Wasserpfützen, gaben beim Sonnenaufgang immer mal wieder einen Eindruck der Schönheit winterlicher Kreationen, bevor sie von derselben Sonne gnadenlos und im wahrsten Sinn des Wortes liquidiert wurden (siehe Foto). Man sieht einerseits das Blau des Himmels, das hier durch die an der Unterseite mit weißem Reif bedeckten Eisflächen einen pastellfarbenen Ton angenommen hat. An anderen Stellen dominiert das orangefarbene Sonnenlicht, das an einigen prominenten klaren Eisrändern gebrochen bzw. reflektiert wird. Der unebene Untergrund der Pfütze sorgt im Übrigen dafür, dass die Eisgebilde eine naturschöne Musterung angenommen haben.

Photoarchiv