Der Hibiskus stammt ursprünglich aus den Tropen und ist heute auch in den gemäßigten Klimazonen anzutreffen, wo ich ihn nicht nur in seinen roten, sondern auch seinen ebenso schönen gelben Blüten in freier Natur antraf.
Als Topfpflanze kennen wir dieses Malvengewächs inzwischen auch in den eigenen vier Wänden. Er fasziniert nicht nur durch seine auffallend leuchtenden Farben seiner großen Blüten. Erstaunlich ist auch sein Verhalten, seine Blüten nachts zu schließen und tagsüber wieder zu öffnen. Damit kommt er dem menschlichen Verhalten ziemlich nahe. Diese schließen nachts die Augen und viele von ihnen öffnen sie tagsüber auch wieder. Allerdings ist die Motivation für diesen Wechsel eine andere. Durch das Schließen soll die Blüte vor der nächtlichen Kälte geschützt werden (siehe auch den früheren Beitrag).
Hier entwickelt – oder sollte man lieber sagen – entrollt sich ein pflanzliches Blatt, das später zu einem großen Farnblatt wird, das seine Fläche zur Sonne hin ausrichtet. Schaut man sich den pflanzlichen Ring genauer an, so entdeckt man im Innern bereits andeutungsweise die Verzweigungen einzelner Farnblätter, die zu diesem selbstähnlich sind. Selbstähnliche Strukturen sind solche, bei denen Ausschnitte wie das Ganze aussehen.
Mit einem vielzitierten Spruch von Wilhelm Busch, kann man nur sagen: So blickt man klar, wie selten nur, Ins innre Walten der Natur.
Nicht ich schien die Wand zu berühren, sondern aus dem Stein lösten sich feine Teilchen und strömten meiner Hand zu, zogen mich in einen Regelkreis, in dessen pulsierendem Gleichmaß die Grenzen der Dinge mehr und mehr schwanden und einem Zustand Raum gaben, der alle Unterschiede, Konturen und Selbstgewißheiten zu einem chaotisch an- und abschwellenden Rauschen umschmolz.*
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* Klaus Modick. Die Schrift vom Speicher. Frankfurt 1994, S. 74.
Woher kommen die Farben in dem transparenten Plastikbehälter?
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Erklärung des Rätselfotos des Monats Oktober 2022
Frage: Stimmt alles auf dem Foto?
Die Aufnahme erfolgte während einer Bahnfahrt, daher der Zug auf dem Nachbargleis.
Man blickt durch eine teilweise mit Wasser gefüllte transparente Flasche mit einer senkrechten Beschriftung auf der Rückseite. Diese erscheint bis zum Füllstand des Wassers vergrößert, im Bereich der Luft darüber in normaler Schriftgröße. Die Vergrößerung der Buchstaben wird durch den zylinderförmigen Wasserkörper bewirkt, durch den man hindurch blickt. Wegen der Zylinderform beeinflusst er (im Unterscheid zu einer kugelförmigen Sammellinse) nur die Höhe der Buchstaben und nicht deren Breite.
Auf diesen ersten Blick scheint also alles auf dem Foto zu stimmen. Auf den zweiten Blick sollte man sich jedoch darüber wundern, dass die gewissermaßen von der Rückseite zu sehende Schrift nicht spiegelbildlich erscheint. Das müsste sie aber, weil man wohl kaum davon ausgehen kann, dass der Schriftzug in Spiegelschrift aufgebracht wurde. Vielmehr wurde das Foto mit einem Bildbearbeitungsprogramm gespiegelt, um zu demonstrieren, dass man eine solche „Ungereimtheit“ oft übersieht. Die Antwort auf die Frage lautet also: nein. Nur eine Teilnehmerin hat diese Finte entdeckt.
H. Joachim Schlichting. Physik in unserer Zeit 53/5 (2022), S. 256
Durch eine Art physiologischen Weißabgleich tendiert die visuelle Wahrnehmung dazu, die Farbe des Lichts überwiegend als weiß anzusehen. Das funktioniert aber nicht immer.
Unsere Augen täuschen uns mehrfach, durchaus als Hilfestellung. So erkennen wir Gegenstände in ihrer „wahren“ Größe unabhängig davon, wie weit sie entfernt sind. Eine weitere Täuschung ist die sogenannte chromatische Adaption: Unser visuelles System tendiert dazu, die dominante Farbe der Beleuchtung in einer bestimmten Situation als weiß wahrzunehmen. Das hat zum Beispiel die praktische Konsequenz, dass wir eine im Schatten liegende „weiße“ Wand eines Gebäudes auch als weiß wahrnehmen, obwohl sie das blaue Licht des Himmels reflektiert. Dies sorgt dann für den enttäuschenden „Blaustich“ auf Urlaubsfotos von weißgekalkten Häusern im Süden.
Heutige Digitalkameras tragen in Standardsituationen derartigen Farbadaptionen des Auges Rechnung, durch einen entsprechenden Weißabgleich. Unter dem Blätterdach von Bäumen aufgenommenen Fotos ist dann das grüne Umgebungslicht ebenso wenig anzusehen wie das blaue Himmellicht von beschatteten weißen Wänden.
Gelegentlich versagt aber ein derartiger physiologischer oder technischer Weißabgleich. Sind mehrere Beleuchtungsfarben gleichzeitig und in vergleichbarem Ausmaß im Spiel, können sie das Täuschungsmanöver der chromatischen Adaption aushebeln. Auf natürliche Weise zeigt dies der Besuch eines alten Aussichtsturmes, der mitten in einem Laubwald steht (siehe Foto). Beim Abstieg von seiner Aussichtsplattform konnte man gleichzeitig Licht sehen, das durch drei verschiedene Öffnungen auf die graue Wand und die Stufen der Wendeltreppe traf. Durch das höchste Fenster fiel blaues Himmellicht, das mittlere lag im grünen Licht des Blätterdachs, das untere ließ das weitgehend weiße Mischlicht der freien Umgebung ins Innere des Treppenhauses hinein. So konnte man alle drei Farben auf einmal in den Blick nehmen. Die Augen hatten keine Chance, grün und blau gleichzeitig als weiß erscheinen zu lassen. Sie wurden hier ausgetrickst, indem sie daran gehindert wurden, uns wie so oft auszutricksen.
Dieses Phänomen lässt sich leicht in einem Freihandexperiment nachvollziehen. Auch Künstler, wie etwa James Turrell (*1943), nutzen den physiologischen Effekt in ihren Lichtinstallationen aus.
Warum erscheinen die Linien verzerrt?
Erklärung des Rätselfotos des Monats August 2022
Frage: Wie entstehen diese Strukturen?
Antwort: Wir blicken auf eine leicht bewegte aber glatte Wasseroberfläche. Sie reflektiert das auftreffende Licht spiegelnd. Da die Aufnahme in einem Jachthafen gemacht wurde, spiegelt sich nicht nur der blaue Himmel, sondern auch das von den Schiffen diffus reflektierte Licht. Weil die Oberfläche unterschiedliche Krümmungen aufweist, wird das Licht in unterschiedliche Richtungen reflektiert, sodass die nachbarschaftliche Ordnung der gespiegelten Originale durcheinander gerät und diese daher nicht mehr zu erkennen sind.
Fasst man die bewegte Wasseroberfläche als Abfolgen von sich ändernden hohl- und wölbspiegelartigen Deformationen auf, so kommt es zu entsprechenden mehr oder weniger starken Verzerrungen der abgebildeten Gegenstände. Je nachdem ob eine gegebene Deformation der Wasseroberfläche groß oder klein ist, befinden sich die gespiegelten Objekte innerhalb oder außerhalb der Brennweiten der flüssigen Hohlspiegel mit der Folge, dass neben den einfachen Verzerrungen auch noch „kopfstehende“ Abbilder auftreten. Damit geht die Kohärenz der gespiegelten Objekte vollends verloren und die Spiegelbilder mutieren kaleidoskopartig zu abstrakten Mustern, die zwischen verschiedenen, aber auf selbstähnliche Weise sich wiederholenden Grundstrukturen changieren.
Zu Beginn der Neuzeit mutierte das Gemälde zum Fenster. Emile Zola sollte später einmal über diesen Wandel sagen: Jedes Kunstwerk ist wie ein Fenster, das auf die Schöpfung hinaus geöffnet ist.
Wenn ich so durch die Straßen einer Stadt flaniere, wird für mich umgekehrt so manches Fenster zum Kunstwerk. So auch die in diesem Foto festgehaltenen Fenster. In einem kräftigen Gelbton variieren sie ein abstraktes Gemälde. Jedenfalls kann man es so sehen.
In Wirklichkeit liegt folgende Situation vor: Es ist Abend, das helle Gebäude reflektiert diffus das blaue Himmellicht. Die Fenster können mehr, sie reflektieren spiegelnd das vom oberen Stockwerk eines gegenüber liegenden Gebäudes diffus reflektierte Licht eines farbenprächtigen Sonnenuntergangs.
Die abstrakte Strukturierung des realen Geschehens verdankt sich der Doppelverglasung der Fenster. Infolge des Unterschieds zwischen dem Luftdruck innerhalb des von den beiden Scheiben gebildeten Hohlraums und dem der Außenwelt mutieren sie zu leicht konkaven und konvexen Spiegeln. Daher erscheinen die abgebildeten Gegenstände nicht nur von jedem der Scheiben auf eigene Weise deformiert, sondern bringen diese deformierten Abbilder auch noch zur Überlagerung mit dem Ergebnis des im Foto festgehaltenen Gemäldes.
Ein Sonnenaufgang ist schon lange nicht mehr das, was er sprachlich vorgibt zu sein. Da geht nichts auf, was vorher zu war. Da entsteht nichts, was später wieder verschwindet. Sowohl im geozentrischen als auch im heliozentrischen Weltbild entsteht dieser Eindruck dadurch, dass sich die Erde und die Sonne relativ zueinander bewegen. Wir gehen neuzeitlich-kopernikanisch davon aus, dass die Erde sich um die Sonne dreht und nicht umgekehrt, weil ansonsten beispielsweise die Sterne – je weiter desto schneller – kollektiv um die Erde rotieren müssten und das für entfernte Sterne auch noch mit Überlichtgeschwindigkeit. Trotzdem bleibt es beim Sonnenauf- und -untergang.
Was schon eher Kopfzerbrechen bereiten könnte, ist die Tatsache, dass wir die Sonne beim Auf- und Untergang nie da sehen, wo sie „in Wirklichkeit“ oder „geometrisch“ ist. Denn durch die Brechung des Lichts an der dichten Atmosphäre, durch die es in dieser Konstellation hindurch muss, wird das Sonnenbild optisch angehoben und zwar etwa um einen Winkel, der dem Sonnendurchmesser entspricht (etwa 0,5 Grad). Wenn die Sonne beim Untergang den Horizont berührt, ist sie also „in Wirklichkeit“ schon untergegangen.
Diesen Gedanken könnte man philosophisch oder wie auch immer weiter vertiefen in Richtung auf die Frage, ob man denn ganz genau genommen (mit vielen Stellen hinter dem Komma) überhaupt je etwas dort sieht, wo es ist. Denn Lichtbrechung – und sei sie sie noch so klein – ist immer vorhanden, wenn das Sonnenlicht durch ein Medium, also etwa durch die Luft geht. Überlegungen, die in diese Richtung laufen, kommen kaum zu einem befriedigenden Ergebnis. Man könnte auch noch hinzufügen, dass wegen der Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit die Gegenstände stets an der Stelle gesehen werden, an der das Licht abgeschickt wurde, das uns im Augenblick der Wahrnehmung erreicht.
Also lassen wir es und erfreuen uns am Abbild der Sonne – in diesem Fall an dem Foto – die hier hinter dem Geäst von Bäumen untergeht. Das Sonnenlicht hat beim Durchgang durch die Atmosphäre und den zahlreichen Streuvorgängen mit der Luft und den darin enthaltenen Aerosolen so viel an Farben und Intensität eingebüßt, dass die Sonne einerseits nicht mehr in allen Farben – also weiß leuchtet – sondern hauptsächlich in gelben und roten Farbtönen (er)scheint, und dass man andererseits bedenkenlos in die Sonne hineinblicken und beobachten kann, wie schnell sie absinkt. Wenn sie den Horizont berührt dauert es gerade einmal 2 Minuten, bis der letzte Rest ihres Rands verschwindet. Und wenn man Glück hat, viel Glück, dann kann man auch noch erleben, dass sie sich mit einem grünen Blitz verabschiedet.
„Worum geht es? Durch den kopernikanischen Schock wird uns demonstriert, daß wir die Welt nicht sehen, wie sie ist, sondern daß wir ihre „Wirklichkeit“ gegen den Eindruck der Sinne denkend vorstellen müssen, um zu „begreifen“, was mit ihr der Fall ist. Da liegt das Dilemma: wenn die Sonne aufgeht, geht nicht die Sonne auf. Was die Augen sehen und was der astrophysisch informierte Verstand vorstellt, kann nicht mehr miteinander zur Deckung kommen. Die Erde wälzt sich im leeren Raum um sich selbst nach vorn, wobei der irreführende Eindruck entsteht, wir sähen die Sonne aufgehen. Solange das Universum besteht, gab es noch keinen Sonnenaufgang, sondern nur sture Erdumdrehungen, und dieser Befund wird nicht tröstlicher dadurch, daß wir aufgrund radioastronomischer und anderer Messungen zu der Vorstellung gezwungen sind, daß es vor einem Zeitpunkt t(x) weder die Sonne noch die Erde noch Augen gegeben hat, um deren Konstellationen zu sehen. Dann wären nicht nur die Sonnenaufgänge, sondern auch die Voraussetzungen des Scheins von Sonnenaufgängen in einem kosmischen Noch-Nicht verschwunden. Der augenscheinliche Sonnenaufgang verliert sich in einer mehrfachen Nichtigkeit, sobald wir den ptolemäischen „Schein“ zugunsten kopernikanisch organisierter Vorstellungen von „Wirklichkeit“ aufgeben. Radikaler als jedes metaphysische Vorstellen von „Wesenswelten“ dementiert das moderne physikalische Vorstellen der Körperwelt den ‚Schein der Sinne‘.“*
*Sloterdijk, Peter: Kopernikanische Mobilmachung und ptolemäische Abrüstung. Frankfurt a M 1987.
In Museen und anderen Ausstellungsgebäuden sind oft auch die Toiletten sehenswert. Hier befinde ich mich in einem ziemlich großen Raum rundum mit Waschbecken und Spiegeln ausgestattet, aber coronabedingt gähnend leer (siehe Foto). Als ich vom Händewaschen aufblicke, erscheint mir auf einmal die Leere bis in die Unendlichkeit aufgebläht und gibt im ersten Moment einen völlig unwirklichen Eindruck ab.
Da dem Spiegel rückwärtig ein weiterer Spiegel gegenüber hängt, spiegeln sich die Spiegel – aus Langeweile? – gegenseitig ab. Vermutlich auch, wenn ich nicht dabei bin – denke ich jedenfalls. (Das quantenphysikalische Problem wonach durch die Beobachtung einer Gegebenheit der Beobachter diese beeinflusst, scheint hier jedenfalls nicht relevant zu sein).
Durch die gegenseitige Spiegelung der Spiegel ist es nicht zu vermeiden, dass auch die Spiegelungen des jeweils gegenüberliegenden Spiegels gleich mit gespiegelt werden und wenn sie schon dabei sind, so spiegeln sie auch die Spiegelungen der Spiegelungen und so weiter ad infinitum. Naja, jedenfalls bis ein gründunkles amorphes Etwas entsteht. Da mein Konterfei nun auch noch zwischen die Fronten geraten ist – trotz aller Anstrengung, ließ sich das nicht ganz vermeiden – muss es das Spielchen wohl oder übel mitmachen. Das änderte sich auch dann nicht, als ich die Kamera in Anschlag brachte, um dieses Erlebnis zu dokumentieren – sie integrierte sich ohne Umschweife auch noch ins Bild. Hier trieft es nur so von Selbstbezüglichkeit.
Aber was gibt es da wirklich zu sehen? Zunächst einmal tut sich ein nahezu unendlich großer Raum auf, der nur dadurch daran gehindert wird, das Unendliche zu erreichen, dass zum einen die Spiegel nicht ganz parallel zueinander ausgerichtet sind. Der dadurch bedingte leichte Silberblick führt zu einer Kurve, die noch im Endlichen uneinsehbar und uneinsichtig wird. Hinzu kommt zum anderen, dass die Spiegel einen weiteren irdischen Mangel aufweisen – sie absorbieren einen zwar winzigen aber endlichen Teil des Lichts. Dieser summiert sich allerdings auf dem Wege zur Unendlichkeit rasend schnell zur Lichtlosigkeit, vulgo Dunkelheit, in der wir endlichen Wesen nichts mehr sehen können.
Doch was um alles in dieser beschränkten Welt lässt das Licht im zunehmenden Grün verglimmen? Die Antwort ist abermals im Verhalten der Spiegel zu suchen. Denn offenbar schlucken sie nicht alle Farben des weißen Lichts gleichermaßen, sondern vor allem diejenigen, die als Komplementärfarbe dieses für Fensterglas typische Grün zurücklassen. Diese Farbe kennen wir. Wenn wir nämlich durch eine sehr dicke Scheibe blicken oder auf die Kante einer Scheibe, macht sich dieses Glasgrün (nicht grasgrün) bemerkbar.
Beim Durchgang des Lichts durch die Glasscheibe des Spiegels und – nachdem es an der verspiegelten Rückwand reflektiert wurde – ist ähnlich wie bei unseren Fensterscheiben von einer Grüntönung noch nichts zu bemerken. Wenn sich aber die Durchgänge häufen, addieren sich die geringen Absorptionen, so als blickte man durch eine sehr dicke Glasschicht.
Auf irritierend könnte vielleicht die folgende Überlegung sein: Das Spiegelbild ist etwas Virtuelles. Es ist uns verwehrt in die virtuellen Räume dieser Spiegelungen der Spiegelungen usw. nicht eintreten – das kann nur Alice* – aber die Aufsummierung der Virtualitäten scheint ganz reale Folgen zu zeitigen, das Licht wird geschluckt und zwar lange bevor die Unendlichkeit (der man ja so einiges Irreales zutraut) erreicht ist.
Ich verließ diesen Raum des Museums mit einem tieferen Eindruck als alle übrigen Räume zusammen hinterlassen hatten.
* Lewis Carroll. Alice hinter den Spiegeln. Frankfurt 1974
Bey dem Blitz geschieht Alles in einem Augenblick; nur die nachherigen Beobachter, welche die Reise zu Fuß machen, bringen das Allmähliche und Diskursive erst hinein.*
Der erste deutsche Experimentalphysiker Georg Christoph Lichtenberg (1742 – 1799) stichelt mit diesem Satz auf eine für seinen Humor typische Weise gegen die eigene Zunft. Seine Aussage gilt insbesondere für die moderne Physik, in der mit großem Aufwand über extrem kurze Vorgänge monatelange und ggf. noch längere Untersuchungen durchgeführt und seitenlange Abhandlungen verfasst werden, die sich beispielsweise im Femtosekundenbereich abspielen.
1 Femtosekunde „dauert“ 0,000000000000001 Sekunden (1 fs =10-15 s).
Nebenbei: Ist der Text von Sprache und Geist her nicht sehr modern?
Wenn man das obige Foto sieht, denkt man wohl eher an ein abstraktes Kunstwerk als an einen natürlichen Vorgang. Es handelt sich dabei um einen kontrastverstärkten Ausschnitt aus einem turbulenten Geschehen auf einer Seifenblase, die hier gemeinsam mit einer Schwesterblase etwas genauer in den Blick genommen wird (unteres Foto, rechte Blase). Die Doppelblase ist auf einem Weinblatt hängen geblieben und zeigt auf ihrer Oberfläche das, was im oberen Foto ausschnittsweise wiedergegeben wird. Angefacht durch Luftbewegungen und Degenerationsprozesse in der Seifenhaut ist allerlei los auf den Blasen.
…ihr seid wie
Der Mann, der entlang des Hanges westwärts steigt
Am Wintermorgen, wenn der dichte Nebel
Den Schlängelpfad mit Glitzern überzieht.
Dann sieht er vor sich, gleitend ohne Schritt,
Ein Bild mit einem Lichtkranz um das Haupt.
Verliebt bewundert er die prächtigen Farben,
Und weiß nicht, daß er selbst den Schatten schuf,
den er verfolgt.*
* Samuel T. Coleridge. Constancy to an Ideal Object.
Glorien sieht man nicht alle Tage. Nicht nur weil sie bestimmte Bedingungen erfordern – Nebel und tiefstehende Sonne – sondern auch Jemand, der auf ein außergewöhnliches Phänomen gefasst ist. Letzteres dürfte im normalen Alltag jedoch kaum der Fall sein. Die meisten Phänomene nimmt man daher vor allem im Urlaub oder während ähnlicher „Auszeiten“ wahr, in denen man die Muße hat, sich auch einmal bewusst „anzuschauen“ durch was die eigenen Netzhäute belichtet werden. Ich denke, dass es im vorliegenden Fall eines Fotos von Johanna Benseler wohl auch so gewesen ist. (An dieser Stelle noch einmal vielen Dank für das schöne Foto!)
Man blickt mit der Sonne im Rücken auf eine Nebelwand und sieht zunächst einmal seinen Schatten, der normalerweise von den Füßen beginnend auf der Fläche vor einem „ausgerollt“ wird. In diesem Fall stößt man jedoch auf eine Nebelwand, die je nach Dichte des Nebels ebenfalls in der Lage ist – in diesem Fall wenigstens schemenhaft – einen Schatten „aufzufangen“. Der Kopf- und Rumpfteil des Schattens befindet sich hier in der Nebelwand.
An der perspektivischen Verkleinerung des Kopfschattens auf der Nebelwand im Vergleich zu den Beinschatten auf dem Boden erkennt man deren relativ großen Abstand von der Fotografin. Und dieser winzige Kopf wird von farbigen Kreisen umgeben, die hier zumindest schemenhaft zu erkennen sind. Sie kommen dadurch zustande, dass das Sonnenlicht in den Nebeltröpfchen in etwa in derselben Richtung zurückgestrahlt wird, aus der es kommt. Und da sich die Sonne genau hinter dem realen Kopf befindet, sieht man das retroreflektierte Licht in einem gewissen Randbereich zum Kopfschatten. Die meisten Strahlen werden indessen vom Kopf ausgeblendet. Dabei kommt es durch Beugung in den Tröpfchen zu den Farberscheinungen.
Derartige Umkränzungen des Kopfschattens findet man auch in ähnlichen Situationen.
Sie sind vor Ort, die Lämpchen rund
Wie Irrwischflämmchen aufgestellt.
Die Winde keucht, es rollt der Hund,
Der Hammer pickt, die Stufe fällt,
An Bleigewürfel, Glimmerspat
Zerrinnend, malt der kleine Strahl
In seiner Glorie schwimmend Rad
Sich Regenbogen und Opal.*
Dies ist eine Strophe aus dem für mich geheimnisvollen Gedicht „Die Erzstufe“ von Annette von Droste-Hülshoff (1797 – 1848), in dem sie sich bestimmten Aspekten des Bergbaus lyrisch nähert und dabei Naturbilder benutzt, die ganz andere Assoziationen hervorrufen. Ich sehe in den Lämpchen, die in der Sonne strahlenden weißen Köpfe der Pusteblume. Darin leuchtet eine durch Interferenz an den feinen Verästellungen der Pappusse hervorgerufene „Glorie“ in Spektralfarben, die wie ein Opal irisiert. Ein vergleichbares Irisieren sieht man zum Beispiel auch in den Distelsamen.
* Annette von Droste-Hülshoff: [Die Ausgabe von 1844], S. 173. Digitale Bibliothek Band 1: Deutsche Literatur, S. 7909 (vgl. Droste-SW Bd. 1, S. 127)
Wir stammen, unsrer sechs Geschwister,
Von einem wundersamen Paar,
Die Mutter ewig ernst und düster,
Der Vater fröhlich immerdar.
Von beiden erbten wir die Tugend,
Von ihr die Milde, von ihm den Glanz;
So drehn wir uns in ewger Jugend
Um dich herum im Zirkeltanz.
Gern meiden wir die schwarzen Höhlen
Und lieben uns den heitern Tag,
Wir sind es, die die Welt beseelen
Mit unsers Lebens Zauberschlag.
Wir sind des Frühlings lustge Boten
Und führen seinen muntern Reihn,
Drum fliehen wir das Haus der Toten,
Denn um uns her muß Leben sein.
Uns mag kein Glücklicher entbehren,
Wir sind dabei, wo man sich freut,
Und läßt der Kaiser sich verehren,
Wir leihen ihm die Herrlichkeit.
Die sechs Geschwister, die freundlichen Wesen,
Die mit des Vaters feuriger Gewalt
Der Mutter sanften Sinn vermählen,
Die alle Welt mit Lust beseelen,
Die gern der Freude dienen und der Pracht
Und sich nicht zeigen in dem Haus der Klagen –
Die Farben sinds, des Lichtes Kinder und der Nacht.
Friedrich Schiller, 1804
Aus der Sammlung Rätsel aus Turandot
Etwas wirkt noch immer droben, weit über die Erfahrung der letzten Möglichkeit von Überleben hinaus: ein Fest an den Quellen der Zeit. Die Blumen gestalten es, indem sie nicht etwa karg, ärmlich und sparsam ihr Leben am Rande des mindestens an Wärme und Boden, des äußersten an Ausgesetztheit, Sturm, Schneetreiben und Trockenheit fristen, sondern Farbe und Gestalt verschwenden.*
* Barbara von Wulfen. Lichtwende – Vorsorglicher Nachruf auf die Natur. Osnabrück 1985, S. 121.
Leuchtender! Die wilden Winde
übersteht dein Leuchten nicht,
aber leih’ mir, daß ich’s binde,
dein Erglühen zum Gedicht.
Nicht daß davon je geblieben
wär dein Bild, das Rot darin!
Immer, was wir herzlich lieben,
geht dahin, wie Rauch dahin.*
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Das Mohnblütenblatt ist eine erstaunliche Hervorbringung der Natur. Es entfaltet sich völlig zerknautscht aus der Knospe, ist dünner als Samtpapier, wiegt fast nichts, besteht aus fast nichts. Knäuelt und presst man es zwischen den Fingern zusammen, so hat man schließlich außer ein paar Tropfen roten Safts kaum etwas in den Händen. Trotzdem trotzt das entfaltete Blatt so manchen Winden, indem es kaum Widerstand leistet und sich den Luftströmungen ergibt. So gering wie seine Masse so kurz ist auch sein Dasein. Nach wenigen Tagen intensiven roten Leuchtens fallen die Blütenblätter ab und lassen eine ebenfalls schöne Samenkapsel zurück, in der sich die nächste „Lebensphase“ abspielt – Vorsorge für die kommende Klatschmohngeneration.
Manche Menschen verfallen dem Rot ebenso wie das Insekt auf dem Foto. Dennoch gilt es vielen wie auch der ebenso faszinierende Löwenzahn als Unkraut.
* Johannes Bobrowski (1917 – 1965)
Ganz unscheinbar – etwa 8 mm lang – bewegte sich dieses Insekt auf der Fensterscheibe vor meinem Schreibtisch und lenkte mich von der Arbeit ab. Da gab es nur eines, zu schießen – ein Foto von diesem Tierchen. Und es hat sich gelohnt. Ich finde, in Form und Farben, in vollkommener Proportion und den subtilen Abweichungen von der perfekten Symmetrie zeigt das Foto, was man mit bloßem Auge allenfalls erahnen kann – eine naturschöne Schöpfung der Natur.
So kam in einer dichten Blumenwolke,
Die aus der Engel Händen dort entströmte
Und niederregnete nach allen Seiten,
Im weißen Schleier mit Olivenzweigen
Dort eine Frau, in einem grünen Mantel
Und einem Kleide von der Flammen Farbe*.
Hat Dante (1265 – 1321) bereits an das Feuerwerk gedacht, mit dem wir in unserer Zeit das Neue Jahr einläuten? Nachdem es erstmalig im 10. bis 11.. Jahrhundert in China auftauchte, wurde es nachweislich erst in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts zunächst in Italien bekannt.
Wie dem auch sei, zu Coronazeiten wird dieser Brauch wohl erstmalig sehr bescheiden ausfallen.
Ich wünsche allen Besucher*innen dieses Blogs einen guten Rutsch ins Neue Jahr und eine Normalisierung des Lebens in 2021.
*Dante Alighieri. Die Göttliche Komödie (2. Teil, 30. Gesand, V. 28-33)
Corona macht auch vor dem Weihnachtsbaum nicht halt. Jede Kerze ist hier infiziert und von einer schönen Korona umkränzt (Im Deutschen meist mit „K“ statt mit „C“ geschrieben). Dieses spektralfarbene Ringsystem sieht nicht nur so aus wie eine Korona, es ist auch eine und zwar die nicht virale Variante eines optischen Naturphänomens.
In früheren Zeiten, wenn in der Adventzeit Kerzen in den Fenstern standen und die Scheiben wegen der winterlichen Kälte beschlagen waren, sah man häufig die Kerzenflammen von farbigen Lichtringen umgeben.
Leider gibt es heute fast nur noch Isolierglasscheiben, die einen kältebedingten Beschlag auf der warmen Innenseite vermeiden. Ganz abgesehen davon lässt zumindest in diesem Jahr auch die Kälte auf sich warten. Damit ist dieses Phänomen wie beispielsweise auch die Eisblumen auf den Fensterscheiben sehr selten geworden.
Aber es gibt eine Alternative, die zwar nicht das alte Phänomen in Gänze zurückbringt, aber einige Vorteile hat. Man blickt durch eine Tintenstrahlfolie auf die Kerzen und sieht die Flammen wie in alten Zeiten von Koronen umgeben. In diesem Fall sind es keine Wassertröpfchen, sondern winzig kleine und daher unsichtbare, gleich große Punkte in einer Tintenstrahlfolie. Sie haben die gleiche optische Wirkung und den zusätzlichen Vorteil, dass man gleich die Kerzenflammen eines ganzen Weihnachtbaums mit Koronen versehen sieht.
Zugegeben, die emotionale Wirkung früherer Zeiten kann dadurch sicherlich nicht wieder zurückgeholt werden, aber dafür funktioniert es unabhängig von einfach verglasten Scheiben, feuchten Innenräumen und einer kalten Außenwelt. Weiterlesen
Nachdem nun unsere Zaubernuss alle Blätter dem Verfaulen anheimgegeben hat, lasse ich es mir nicht nehmen, einige ihrer farbenprächtigen Blätter in Reih und Glied zumindest elektronisch aufzubewahren und vielleicht auch anderen damit eine kleine Freude zu bereiten.
Nachdem wir es uns am Vorabend am lodernden Lagerfeuer gemütlich gemacht hatten, machte ich mich am nächsten Morgen daran, die Verbrennungsrückstände zu entsorgen. Dabei stieß ich auf unvollständig verbranntes Holz, das mir durch schöne Strukturen imponierte, die vorher noch fotografiert werden wollten. Auf dem Foto ist ein Ausschnitt daraus zu sehen.
Beeindruckend an diesen Rückständen, denen zum Zwecke der Erwärmung der um die Schale herum sitzenden Personen die meiste Energie entzogen wurde (Oxidation = exothermer Vorgang), finde ich vor allem die Farben. In ansprechenden Gelb- und Brauntönen scheinen sie die lebhaften Rot- und Gelbtöne des Vorabends zu komplettieren.
In einem früheren Beitrag, der fast auf den Tag genau vor einem Jahr anlässlich einer ähnlichen Situation erschien, bin ich schon einmal auf die Ästhetik des Verbrannten eingegangen. Dort herrschte dunkle aber glänzende Einfarbigkeit vor und beeindruckte vor allem durch die Regelmäßigkeit der Strukturen.
Ein äußerlich unscheinbarer Steinbrocken (unteres Foto) wird mit ultraviolettem, also für den Menschen unsichtbarem Licht, bestrahlt. Diese Strahlung macht scheinbar etwas mit dem Stein. Denn anschließend (oberes Foto) leuchtet dieser in ganz anderen Farben.
Der Steinbrocken setzt sich aus Calcit- und Willemitbestandteilen zusammen. Calcit (Calciumcarbonat Ca[CO3]) ist in reiner Form farblos und durchsichtigt. In polykristalliner Form oder aufgrund von Gitterfehlern kann er aber auch wie im vorliegenden Fall weiß aussehen (unteres Foto). Weiterlesen
Nach einer längeren Radtour ruhe ich mich am Strand des Großen Meeres aus. Dass dieser Binnensee mit Meer bezeichnet wird, während man von der See und Nordsee spricht, die ich nun wirklich als Meer bezeichnen würde, beschäftigt mich einen Moment. Dann werde ich durch die zahllosen Versuche abgelenkt, die jemand unternimmt, um den Außenbordmotor seines Bootes zu starten. „Jau, beim achten Mal…“, lästern einige Jugendliche, die den Auftritt des Bootsführers aktiv verfolgen, weil sie sonst nichts zu tun haben.
Weiterlesen
Etwas aus den nebelsatten
Lüften löste sich und wuchs
Über Nacht als weißer Schatten
Eng um Tanne, Baum und Buchs.
Und erglänzte wie das Weiche
Weiße, das aus Wolken fällt,
Und erlöste stumm in bleiche
Schönheit eine dunkle Welt.
Gottfried Benn (1886 – 1956)
Wo der Regenbogen auf die Erde trifft, soll bekanntlich ein Schatz zu finden sein. Ist er auch, aber anders als man denkt.
Als ich an einem sonnigen Tag am Springbrunnen saß, war mir als ob in den herunterfallenden, von der Sonne durchstrahlten Tropfen – kurz bevor sie auf die Wasseroberfläche des Teichs fielen – Farben aufleuchteten. Es war ein Eindruck, keine Gewissheit. Ich machte einige Fotos und konnte mich dann am Bildschirm davon überzeugen, dass der Eindruck nicht getrogen hatte. Ich sah zahlreiche bunte Lichtpfeile. Es waren die Spuren leuchtender Tropfen, die infolge der endlichen Belichtungszeit der Kamera etwas in die Länge gezogen wurden. Zunächst dachte ich, dass es sich um Fragmente des (normalen) Regenbogens handelte, die ich hier aufblitzen sah. Dann wurde mir aber klar, dass die Sonne bereits zu hoch stand, um noch im passenden Winkelbereich zu sein.
Woher kommen also diese Farben? Schaut man sich die Anordnung der Farben genauer an, so zeigt sich, dass sich nach oben hin eher die Blautöne zeigen, nach unten die Gelb- und Rottöne. Bei einem Regenbogen hätte es umgekehrt sein müssen. Bei diesem Gedanken wurde mir klar, dass dies nur für den normalen Regenbogen, den Regenbogen 1. Ordnung, gilt. Unter größerem Winkel ist noch der Regenbogen 2. Ordnung zu erwarten, der meist vergessen wird, weil er aufgrund einer zusätzlichen Reflexion in den Wassertropfen wesentlich lichtschwächer ausfällt und daher oft nicht zu sehen ist. Und außerdem ist bei diesem Bogen wegen der weiteren Reflexion die Farbreihenfolge umgekehrt: Blau außen, Rot innen. Mit anderen Worten, ich sah tatsächlich Fragmente des Regenbogens, allerdings des Bogens 2. Ordnung.
Zwar sind nicht die leuchtenden Tropfen direkt zu sehen, sondern nur ihre Lichtspuren, die sie während der endlichen Belichtungszeit auf dem Camerachip hinterlassen. Das macht die Sache nicht unbedingt unrealistischer. Denn auch unsere Augen sehen bewegte Vorgänge teilweise verschmiert. So nehmen wir Regentropfen meist als Fäden wahr, was wohl zu der Redensart geführt hat: „Es regnet Bindfäden“. Die in die Länge gezogenen leuchtenden Tropfen haben sogar einen Vorteil. Sie entfalten das punktuelle Farbphänomen zu einer größeren Sichtbarkeit. Ohne dies wär es auf dem Foto wohl kaum zu sehen gewesen.
Teilweise kann man sogar das ganze Farbspektrum sehen, das dem durchlaufenen Winkelbereich des Tropfens entspricht (siehe unten rechts).
Die pfeilartige Zuspitzung der Lichtspuren ist übrigens auf den Kameraverschluss zurückzuführen, der beim Schließen den Lichtstreifen gewissermaßen abschnürt.
Die ebenfalls zu sehenden Blasen befinden sich auf der Teichoberfläche. Sie werden durch größere Tropfen hervorgerufen, die beim Sturz ins Wasser einen Hohlraum hervorrufen, in dem durch das über ihm wieder zusammenlaufende Wasser, eine Luftportion eingeschlossen wird, die dann als Halbblase zur Oberfläche steigt. Normalerweise platzt eine Blase mit einer reinen Wasserhaut sofort wieder. Da das Teichwasser aber teilweise durch tensidartig wirkende Stoffe biologischen Ursprungs entspannt wird, ist ihnen eine gewisse Lebenszeit beschieden. Man kann auf der Halbblase zumindest schemenhaft die komplexe Spiegelung der ganzen Umgebung sehen.
Auch wenn das „Unkraut“ den Bauern ein Dorn im Auge ist, lässt sich der Klatschmohn nicht so leicht von der Ackergrenze vertreiben. Aber wo kein Unkraut mehr wächst, stimmt etwas nicht. Hier stimmt es also noch, auch wenn sich die Zahl der Mohnblumen in Grenzen hält. I
Im Kontext des strahlenden Grüns der frühsommerlichen Gerste, kommt die Wirkung des nahezu komplementären Rots des Mohns voll zur Geltung.
Weitere Beiträge zum Klatschmohn findet man hier und hier und hier und hier und hier und hier.
Wer seine vorweihnachtlichen Lichtspiele etwas bunter erleben möchte, schaue sich eine Lichterkette oder andere Leuchten durch ein Geodreieck, Plastiklineal oder ähnliche transparente Kunststoffobjekte an. Man kann dabei nämlich durch Probieren eine Stelle finden, durch die das Licht durch Beugung zu einem Fest der Farben aufgehübscht wird. Das Foto zeigt eine von der Decke herabhängende Lichterkette, die durch eine bestimmte Stelle im Geodreieck hindurch betrachtet bzw. fotografiert wurde.
Die Erklärung für diesen merkwürdigen Effekt habe ich schon früher dargelegt. Manchmal entdeckt man ihn auch an Stellen, an denen man es nicht vermutet.
Die Fotos stammen von Henning v. Gynz-Rekowski, der mich um eine Erklärung der Farberscheinungen bat. Die Beobachtungssituation ist die Folgende. In einer Hotellobby zeigen die Spiegelungen der Oberlichtkonstruktion (unteres Foto) sowohl in einem Wasserbecken als auch in der Glasplatte eines Tisches (oben rechts) farbige Strukturen, die beim direkten Anblick des Oberlichts nicht zu sehen waren. Weiterlesen
Vor einigen Jahren fuhr ich regelmäßig mit der Bahn von einem kleinen Bahnhof aus, der seit langem unbenutzt war. Als ich auf den Zug wartend an einem frühen Morgen in der Dunkelheit meine neue Kamera ausprobieren wollte, fotografierte ich mit Blitzlicht eine Glastür. Ein vernünftiges Bild erwartete ich natürlich nicht. Doch bei näherer Betrachtung des Ergebnisses zeigten sich Ausschnitte aus farbigen Ringen, die quer über die Scheibe liefen. Systematische Wiederholungen solcher Fotografien zeigten, dass hier ein Phänomen im Spiel war. Weiterlesen
Nun die Sonne soll voll enden
Ihre längste, schönste Bahn,
Wie sie zögert, sich zu wenden
Nach dem stillen Ozean! Weiterlesen
Dieses Naturphänomen mag auf den ersten Blick an einen Teil eines Regenbogens erinnern. Davon dass dies nicht der Fall ist, überzeugt man sich schon durch die Position des Farbstreifens, der in einem Winkel von 22° links oder rechts – manchmal auch beidseitig – neben der Sonne zu sehen ist. Man spricht daher auch von einer Nebensonne. Die Lichterscheinung kann unter Umständen so stark wirken, dass man in der Tat an die Sonne erinnert wird, insbesondere dann, wenn die „richtige“ Sonne verborgen ist.
Wissenschaftlich nennt man die Nebensonne Parhelion, was auf altgriechisch dasselbe besagt. Im englischen Sprachgebrauch ist auch sehr fantasievoll von „sun dogs“ (Sonnenhunde) die Rede, so als würde die Sonne mit ihren Hunden an der Leine spazieren gehen.
Anders als beim Regenbogen sind nicht Wassertropfen für die Entstehung der Spektralfarben verantwortlich, sondern dünne Wolken von Eiskristallen. Diese Eiskristalle wirken wie winzige hexagonale Prismen, die das Licht ihrer Geometrie und Substanz entsprechend brechen und damit aus der ursprünglichen Richtung ablenken (nebenstehende Grafik): Sichtbares Licht hat ein Minimum der Ablenkung zwischen 21,7° (rot, 656 nm) und 22,5° (violett, 400 nm). Unter kleineren Winkeln kann keine Brechung mehr auftreten. Die meisten Lichtstrahlen, die zum Betrachter gelangen, werden in Winkeln nahe beim Minimum der Ablenkung gebrochen, wodurch ein heller inneren Rand zu sehen ist.
Dass die Nebensonnen auf gleicher Höhe wie die Sonne erscheinen, ist darauf zurückzuführen, dass die flachen Eisplättchen gewissermaßen horizontal liegend sinken und daher ihre Orientierung bis auf kleine Schwankungen beibehalten.
Wenn die Eiskristalle nicht so flach und beliebig orientiert sind, tritt ein ganzer Kreisbogen um die Sonne auf, der so genannte 22° Halo. Die Nebensonnen sind im Grunde nur ein Spezialfall eines komplexen Halosystems.
Wenn die Herbstblätter im Lichte der tiefstehenden Sonne in bunten Farben geradezu aufflammen, so erscheint mir das wie ein Feuerwerk mit der eine festliche Veranstaltung ihren gebührenden Schluss findet. Jetzt werden die Tage kürzer, immer mehr Blätter fallen, sinken, flattern, schweben, fliegen, schlenkern, purzeln, gleiten, segeln, taumeln, stürzen… in dieser Zeit zu Boden, einzeln oder manchmal auch in Gruppen wie auf ein Kommando.
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