Blumen blühen in den verschiedensten Farben, um zu gefallen und aufzufallen. Nicht unbedingt den Menschen, aber den Bestäubern, Bienen und anderen Insekten. Man findet alle Farben vertreten. Nur grüne Blüten gibt es selten. Das ist verständlich, weil die Blüten aus dem überwiegenden Grün der Pflanzen hervorstechen müssen, um nicht übersehen zu werden. Die wenigen grünen Blüten wirken weniger durch Ihre Farbe als durch Geruch und vermutlich auch durch Farben und andere Merkmale, die wir Menschen gar nicht wahrnehmen. Im vorliegenden Fall dürften Insekten kaum Interesse bekunden – die Blümchen entdeckte ich in einem Kunstmuseum
Alle Jahre wieder staune ich und freue mich darüber, wie aus dem völlig zerknäult aussehenden, an Seidenpapier erinnernden biologischen Gewebe, das hier wie aus einem Maul der Klatschmohnpflanze hervorbricht, innerhalb kürzester Zeit eine so schöne Blüte hervorzugehen vermag. Dabei ist der Vorgang von jedwedem Knäueln und Knüllen weit entfernt. Wie an anderer Stelle ausführlicher beschrieben, sind die späteren Blütenblätter schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Knospenbildung mit einer raffinierten, platzsparenden Faltungstechnik angelegt worden, die dann zum gegebenen Zeitpunkt nur noch einen vergleichsweise kleinen Impuls benötigt, um sich in kürzester Zeit in der uns vertrauten Pracht zu entfalten.
Nachdem ich vorgestern die Schönheit der Silberhaare einer Löwenzahnblüte thematisiert habe, möchte ich noch nachtragen, was bleibt, wenn die Haare hoffentlich ein ruhiges Plätzchen als Ausgangspunkt für die nächste Generation von Löwenzahnpflanzen gefunden haben: ein Glatzköpfchen, das selbst eine naturschöne Struktur aufweist. Denn die spiralige Anordnung der Vertiefungen, in denen je eines der Samenkörner verankert war, zeigt, dass die Natur offenbar den Goldenen Winkel selbst dort (annähernd) realisiert, wo man es nicht erwartet.*
* Peter H. Richter, Hans-Joachim Scholz. Der Goldene Schnitt in der Natur. In: Bernd-Olaf Küppers (Hrsg.) Ordnung aus dem Chaos. München 1987, S. 175ff
Wer sagt hier, es sei nur eine Löwenzahnblüte und dazu auch noch eine verblühte? Ein näherer Blick lehrt uns eines Besseren. Ja, der Löwenzahn ist verblüht. Sein Kopf ist weißhaarig geworden und die Haare werden ihm bald ausfallen. Aber ist darin nicht eine letzte Grazie zu erkennen, mit der uns ein naturschönes Muster vor Augen geführt wird, bevor die einzelnen Gleitschirme demnächst ausschwärmen um einen neuen Platz für die nächste Generation zu finden?
Warum sind Löwenzahnblüten gelb?
Warum sind Löwenzahnblüten gelb?
Das weiß jedes Kind.
Weil Löwenzahnblüten
Briefkästen sind.
Wer hat die Briefkästen aufgestellt?
Die grasgrüne Wiese.
Sie steckt in die Briefkästen
all ihre Grüße.
Wem werden die Grüße zugestellt?
Das weiß jedes Kind.
Briefträger sind
Biene und Wind.*
Auch der verblühte Löwenzahn ist in mindestens einem Gedicht gewürdigt worden. Der Löwenzahn ist auch in naturwissenschaftlicher Hinsicht äußerst interessant. Dazu finden sich Ausführungen in diesem Blog, z.B. hier und hier und hier und hier.
Reiner Kunze (*1933)
Seitdem ich Teile des Gartens der Natur übergeben habe, werde ich immer wieder von neuen Pflanzen überrascht. Wer hätte diesen Duftveilchen (Foto) zugetraut in einer bereits von zahlreichen Wildkräutern, vertrockneten Blättern usw. besetzten zudem vorwiegend im Schatten liegenden Gegend mit einem kräftigen Blau und zarten Duft heranzuwachsen. Und das ohne irgendeine Hilfe von außen – wie Unkraut jäten, düngen usw. zu benötigen. Vielleicht handelt es sich ja um die Blaue Blume, viel beschworen von den Romantikern, Projektion für Sehnsüchte und Liebe, die hier im März den Anfang macht.
Aber vielleicht liege ich völlig falsch und die Blaue Blume ist gar nicht von dieser Welt. Jedenfalls haben Joseph von Eichendorff (1788 -1857) und viele andere sie trotz intensiver Suche nicht gefunden
In die Röhre zu blicken ist gemeinhin negativ konnotiert. Mit dem heutigen Foto zeige ich ein Beispiel, in dem das nicht so ist. Wir blicken in eine Röhre an deren entgegengesetzten Ende sich eine Blume befindet. Da die Röhre innen verspiegelt ist – sie besteht aus einer zusammengerollten Spiegelfolie – wird das von der Blume ausgehende Licht an der inneren Wandung der Röhre gespiegelt, und die Spiegelungen werden wieder gespiegelt und so fort.
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Rote Rosen, stolz und prächtig,
Blühen in der Gärten Rund,
Eine weiße wiegt sich nächtig,
Wurzelnd in der Welle Grund.
Ihre zarten bleichen Wangen
Färbte nie der Erde Lust,
Nur ein stilles Traumverlangen
Blieb das Sehnen ihrer Brust.
Gerne spräch‘ sie mit den Sternen,
Aber wenn sie kaum erwacht,
Müssen jene sich entfernen,
Folgend ihrer Mutter Nacht.
Goldne Blätter wirft hernieder
Vom Gestad ein stolzer Baum,
Und sie hascht darnach, und wieder
War es nichts als nur ein Traum.
Denn das Laub, wie Purpur glühend,
Färbte nur der Herbst so rot,
und sie selbst sinkt nun verblühend
Mit hinunter in den Tod.*
Seerosen faszinieren nicht nur durch ihre Schönheit. Sie bieten auch aus physikalischer, naturphilosphischer und poetischer Sicht interessante Aspekte. Bevor sie demnächst ihre Aktivitäten auf den Teichboden verlegen, sei ihnen dieses herbstliche Gedicht gewidmet.
Hermann Lingg (1820 – 1905)
Diese Schmetterlingsorchidee (Phalaenopsis) hatte ich zum Geburtstag erhalten. Sie stand einige Zeit auf meinem Schreibtisch, bis ich mich irgendwann von ihr beobachtet fühlte und der Sache auf den Grund ging. Nicht der wie mir scheint als Namensgeber etwas weit hergeholte Schmetterling irritierte mich, sondern eine Art Leopard fixierte mich aus dem gewölbeartigen Zentrum heraus mit mehrfach grinsendem Gesicht. Und da soll man noch ungestört arbeiten können?
Der frühe Frühling in diesem Jahr, der sich gefühlt ja bereits durch den ganzen Winter hindurchzog bringt in diesen Tagen einige botanische Eisblumen hervor. Nachdem vorgestern noch der Löwenzahn seine Blüte in der prallen Sonne entfalten konnte, musste er in der gestrigen Nacht einige kristalline Gäste auf seinen Blütenblättern dulden. In der Nacht sanken die Temperaturen unter Null Grad, sodass der Taupunkt unterschritten wurde: Überschüssiger Wasserdampf kondensierte und/oder resublimierte an feinen Strukturen, so auch an der Löwenzahnblüte. Weiterlesen
„…während ich persönlich ja finde, dass Tulpen sehr wohl reimen. Das eine Blatt wächst dahin, das andere dorthin. Ihre Formen halten ein Zwiegespräch. Es herrscht Symmetrie. Es gibt in der Mitte den Stängel, es gibt das Spiegelbildliche. Ganz ohne Frage reimen sich Tulpen. Die Natur steckt überhaupt voller Reime„*.
Das gilt nicht nur für Tulpen. Auch andere natürliche und künstliche Objekte können sich reimen. Um den Reim zu entdecken, muss man über ein entsprechendes Sensorium, u.a. ein Gefühl für Symmetrien verfügen. Das muss allerdings nicht unbedingt explizit, bewusst oder mitteilbar werden.
Nachdem unser von Wildkräutern dominierter Rasen infolge des trockenen Sommers ein südländisches Outfit angenommen hat – dominierende Farbtöne: Gelb und Braun – tummeln sich darin massenhaft löwenzahnartige Blumen, die mit der Trockenheit offenbar besser zurechtkommen als das Gras und andere Pflanzen. Diese Pflanze – inzwischen weiß ich, dass es sich um den Herbstlöwenzahn handelt – unterscheidet sich in einigen Punkten wesentlich vom vertrauten Löwenzahn: Seine Stängel sind wesentlich länger, fester und nicht hohl. Außerdem trägt ein Stängel mehrere Blüten. Diese sind im Allgemeinen wesentlich kleiner als die des normalen Löwenzahns, etwa so groß wie eine 1 Euro große Münze.
Inzwischen sind die ersten Blüten auch schon weißhaarig geworden und sehen wie Pusteblumen en miniature aus. Mich wundert das massenhafte Auftreten dieser Pflanze, die mir in vergangenen Jahren nicht besonders aufgefallen ist.
In Deinen Gedichten weht mich die stille Säulenordnung an, mir deucht eine weite Ebne; an dem fernen Horizont rundum heben sich leise wie Wellen auf beruhigtem Meer die Berglinien; senken und heben sich wie der Atem durch die Brust fliegt eines Beschauenden; alles ist stille Feier dieses heiligen Ebenmaßes, die Leidenschaften, wie Libationen von der reinen Priesterin den Göttern in die Flammen des Herdes gegossen, und leise lodern sie auf – wie stilles Gebet in Deiner Poesie, so ist Hingebung und Liebesglück ein sanfter Wiesenschmelz tauigter Knospen, die auf weitem Plan sich auftuen dem Sternenlicht und den glänzenden Lüften, und kaum, daß sie sich erheben an des Sprachbaus schlanker Säule, kaum daß die Rose ihren Purpur spiegelt im Marmorglanz heiliger Form, der sie sich anschmiegt; so – verschleiernd der Welt, Bedeutung und geheime Gewalt, die in der Tiefe Dir quellen – durchwandelt ein leiser schleierwehender Geist jene Gefilde, die im Bereich der Poesie Du Dir abgrenzest.
Das ist auch ein Zugang zur Welt, der in einem Atemzug eine Verbindung der eigenen Gefühle mit dem Sternenlicht und der purpurnen Rose sieht. In einem Atemzug, in einem Satz.
Bettina von Arnim (1795 – 1859): Die Günderode. München 1998
Aus der Tiefe hin zum Licht
Strebt die Knospe, reckt sich kühn,
Drängt sich durch die Schwimmblattschicht,
Unscheinbar im weiten Grün.
Bald schon springt das Hüllenkleid,
Öffnet, breitet sich zum Nest
Reinster Blütenherrlichkeit.
Zeit für Froschens Sommerfest.
Ingo Baumgartner (1944 – 2015)
Nachtrag:
Nachdem ich in einem früheren Beitrage den Seerosenblättern einige Aufmerksamkeit geschenkt habe, möchte ich die schönen Blüten nicht unerwähnt lassen. Sie sind wahre Hingucker, gehen früh schlafen und stehen spät auf – wenn man einmal die Öffnung ihrer Blüten als Maß für das Wachsein nimmt.
Ich suche die blaue Blume,
Ich suche und finde sie nie,
Mir träumt, dass in der Blume
Mein gutes Glück mir blüh.
Ich wandre mit meiner Harfe
Durch Länder, Städt und Au’n,
Ob nirgends in der Runde
Die blaue Blume zu schaun.
Ich wandre schon seit lange,
Hab lang gehofft, vertraut,
Doch ach, noch nirgends hab ich
Die blaue Blum geschaut.
Joseph von Eichendorff (1788 – 1857)
Die blaue Blume der Romantiker steht bekanntlich für die Sehnsucht nach dem Unerreichbaren. Die hier abgebildete blaue Schwertlilie (Iris), die sich neben einigen gelben Exemplaren in unseren Garten eingenistet hat, ist dazu ausersehen wenigstens für die Zeit der Blüte der Sehnsucht symbolisch ein Gesicht zu geben.
Ich erwähnte es bereits, dass der Klatschmohn, Blume des Jahres 2017 ist, obwohl (oder weil?) sie zu den Unkräutern zählt. Wäre da nicht die Vorsilbe „Un“, die den Ruf dieser Blume bei vielen Menschen allein schon dadurch ruiniert und auf diese Weise den Geist des Kleingärtners ins allgemeine Bewusstsein eindringen lässt, so ginge es dieser selten gewordenen Spezies wesentlich besser. Weiterlesen
Was berührt uns, wenn wir diese Komposition aus Wildblumen und Getreide wahrnehmen? Man weiß, dass Farben in bestimmter Zusammensetzung und Anordnung nicht ohne Wirkung auf unser Gemüt sind. Besonders die Kombination der Farben rot, weiß und blau fällt dabei immer wieder auf. In dieser Zusammensetzung trifft man besonders oft die weiße Kamille, die blaue Kornblume und den roten Klatschmohn, der Blume des Jahres 2017, meist vor dem Hintergrund eines grünen oder bereits gelben Kornfeldes. In einer wissenschaftlichen Arbeit mit dem Titel „Blau & rot & weiß blühende Unkrautarten: Symbolik für Natürlichkeit und Kraft der Natur in Kunst und Kultur, Alltag und Werbung“ von Thomas Eggers findet man einige Antworten auf diese Frage. In der Zusammenfassung heißt es dort:
In Blau, der Farbe der Ruhe und Zufriedenheit, zusammen mit dem kraftvollen Rot der Lebensfreude und Weiß als Farbe der Unschuld und Sauberkeit muss ein reizvoller Beweggrund, eine hohe Attraktivität liegen, so dass diese Farbenkombination in vielen Lebensbereichen gewählt wird, Harmonie und Verlässlichkeit ausstrahlend. Der starke Dualismus Rot gegen Weiß wird durch das Blau gemildert.
Mit der Farbenkombination der blauen Blüten von Centaurea cyanus, der roten Blüten von Papaver rhoeas oder P. dubium und der weißen Blüten von Matricaria recutita bzw. Tripleuro spermum inodorum wird dieses 3-Klang-Thema vielfältig aufgegriffen, in Büchern, nicht nur naturkundlichen, auf Gemälden, im Kunstgewerbe, auch auf Gebrauchsgegenständen und in der Werbung auf Verpackungen von Lebensmitteln, hier vermutlich oft unterschwellig zum Kauf anreizend wirksam.
Läuten kaum die Maienglocken,
leise durch den lauen Wind,
hebt ein Knabe froh erschrocken,
aus dem Grase sich geschwind.
Schüttelt in den Blütenflocken,
seine feinen blonden Locken, Weiterlesen
Manches, was man schon nicht mehr beachtet, weil es längst verblüht ist, erwacht tiefgekühlt und mit weißen Rändern hervorgehoben zu neuer winterlicher Schönheit. Weiterlesen
Kornblumen sieht man heute nur noch selten, weil die Getreidefelder mit Herbiziden behandelt werden. Lediglich am Rand lassen sie sich zuweilen gemeinsam mit rotem Mohn blicken. Ästhetisch machen Kornblumen und Mohn das erst ein Kornfeld aus, wie man es aus alten Zeiten kennt. Aus diesen Zeiten stammt auch das folgende Gedicht von Johannes Trojan (1837 – 1915):
In der Saat viel blaue Sterne
Stehn wir leuchtend fern und nah.
Laßt uns blühn und seht uns gerne,
Denn wir sind nun einmal da!
Die uns sonst nicht leiden mochten
Unterm Korn, die schimmernd blaun:
In den Erntekranz geflochten
Mögen sie doch gern uns schaun. Weiterlesen
Feuerwoge jeder Hügel,
Grünes Feuer jeder Strauch,
Rührt der Wind die Flammenhügel,
Wölkt der Staub wie goldener Rauch.
Wie die Gräser züngelnd brennen!
Schreiend kocht die Weizensaat.
Feuerköpfige Blumen rennen
Knisternd übern Wiesenpfad.
Blüten schwelen an den Zweigen.
Rüttle dran! Die Funken steigen
Wirbelnd in den blauen Raum –
Feuerwerk ein jeder Baum!
Georg Britting (1891 – 1964)
Die auch in diesem ausdruckstarken Gedicht bemühte Analogie zwischen dem Feuer und blühenden Pflanzen findet man sehr häufig in der Poesie. Insbesondere wird die (Kerzen-)flamme immer wieder mit Blumen verglichen, die hier mit einigen Zitaten belegt wird:
„Jede Pflanze ist eine Lampe. Der Duft ist aus Licht“
„Die blauen Lupinen glühten wie liebliche Lampen“ Weiterlesen