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Bedeutung

Diese Schlagwort ist 5 Beiträgen zugeordnet

Das Weiße zwischen den Worten

Oft steht mehr zwischen den Worten, als Abstand vorhanden ist.

Dazu meint Max Frisch (1911 – 1981):

Was wichtig ist: das Unsagbare, das Weiße zwischen den Worten, und immer reden diese Worte von den Nebensachen, die wir eigentlich nicht meinen.*


* Max Frisch. Tagebuch 1946-1949.  Frankfurt 1950, S. 39 

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Ein glasierter Hund

Diese an einer Wand angebrachte marokkanische Fliese in der schönen Stadt Marrakesch besticht durch ihre Ästhetik der Schlichtheit. Sie ist einfach schön. Ich habe lange überlegt, ob die wenigen Striche irgendetwas aussagen. Mir ist nur eingefallen, dass es sich um einen Hund handelt, den man von oben betrachtet von rechts nach links gehen sieht – sehr gemäßigten Schritts.

Wortschatten

Im Schatten, den das geschriebene Wort wirft, verbergen sich dessen Geschwister. Man ahnt ihre Körper, Gesichter, Gerüche und Stimmen, so wie man eine Familienähnlichkeit bei flüchtig Bekanntem zwar ausmachten, aber nicht orten kann. Folglich ist der ungeschriebene Text immer länger – aber nicht vollständiger – als der geschriebene. Fehlt das gegenseitige Verweisen von Hell und Dunkel, Ausgesprochenem und Unausgesprochenem  aufeinander, das heißt, geht es um einen ganz und gar ausgeleuchteten Text, dann gibt es auch nichts mehr zu verstehen.*

Als ich vor einigen Jahren an einem heißen Sommertag ein nicht sehr anspruchsvolles Buch las, schien die Sonne von hinten durch die Buchseite hindurch, die ich gerade auf der Schattenseite las. Es war in dieser Lage nicht zu verhindern, dass der Text spiegelverkehrt als Schatten der Buchstaben und Worte hindurchschimmerte und ich mich dabei erwischte, den umseitigen Text entziffern zu wollen. Das war schwierig aber auch herausfordernd. Interessanterweise mischte sich die Bedeutung der stückweise entzifferten spiegelverkehrten Schattenworte in die Bedeutung des normal gelesenen Textes mit ein. Daraus gingen teilweise kreative und inspirierende Einsichten hervor, die vom Autor des Buches nicht im Entferntesten intendiert waren. Daran wurde ich erinnert als ich das anregende Buch* von Dagmar Leupold las.


 * Dagmar Leupold. Destillate. Frankfurt 1996, S. 53

Ein Wald durch Multiplikation von Bäumen

Ob ich einen Soldaten durch ein polyedrisches Glas, oder eine Compagnie würklicher mit bloßen Augen ansehe, auf der Netzhaut ist beides einerlei.

Georg Christoph Lichtenberg (1742 – 1799)

Lichtenberg spielt damit unter anderem auf die Virtualität des bloß Gesehenen an. Vertrauter noch als das polyedrische Glas ist vielleicht die Spiegelwelt, in die nur jemand wie Alice* eindringen kann und dort dieser Unmöglichkeit entsprechend zahlreiche unmögliche Abenteuer erlebt.

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Was will uns die Natur damit sagen?

Pareidolia-4Ich sah vor einigen Tagen auf einer zugefrorenen Pfütze die in dem Foto dargestellte Figur. Anstatt es als das zu akzeptieren, was es ist – eine Aufhellung der Eisschicht durch die darunter entstandene Luftschicht – konnte ich nicht anders als dieser Zufallsform im Eis eine Bedeutung zu geben. Ich sah darin ohne Anstrengung einen Menschen der mit dem linken Bein etwas wegzuschießen versucht, einen riesigen deformierter Ball oder etwas Ähnliches. Mit dem rechten Arm scheint er sich auf einem – ziemlich realen – hölzernen Stock abzustützen.

Solche auch Pareidolie genannten Zufallsbilder sind eine Variante der sogenannten Clustering-Illusion. Demnach gibt es in einem physikalischen System zumindest mathematisch gesehen keine vollständige Unordnung, sodass dem menschlichen Bemühen wo immer es möglich ist, Muster zu sehen, Tür und Tor geöffnet werden.

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