Eine Glaskugel wird vom blauen Himmel durch ein Fenster hindurch beleuchtet. Sie fokussiert das Licht auf einen Brennfleck. In diesen Brennfleck lege ich eine lichtundurchlässige Kugel (ich hatte nur eine solche aus Schokolade). Diese wirft einen Schatten. Der Schatten ist gerundet und relativ kurz. Denn das Fenster ist als Lichtquelle sowohl zu den Seiten als auch in der Höhe begrenzt.
Eine transparente Glaskugel liegt im Licht, das von rechts oben einstrahlt. An der Länge des Schattens erkennt man in etwa den Einfallswinkel des Lichts. Diese transparente Glaskugel wirft einen Schatten, weil sie das auftreffende Licht auf einen Brennfleck fokussiert. Das im Schattenbereich fehlende Licht wird hier auf eine kleine Fläche konzentriert. Es geht also kein Licht verloren (Energieerhaltung). Der Brennfleck reflektiert einen Teil des Lichts diffus in alle Richtungen. Insbesondere durchleuchtet er von schräg unten die kleinere ebenfalls halbwegs transparente Kugel (Es handelt sich um eine Vitamin D3-Pille, die irgendwie auf meinen Schreibtisch geraten ist 😉 . Sie fokussiert das Licht erneut und strahlt es nach links oben ab.
H. Joachim Schlichting. Spektrum der Wissenschaft 12 (2022)
Oh kleines Licht, oh Quelle,
zarte Dämmerung
Jean Wahl
Die heiße Luft und die chemische Umgebung einer brennenden Kerze lenken Licht ab, das auf die Flamme trifft. Deswegen wirft diese in der Sonne nicht bloß einen Schatten, sondern verstärkt an einigen Stellen im Gegenteil die hindurchlaufende Strahlung.
Wenn eine brennende Kerze vom Sonnenlicht bestrahlt wird, wirft sie einen Schatten auf die Fensterleibung oder auf die Wand, vor der sie steht. Interessanterweise zeichnet sich dort nicht nur der Umriss des Wachskörpers ab, sondern auch die Flamme selbst. Haben wir es hier mit dem Schatten von Licht zu tun? Man kann den Vorgang genauer untersuchen, indem man durch die Flamme hindurch auf einen kleinen Gegenstand blickt. Dann zeigt sich: Die Flamme ist an verschiedenen Stellen unterschiedlich durchsichtig.
Im Bereich der Leuchtzone in der Mitte ist ein dahinterliegendes Objekt kaum zu erkennen. Diese Region ist am wenigsten durchlässig und maßgeblich für den Halbschatten auf der Wand verantwortlich. Der äußere Saum und der den Docht umgebende Kern der Flamme sind hingegen nahezu transparent und hinterlassen auf der Wand so gut wie keine Verdunklung.
Erstaunlicherweise gibt es in der Projektion aber nicht nur dunklere Zonen, sondern auch Aufhellungen, die sogar noch intensiver wirken als der direkte Sonnenschein. So leuchten symmetrisch zu beiden Seiten der Flamme zwei senkrechte Streifen, und im Bereich des Dochtschattens fällt ein vergleichbar heller Fleck auf. Insbesondere diese Verstärkungen deuten darauf hin, dass wir es nicht nur mit einer bloßen Schattenabbildung der Kerzenflamme zu tun haben, sondern mit einer komplexen Wechselwirkung des eingestrahlten Lichts mit der heißen Umgebung.
Dem komplexen physikalischen und chemischen Geschehen einer brennenden Kerze liegen mehrere Teilprozesse zu Grunde. Im Docht steigt flüssiges Wachs auf und verdampft zu langkettigen Kohlenwasserstoffmolekülen. Diese heizen sich beim Durchwandern des dunklen Flammenkerns auf und zerbrechen in kleinere Fragmente. Erst in der äußeren Schicht der Flamme im unmittelbaren Kontakt mit dem Luftsauerstoff verbrennen sie schließlich. Hier sind die Temperaturen am höchsten. Die starke Auftriebskraft entsorgt die Verbrennungsprodukte in einer nach oben strebenden Abgasfahne.
Der Übergang von der kühlen Luft zum Abgasschlauch ist mit einem großen Temperatursprung verbunden. Daher liegt es nahe, die hellen Linien als Folge davon anzusehen, dass Licht durch diese Grenzschicht geht. In Gasen kommt es nämlich zur Brechung, wenn sich die Temperatur und damit die Dichte ändern. Das kennt man beispielsweise von Luftspiegelungen über heißen Asphaltstraßen oder von dem Flimmern über einem Feuer.
Wie stark das Licht beim Durchgang durch die Kerzenflamme und die Abgasfahne abgelenkt wird, hängt von der jeweiligen Größe des Brechungsindex in diesen Bereichen ab. Dessen Verlauf quer durch die Abgasfahne und die Flamme haben wir experimentell ermittelt, und zwar einmal exemplarisch in einer Ebene im mittleren Bereich der Leuchtzone sowie unmittelbar über dem Docht [1].
Für beide Ebenen gilt: Nähert man sich der Flamme von außerhalb der Abgasfahne, so sinkt der Brechungsindex innerhalb eines Abstands von etwa zehn bis vier Millimetern von der Symmetrieachse zunächst sehr stark. Dann wird die Abnahme schwächer bis zu einem Minimum. Von hier an unterscheiden sich die Ebenen. Bei der Leuchtzone nimmt der Brechungsindex wieder leicht zu und bleibt schließlich bis zum Zentrum konstant. Ganz anders sieht es in der Dochtebene aus. Hier steigt der Brechungsindex nach Durchlaufen des Minimums enorm und übertrifft sogar den Wert für die Umgebungsluft.
Das beobachtete Verhalten in der weiter oben gelegenen Zone war zu erwarten, weil hier die Temperatur drastisch steigt und zur Symmetrieachse hin wieder etwas sinkt. Die Erhöhung des Brechungsindex im Bereich des Flammenkerns beim Docht lässt sich allerdings nicht allein mit dem Temperaturverlauf erklären. Vielmehr macht sich hier die Abhängigkeit von der stofflichen Zusammensetzung des Gases bemerkbar. Der dort vorhandene reine Wachsdampf bricht das Licht wesentlich stärker als die Luft oder die in der Abgasfahne befindlichen Verbrennungsgase.
Unsichtbare Gase mit sichtbarer Auswirkung
Die Variationen des Brechungsindex lenken das Licht in unterschiedlicher Weise aus seiner ursprünglichen Richtung ab. Das betrifft einerseits die Strahlen im schmalen Übergangsbereich zwischen der äußeren Luft und der nach oben strebenden Abgasfahne. Die abgelenkten Strahlen laufen anschließend auf solche zu, die unbeeinflusst geradlinig weiter vom Rand kommen. Das erhöht die Lichtintensität und erzeugt die hellen Lichtbänder auf der Projektionsfläche.
Außerdem wird das Licht im Flammenkern wegen des rapide zunehmenden Brechungsindex verhältnismäßig stark nach innen abgelenkt. Aus Symmetriegründen überlagert es sich rechts und links des Zentrums. Dadurch nimmt auch hier in einem gewissen Bereich hinter der Kerze die Lichtintensität mit wachsendem Abstand zu. Das führt zu dem beobachteten Fleck beim Schatten des Dochts.
Das heißt, das helle Muster hinter einer durchstrahlten Kerzenflamme mit seinen zwei Streifen und einem zentralen Fleck lässt sich insgesamt auf das Profil des Brechungsindex zurückführen. Dieses wiederum wird durch zwei Dinge bestimmt: die charakteristische Variation der Temperatur und den hohen Brechungsindex des Wachsdampfs in der Nähe des Dochts.
Vor allem in der von Rußpartikeln dominierten Leuchtzone ist die Flamme weniger transparent. In der Projektion lässt sich deshalb ein Schatten beobachten, der aber viel heller ist als der Kernschatten des festen Kerzenkörpers. Interessanterweise ist er nicht ganz grau, sondern eher leicht braun getönt. Für die Färbung sind ebenfalls die Rußpartikel verantwortlich. Mit ihrer Größe von zirka 20 Nanometern sind sie mindestens zehnmal kleiner als die Wellenlängen des sichtbaren Lichts. Sie streuen daher vor allem kurzwellige, überwiegend blaue Anteile der Strahlung, ein als Rayleigh-Streuung bezeichnetes Phänomen. Hierbei werden vorwiegend die langwelligen Rottöne durchgelassen, die in der Projektion dominieren. Wir haben es also mit einer ähnlichen Situation zu tun wie bei der Morgen- oder Abenddämmerung.
Quelle: [1] W. Suhr, H. J. Schlichting. Eine Kerzenflamme im Sonnenlicht. Physik in unserer Zeit 52/6 (2021)
Ein Blatt, das im stürmischen Regenschauer vom Baum heruntergerissen kommt rücklings auf dem Boden zu liegen. Einige versprengte Wassertropfen sind in muldenförmigen Vertiefungen des Blatts zur Ruhe gekommen, malerisch inszeniert durch die inzwischen wieder dominierende Sonne. Das zeigt sich nicht nur in den Schattierungen des Blattes, sondern auch in den hellen Lichtflecken. Diese kommen dadurch zustande, dass die Wassertropfen wie Sammellinsen wirken und das Licht auf einen Lichtfleck fokussieren. Dieser ist im Vergleich zur Umgebung so hell, dass die grüne Farbe des Blattes überstrahlt wird (Irradiation bzw. Blooming). Außerdem wirkt die Tropfenlinse als Lupe und zeigt die Struktur des Blattes in leicht vergrößerter Form.
Dass der aufprallende Regen sich in Tropfen sammelt ist der Minimierung der Grenzflächenenergie zwischen Wasser, Blatt und Luft zu verdanken. Um die Grenzflächenenergie zu minimieren strebt das Wasser die Form an, die unter den gegebenen Bedingungen die kleinste Grenzfläche hat – das ist die Kugel. Sie wird allerdings näherungsweise nur von den kleinen Tropfen erreicht, weil einerseits der Einfluss der Schwerkraft umso geringer ist, je kleiner die Masse der Tropfen ist und andererseits für die Ausbildung einer Grenzfläche mit dem Blatt verhältnismäßig viel Energie nötig ist. Man sagt auch, das Blatt sei hydrophob. Die Hydrophobie wird hauptsächlich durch winzige Härchen auf den Blättern hervorgerufen, auf denen die Tropfen gewissermaßen ruhen und daher nur winzige Berührflächen mit dem Blatt haben.
Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb ein naturschöner Anblick.
Lichtkreuze im Lichtkreis oder –rechteck sind wegen der inzwischen großen Verbreitung von Doppelglasscheiben sehr häufig im Alltag der wissenschaftlich technischen Welt zu sehen. Dabei handelt es sich um Projektionen von Licht (meist Sonnenlicht), das von Doppelglasfensterscheiben reflektiert wird.
Der luftdicht verschlossene Innenraum dieser Scheiben steht unter dem Luftdruck, der bei ihrer Herstellung herrschte. Da der äußere Luftdruck, dem sie beim Einbau in Fenstern an unterschiedlich hoch gelegenen Häusern und bei unterschiedlichen Wetterbedingungen ausgesetzt sind, sich im Allgemeinen vom Luftdruck bei der Herstellung unterscheidet, wölben sich die Scheiben dieser Druckdifferenz entsprechend nach innen und nach außen – eine Scheibe nach innen, die andere nach außen. An ihnen reflektiertes Sonnenlicht wird demnach der Verformung entsprechend fokussiert bzw defokussiert und führt bei rechteckigen Scheiben zu den genannten Lichtkreuzen im Lichtkreis.
Aber nicht alle Doppelglasscheiben sind rechteckig. Daher erwartet man von anders geformten Scheiben auch andere Reflexionsformen an gegenüberliegenden Häuserwänden oder anderen Projektionsflächen. Einer dieser seltenen Fensterformen ist das Dreieck. Meist sind solche Dreieckfenster im oberen Giebelbereich zu finden. Wenn diese vom Sonnenlicht getroffen werden, liefern sie der Dreiecksform entsprechende Reflexe. Abbildung 1 zeigt einen solchen Reflex, der von einem Fenster hervorgerufen wurde, das in Abbildung 2 zu sehen ist. Die Fotos wurden mir freundlicherweise von Sylvia Zinser zur Verfügung gestellt, die offenbar einen wachen Blick für Naturphänomene hat.
Die Dreiecksform der projizierten Brennlinie erinnert stark an den Stern einer bekannten Automarke. Mathematiker würden darin vielleicht einen isotoxalen Dreieckstern sehen.
Als ich in den leeren Becher hineinblickte, sah ich auf dem Boden eine sternförmige Lichtstruktur (oberes Foto). Und da nichts ohne Ursache ist, suchte ich nach selbiger. Sie steckte in der geriffelten äußeren Form des Bechers (unteres Foto links). Diese Riffel dienen der Wärmeisolierung bei heißen Getränken.
Bei der Prägung dieser Vertiefungen im Herstellungsverfahren und der damit verbundenen Verdichtung der Becherwand sind an den entsprechenden Stellen der Innenwand weder direkt sichtbare noch fühlbare winzige Erhöhungen entstanden, die auf diese Weise den Becher im Innern mit einem den äußeren Prägungen entsprechenden inversen Muster versehen haben. An diesem äußert kleinen wellenartigen Profil wird das von schräg oben auffallende Licht den Vertiefungen und Erhöhungen entsprechend abwechselnd fokussiert und defokussiert, was auf dem Innenboden des Bechers als entsprechendes Muster aus hellen und dunklen Streifen sichtbar wird.
Die Asymmetrie des Musters ist eine Folge des Blickwinkels (Kameraposition). Nachdem mir das klar war, versuchte ich durch nachträgliche Bildbearbeitung zu erreichen, dass man das leichte Wellenprofil auch direkt zu Gesicht bekommt. Und siehe da, es ist in der Tat schemenhaft zu erkennen (Foto unten rechts).
Dieser Becher erinnert ein wenig an den chinesischen Zauberspiegel, dessen Struktur auch erst in der Reflexion sichtbar wird.
Vielleicht ist es der einen oder dem anderen schon aufgefallen, dass zu einer brennenden Kerze außer dem Wachskörper plus Docht mehr gehört, als die leuchtende Flamme, der wir das in dieser Zeit so geschätzte sanfte Licht verdanken. Man muss nur die Hand über die Flamme halten, um alsbald festzustellen, dass dies nur in einer beträchtlichen Höhe auszuhalten ist. Demgegenüber sind seitliche Annäherungsversuche weniger problematisch, man gelangt schmerzlos bis dicht an die Flamme heran. Dadurch wird der Eindruck vermittelt, dass sich oberhalb der Flamme so etwas wie ein Hitzeschlauch befindet. Weiterlesen
Hier sieht man eine brennende Kerze vor einer vom Sonnenlicht erhellten Fensterleibung. Nicht nur die Kerze, auch die Flamme ruft einen wenn auch mickrigen Schatten hervor. Aus der Erzählung: Peter Schlemihls wundersame Geschichte von Adelbert Chamisso (1781 – 1831) wissen wir, wie lebenswichtig und bedeutend der Schatten sein kann. Daher werden die Kerzenflamme und ihr Schatten dem 2. Advent durchaus gerecht.
Bleibt die Frage, wie eine Lichtquelle, die ja selbst in der Lage ist Schatten hervorzurufen, einen eigenen Schatten haben kann. Wie man an der schlanken Form des Flammenschattens sieht, ist er nicht ganz vollständig. Der äußere fast farblose Saum der Flamme ist nämlich lichtdurchlässig und wirft daher keinen Schatten. Der innere Kern der Flamme, dem wir die Leuchtkraft der Kerze verdanken, ist paradoxerweise zumindest teilweise lichtundurchlässig. Das liegt daran, dass dieser Bereich von Kohlenstoffteilchen (Ruß) erfüllt ist, die kein Licht durchlassen und daher als Schattengeber wirken. Die Kohlenstoffteilchen glühen und strahlen daher das typisch gelbliche Licht der Kerze aus.
Bei genauerem Hinsehen entdeckt man eine Aufhellung des Schattens im Bereich des Dochts. Dies könnte daher rühren, dass das die Flamme durchsetzende Sonnenlicht fokussiert wird. Denn der Brechungsindex hängt von der Temperatur des Gases ab. Zwar wird das Licht beim Übertritt von der kalten Luft in die heißen Gase der Flamme zunächst defokussiert, dann aber zum kühleren Bereich des Dochts hin fokussiert wird.