Warum werden die Blasen nach oben hin größer?
Erklärung des Rätselfotos des Monats November 2022
Frage: Woher kommen die Farben in dem Plastikbehälter?
Antwort: Die Ursache für diese Farbenpracht ist der 1844 von Wilhelm Karl Haidinger entdeckte Effekt, dass das Himmelslicht vor allem aus einer senkrecht zur Sonnenstrahlrichtung orientierten Region teilweise polarisiert ist (Physik in unserer Zeit 2009,40 (4), S. 211). Zum anderen hat der transparente Plastikbehälter die optische Besonderheit doppelbrechend zu sein. Er erlangt diese Eigenschaft allerdings erst durch die Spannung die dem Material bei der Herstellung des Behälters aufgeprägt wurde.
Doppelbrechend heißt, dass das durch ihn hindurchgehende Himmelslicht in zwei leicht unterschiedliche Richtungen gebrochen wird, so dass es in zwei Teilstrahlen zerfällt (Physik in unserer Zeit 2009, 40 (5), S. 262). Diese unterscheiden sich in ihrer Ausbreitungsgeschwindigkeit. Infolgedessen entsteht zwischen beiden Teilstrahlen eine unter anderem von der Wellenlänge abhängige Phasendifferenz. Sie macht sich in einer entsprechenden Drehung der Polarisationsebene bemerkbar, wenn sich die Teilstrahlen des Lichts beim Austritt aus der dünnen Plastikschicht überlagern.
Tritt dieses Licht dann durch das Polarisationsfilter der Sonnenbrille oder eines Fotoapparats, so werden den unterschiedlichen Drehungen der Polarisationsebene entsprechend die verschiedenen Wellenlängen nur mehr oder weniger gut durchgelassen. Die auf diese Weise veränderten Intensitäten der einzelnen Wellenlängen des ehemals weißen Lichts erscheinen jetzt farbig.
Hier treten die Farben allerdings auch ohne Polarisationsfilter auf. Das liegt daran, dass das teilweise polarisierte Himmellicht auf der Wasserschicht reflektiert wird. Blickt man unter einem bestimmten Winkel, dem sogenannten Brewster-Winkel auf die Wasseroberfläche, so sieht man hauptsächlich die senkrecht zur Einfallsebene reflektierten polarisierten Anteile. Das Licht ist also linear polarisiert wie beim Durchgang durch den Filter.
Woher kommen die Farben in dem transparenten Plastikbehälter?
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Erklärung des Rätselfotos des Monats Oktober 2022
Frage: Stimmt alles auf dem Foto?
Die Aufnahme erfolgte während einer Bahnfahrt, daher der Zug auf dem Nachbargleis.
Man blickt durch eine teilweise mit Wasser gefüllte transparente Flasche mit einer senkrechten Beschriftung auf der Rückseite. Diese erscheint bis zum Füllstand des Wassers vergrößert, im Bereich der Luft darüber in normaler Schriftgröße. Die Vergrößerung der Buchstaben wird durch den zylinderförmigen Wasserkörper bewirkt, durch den man hindurch blickt. Wegen der Zylinderform beeinflusst er (im Unterscheid zu einer kugelförmigen Sammellinse) nur die Höhe der Buchstaben und nicht deren Breite.
Auf diesen ersten Blick scheint also alles auf dem Foto zu stimmen. Auf den zweiten Blick sollte man sich jedoch darüber wundern, dass die gewissermaßen von der Rückseite zu sehende Schrift nicht spiegelbildlich erscheint. Das müsste sie aber, weil man wohl kaum davon ausgehen kann, dass der Schriftzug in Spiegelschrift aufgebracht wurde. Vielmehr wurde das Foto mit einem Bildbearbeitungsprogramm gespiegelt, um zu demonstrieren, dass man eine solche „Ungereimtheit“ oft übersieht. Die Antwort auf die Frage lautet also: nein. Nur eine Teilnehmerin hat diese Finte entdeckt.
Auf einer abendlichen Fahrt mit der Regionalbahn glaubte ich zunächst meiner Müdigkeit zuschreiben zu müssen, dass ich die Reflexion meines Abteils in der Scheibe durch zarte psychodelisch wirkende Farben untermalt zu sehen glaubte. Nein, nun etwas wach geworden glaubte ich es nicht nur, sondern war sicher, dass dort Farben waren, die aus ganz bestimmten Betrachtungswinkeln und vor geeigneten Hintergründen deutlich hervortraten.
Nachdem ich einige Zeit herumgerätselt und auch experimentiert hatte (zum Glück waren kaum Fahrgäste anwesend, die ich hätte nerven können), fiel mir wieder ein, wie es zu diesen Farberscheinungen kommt. Es ist vor allem eine nicht direkt wahrnehmbare Kunststofffolie, mit der die Scheiben des Zugs vermutlich aus Sicherheitsgründen überzogen sind. Sie hat die sicher nicht beabsichtigte Eigenschaft doppeltbrechend zu sein und beim Durchgang von polarisiertem Licht Farberscheinungen hervorzubringen. Ein schöner Nebeneffekt also.
Wie an anderer Stelle ausführlicher beschrieben, wird normales Licht polarisiert, wenn es unter einem bestimmten Winkel (Brewsterwinkel) reflektiert wird. Das ist hier u. A. auf der glänzenden Ablage vor dem Abteilfenster der Fall. Das so polarisierte Licht fällt durch die Folie und wird dabei in zwei Teilwellen unterschiedlicher Geschwindigkeit zerlegt. Das führt dazu, dass ihre jeweiligen Phasen nicht mehr in derselben, sondern in unterschiedlichen Ebenen gleich sind. an der Rückseite der Scheiben reflektiert. Davon würde man normalerweise gar nichts merken, wenn das in dieser Weise modifizierte Licht nicht auf die Fensterscheiben aufträfe und von diesen abermals unter dem Brewsterwinkel ins Auge des Betrachters reflektiert und auf diese Weise abermals polarisiert würde. Dabei fallen die verschiedenen Ebenen der Teilwellen wieder zusammen und überlagern sich (interferieren). Aufgrund der durch die Doppelbrechung bewirkten Phasenverschiebung, kommt es zu Verstärkungen und Abschwächungen bestimmter Wellenlängen des sichtbaren Lichts, d.h. zu einzelnen Farben.
Damit die Bedingungen für die Farbentstehung erfüllt sind, treten die Farben nur unter bestimmten Winkeln auf. Außerdem sind bestimmte Hintergründe in der Spiegelwelt besser als andere geeignet, die Sichtbarkeit der Farben zu erhöhen.
Durch die Entdeckung dieses von den Fensterkonstrukteuren unbeabsichtigten Phänomens verging der Rest der Reise durch interessante Eindrücke beim Blick durch das Fenster wie im Fluge.
Was hier so federleicht und bunt daherkommt, sind nicht die Federn eines bunten Eisvogels. Vielmehr blickt man auf Eiskristalle, die sich in einer dünnen Schicht ziemlich schnell ausbreiten. Normalerweise ist Eis unbunt zwischen transparent und weiß changierend. In diesem Fall liegt die Eisschicht zwischen zwei Polarisationsfolien. Die vor der Eisschicht platzierte Folie polarisiert das einfallende Licht und die hinter der Eisschicht befindliche Folie analysiert das beim Durchgang durch die Eiskristalle modifizierte Licht. Diese Modifikation (siehe unten) macht sich durch bunte Farben bemerkbar, die gewisse Auskünfte über die innere Struktur der Eiskristalle geben.
Wer es physikalisch etwas genauer wissen will, dem sei gesagt, dass Eis die optische Besonderheit hat, doppelbrechend zu sein: Das durch die Eisscholle hindurchgehende polarisierte Licht wird in zwei leicht unterschiedliche Richtungen gebrochen, so dass es in zwei Teilstrahlen zerfällt. Diese unterscheiden sich in ihrer Ausbreitungsgeschwindigkeit. Infolgedessen entsteht zwischen beiden Teilstrahlen eine unter anderem von der Wellenlänge abhängige Phasendifferenz. Sie macht sich in einer entsprechenden Drehung der Polarisationsebene bemerkbar, wenn sich die Teilstrahlen des Lichts beim Austritt aus dem Eis überlagern. Tritt dieses Licht dann durch ein Polarisationsfilter oder wird es in einem bestimmten Winkel reflektiert, so werden den unterschiedlichen Drehungen der Polarisationsebene entsprechend die verschiedenen Wellenlängen nur mehr oder weniger gut durchgelassen. Die auf diese Weise veränderten Intensitäten der einzelnen Wellenlängen des ehemals weißen Lichts äußern sich in verschiedenen Farben.
H. Joachim Schlichting. Physik in unserer Zeit 52/3 (2021), S. 151
Manche Kunststofffolie kann zu intensiven Farberscheinungen führen, wenn durch sie hindurchtretendes (polarisiertes) Himmelslicht unter dem Brewster-Winkel ins Auge des Betrachters reflektiert wird.
Manche Farben sind gar keine und man sieht sie trotzdem und zwar dort, wo sie nicht sind. Das kann man mit bewusst in Kauf genommener Paradoxie an den in prächtigen Farben leuchtenden Oberlichtfenstern des oberen Fotos sehen. Bei den Fensterscheiben handelt es sich um normale Floatglasscheiben, wie man sie überall in der Umwelt vorfindet. Die bunten Farben in denen sie erstrahlen werden an einer ganz anderen Stelle „erzeugt“. Das erkennt man u.a. daran, dass die Kunststoffrahmen der Fenster das farbige Licht reflektieren.
Verantwortlich für die Entstehung der Farben ist eine Kunststofffolie, mit der das schräge gläserne Vordach (unteres Foto rechts) überzogen ist. Die Folie wurde vermutlich aus Sicherheitsgründen angebracht, um beim eventuellen Bruch der Scheiben, die Fragmente zusammenzuhalten. In dem Ausschnitt des Glasdachs (unteres Foto links) kann man die Folie infolge kleiner Aufwellungen an der Kante sogar erkennen.
Diese Folie hat die – vermutlich nicht beabsichtigte – Eigenschaft, wie manche Kristalle doppelbrechend zu sein. Das heißt, wenn sie von polarisiertem Licht durchdrungen wird, treten zwei Teilwellen unterschiedlicher Geschwindigkeit auf. Diese führen dazu, dass ihre jeweiligen Phasen nicht mehr in derselben, sondern in unterschiedlichen Ebenen gleich sind. Davon würde man normalerweise gar nichts merken, wenn das in dieser Weise modifizierte Licht nicht auf die Oberlichtscheiben aufträfe und von diesen unter einem bestimmten Winkel, dem sogenannten Brewster Winkel, ins Auge des Betrachters reflektiert würde. Denn unter diesem Winkel wird das Licht abermals polarisiert, wobei die verschiedenen Ebenen der Teilwellen wieder zusammenfallen und interferieren. Aufgrund der durch die Doppelbrechung bewirkten Phasenverschiebung, kommt es zu Verstärkungen und Abschwächungen bestimmter Wellenlängen des sichtbaren Lichts, d.h. zu einzelnen Farben.
Die Voraussetzung, dass das auffallende Licht polarisiert ist, wird immer dann erfüllt, wenn es bei klarem blauem Himmel aus einer Region kommt, die senkrecht zur Strahlrichtung der Sonne orientiert ist. Und dass man die Scheibe nun gerade unter dem Brewsterwinkel betrachtet, ist kein Zufall. Denn bereits in der Nähe dieses Winkels ist die Polarisationswirkung bereits so stark, dass die Farben bereits schemenhaft zu erkennen sind. Sobald man aber etwas Farbiges bemerkt, dessen Intensität mit der Blickrichtung variiert, justiert man den Blick meist automatisch so, dass die Farben besonders deutlich wahrgenommen werden – und das ist unter dem Brewster-Winkel der Fall.
Ich selbst habe das Phänomen zum ersten Mal in einem Nahverkehrszug beobachtet. Dort zeigten sich die Farben auf einer gläsernen Zwischenwand, über die die Reflexionen der hell beschienenen Außenwelt huschten. Deren Licht war vorher durch das Fenster des Zuges auf der Innenseite der Scheibe angebrachte Kunststofffolie gefallen. Diese Folie, die die Scheibe gegen mutwilliges Zerkratzen schützen sollte, war ebenfalls doppeltbrechend und damit ursächlich für die Farberscheinungen verantwortlich. Das wurde mir allerdings erst einige Zeit später klar, als ich an einem Fenster das Vorhandensein einer solchen Folie dadurch erkannte, dass diese offenbar bei dem Versuch die Scheibe zu zerkratzen beschädigt worden war.
Übrigens lässt sich die Farberscheinung in großer Deutlichkeit mit einer Overheadfolie hervorrufen, die man zwischen zwei Polarisationsfolien legt. Dieses nach einem ihrem Erfinder Michael Berry „Berry Sandwich“ [1] benannte Folienset macht es möglich, das Phänomen mit jeder Lichtquelle hervorzubringen. Im polarisierten Licht (z.B. bei blauem Himmel) kann man die äußere Folie sogar weglassen.
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Literatur
[1] Michael Berry et al. Black plastic sandwiches demonstrating biaxial optical anisotropy. European Journal of Physics 20 (1999), 1–14
Manche Farben sind gar keine und man sieht sie trotzdem und zwar dort, wo sie nicht sind. Das kann man mit bewusst in Kauf genommener Paradoxie von der auf dem Foto in prächtigen Farben leuchtenden Oberlichtscheibe dieses (übrigens in Danzig aufgenommenen) Fotos sehen. Die Scheibe unterscheidet nichts von einer ganz normalen Floatglasscheibe, wie sie überall mit vertrauter, manchmal durch Reflexe oder Schmutz getrübter Transparenz anzutreffen sind. Weiterlesen
Die Fotos stammen von Henning v. Gynz-Rekowski, der mich um eine Erklärung der Farberscheinungen bat. Die Beobachtungssituation ist die Folgende. In einer Hotellobby zeigen die Spiegelungen der Oberlichtkonstruktion (unteres Foto) sowohl in einem Wasserbecken als auch in der Glasplatte eines Tisches (oben rechts) farbige Strukturen, die beim direkten Anblick des Oberlichts nicht zu sehen waren. Weiterlesen
Zwar bezeichnet man anders als bei einem Schiff die runden Fenster eines Flugzeugs nicht mit Bullauge, aber eine gewisse Ähnlichkeit ist vorhanden. Und das umso mehr, wenn man auf dem Bullauge Bullaugen, genauer: bull’s eyes sehen kann. Bull’s eyes sind von Michael Berry so genannte Farberscheinungen, die beim Durchgang polarisierten Lichts durch doppelbrechende Folien auftreten können und in diesem Blog auch schon thematisiert wurden.
Daran wurde ich kürzlich erinnert, als ich durch das Flugzeugfenster blickte und die Welt (in diesem Fall den blauen Himmel und einige weiße Wölkchen) durch farbige Ringe hindurch erlebte (Foto). Weiterlesen
Wer in diesem Winter Gelegenheit hat, bei strahlendem Sonnenschein eine zugefrorene Pfütze anzutreffen, der zögere nicht eine Eisscholle herauszubrechen, eine Polaroidbrille aufzusetzen und durch die Eisscholle hindurch gegen den blauen Himmel (am besten senkrecht zur Sonnenstrahlrichtung) zu blicken. Erstaunt wird er insbesondere an den Stellen, an denen das Eis uneinheitlich gewachsen ist oder unter mechanischer Spannung steht, farbenprächtige Muster entdecken. Die Farben verdanken sich der Eigenschaft des Eises, doppelbrechend zu sein. Dadurch wird das hinduchtretende weiße Licht in Farben zerlegt.
Wer sich für eine etwas genauere Beschreibung der Farbentstehung interessiert, findet in einem früheren Beitrag eine kurze Erklärung.
Schlichting, H. Joachim. In: Physik in unserer Zeit 43/1 (2012), S. 45
In bunten Farben schillernde Eisschollen verdeutlichen, dass Eis doppelbrechend ist. Darüber hinaus zeugt es von der teilweisen Polarisation des Himmelslichts.
Schlichting, H. Joachim. In: Physik in unserer Zeit 40/5 (2009), 262
Transparente Zellophanfolie, wie man sie beispielsweise zum Einwickeln von Blumensträußen benutzt, kann den Blumen ästhetisch durchaus Konkurrenz machen. Voraussetzung ist allerdings, dass man sie im Lichte des blauen Himmels auf einer gläsernen Unterlage betrachtet.