Hier ruhen einige Wassertropfen auf der Oberfläche eines Schilfblatts. Bis auf den in die Länge gezogenen Tropfen im Vordergrund haben alle Tropfen nahezu Kugelform angenommen, was darauf schließen lässt, dass das Blatt weitgehend wasserabweisend (hydrophob) ist. Das liegt daran, dass die Tropfen die eigentliche Blattoberfläche gar nicht berühren, sondern gewissermaßen auf feinen, kaum sichtbaren Härchen sitzen und daher nur ganz geringen Kontakt mir dem Blatt haben (siehe nebenstehende Grafik oben).
Die Physiker sprechen vom Cassey-Baxter-Zustand und Unterschied zum Wenzel-Zustand (siehe nebenstehende Grafik). Im letzteren Fall ist der Tropfen gewissermaßen durchgesackt und hat nun die volle Berührung mit der an sich hydrophilen Blattoberfläche.
Ausgehend von der Idee, einen Tropfen vom Cassey-Baxter- in den Wenzel-Zustand zu überführen, habe ich den Tropfen im Vordergrund im obigen Foto mit einer kleinen Nadel etwas auf das Blatt gedrückt und siehe da: Der Tropfen berührt an dieser Stelle die Blattoberfläche und erfahrt die eigentliche Wasserliebe (Hydrophilie) des Blatts. Aber nur an dieser Stelle, wie man an der Verformung sehen kann. Der an sich Kugelform anstrebende Tropfen ist in diesem Fall zwiegespalten. Mit dem rechten Teil bleibt er auf den Härchen hocken während er mit dem linken Teil gewissermaßen von der hydrphilen Blattoberfläche angezogen wird und den Tropfen auf diese Weise in eine Form bringt, die das Blatt links als anziehend und rechts als abstoßend erfährt – im doppelten Wortsinn.
Dieses vermutlich vorzeitig gefallene auf dem Boden liegende grüne Blatt hat ein zwiespältiges Verhältnis zum Wasser. Einerseits lässt es sich vom Wasser nicht flächendeckend benetzen, ist also nicht total wasserliebend (hydrophil). Andererseits stößt es das Wasser nicht völlig ab und erlaubt einzelnen Tropfen und Tröpfchen die Blattoberfläche zu bedeckten. Lediglich in den grabenartig vertieften Bereichen der Blattadern werden größere Benetzungsgebiete dadurch erzwungen, dass die Tröpfchen infolge der Schwerkraft die Vertiefung ausfüllen.
Während die größeren Wasserflächen das Grün des Blattes kräftig hervortreten lässt, wird es in den übrigen von Tropfen bedeckten Bereichen erheblich ausgeblichen. Denn insbesondere die kleineren Tröpfchen streuen ähnlich wie Nebeltröpfchen das auftreffende Licht und „verwässern“ das Blattgrün. Dadurch und durch die selbstähnliche Struktur der unterschiedlich großen Tropfen ergibt sich insgesamt eine naturschöne Struktur, die wert ist auch einem gefallenen Blatt eines Blickes zu würdigen.
Zuerst waren da die frisch verlegten Fliesen, dann kam der Dreck, darüber legte sich ein nicht mehr benötigtes Blatt und schließlich versuchte der Schnee alles unter seinen weißen Teppich zu kehren. Der Versuch misslang, weil der Nachschub ausblieb.
Das Foto zeigt mit einem Blick und auf exemplarische Weise, was es heißt auf einer Erde zu leben, in der die Schwerkraft regiert. Alles was sich aufrichtet, hochfliegt oder sonstwie vom Boden zu erheben versucht, wird früher oder später auf diesen zurückkommen und sich flach legen. Am anschaulichsten erlebt man dies im Herbst, wenn die Blätter fallen. Die Blätter liegen nicht irgendwie auf dem Boden, sondern flach in Schichten als ob sie die dritte Dimension meiden würden. Nur durch äußere Einwirkungen können sie temporär erhoben werden.
Auch wenn ich jetzt etwa arg vorgreife, so droht doch letztlich allem eine schichtweise Versteinerung. Für die Geologen sind die versteinerten Schichten so etwas wie die Blätter im Buch der Erdgeschichte. Sie geben Aufschluss über längst vergangene Zeiten und erzählen spannende Geschichten darüber. Mir wird ganz anders zumute, wenn ich mir klarmache, dass hier wo ich wohne einst ein tropisches Meer an von Touristen unberührte Strände wogte… Aber das sind andere Ge-Schichten.
Wenn man von einem Blick in die Blätter spricht, denkt man meist an Zeitungen und Zeitschriften und nicht daran, dass man in und durch die Blätter eines Baumes zum Himmel blickt. Auch dabei gibt es oft viel zu erfahren. Beim hier dargestellten Blick haben mich vor allem die elegante Form des Ausschnitts und die durchscheinenden roten Blätter beeindruckt verbunden mit der Frage, wo denn das Blattgrün bleibt, das für die Fotosynthese unabdingbar ist.
Pflanzen mit roten Blättern besitzen ebenso das grüne Chlorophyll wie andere grüne Blätter. Es wird lediglich durch den pflanzlichen Farbstoff Anthocyanin visuell überdeckt. Dieser ist übrigens auch in der Farbe von Erdbeeren, Kirschen u. A. enthalten. Daran erkennt man, dass das Sonnenlicht die Blätter durchdingt und die fotosynthetisierenden Zellen im Blattinnern immer noch an die Sonnenenergie herankommen.
Schwarze Schafe findet man offenbar auch im Bereich der Pflanzen, hier insbesondere bei den normalerweise grünen Blättern der Mahonien in Form eines roten Blatts. Mahonien zeichnen sich überhaupt durch kräftige Farben aus. Im Frühjahr blühen sie in einem intensiven Gelb und bringen im Herbst blaue Früchte hervor. Die gefiederten Blätter sind indessen von einem kräftigen, Grün. Ihre Oberfläche ist glänzend glatt, was dazu führt, dass sie das Sonnenlicht spiegelnd reflektieren und beim passenden Blickwinkel (Einfallswinkel = Reflexionswinkel) blendend weiß erscheinen. (Das ist auch hier an einigen Stellen zu sehen).
Sollte sich das rote Blatt in der Jahreszeit geirrt haben und das Blattgrün vorzeitig zur winterlichen Aufbewahrung abgegeben haben? Eher dürfte es sich um die Auswirkung einer Rostkrankheit handeln.
Irgendwie erinnert das Blatt an die mit weißen Flecken versehene Amsel, die sich ihrerseits wie ein weißes Schaf in der Familie der schwarzen Artgenossen vorkommen muss.
Auf diesem Spätherbstblatt scheint sich das schon weitgehend verfärbte Blatt an bessere Zeiten zu erinnern. Den Erinnerungsinhalt sieht man dem Blatt in Form eines Blatts an, das noch einen grüngelben Schimmer dessen enthält, was es selbst vielleicht einmal gewesen ist.
Die meisten Menschen wissen gar nicht,
wie schön die Welt ist und wie viel Pracht
in den kleinsten Dingen,
einer blume,
einem Stein,
einer Baumrinde
oder einem Birkenblatt sich offenbart.
Rainer Maria Rilke Weiterlesen
Schmetterlinge in den Tropen aus der Gruppe Haeterini driften dicht über den Boden mehr als dass sie fliegen „wie Blätter auf einem Fluss“ (Philip DeVries). Dabei nutzen sie den zum Beispiel von Landungen eines Flugzeugs bekannten Bodeneffet aus. Wenn Flugzeuge landen, wird der Luftspalt zwischen Boden und Hinterkante der Flügel immer kleiner. Dadurch wird Luft gestaut, wodurch der Druck wächst und einen größeren aerodynamischen Auftrieb erzeugt. Das Flugzeug driftet dann gewissermaßen auf einem Luftissen, das sich mit ihm mitbewegt. Um diesen Effekt der Energieeinsparung noch zu optimieren, haben die Schmetterlinge verlängerte abgeschrägte Vorderflügel.
Wie in diesem Fall wird die Erklärung natürlicher Vorgänge oft mit Hilfe von einfacher durchschaubaren technischen Vorgängen veranschaulicht. Umgekehrt wird das so der physikalischen Beschreibung zugänglich gemachte Verhalten der Natur als Vorbild für die Verfeinerung entsprechender technische Verfahren herangezogen. Man spricht dann von Bionik oder genauer von Biometrik.
Das Foto zeigt allerdings nur einen Zitronenfalter, der es sich an einer Distelblüte gut gehen lässt.
Schlichting, H. Joachim. Physik in unserer Zeit 49/3 (2018), S. 151
Weil die Oberseite der Blätter bei einigen Pflanzenarten Wasser abweisend und die Unterseite benetzbar ist, kommt es zu unterschiedlichem Verhalten von Wassertropfen. Weiterlesen
Ein Blatt aus sommerlichen Tagen,
Ich nahm es so im Wandern mit,
Auf dass es einst mir möge sagen,
Wie laut die Nachtigall geschlagen,
Wie grün der Wald, den ich durchschritt.
Theodor Storm (1817 -1888)
Das farbenprächtige Blatt auf dem nebenstehenden Foto stammt nicht aus dem Sommer. Es ist ein Herbstblatt. Man sieht an ihm die „Bemühungen“ der Natur, das Blattgrün abzuziehen und für bessere Zeiten aufzubewahren. Ganz ist es ihr noch nicht gelungen. Das Blatt ist offenbar vor Vollendung dieser Sparmaßnahme der Natur gefallen. Aber nur so konnte es die schöne bunte Färbung annehmen und mich während einer Wanderung überzeugen, mit nach Hause genommen zu werden, um in Zukunft zwischen zwei Buchdeckeln zu ruhen und mich gelegentlich an die Wanderung zu erinern.
Die Natur wiederholt ewig
in weitere Ausdehnung
denselben Gedanken;
darum ist der Tropfen
ein Bild des Meeres.
Friedrich Hebbel (1813 – 1863) Weiterlesen
Die Bäume fahren im Frühling aus der Haut
Wilhelm Busch (1832 – 1908)
Ist ja nach einem kalten Winter auch nicht erstaunlich, dass den Pflanzen der Kragen platzt und sie alles das, was sie sich in den langen Wintertagen und -nächten aufgespart haben an die Frühlingsluft lassen und zu großer Pracht entfalten.
Blattknospen, wie die der Kastanie (unteres Foto) haben ihre Laubblatt- und Blütenanlagen auf erstaunlich platzsparende und effektive Weise verpackt, sodass nach dem Knospenbruch nur noch zur Entfaltung gebracht werden muss, was en miniature bereits sorgfältig gefaltet vorhanden war. Wenn man die Entwicklung in den letzten Wochen etwas geanauer verfolgt, so kann man mit jedem Tag erleben, wie die origamimäßig zusammengelegten Miniblätter jetzt mit großem Wachstumsschub immer größer, straffer und glatter werden, um so schnell wie möglich ihrer Aufgabe gerecht zu werden, die Energie der Sonne durch Fotosynthese zum Wohle der gesamten Pflanze – und letztlich auch der gesamten belebten Natur (uns Menschen eingeschlossen) – in Biomaterie umzusetzen.
Tagtäglich kann man die Entwicklung verfolgen. Das obere Bild ist auch schon nicht mehr aktuell. Inzwischen ist alle Schlaffheit aus den Blättern gewichen und sie haben sich waagerecht ausgerichtet.
Künstliche Structur der Blätter.
Ich habe jüngst ein Eichen-Blat gefunden,
Das, durch der kleinen Würmer Schaar,
So künstlich ausgefressen war:
Daß alle Aederchen darin in netter Ordnung stunden.
Unzehlig war der zarten Gänge
Verändrung, Unterschied und Menge. Weiterlesen
Das zierlich eingekerbt-, und nett-gezackte Laub,
Wodurch die Adern sich bis an die Ecken,
Voll klares Safts, wie Blut, erstrecken,
Ist recht verwunderlich geweb´t. Solch eine Menge
Stets wiederum aufs neu geteilter zarter Gänge
Durchflicht das ganz Blat, wodurch es sich vereint,
Und, wie ein grünes Fleisch, voll grüner Adern scheint.
Ein Blat beschattet oft das ander´, und vermehret,
Durch seine dunk´le Zierlichkeit
Der Schatten, Bildungen und Farben Unterscheid.
Brockes, Barthold, Hinrich (1680 – 1747) Weiterlesen
Wenn ich im Herbst die Blättervon den Bäumen fallen sehe, bin ich immer wieder fasziniert, dass sie nicht einfach wie ein Apfel vom Baum* niedergehen, sondern sich dabei die schönsten und ausgefallensten Kapriolen einfallen lassen, so als wollten sie Ihrem Abgang eine ästhetische Note geben. Leider lassen sich solche Vorgänge nur schwer in Fotos festhalten. Meist ist man zu spät, wenn man ein Blatt auf besonders schöne Weise hinabtänzeln sieht, oder man hat nicht schnell genug auf das Blatt fokussieren können.
Im vorliegenden Foto – so scheint es – haben wir gleich viele Blätter während des Falls erwischt. Doch das ist eine Täuschung, wie man leicht feststellt, wenn man das Bild auf den Kopf dreht, bzw. wenn man seinen Monitor nicht auf den Kopf stellen will, den Kopf selbst auf den Kopf dreht. Derjenige, für den das eine zu komplizierte Verrenkung ist, sollte selbst einen Teich unter Bäumen aufsuchen und sowohl die fallenden als auch die bereits gefallenen auf dem Wasser driftenden Blätter anschauen.
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* Zum Glück hat Newton seine Physik nicht an fallenden Blättern entwickelt, sondern einen Apfel zum Modell genommen.
Schlichting, H. Joachim. Investigación y Ciencia 10 (2015) p. 84 – 85
Ponemos a prueba una vieja regla de la jardineria: ¿se queman las hojas de las plantas cuando se riega a plena luz de sol?
A la luz del sol, las gotas esféricas depositadas en cuyo centro puede observarse una mancha de luz brillante. La fotografia muestra un pétalo de pnsamiento poco después de caer la lluvia.
In einem angenehmen Herbst, bey ganz entwölktem heiterm Wetter,
Indem ich im verdünnten Schatten, bald Blätter- loser Bäume, geh‘,
Und des so schön gefärbten Laubes annoch vorhandnen Rest beseh;
Befällt mich schnell ein sanfter Regen, von selbst herabgesunkner Blätter.
Ein reges Schweben füllt die Luft. Es zirkelt, schwärmt‘ und drehte sich,
Ihr bunt, sanft abwärts sinkend Heer; doch selten im geraden Strich.
Es schien die Luft, sich zu bemühn, den Schmuck, der sie bisher gezieret,
So lang es möglich, zu behalten, und hindert‘ ihren schnellen Fall.
Hiedurch ward ihre leichte Last, im weiten Luft-Kreis überall,
In kleinen Zirkelchen bewegt, in sanften Wirbeln umgeführet,
Bevor ein jedes seinen Zweck, und seiner Mutter Schooß, berühret;
Um sie, bevor sie aufgelöst, und sich dem Sichtlichen entrücken,
Mit Decken, die weit schöner noch, als persianische, zu schmücken.
Ich hatte diesem sanften Sinken, der Blätter lieblichem Gewühl,
Und dem dadurch, in heitrer Luft, erregten angenehmen Spiel,
Der bunten Tropfen schwebendem, im lindem Fall formiertem, Drehn,
Mit offnem Aug‘, und ernstem Denken, nun eine Zeitlang zugesehn;
Als ihr von dem geliebten Baum freywilligs Scheiden (da durch Wind,
Durch Regen, durch den scharfen Nord, sie nicht herabgestreifet sind;
Nein, willig ihren Sitz verlassen, in ihren ungezwungnen Fällen)
Nach ernstem Denken, mich bewog, sie mir zum Bilde vorzustellen,
Von einem wohlgeführten Alter, und sanftem Sterben: Die hingegen,
Die, durch der Stürme strengen Hauch, durch scharfen Frost, durch schwehren Regen,
Von ihren Zweigen abgestreift und abgerissen, kommen mir,
Wie Menschen, die durch Krieg und Brand und Stahl gewaltsam fallen, für.
Wie glücklich, dacht‘ ich, sind die Menschen, die den freywillgen Blättern gleichen,
Und, wenn sie ihres Lebens Ziel, in sanfter Ruh‘ und Fried‘, erreichen;
Der Ordnung der Natur zufolge, gelassen scheiden, und erbleichen
Aus: Brockes, Barthold, Hinrich Im grünen Feuer glüht das Laub.
Brockes (1680 – 1747) war ein aufmerksamer und genauer Naturbeobachter, der einerseits von der Schönheit und sinnvollen Ordnung des Naturgeschehens beeindruckt war und dies in ansprechenden Versen auszudrücken vermochte. Im zweiten Teil seiner Naturgedichte sucht er meist eine Beziehung des Menschen zu dem geschilderten Naturgeschehen herzustellen, die allerding eher dem Geist seiner Zeit entsprach und uns heute vielleicht etwas befremdlich vorkommt.
Schon mischt sich Rot in der Blätter Grün,
Reseden und Astern im Verblühn,
Die Trauben geschnitten, der Hafer gemäht,
Der Herbst ist da, das Jahr wird spät.
Und doch (ob Herbst auch) die Sonne glüht –
Weg drum mit der Schwermut aus deinem Gemüt!
Banne die Sorge, genieße, was frommt,
Eh Stille, Schnee und Winter kommt.
Theodor Fontane (1819 – 1998) Weiterlesen
Naturwissenschaftlich betrachtet äußert sich in den Jahreszeiten der Umlauf der Erde um die Sonne. Die während des Umlaufs unverändert bleibende Erdachse führt dazu, dass seit dem 22. Juni der Sonnenweg auf der Nordhalbkugel und damit die Tag wieder kürzer werden.Das bemerkt man erst so richtig im Herbst, was durch zahlreiche weitere Merkmale wie die sich verfärbenden und schließlich fallenden Blätter unterstrichen wird. Die dunkle und kalte Jahreszeit beginnt. Weiterlesen