Kaum jemand wird an das Archimedische Prinzip erinnert, wenn er eine Ente nicht nur im Wasser, sondern auch in einem Meer von Lichtreflexen eingetaucht schwimmen sieht. Der Kontrast zwischen lebensweltlicher und physikalischer Sehweise könnte kaum größer sein als auf diesem Foto. Und dennoch halte ich es unter bestimmten Bedingungen für denkbar, von einem solchen Foto auszugehen, um beim Archimedischen Prinzip zu landen. Weiterlesen
Schlichting, H. Joachim. In: Physik in der Schule 32/1 (1994).
Eine Ursache für Lernschwierigkeiten von Schülerinnen und Schülern auf dem Wege zur Physik (Martin Wagenschein) besteht dann, daß sie lernen müssen, die Welt begrifflich zu erfassen. Zwar ist auch das lebensweltliche Denken von Begriffen durchsetzt. Der Unterschied besteht darin, daß lebensweltliche Begriffe mit anschaulichen, individuellen und erlebnishaften und teilweise animistischen Eindrücken verknüpft sind. Der Physik gelingt es hingegen in besonderer Weise, durch Gleichsetzen des Nichtgleichen …, die anschaulichen Metaphern zu einem Schema zu verflüchtigen und dadurch zu erreichen, was niemals unter anschaulichen ersten Eindrücken gelingen möchte: eine pyramidale Ordnung (Friedrich Nietzsche).
Schlichting, H. Joachim; Backhaus, Udo. In: Scharmann (Hrsg.), Vorträge der Frühjahrstagung der DPG 1982, Gießen 1982.
Physik kommt nicht zuletzt dadurch zustande, daß man es versteht, gewisse Auffälligkeiten und Regelmäßigkeiten in der Natur auf den Begriff zu bringen und schließlich mit Hilfe eines Meßverfahrens zu einer quantitativen Größe auszuschärfen. Die Begriffsbildung ist daher als Nahtstelle zwischen umgangssprachlicher und physikalischer Erfassung der Welt anzusehen. Weil „jedes Verständnis schließlich auf der gewöhnlichen Sprache beruhen muß“ (HEISENBERG 1978, S. 194), kommt der Begriffsbildung als Unterrichtsgegenstand eine große Bedeutung zu. In der Praxis des Physikunterrichts wird jedoch meist allenfalls dem letzten Schritt der Begriffsbildung, dem Meßverfahren, einige Aufmerksamkeit geschenkt. Die Phase der Konzipierung bzw. Formung von zunächst nur intuitiv erfaßten Auffälligkeiten natürlicher Vorgänge zu einem zunächst nur qualitativen Konzept bis hin zur Diskussion möglicher Meßverfahren hat dabei so gut wie keinen Stellenwert.
PDF: Probleme der Größeneinführung, aufgeeigt am Beispiel der Masse
Backhaus, Udo; Schlichting, H. Joachim. In: Scharmann (Hrsg.), Vorträge der Frühjahrstagung der DPG , Gießen 1982, S. 113
Physikalische Größen werden eingeführt, um Vorgänge in der natürlichen und technischen Umwelt quantitativ beschreiben und vorhersagen zu können. Einige wenige werden ohne Rückgriff auf andre Größen eingeführt: die sogenannten Grundgrößen. Nur mit deren Behandlung beschäftigt sich die Arbeit. Im Schulunterricht werden Grundgrößen in der Regel durch Angabe eines sogenannten Meßverfahrens „definiert“, indem vereinbart wird, unter welchen Umständen zwei physikalischen Objekten dieselbe Zahl für eine gewisse Eigenschaft (Gleichheitsregel), wann ein bestimmtes Vielfaches (Vielfachheitsregel) zugeordnet wird und auf welches Normobjekt die Vergleich bezogen werden sollen (Einheitsregel). Bei einem solchen Vorgehen entsteht leicht der Eindruck, als sei diese Einführung rein konventionell. Bereits einfache Beispiele zeigen jedoch, daß dabei gewisse Eigenschaften natürlicher Vorgänge vorausgesetzt werden, ohne die man sich in Widersprüche verwickeln würde. In dieser Arbeit soll anhand von Beispielen einerseits auf diese empirischen Voraussetzungen aufmerksam gemacht werden; andererseits sollen aber
auch die Stellen deutlich werden, an denen menschliche Wünsche und Absichten – und damit Konventionen – in die Größeneinführung einfließen.
PDF: Erfahrung und Verabredung bei der Einführung physikalischer Größen
Backhaus, Udo; Schlichting, H. Joachim. In: Der mathematische und naturwissenschaftliche Unterricht 34/5, 282 (1981).
Im Unterschied zur üblichen Entropieeinführung wird hier ein Begriffsapparat entwickelt, mit dem es möglich ist, die Entropie ohne Kenntnis der Thermodynamik idealer Gase als Maß für die Unumkehrbarkeit (Irreversibilität) natürlicher Vorgänge zu begreifen. Die Autoren hoffen, dadurch ein Verständnis der Entropie in der Schule zu ermöglichen, das der übergreifenden Bedeutung dieses Konzeptes gerecht wird.
Backhaus, Udo; Schlichting, H. Joachim. In: Der mathematische und naturwissenschaftliche Unterricht 34/3, 153 (1981).
Es wird eine Möglichkeit aufgezeigt, die breite lebensweltliche Basis des Entropieprinzips, die sich z. B. in der Unumkehrbarkeit (Irreversibilität) solcher Vorgänge wie Lösen von Zucker in Tee oder Ausströmen von Luft aus einem Reifen manifestiert, zum Ausgangspunkt der Entropieeinführung zu wählen. Dadurch wird es möglich, die Entropie qualitativ bereits in der Sekundarstufe I zu behandeln. Sie eröffnet dort zusammen mit dem Energiebegriff den Weg zum Verständnis vieler Probleme der »Energie« und Umweltkrise.
Backhaus, Udo; Schlichting, H. Joachim. In: A. Scharmann (Hrsg.), Vorträge der Frühjahrstagung der DPG, Gießen 1980, S. 201- 207
Das Verständnis der thermodynamischen Temperatur wird u. E. durch folgende Umstände erschwert: Bereits die im Zusammenhang mit der Behandlung idealer Gase eingeführte Temperatur ! erhält das Attribut „absolut“, obwohl sie genau wie andere Temperaturskalen definiert wird mit Hilfe der thermischen Verhaltens bestimmter Stoffe. Sowohl die Zahlenwerte als auch die Einheit der thermodynamischen Temperatur stimmen überein mit denen der Idealen-Gas-Temperatur. Es wird dadurch schwierig, den begrifflichen Unterschied zwischen beiden Größen zu verstehen. Die Situation ist diesbezüglich ähnlich entsprechenden Schwierigkeit beim Verständnis von schwerer und träger Masse.
Die üblicherweise nach der Berechnung des Carnotschen Wirkungsgrades angegebene Definitionsgleichung für die thermodynamische Temperatur ist nur richtig unter der Voraussetzung reversibler Prozesse. Dadurch wird der Blick auf die Bedeutung, die die thermodynamische Temperatur gerade für mit Entropieänderung verbundene Vorgänge besitzt, zunächst sperrt.
PDF: Der Zusammenhang zwischen Energie, Entropie und Temperatur
Schlichting, H. Joachim; Backhaus, Udo; Farwig, Paul. In: A. Scharmann, W. Kuhn (Hrsg.), Vorträge der Frühjahrstagung der DPG, Gießen 1979, S. 195.
Die in intuitiven Beziehungen zwischen Unordnung und Entropie können auch im Falle der Anwesenheit von Feldern mit gleicher Berechtigung aufrechterhalten werden können und ebenso nützlich bei der Konzeptualisierung des Entropiebegriffs sein können wie etwa im eingangs diskutierten Beispiel der Kristallisation. Nur eine allzu sorglose Beobachtung der Phänomene, die häufig durch die Unauffälligkeit thermischer Effekte bzw. die Vernachlässigung gleichzeitig in der Umgebung des betrachteten Systems ablaufender Prozesse bedingt wird, können scheinbare Widersprüche zum 2. Hauptsatz auftreten.
Udo Backhaus, Hans Joachim Schlichting. In Physik und Didaktik 3 (1979) S. 218–225
Es wird gezeigt, daß der Lehrer bei der Einführung physikalischer Grundgrößen weitgehend frei ist. Die Verfügung über die Grundgrößen erweist sich insofern als von großem didaktischem Wert, als je nach Schulart und -stufe der Bezug zur Lebenswelt mehr oder weniger stark hergestellt werden kann. Es werden Argumente für die Auswahl von Grundgrößen entwickelt und insbesondere dafür plädiert, die Größen Energie und Entropie als Grundgrößen einzuführen und ihnen damit beim Aufbau des physikalischen Begriffsystems einen besonderen Stellenwert einzuräumen (Schlichting 1979, Backhaus 1979).
Schlichting, Hans Joachim; Backhaus, Udo. In: Physik und Didaktik 7/2, 139 (1979)
Das durch das ambivalente Verhältnis von Erhaltung und Verbrauch gekennzeichnete lebensweltliche Energiekonzept bildet den Ausgangspunkt der vorliegenden Skizze eines Unterrichtsganges, in dem die Eigenschaft der Erhaltung zum quantitativen (physikalischen) Energiekonzept verschärft wird. Im Unterschied zum üblichen Vermittlungsschema Kraft –> Arbeit –> Energie wird die Energie als Grundgröße eingeführt. Entlang des Energiekonzepts als Leitidee werden sodann ansonsten relativ unverbunden nebeneinander bestehende Phänomenbereiche erschlossen und miteinander verknüpft. Die Verfasser versprechen sich von diesem Vorgehen nicht nur eine Vereinfachung der Sachstruktur, sondern darüber hinaus die Chance, Voraussetzungen für eine sachlich begründete Einschätzung der Energieproblematik zu schaffen.
Backhaus, Udo; Schlichting, Hans Joachim. In: Der Physikunterricht 13/1, 7 (1979)
Ausgehend von der Überlegung, daß statische unddynamische Phänomene sowie Trägheits- undSchwereverhalten von Körpern eine wohlunterschiedene Beschreibung verlangen, wird die Sachstruktur eines Lehrganges angegeben, die auf einer entsprechend differenzierten Konzeptualisierung beruht. Dabei geht es insbesondere um die Unterscheidung zwischen statischer und dynamischer Kraftmessung sowie der Messung von Trägheit und Schwere. Besonderes Gewicht wird auf die klare Herausarbeitung von „freien Setzungen“ und Naturgesetzen im Aufbau der Mechanik gelegt.
PDF: Didaktische Überlegungen zur Einführung von Kraft und Masse