Aus Erfahrung und in voller Übereinstimmung mit den Gesetzen der Physik strömt das Wasser in Vorwärtsrichtung aus einem waagerechten Rohr und bewegt sich dann unter dem Einfluss der Schwerkraft in etwa in Form einer Wurfparabel nach unten – wie auf dem Foto zu sehen ist.
Doch wie so oft liegt der Widerspruch bereits im System. So auch hier. Man erkennt einen zweiten kleinen Wasserstrom, der offenbar Einspruch gegen diese Richtung zu erheben scheint – wenn auch tröpfchenweise.
Ob es wirklich weise ist, genau in Gegenrichtung zu strömen, ist physikalisch schwer zu beurteilen, da der Begriff der Weisheit in der Physik nicht definiert ist. Merkwürdig ist es dennoch. Vielleicht wird die Eine oder der Andere an ein ganz ähnliches Phänomen erinnert: Beim Einschenken von Tee aus einer herkömmlichen Teekanne in eine Tasse, weicht die Flüssigkeit zuweilen auch in Gegenrichtung aus und verfehlt die Tasse – insbesondere dann, wenn man vorsichtig vorgeht und genau diesen Effekt zu vermeiden versucht.
Aber weder das eine (Foto), noch das andere (Tee auf Tischdecke) geschieht aus Boshaftigkeit oder um die Physik Lügen zu strafen. Vielmehr betrifft es den sogenannten Teekanneneffekt, bei dem Kräfte ins Spiel kommen, die nicht so leicht zu durchschauen sind.
Aber das ist noch nicht alles. Wenn man der Flüssigkeit genügend Raum zur Entfaltung lässt oder sogar bietet, kommt es zu weiteren naturschönen Phänomenen, die man andeutungsweise bereits beim obigen Brunnenstrahl beobachten kann – der Strahl beginnt sich zu drehen.
Schlichting, H. Joachim. Physik in unserer Zeit 48/6 (2017), S.307
Kürzlich wies der englische Wissenschafts-journalist Marcus Chown auf ein schon in der Antike diskutiertes geophysikalisches Rätsel hin [1]. Demnach hat der griechische Philosoph Poseidonius um etwa 100 v. Chr. an der Atlantikküste von Spanien in der Nähe des heutigen Cadiz bemerkt, dass der Wasserstand in einem Brunnen immer dann sinkt, wenn aufgrund der Gezeiten die Flut kommt und umgekehrt. Weiterlesen