Der Wassertropfen (Foto) verleibt sich einen Teil seiner Umgebung optisch ein und erweitert u. A. dadurch den Einblick in seine optischen Möglichkeiten. Durch diesen Einblick wird der Durchblick auf das Geschehen dahinter eingeschränkt, was sich auf dem Foto in der (optischen) Unschärfe bemerkbar macht.
Es ist richtig, daß wissenschaftliche Erklärungen das, was einem klar und verständlch erscheint, dunkel und verworren machen können. Andererseits kommt die wissenschaftliche Erklärung dann zum Ziel, wenn diese Dunkelheit und Verworrenheit zu Klarheit und Verständlichkeit auf einer höheren Ebene führen.
So erweitert beispielsweise das Fernrohr den Blick und verengt den Blickwinkel. Es ermöglicht in vielen Fällen Einblick und verhindert oft den Durchblick.
Physikalisch gesehen, ist die Glaskugel eine Sammellinse, die – außerhalb der doppelten Brennweite – den betrachteten Gegenstand – hier eine Landschaft – kopfstehend und verkleinert auf der Netzhaut unserer Augen bzw. dem Chip der Kamera abbildet. Aufgrund der extremen Dicke dieser Linse kommt es zur kugelförmigen „Abirrung“ (sphärische Aberration) des Bildes vom Gegenstand.
Die vorliegende Glaskugel ist auch in anderer Hinsicht kein perfektes Abbildungsmittel. Und das nicht, weil sie zu wenig, sondern zu viel abbildet. Denn sie enthält einige kugelförmige Lufteinschlüsse, sozusagen Luftkugeln, von der jede, ob groß oder klein, ebenfalls die ins Visier genommene Landschaft abbildet: Diese erscheint in den Luftkugeln sogar aufrecht stehend. Eine Luftnummer? Vielleicht, denn eine bloße Vervielfachung von Information führt oft, also nicht nur in diesem Fall, zu einer Verminderung der Durchsicht im tatsächlichen wie im übertragenen Sinn.
Weiter für „Experten“: Bleibt zu klären, wieso die Bilder in den Luftkugeln im Glas keinen Kopfstand machen. Um die Standhaftigkeit der Luftkugelabbildungen zu verstehen, muss man sich klarmachen, dass die Orientierung einer Abbildung nicht nur von der Form des abbildenden Mediums (Glas oder Luft) abhängt, sondern auch von der Umgebung. Wenn man an eine transparente Kugellinse denkt, unterstellt man meist stillschweigend, dass es sich um ein Material mit einem größeren Brechungsindex als den der Umgebung handelt. Bei den – zugegeben nicht gerade gängigen – Luftkugeln ist es gerade umgekehrt. Sie haben einen kleineren Brechungsindex als das umgebende Glas. Daher verhalten sie sich auch umgekehrt und kehren den abgebildeten Gegenstand nicht auf den Kopf. Sie wirken vielmehr wie eine inverse Sammellinse, bzw. eine Zerstreuungslinse, die ein entferntes Objekt richtig herum abbildet.
Mit Hilfe des Lichtstrahlmodells (siehe Grafik) kann man sich von dieser Aussage überzeugen. Die Luftlinse führt zu einem verkleinerten, aufrechtstehenden Bild. F und F‘ bezeichnen den Brennpunkt hinter und vor der Linse.
Zugegeben, das Foto ist unscharf. Aber das ist bewusst geschehen. Denn anderenfalls hätte ich kaum einen Eindruck davon vermitteln können, wie das Gras vor ein paar Tagen in der Morgensonne in allen Spektralfarben funkelte. Es sind die Tautröpfchen, die – normalerweise übersehen oder in Form nasser Füße ein Ärgernis darstellen – hier deutlich und ästhetisch ansprechend auf sich aufmerksam machen. Sie reflektieren das Sonnenlicht ins Auge des Betrachters.
Wenn man die Sonne im Rücken hat und sich vor den tropfnassen Blättern bewegt, beobachtet man, dass das Funkeln in einem Aufflammen und Verlöschen einzelner Lichtblitze besteht, die synchron der Bewegung folgen. Beeindruckend ist insbesondere, dass neben weißen auch farbige Lichtblitze zu sehen sind. Wenn man einen Lichtpunkt fixiert und die Blickrichtung leicht variiert, kann man erreichen, dass dabei ein ganzes Spektrum von Farben durchlaufen wird. Durch die Beobachtungskonstellation wird klar, dass das Sonnenlicht ähnlich wie beim Regenbogen 1. Ordnung in die Wassertropfen eindringt und nach zweimaliger Brechung und einmaliger Reflexion ins Auge des Beobachters gelangt.
Da das weiße Licht aus allen Spektralfarben besteht, werden die Lichtstrahlen je nach Farbe unterschiedlich stark gebrochen und auf diese Weise wie von einem Prisma in Farben aufgespalten.
Doch wenn das Phänomen im Automatikmodus fotografiert wird, ist man meistens über das Ergebnis enttäuscht. Die Lichtblitze sind zu klein, um eine eine nennenwerte Spur auf dem Chip zu hinterlassen. Da hilft es dann in vielen Fällen nur noch, bewusst unscharf zu fotografieren, um so die winzigen Lichtblitze auf eine größere Fläche zu verschmieren und ihnen dadurch eine größere Sichtbarkeit zu verschaffen. Unsere Augen schaffen es beim Umherblicken u. A. mit Hilfe der angepassten Pupillenöffnung sich stets auf die betrachteten Details einzustellen. Bei den hellen Lichtpunkten, stellt sich eine winzige Pupillenöffnung ein; beim vergleichsweise dunklen Gras ist sie hingegen wesentlich größer.
Wir haben es hier also mit dem merkwürdigen Sachverhalt zu tun, dass eine bewusste fotografische Qualitätsverminderung Ansichten hervorbringt die anders nicht zu haben sind.
Man kann aber auch die Defokussierung so groß machen, dass die Zerstreuungskreise mehrere Farben gleichzeitig aufweisen. Auf diese Weise lassen sich mit der Unschärfefotografie auch künstlerische und ästhetische Aspekte realisieren. Diese auch physikalisch interessante Thematik wird vor allem unter dem aus dem Japanischen kommenden Begriff „Bokeh“ (von jap. 暈け = unscharf, verschwommen) diskutiert.
Wasserabweisende Pflanzen verdanken diese ihre Fähigkeit in vielen Fällen ihrer Mikrostruktur. Das Blatt der Lotospflanze besitzt trotz ihrer äußerlich glatten Erscheinung feine Papillen, auf denen die Wassertropfen aufsitzen und damit im Vergleich zur geometrischen Oberfläche nur äußerst kleine Berührfläche besitzen. Man spricht auch vom Cassie-Baxter-Zustand. Daher gleiten die Tropfen leicht von der Blattoberfläche ab, die sich damit als hydrophob erweist. Auch Pflanzen mit kleinen Härchen auf den Blättern zeigen oft ein ähnliches Verhalten.
Sollte eine CD mit ihrer feinen Rillenstruktur nicht aus ähnlichen Gründen wasserabweisend sein? Ich habe zur Überprüfung dieser These einige Tropfen auf die CD gegeben und siehe da, die Tropfen breiteten sich nicht aus: Die CD ist also wasserabweisend, wenngleich in einem wesentlich geringeren Maße wie ein Lotosblatt.
Ein schöner Nebeneffekt: Einige Interferenzfarben, die bei normaler Betrachtung nicht zu sehen sind, werden durch Brechung des Lichts in den Tropfen in unsere Augen gelenkt und lassen sie bunt erscheinen.
Zwei sich überkreuzende Grogstäbchen auf einer gestreiften Decke tun ihre „physikalische Pflicht“ und schaffen dabei eine Art Kunstwerk. Das von den schwarzen und weißen Streifen ausgehende Licht wird in den Glasstäbchen gebrochen. Es wird zum Einfallslot hin abgelenkt, was durch die Form und die Lage der zylindrischen Glaskörper zu einer entsprechend komplexen Verteilung von Schwarz und Weiß führt. Dies ist ein Beispiel dafür, dass ein einfaches Gesetz, das Brechungsgesetz, unter Umständen zu kaum durchschaubaren Bildern führen kann.
Als ich am Morgen noch etwas schlaftrunken das Haus verließ, glaubte ich zunächst meinen Augen nicht zu trauen. Durch das kahle Geäst der Bäume fiel mir eine beeindruckend hohe pastellfarbene Säule auf, die auf eine sehr unmittelbare und zugleich symbolische Weise die Farben anklingen ließ, die der Tag vielleicht noch in der einen oder anderen Form hervorbringen würde.
Es waren die Farben, die bei der Reflexion des Sonnenlichts in einer hier kaum sichtbaren Wand fallender Regentropfen durch Brechung hervorgebracht wurden.
Weil das weiße Licht der Sonne aus Wellen unterschiedlicher Länge besteht und die Brechung für jede Wellenlänge eine andere ist, treten sie in Form von getrennten Spektralfarben hervor und formen einen bunten Regenbogen.
Dass der Bogen hier fast senkrecht auf der Erde zu stehen scheint ist seiner „Größe“ zuzuschreiben: Am morgen und am Abend, wenn die Sonne gerade über den Horizont steigt entstehen auf dem flachen Land die größten Regenbögen. Am Mittag, wenn die Sonne hoch am Himmel steht, sieht man unter geeigneten Bedingungen nur noch den oberen Teil des Bogens unmittelbar über der Erde. Und da fällt er meistens kaum auf.
Offenbar macht es einen großen Unterschied, ob man es mit Licht zu tun hat, das durch Glas gebrochen wird oder mit gebrochenem Glas bei Licht gesehen. In dem einen Fall ist das Glas unversehrt, im anderen unwiderruflich zerstört. Außerdem erkennt man gebrochenes Glas mit Sicherheit, aber an einem Glasgegenstand gebrochenes Licht kann den Gegenstand bis zur Unkenntlichkeit (zumindest optisch) verändern. Oder wer würde auf Anhieb sagen können, welcher Gegenstand sich hinter diesem Abbild verbirgt?
Vielleicht muss man es auch gar nicht wissen, weil der im gebrochenen Licht gesehene Glaskörper eine ästhetische Wirkung vermittelt, die nach keiner weiteren Erklärung verlangt.
Hier bildet ein Fenster ein gegenüberliegendes zweites Fenster durch spiegelnde Reflexion ab. Allerdings tut es das nicht so wie man es von einer ordentlichen Spiegelung erwarten würde. In den gespiegelten Bruchstücken ist kaum das Abbild eines normalen Fensters zu erkennen. Vielmehr wird es total verzerrt dargestellt, obwohl man dem spiegelnden Fenster keine entsprechenden „Anomalien“ ansieht. Sie sind aber da. Denn es handelt sich um ein doppelt verglastes Fenster, das offenbar geringe Deformationen aufweist, die man allerdings ohne diese Abbildung kaum erkennen würde.
Die Deformationen – eine der Scheiben ist nach innen, die andere nach außen gewölbt – kommen dadurch zustande, dass im luftdicht abgeschlossenen Hohlraum zwischen den beiden Scheiben ein Über- oder ein Unterdruck herrscht.
Da die Spiegelung an der hinteren Scheibe stets etwas lichtschwächer ist, weil bereits ein Teil des Lichts an der vorderen Scheibe reflektiert wurde, kann man einen Unterschied in der Helligkeit des gespiegelten gegenüberliegenden Fensters erkennen. Demnach fungieren die vorderen Scheiben als Wölbspiegel, die hinteren als Hohlspiegel.
Daraus lässt sich wiederum schließen, dass zwischen den beiden Scheiben ein größerer Luftdruck als der natürliche äußere Luftdruck herrscht. Und das setzt voraus, dass zum Zeitpunkt der Herstellung des Fensters ein größerer Außendruck vorhanden war als zum Zeitpunkt dieser Fotografie. Daraus folgt entweder, dass der Herstellungsort tiefer gelegen war als das Fenster (höherer Luftdruck). Oder aber zum Zeitpunkt der Aufnahme herrschte wetterbedingt ein sehr niedriger Luftdruck. Auf diese Weise kann ein Fenster eine ganze Geschichte „erzählen“, man muss nur genau hinhören – pardon: hinschauen.
Habe ich das Bild jetzt physikalisch entzaubert? Sicher nicht, denn die zauberhafte Struktur bleibt erhalten. Vielleicht, so denke ich manchmal, wird sie durch die Beschreibung überhaupt erst bemerkt und dadurch bemerkenswert. Ich spreche in solchen Zusammenhängen gerne von einer Wiederverzauberung…
Bei uns regnet es nun schon eine Weile ohne Unterlass. Und da wegen des feuchten Gedränges kaum noch Gelegenheit besteht, von der Straße in die Vorfluter zu gelangen, bleibt das Wasser einfach auf der Straße und schafft sich ein neues Bett. Aber das geschieht von Natur aus alles in regelrechter Ordnung. Das fließende Wasser schickt sich sogar an, sich mit einer naturschönen Kräuselung zu versehen.
Da das strömende Wasser zu den ansteigenden Rändern hin eine größer Reibung mit dem Untergrund erfährt und daher an diesen Stellen stärker geschert wird als weiter innen, wird es gewissermaßen nach außen hin gebrochen. Dort wird es dann an der ansteigenden „Böschung“ in Richtung Strommitte reflektiert, schießt dann aber Trägheit übers Ziel hinaus zur anderen Seite, wo es in spiegelverkehrter Weise dasselbe Schicksal erfährt. Rein optisch zeigt sich dieses Hin und Her in einem schön anzusehenden Muster.
Ein mit stillem Wasser gefülltes Weinglas steht vor einer bunt gestreiften Wand und wird von zwei Fenstern beleuchtet. Das Glas macht aus der relativ neutralen Situation ein kleines optisches Rätsel. So sieht man das Fensterpaar als helle Lichtquelle mindestens dreimal spiegelnd und einmal diffus reflektiert. Die spiegelnden Reflexionen werden durch den Wasserkörper und das Glas hervorgerufen. Die hinter dem Glas auf dem Tisch zu sehende diffuse Reflexion entsteht dadurch, dass der nahezu zylindrische Stiel des Glases die Fenster auf dem Tisch abbildet.
In den beiden Abbildungen dieser Zylinderlinse erscheinen das linke und das rechte Fenster vertauscht. Wegen der Baugleichheit der Fenster ist dies jedoch nicht zu sehen. Da der ebenfalls zumindest im oberen Bereich nahezu zylindrisch geformte Wasserkörper ebenfalls wie eine Zylinderlinse wirkt, werden die durch das Glas gesehenen Dinge virtuell vertauscht. Und als Zugeständnis an die sphärische Abweichung von der Zylinderform werden sie im unteren Bereich schwungvoll gerundet. So präsentiert sich hier die farbig gestreifte Rückwand.
Die virtuelle Vertauschung zeigt sich in dem durch das Glas hindurch zu sehenden Bereich in einer Umkehr der Farbreihenfolge, was allerdings wegen des mehrfachen Auftretens gleicher Farben schwer zu erkennen ist.
Insgesamt also eine schöne Spielerei zwischen Realität und Virtualität, die hier gewissermaßen ohne menschliches Zutun abläuft – es wurde lediglich ein Glas Wasser an eine günstige Stelle auf den Tisch gestellt.
Hier bewahrheitet sich einmal mehr die oft in ganz anderem Zusammenhang geäußerte Feststellung, dass man bei Anzeichen einer gestörten Realitätswahrnehmung zu tief ins Glas geblickt habe. Und damit diesbezüglich keine Zweifel aufkommen, verbürge ich mich dafür, dass im Glas nur Wasser vorhanden ist – gutes ostfriesisches Wasser, ideal zur Zubereitung von Tee.
Wenn Licht, Glas und Stimmung zusammenkommen, krümmt sich zuweilen die Wirklichkeit – ich denke mal – vor Lachen.
Ein großer Tropfen in der Gabelung einer Pflanze mit leicht hydrophober (wasserabweisender) Oberflächenbeschaffenheit zeigt sich hier in einigen seiner optischen Möglichkeiten mit großer Deutlichkeit.
Er ist transparent: Man blickt von der Seite her durch ihn hindurch auf eine kleine Verzweigung. Durch die Brechung des Lichts tritt ein Sprung auf zwischen dem was man durch den Tropfen hindurch sieht und dem direkt gesehenen Teil der Verzweigung.
Er zeigt Reflexionen: partielle Spiegelungen der Umgebung und eine diffuse Reflexion der auf dem rechts verlaufenden Stängel fokussierten Sonnenstrahlen. Diese ist so stark, dass es zu einer Überstrahlung (Irradiation) kommt: Der grüne Stängel erscheint daher weiß.
Außerdem ist das ganze Szenario naturschön – vor allem deshalb habe ich dieses Motiv fotografiert.
Drei Sonnen sah ich am Himmel steh’n,
Hab‘ lang und fest sie angeseh’n;
Und sie auch standen da so stier,
Als wollten sie nicht weg von mir.
Ach, meine Sonnen seid ihr nicht!
Schaut ander’n doch ins Angesicht!
Ja, neulich hatt‘ ich auch wohl drei;
Nun sind hinab die besten zwei.
Ging nur die dritt‘ erst hinterdrein!
Im Dunkeln wird mir wohler sein.*
* Wilhelm Müller (1794 -1827)
Das Gedicht von Wilhelm Müller wird der einen oder dem anderen durch den Liederzyklus Winterreise bekannt sein, der von Franz Schubert (1797 – 1828) vertont wurde. Daran wurde ich vor ein paar Tagen erinnert, als ich die tiefstehende Sonne mit zwei Nebensonnen erleben durfte.
Im Englischen heißen Nebensonnen auch „sundogs“, womit wohl zum Ausdruck kommen soll, dass die Sonne ihre beiden Hunde ausführt. Wie dem auch sei, ich sitze im Garten betrachte das Himmelsschauspiel, lausche „gedanklich“ Schuberts Vertonung und bin nur dadurch etwas beunruhigt, dass ich um diese Jahreszeit bei bereits tiefstehender Sonne und einer Temperatur von 20°C im Garten sitze.
Wer sich u. A. für die physikalischen Hintergründe und andere Aspekte des Phänomens interessiert, sei auf frühere Blogbeiträge verwiesen (z.B. hier und hier und hier).
Ein vergessenes Glas Wasser. Die Sonne ist weiter vorgerückt, der Schatten einer Wand rückt auf das Glas vor und macht einige Lichtphänomene sichtbar, die im prallen Sonnenlicht untergehen.
Das Glas und das heißt vor allem das in Glasform gebrachte Wasser wirft trotz seiner Transparenz einen Schatten, weil das auftreffende Licht gebrochen und zu einem Brennfleck gebündelt wird und just den Bereich teilweise wieder aufhellt, dem das Licht gerade entzogen wurde. Lediglich im oberen Bereich, der vom Sonnenlicht ausgeschnitten wurde, bleibt es dunkel. Dorthin verirrt sich kein Licht.
Der heranrückende Schatten einer Wand macht das am Glasrand reflektierte Licht in Form halbkreisförmiger Aufhellungen sichtbar. Ohne Schatten hätte man von diesem Phänomen nichts gesehen. Auch der kurze Lichtstreifen, der vom Glas ein Stück weit in den Schatten läuft, sollte nicht übersehen werden. Aus nächster Nähe betrachtet erkennt man, dass er in Spektralfarben zerlegtes Licht projiziert (siehe Ausschnittsvergrößerung). Es ist das Licht, das im Glas teilweise an der Rückwand reflektiert und bei anschließenden erneuten Auftreffen auf die Glaswand teilweise aus dem Glas heraus gebrochen und dabei in Farben zerlegt wird. Dies entspricht dem Vorgang, der bei einem fallenden Regentropfen zur Entstehung des Regenbogens beitragen würde.
Wasser ist transparent. Glas ist transparent. Durch beides kann man fast ungestört hindurchblicken. Und dennoch passiert etwas mit dem durchgehenden Licht. Es wird gebrochen und obwohl alles mit rechten (physikalischen) Dingen zugeht, kommt man manchmal nicht umhin, über das Ergebnis zu staunen: Aus einer geraden Linie wird eine geschwungene Linie, wobei der „Schwung“ davon abhängt, von wo und wie man durch das Glas Wasser hindurch auf die Linie blickt.
Aufgefallen ist mir dieses Phänomen in einer geselligen Runde in einer Kneipe. Ich wagte es nicht, meinen Fotoapparat zu zücken und das Bild festzuhalten. Ich stellte es zu Hause so gut wie möglich nach. Und dies ist das Ergebnis (siehe Foto).
Wasser ist transparent. Jedenfalls, wenn man kleine Mengen betrachtet: ein Glas Wasser, einen Eimer Wasser, Tropfen… Aber schon bei einer gefüllten Badewanne deutet sich eine meist grünliche Eigenfarbe des Wassers an. Dennoch können auch dünne Wasserschichten mit Farben durchwirkt sein, wie das Foto zeigt. Aber es sind von der Umwelt geliehene Farben. So erscheint die glatte Fläche in der Mitte des Fotos blau, weil hier die Wasseroberfläche so orientiert ist, dass der blaue Himmel spiegelnd in die Augen reflektiert wird. An anderen Stellen blickt man auf den mit grünen Pflanzen marmorierten Grund. Die Farben werden zudem durch das Fließen und der dadurch bedingten endlichen Zeitauflösung bei der Wahrnehmung bzw. Fotoaufnahme modifiziert. Bei günstigen Lichtverhältnissen ist fließendes Wasser auch immer ein Kaleidoskop von Farben.
Die Eigenfarbe reinen Wassers ist übrigens blau, was man allerdings erst bei sehr großen Wasserschichten wahrnehmen kann.
Ein buntes Kaleidoskop von Farben und Formen zeigt sich hier in Gestalt von Fensterscheiben. Obwohl die Fenster dicht beieinanderliegen treten die Reflexe in mehr oder weniger unterschiedlicher Weise auf.
Die Reflexe des 1., 3. und 10. Fensters (von oben links nach unten rechts gezählt) stimmen in ihrer Grundstruktur weitgehend überein. Entsprechendes gilt für das 4., 5., und das 8. Fenster; auch das 2. und 7. Fenster könnte man dazurechnen. Ganz aus dem Rahmen fallen das 6. und das 9. Fenster, deren Scheiben kaum eine Struktur zeigen, dafür aber eine weitgehend einheitliche tief blaue Färbung. Gemeinsam ist allen Fenstern, dass sie dem Reflexionsgesetz gemäß das Licht von den gegenüberliegenden indirekten Lichtquellen reflektieren. Das ist im Falle der beiden blauen Fenster der blaue Himmel. In allen anderen Fällen handelt es sich offenbar um Teile von Gebäuden, die der Fensterfront von der Sonne beschienen gegenüber liegen. Anders als man es in den meisten Fällen gewohnt ist, sind die gespiegelten Ansichten aber dermaßen verzerrt, dass sie so gut wie nicht zu erkennen sind. Man kann nur erahnen, dass in einigen Fällen ebenfalls Fenster der Ausgangspunkt für das Licht sind.
Der Grund für diese Verzerrungen liegt nicht etwa darin, dass es sich um schlecht gefertigte Fenster handelt. Vielmehr erkennt man an ihnen eindeutig, dass wir es mit doppelt verglasten, also modernen Fenstern zu tun haben. Sie sind aufgrund von Luftdruckunterschieden zwischen dem Innenraum der luftdicht verklebten Scheiben und der Außenwelt leicht nach innen oder außen gewölbt und wirken, wie in einem früheren Beitrag ausführlicher dargestellt, ähnlich wie Hohl- und Wölbspiegel. Im vorliegenden Fall dominiert allerdings nur der Reflex einer der beiden Scheiben.
Die Verzerrung und damit die Wölbung der Scheiben ist umso größer, je mehr sich die Stärke des Luftdrucks zwischen dem Innenraum der Doppelglasscheiben zum Zeitpunkt ihrer Herstellung und dem Außendruck bei der fotografischen Aufnahme unterscheidet. Die Ähnlichkeit der Verzerrungen der abgebildeten Scheiben weist darauf hin, dass der gleiche Außendruck geherrscht haben muss, die entsprechenden Scheiben also etwa zur gleichen Zeit hergestellt wurden. Dies gilt vermutlich nicht nur für die Scheiben 4, 5 und 8, sondern auch für die Restlichen. Der Unterschied ist vermutlich dem unterschiedlichen Grad der Strukturiertheit der reflektierten Gebäudeteile zuzuschreiben. Unstrukturierte Teile zeigen auch in der Reflexion keine Struktur, wie insbesondere bei den beiden Scheiben zu erkennen ist, die Ausschnitte des blauen Himmel reflektieren.
Bleibt nur noch die Frage, warum die beiden blauen Fenster aus der Reihe tanzen und offenbar über das gegenüberliegende Gebäude „hinwegschauen“. Wie am dunklen Schattenstreifen am oberen Rand dieser Fenster zu erkennen ist, stehen sie „Kipp“ und stellen daher einen anderen Einfallswinkel für das einfallende Licht dar als es bei den übrigen Fenstern der Fall ist. Die Kippstellung von Fenstern führt auch in anderen Zusammenhängen zu überraschenden Phänomenen (z.B. hier und hier, hier).
Die abgebildete Fensterfront hat also einiges zu „erzählen“ über
– die Art der Fensterverglasung,
– den Luftdruckunterschied zwischen Ort und/oder Zeit der Herstellung und ihres jetzigen Aufenthalts und
– über das Wetter.
Lieber Jan, hast du schon einmal etwas über das chemische Element Zirkonium gehört? Dann solltest du das schnell nachholen, denn es ist das Element mit der Ordnungszahl 40. Und diese Zahl hast du heute in Jahren seit deiner Geburt erreicht. Dazu gratuliere ich dir ganz herzlich. Die Zahl 40 ist nicht nur deshalb eine ganz besondere Zahl, weil sie die 10 gleich 4 mal enthält, und die 10 als Anzahl unserer Finger (wie sonst hätte man das Rechnen erlernen können) unser Dezimalsystem bestimmt. Und auch die 4 ist eine sehr bedeutungsvolle Zahl, weil sie u. A. die erste zusammengesetzte Zahl und die erste Nichtprimzahl nach der 1 darstellt; sie ist zudem gerade und Quadratzahl. Sie gibt die Anzahl der 4 Himmelrichtungen an, die uns zur Orientierung in der Welt dienen, die der Auffassung der alten Griechen entsprechend aus 4 Elementen aufgebaut ist.
Noch wichtiger ist vielleicht, dass du ab heute das Recht hast, Bundespräsident zu werden. Denn laut Grundgesetz attestiert man einem 40 jährigen Menschen die nötige Reife, dieses Amt auszuüben. Da die Wahl gerade gewesen ist, hast du aber noch genügend Zeit, dir das gründlich zu überlegen. 😉
Schließlich ist die 40 eine Zahl von großer Symbolkraft in mehreren Kulturkreisen und Religionen. Ich will nur erwähnen, dass die Sintflut 40 Tage dauerte und Noah noch 40 Tage warten musste, als wieder Land in Sicht kam. Das Volk Israel wanderte 40 Tage durch die Wüste usw. usw.
Falls dir das Alter 40 trotzdem etwas ungeheuer vorkommt, weil du dich damit vielleicht zu alt fühlst, möchte ich folgendes zu bedenken geben: Geht man davon aus dass jedes Alter nach Jahrzehnten bemessen für bestimmte Ziele steht, die man im Leben erreicht habe sollte, so sind wir deswegen oft etwas später dran, weil wir uns für vieles mehr Zeit nehmen. Ich denke da an die Ausbildung, an Reisen und andere angenehme Dinge. Darum kannst du getrost davon ausgehen, dass die 40 die neue 30 ist. Die Rechnung geht insofern auf, als auch die Lebenserwartung in der Zeit, in der du die 40 erarbeitet hast gestiegen ist. Das ist zumindest ein statistischer Trost.
So, nun hast du die Wahl, ob du dich mehr für den Inhalt des alterhwürdigen Schnapsglases oder für die optischen Phänomene interessierst, die der Lichtspalt aus dem Glas herausmodelliert.
Beim Lesen eines Buches mit Op-Art-Abbildungen war mir irgendwie so, dass etwas Buntes durch das Glas hindurch schimmerte. Um festzustellen, ob es an mir oder am Glas Wein lag, füllte ich es kurzerhand mit Wasser und sah, dass das Glas oder besser die Flüssigkeit die Bilder lieber farbig hatte. Es ist also nicht der tiefe Blick ins Glas, sondern der Blick durch das Glas, der dieses Phänomen ermöglicht.
Schuld daran sind die Übergänge des vom Op-Art-Bild ausgehenden Lichts von Luft zum Glas, von Glas zum Wasser und vom Wasser zum Glas und dann wieder zur Luft, bevor es mein Auge erreicht. Dabei spielt das dünne Glas die geringste Rolle und muss nicht weiter betrachtet werden. Entscheidend ist der Durchgang des Lichts durch den Wasserkeil, wobei es ähnlich wie in einem optischen Prisma gebrochen und damit aus der ursprünglichen Richtung abgelenkt wird. Da die Lichtbrechung von der Wellenlänge des Lichts abhängt und damit für die verschiedenen Farben, aus denen sich das weiße Licht zusammensetzt, unterschiedlich groß ist, laufen die einzelnen Farben gewissermaßen auseinander und werden schließlich getrennt voneinander wahrgenommen. Man sieht also die weißen Teile des schwarzweißen Op-Art-Bildes in mehreren ineinander verschwimmenden Versionen.
Man kann auch künstlerisch tätig werden, indem man den Blick durchs Glas auf unterschiedliche Weise auf Schwarzweißbilder und andere Darstellungen richtet und sich den schönsten Anblick auswählt.
Gott, heißt es, schied die Finsternis vom Licht,
Doch mocht es ihm nicht ganz gelingen,
Denn wenn das Licht in Farben sich erbricht,
Mußt es vorher die Finsternis verschlingen.*
* Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832)
Nur etwa 10% der Menschen haben blaue Augen. Damit ist gemeint, dass bei diesen Menschen die Ringblenden (Iris) um die Pupillen blau erscheinen, während bei 90% der Weltbevölkerung Brauntöne dominieren. Von den Blauäugigen leben die meisten Menschen im Ostseeraum. In Estland sind es sogar 99%. Warum das Braun derart dominant ist und das Blau vor allem im Norden vorkommt, kann man beispielsweise hier nachlesen. Entscheidend für die Seltenheit der blauen Augen ist, dass Blau rezessiv vererbt wird. Denn eigentlich ist das Blau der Augen gar keine Farbe. Jedenfalls gibt es im Auge keine blauen Pigmente. Der Effekt, der zu blauen Augen führt, tritt bei allen Menschen auf. Er wird allerdings meistens von den braunen Pigmenten überstrahlt, sodass er bei braunen Augen nicht zu sehen ist. Blaue Augen kommen daher nur dadurch zustande, dass sie kaum über braune Pigmente verfügen.
Dieser Blaueffekt fällt zwar nicht vom Himmel, hat aber mehr mit dem Himmelblau zu tun als man vielleicht vermutet. Dabei denke ich gar nicht so sehr an poetische Vergleiche, sondern knallharte physikalische Fakten. Es empfiehlt sich daher zunächst noch einmal kurz zusammenzufassen, wie es zum Himmelblau kommt.
Der Himmel beginnt auf der Erde. Denn das was wir vom blauen Himmel sehen, ist die transparente Luftschicht, die die Erde umgibt. Deren Blau fällt allerdings erst ab einer bestimmten Schichtdicke auf und tritt vor allem vor entfernten Bergen und dem pechschwarzen Weltall besonders in Erscheinung.
Die Färbung entsteht stark vereinfacht gesagt dadurch, dass der Blauanteil des Sonnenlichts an den Luftmolekülen wesentlich stärker gestreut (also aus der Einfallsrichtung des weißen Lichts abgelenkt) wird als die übrigen Farbanteile (Wellenlängen) insbesondere des langwelligen Rots. Deshalb sehen wir nicht nur Licht aus der Richtung der Sonne, sondern aus allen Richtungen. Diese sogenannte Rayleigh-Streuung führt zu einer für das Leben auf der Erde bedeutsamen indirekten Beleuchtung, deren Blau wir meist gar nicht als solches wahrnehmen.
Die Rayleigh-Streuung tritt aber nicht nur an den Luftmolekülen auf, sondern auch an winzigen Teilchen von der Größenordnung der Wellenlängen des sichtbaren Lichts in Flüssigkeiten (z.B. in Wasser, das mit ein wenig Milch versehen wird), Gasen und in Festkörpern. Auch die Iris bzw. die Regenbogenhaut unserer Augen enthält solche Streuteilchen. Diese bewirken, dass vor allem das kurzwellige blaue Licht gestreut wird, während das restliche Licht weiter eindringt und absorbiert wird. Mit anderen Worten: Die Ähnlichkeit blauer Augen mit dem Himmelblau betrifft nicht nur den gleichen Farbton, sondern auch den physikalischen Entstehungsmechanimus.
Übrigens: Die in der Abbildung zu erkennenden Strukturen in der Iris verweisen auf ein interessantes Strukturbildungsphänomen. Es führt dazu, dass jeder Mensch unabhängig von der Farbe seiner Augen, ein individuelles Muster vorweisen kann. Aber das ist eine weitere Geschichte, auf die ich später eingehen werde.
Laservermessung des Flammenschattens
Wilfried Suhr, H. Joachim Schlichting. Physik in unserer Zeit 53/1 (2022), S. 65 – 69
Eine im Sonnenlicht stehende, brennende Kerze wirft auf eine dahinter befindliche weiße Wand ein Lichtmuster, in dem kaustikähnliche Aufhellungen zu sehen sind. Die Abhängigkeit des Brechungsindexes von der Temperatur und der Stoffzusammensetzung erweisen sich als Ursachen dieses Phänomens.
In der dunklen Jahreszeit helfen Kerzen, die Stimmung
etwas aufzuhellen. Steht eine brennende Kerze auf der
Fensterbank, so kann es vorkommen, dass das Licht der
tiefstehenden Sonne den Schatten der Kerze auf die innere Fensterleibung wirft. In einem solchen Fall lohnt es sich, genau hinzuschauen. Denn auf der weißen Wand erkennt man nicht nur den Schatten der Kerze und eines Teils der Flamme, sondern zu beiden Seiten der Flamme ein von der Brennschüssel ausgehendes und sich nach oben erstreckendes langes helles Band (Abbildung 1). Dieses ist noch heller als die im direkten Sonnenlicht liegende Wand. Demgegenüber erscheint der innerhalb dieser Lichtbänder liegende
Bereich etwas dunkler. Oberhalb des Dochts befindet sich ein Schatten der eigentlichen Kerzenflamme, der allerdings deutlich schlanker als diese ist und nur durch die Leuchtzone der Flamme hervorgerufen wird (Abbildung 2, Bereich II links). Bei genauerer Betrachtung entdeckt man oberhalb des Dochts auch noch einen kleinen Lichtfleck, der wie die Lichtbänder heller ist als die direkt von der Sonne beschienene Wand. Im Folgenden gehen wir insbesondere diesen Aufhellungen im projizierten Lichtmuster der Kerze nach, die auf eine Zunahme der Lichtintensität hinweisen. Abgesehen von Streuvorgängen breitet sich das Sonnenlicht in homogener Luft von konstanter Temperatur geradlinig aus. Sobald jedoch Temperaturunterschiede auftreten, wird das Licht gebrochen. Das kann zu erstaunlichen Phänomenen
führen wie etwa Luftspiegelungen über einer aufgeheizten Straße. Wenn aber bereits solche verhältnismäßig moderaten Temperaturunterschiede in der Luft derart auffällige Auswirkungen auf das Verhalten des Lichts haben, sind Brechungserscheinungen im Zusammenhang mit einer brennenden Kerze geradezu zu erwarten. Denn bei letzterer sind noch wesentlich größere Temperaturunterschiede
im Spiel. Außerdem ändert sich durch die Verbrennung von Kerzenwachs die stoffliche Zusammensetzung
der Gase, was ebenfalls das Brechungsverhalten des Lichts beeinflusst…
weiterlesen: Der facettenreiche Schatten einer Kerzenflamme
Zusammenfassung
Bei der Projektion einer brennenden Kerze auf eine helle Wand wird das durch die Flamme und Abgasfahne der Kerze gehende Licht in unterschiedlicher Weise aus seiner ursprünglichen Richtung abgelenkt. Als Ursache dafür erweisen sich die infolge der Verbrennung auftretenden großen Temperaturdifferenzen und die damit einhergehenden Änderungen des Brechungsindexes sowie der hohe Brechungsindex des entstehenden Wachsdampfes im Flammenkern. Mit Hilfe von experimentellen und theoretischen Untersuchungen gelingt es, im Rahmen der Strahlenoptik von der beobachtbaren Lichtablenkung auf die Verteilung des Brechungsindexes in diesem Bereich zu schließen.
Die Dreifaltigkeit einer Adventskerze zeigt sich, wenn man sie unmittelbar hinter einem mit Wasser gefüllten Weinglas aufstellt (Es darf auch Champagner sein, wenn der Anlass es hergibt.). Dann gesellen sich zum zentralen Abbild der Kerze noch zwei seitliche Satelliten hinzu, die zwar etwas schlank geraten, aber ihre kerzenhafte Herkunft nicht verleugnen können. Die Herstellung dieses Phänobjekts ist leicht, allerdings muss man schon den passenden Blickpunkt einnehmen, weil sonst ziemlich verunglückte Gestalten resultieren können – also wie im richtigen Leben. Das Phänomen profitiert ganz wesentlich vom Inhalt des Glases. Ein leeres Glas bzw. ein luftgefülltes Glas führt zwar zu anderen interessanten Bildern aber nicht zur dreifaltigen Kerze.
Was die Erklärung des Phänomens betrifft, so kann ich auf einen früheren Beitrag verweisen, in dem die Kerze durch eine ausgewachsene Person und das Glas durch einen überdimensionalen Zylinder ersetzt wurde.
Was unterscheidet den auf dem Foto zu sehenden, auf einer nicht ganz ruhigen Wasseroberfläche spiegelnd reflektierten Menschen? Ihr sagt: Ich sehe nur die Reflexion des Menschen und das sei ein Unterschied zur direkten Ansicht. Doch wie ist es mit einem Objekt, das ich durch aufsteigende warme Luft hindurch sehe, wie es zuweilen bei einer aufgeheizten Straße oder bei einem Feuer beobachtet werden kann? Es erscheint durch die Brechung des Lichts in der heißen Luft noch stärker verzerrt als der im Wasser gespiegelte Mensch. Sehe ich ihn nicht direkt? Denn Luft ist auch zwischen ihm und mir, wenn er mir näher und weniger verzerrt ist. Weiterlesen
Einige Gläser, die hier auf ihre Füllung warten erfreuen uns derweil mit eindrucksvollen Lichtmustern, die durch die Brechung des von oben einfallenden Lichts beim Durchgang durch die Gläser hervorgerufen werden. Diese Brechungsmuster bestehen aus hellen und dunklen Bereichen, die durch die Form der Gläser gestaltet werden. Dabei heißt hell heller als die Projektionsfläche (eine weiße Tischdecke) und dunkel dunkler als die Projektionsfläche.
Beim Durchgang des Lichts durch die Gläser wird es gebrochen, also aus seiner Richtung abgelenkt und zwar so, dass es beim Übergang von Luft in Glas zum Einfallslot hin und beim Übergang vom Glas zur Luft vom Einfallslot weg aus seiner Richtung abgelenkt wird. Aufgrund der Strukturen der Sektgläser führt das dazu, dass an einigen Stellen mehr und an anderen Stellen weniger Licht landet als es ohne die Gläser der Fall wäre. Die durch das Licht transportierte Energie, die vor allem in seiner Helligkeit zum Ausdruck kommt, ist erhalten, kann also weder erzeugt noch vernichtet werden. Daher kann man anschaulich gesprochen davon ausgehen, dass die helleren Stellen zwangsläufig anderswo dunklere Stellen zur Folge haben.
Im Licht stehende Trinkgläser sind also in der Lage, ihre Schönheit in Form von ästhetisch ansprechenden Brechungsmustern außerhalb ihrer selbst zum Ausdruck zu brinden und auf diese Weise zu steigern.
Vielleicht fällt der einen oder dem anderen auch noch auf, dass die konzentrischen Lichtringe unterhalb der Projektionsfläche der Tischdecke zu liegen scheinen, obwohl von einer Spiegelung keine Rede sein kann – eine schöne optische Illusion.
Nach dem Regen regen sich auch wieder die in der hinter uns liegenden Trockenzeit verschwundenen Bäche. Sie sind wieder da, tauchen an bestimmten Stellen des Berghangs zunächst nur in Form einer kleinen Pfütze, dann aber bergabwärts immer größer werdend wieder auf, sodass man mit Recht von Bächen sprechen kann.
Und sie bringen auch gleich wieder das insbesondere bei Sonnenschein beeindruckende Phänomen mit sich, in dem der profane Untergrund in ein veritables Kunstwerk umgestaltet erscheint: Man blickt durch das strömende Wasser, sodass das vom Untergrund ausgehende Licht ständig in andere Richtungen gebrochen wird und infolge der Belichtungszeit der Kamera auch noch strähnenförmig verfremdet wird. Natur und Technik spielen hier in ästhetisch produktiver Weise zusammen.
Ein Stein fällt in ein Becken mit Wasser, reißt eine Portion Luft mit sich, die in Form von vier (Halb-) Blasen an die Oberfläche steigen und hier einige Zeit verbringen (siehe Foto).
Schon platzt die erste Blase. Sie wäre einfach weg, wenn nicht die Sonne die dadurch ausgelösten direkt nicht zu sehenden Wellenbewegungen auf dem Wasser auf dem Grund des Beckens abbilden würde. Dort sieht man ein eindrucksvolles System heller und dunkler Ringe. Sie entstehen dadurch, dass das Sonnenlicht an den Wellen gebrochen wird, sodass die Wellenberge wie ringförmige Sammellinsen wirken, während die Wellentäler das Licht ringförmig streuen. Weiterlesen
H. Joachim Schlichting. Physik in unserer Zeit 51/5 (2020), S. 254
Auf einer Wasseroberfläche driftende Blasen rufen im Sonnenlicht sternförmige Kaustiken auf dem Grund des Behälters hervor. Ursache ist die Brechung und Fokussierung des Lichts am äußeren und inneren Meniskus der Blase.
Wenn im Sommer wassergefüllte Behälter, z.B. eine Badewanne in der Sonne stehen, wird der aufmerksame Beobachter vielleicht von sternartigen Lichtflecken auf dem Boden des Behälters überrascht sein. (siehe Abbildung). Voraussetzung dafür, dass diese vierzackigen Sterne erscheinen sind auf der Wasseroberfläche driftende Blasen, die fast immer vorhanden sind, wenn die Wanne den sommerlichen Spielen mit Wasser dient. Jede Blase projiziert einen solchen Stern auf den Boden.
Bei den Sternen handelt es sich um Kaustiken (Brennlinien), die durch das von der Blase deformierte Wasser hervorgerufen werden. Dieses Phänomen war schon Leonardo da Vinci (1452 – 1519) bekannt, der es folgendermaßen umschreibt, ohne es jedoch zu erklären. „Der durch die Blase an der Oberfläche des Wassers gehende Strahl wirft auf den Grund des Wassers ein kreuzförmiges Bild von dieser Blase“.
Das Phänomen kommt dadurch zustande, dass sich an der Innen- und Außenseite der Blase ein Wassermeniskus ausbildet. Ähnlich wie das Wasser in einem Trinkglas wegen der Benetzbarkeit des Glases ein Stück weit an der Gefäßwand aufsteigt, passiert dies erst recht bei einer im Wesentlichen aus Wasser bestehenden Blase – und, das diese auf der Wasseroberfläche driftet, sogar innen und außen. Da in der Blase ein gewisser Überdruck gegenüber dem äußeren Luftdruck herrscht, wird die Wasseroberfläche innerhalb der Blase auch noch ein wenig eingedellt, wodurch dieser Effekt noch verstärkt wird.
An diesem Meniskus wird das Licht wie an einem halbkreisförmig gebogenen Prisma gebrochen und auf den Boden der Wanne fokussiert. Komplementär passiert etwas Entsprechendes an der äußeren Blasenwand, allerdings mit umgekehrter Krümmung. Beide Kaustiken überlagernd sich auf dem Boden des Gefäßes zu dieser auffälligen Sternkaustik.
Eingereichtes Manuskript
Einige Tautropfen auf dem Schilfblatt werden von der tiefstehenden Sonne unter großem Einfallswinkel getroffen. Das Licht wird durch diese flüssigen Linsen auf einen Brennfleck fokussiert. Dort wo das Licht infolgedessen fehlt, verhält sich der Tropfen wie ein undurchsichtiges Gebilde und ruft einen Schatten hervor. Dieser bietet dem Brennfleck einen idealen Hintergrund, indem er den Helligkeitskontrast steigert und den Brennfleck noch prägnanter erscheinen lässt.
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Als ich gestern Morgen die Vitamin-D-Tablette auf den Tisch legte, drang der helle Tag bereits durch das Fenster und breitete das was mir offenbar fehlt in konzentrierter Form vor mir aus – Licht. Des Kontrastes wegen wurde es auch noch malerisch von einem dunklen Schatten umgeben. Das durch das Fenster fallende Licht, das man auch noch auf der winzigen 6 mm großen transparenten kugelförmigen Tablette gespiegelt sieht, wird von ihr gebrochen und auf einen Brennfleck fokussiert. Zumindest schemenhaft kann man darin auch noch Reste der roten Morgendämmerung erkennen.
Vielleicht wird die Wirkung der Tablette ja auch dadurch erzielt, dass man sie auf die Hand oder einen andere Hautstelle legt, um in den konzentrierten Lichtgenuss zu kommen 😉
Der farbige Sonnentaler tanzt mir schon wieder vor der Nase herum und fordert mich geradezu heraus, etwas mit ihm anzustellen. Vor einiger Zeit legte ich drei aus einem anderen Experiment stammende Glasmurmeln in den Lichtfleck. Diesmal habe ich eine hexagonales Prisma zur Hand, das ich mitten in das farbige Lichtgewusel hineinstelle. Ich staune nicht schlecht, wie sich die Dinge ändern: In das farbige Runde mischt sich das geometrisch Gerade hinein. Das bunte Licht wird den Facetten des Glasobjekts entsprechend in vielfacher Weise reflektiert, gebrochen und teilweise sortiert.
Aber auch das Glasobjekt sieht ganz anders aus. Und wenn ich nicht wüsste, wie es beschaffen ist, hätte ich vermutlich Schwierigkeiten, es in seinem Originalaussehen zu erkennen.
Was Goethe wohl dazu gesagt hätte? Gegen die Newtonsche Farbenlehre dichtete u.A. mit folgenden Reimen an:
Ist erst eine dunkle Kammer gemacht
Und finstrer als eine ägyptische Nacht,
Durch ein gar winzig Löchlein bringe
Den feinsten Sonnenstrahl herein,
Dass er dann durch das Prisma dringe:
Alsbald wird er gebrochen sein.
Aufgedröselt bei meiner Ehr‘
Siehst ihn, als ob’s ein Stricklein wär‘,
Siebenfarbig statt weiß, oval statt rund.
Glaube hierher des Lehrers Mund:
Was sich hier auseinander reckt,
Das hat alles in Einem gesteckt.
Und dir, wie manchem seit hundert Jahr,
Wächst darüber kein graues Haar.*
* Johann Wolfgang von Goethe. Aus: Sprüche in Reimen – Zahme Xenien. VII.
Ein Weinglas bringt bereits spektakuläre Eindrücke hervor, bevor es geleert wird. Wenn das keine Verheißung ist!
Dieses und andere Phänomene beim Blick in und durch ein Trinkglas muss Joachim Ringelnatz vor Augen gehabt haben, als er sagte:
Die besten Vergrößerungsgläser für die Freuden dieser Welt sind jene, aus denen man trinkt.
Bei allen optischen Phänomenen die beim Durchgang von Licht durch ein Trinkglas hervorgerufen werden (z.B. hier und hier und hier und hier und hier und hier), ist die Vergrößerung allerdings nicht sehr augenfällig, wie man z.B. dort sehen kann.
Optische Täuschungen gibt es nicht nur als raffiniert hergestellte künstliche Objekte, sondern können in zahlreichen Alltagssituationen beobachtet und mit einfachen Argumenten der geometrischen Optik beschrieben werden. Auch wenn das Wort „Täuschung“ meist negativ konnotiert ist, sollte nicht übersehen werden, dass wir in vielen Bereichen der Wahrnehmung, Beschreibung und Erklärung der Welt von optischen Täuschungen profitieren und sie gar nicht als solche ansehen. Dass wir uns auf dieser Gratwanderung zwischen Schein und Sein in extremen oder seltenen Situationen zuweilen genarrt und getäuscht sehen, sollte als unvermeidlicher Tribut an die positiven Aspekte der optischen Täuschung in Kauf genommen werden. Ganz abgesehen davon sind – wie in diesem Beitrag gezeigt werden sollte – viele dieser Täuschungen lustig, faszinierend und die physikalische Intuition herausfordernd. Überdies können sie eine Bereicherung für den Physikunterricht darstellen.
Täuschungen waren auch schon vor dieser Serie Gegenstand dieses Blogs, ohne dass mir bewusst wurde, dass immer wieder neue hinzukommen würden. Einige dieser Beiträge seien hier nocheinmal zusammengestellt: