Physikalisch gesehen, ist die Glaskugel eine Sammellinse, die – außerhalb der doppelten Brennweite – den betrachteten Gegenstand – hier eine Landschaft – kopfstehend und verkleinert auf der Netzhaut unserer Augen bzw. dem Chip der Kamera abbildet. Aufgrund der extremen Dicke dieser Linse kommt es zur kugelförmigen „Abirrung“ (sphärische Aberration) des Bildes vom Gegenstand.
Die vorliegende Glaskugel ist auch in anderer Hinsicht kein perfektes Abbildungsmittel. Und das nicht, weil sie zu wenig, sondern zu viel abbildet. Denn sie enthält einige kugelförmige Lufteinschlüsse, sozusagen Luftkugeln, von der jede, ob groß oder klein, ebenfalls die ins Visier genommene Landschaft abbildet: Diese erscheint in den Luftkugeln sogar aufrecht stehend. Eine Luftnummer? Vielleicht, denn eine bloße Vervielfachung von Information führt oft, also nicht nur in diesem Fall, zu einer Verminderung der Durchsicht im tatsächlichen wie im übertragenen Sinn.
Weiter für „Experten“: Bleibt zu klären, wieso die Bilder in den Luftkugeln im Glas keinen Kopfstand machen. Um die Standhaftigkeit der Luftkugelabbildungen zu verstehen, muss man sich klarmachen, dass die Orientierung einer Abbildung nicht nur von der Form des abbildenden Mediums (Glas oder Luft) abhängt, sondern auch von der Umgebung. Wenn man an eine transparente Kugellinse denkt, unterstellt man meist stillschweigend, dass es sich um ein Material mit einem größeren Brechungsindex als den der Umgebung handelt. Bei den – zugegeben nicht gerade gängigen – Luftkugeln ist es gerade umgekehrt. Sie haben einen kleineren Brechungsindex als das umgebende Glas. Daher verhalten sie sich auch umgekehrt und kehren den abgebildeten Gegenstand nicht auf den Kopf. Sie wirken vielmehr wie eine inverse Sammellinse, bzw. eine Zerstreuungslinse, die ein entferntes Objekt richtig herum abbildet.
Mit Hilfe des Lichtstrahlmodells (siehe Grafik) kann man sich von dieser Aussage überzeugen. Die Luftlinse führt zu einem verkleinerten, aufrechtstehenden Bild. F und F‘ bezeichnen den Brennpunkt hinter und vor der Linse.
Kaum klingt die Häufigkeit der Coronen etwas ab, häufen sich schon die Heiligenscheine, auch wenn sie meist scheinheilig sind. Vor ein paar Tagen war es der Heiligenschein gepaart mit den gleichzeitigen Auftreten eines Doppelschattens und nun haben wir den Fall einer urbanen Glorie.
Normalerweise zeigt sich ein Heiligenschein auf einer feuchten Wiese bei tiefstehender Sonne, also eher in freier Natur. Doch inzwischen wird die darin zu sehende Diskretion immer mehr aufgegeben. Karl Bicker, einem Leser meiner Kolumne in Spektrum der Wissenschaft, hat sich sein Heiligenschein nunmehr auch in urbanem Umfeld offenbart (siehe Foto).
Er ist etwas exzentrisch geraten, wenn man ihn mit den Heiligenscheinen der Heiligen vergleicht, wo sich der Kopf meist schön in der Mitte befindet, aber ansonsten ist er perfekt und schön anzusehen.
Soweit die Fama, jetzt die Physik: Auf dem Foto handelt sich wirklich um einen Heiligenschein. Aber anders als der Heiligenschein auf der feuchten Wiese wird er in diesem Fall nicht durch Wassertröpfchen hervorgebracht, sondern durch winzige Glas- oder Plexiglaskügelchen, die – so vermute ich – entweder durch Sandstrahlarbeiten oder durch die Herstelllung von Straßenmarkierungen in der Nähe hierher gelangt sind. Denn wenn verschmutzte Fassaden mit Sandstrahlen gesäubert werden, so werden dabei keine Sandkörner verwendet, sondern Glaskügelchen, die gegen die Fassade geschossen werden. Und bei Straßenmarkierungen werden Kunststoff- oder Glaskügelchen in die obere Schicht der Farbe gegeben, damit das Licht eines Fahrzeugs von diesen Kügelchen zurückgestrahlt wird. Dadurch erlangen die Markierungen eine wesentlich höhere Sichtbarkeit.
Bei solchen Arbeiten kann es vorkommen, dass die winzigen (bis zu Bruchteilen eines Millimeter kleinen) Perlen auch dorthin gelangen, wo sie eigentlich nicht benötigt werden. Und da diese kleinen Leuchtsphären ansonsten kaum wahrzunehmen geschweige denn zu beseitigen sind, verbleiben sie dort und irritieren die Menschen bzw. verführen sie zu der Ansicht, einen Heiligenschein zu besitzen. Allerdings ist dazu auch noch der Sonnenschein nötig, damit sich die heilige bzw. genauer: scheinheilige Person als solche erkennt.
Der abgebildete Heiligenschein ist sichtlich etwas verrückt, denn der Schattenkopf liegt nicht im Zentrum. Das liegt daran, dass es sich auf dem Foto in Wirklichkeit nur um den Heiligenschein der Kamera handelt. Und die wurde eben nicht genau zentrisch vors Gesicht gehalten. Aber was hießt hier „nur“. Dass eine Kamera nun auch schon einen Heiligenschein besitzt, selbst eine Smartphonekamera, ist ein weiteres Wunder. Es ist sogar noch wunderbarer: Den eigenen Heiligenschein kann kein anderer je zu Gesicht bekommen. Umgekehrt gilt allerdings dasselbe.
Vergleicht man diesen Heiligenschein auf dem Pflaster mit dem auf der feuchten Wiese, so erkennt man einen weiteren Unterschied. Die mit Glas- oder Kunststoffkügelchen hervorgebrachte Aufhellung um den Kopf des Betrachters ist mit einem regenbogenfarbigen Rand umgeben. Dies weist auf einen Unterschied in der Entstehung hin. Während der Heiligenschein auf der Wiese vor allem durch das von den Grashalmen fokussierte und teilweise in die Wassertropfen reflektierte Licht hervorgebracht wird, geht die durch die Kügelchen produzierte Aufhellung vor allem aus dem „Umlauf“ des Lichts innerhalb der Kügelchen hervor. Wie beim Regenbogen wird der Anteil der in die Kügelchen hinein gebrochenen Lichtstrahlen, der an der Innenseite der Rückwand reflektiert wird anschließend teilweise wieder aus den Kügelchen heraus gebrochen. Dabei wird das weiße Licht in seine Spektralfarben zerlegt (Dispersion). Zusammen mit einer kaustischen Konzentration der Strahlen im „Regenbogenwinkel“ kommt es zu der auffällig deutlichen regenbogenartigen Umrandung der Aufhellung. Damit ist dieser „Heiligenschein“ auch noch eine Art trockener Regenbogen.
Manchmal ist auch der geschmacklich fragwürdigsten Situation noch etwas Interessantes abzugewinnen. Als ich in ein Schaufenster mit einem merkwürdigen Sammelsurium von Gegenständen blicke, bleibe ich an einem eher kitschigen „Exponat“ (Foto) hängen. Es offenbart ein interessantes physikalisches Phänomen, das man nicht alle Tage zu sehen bekommt! Es besteht darin, dass in dem oben halbkugelförmig abgeschlossenen Glasgefäß, das eine hell leuchtende Glühlampe enthält, eine reelle Abbildung der Glühwendel gewissermaßen frei im Raum schwebt. Weiterlesen
Kugelleuchten und Designerglühlampen haben seit einiger Zeit Hochkonjunktur. Insbesondere in modern eingerichteten Restaurants und Cafés findet man seinen Platz zeitgemäß ausgeleuchtet. Es lohnt sich, mal darauf zu achten. Im vorliegenden Fall (siehe Foto) befindet sich in einer transparenten Glaskugel eine Lampe mit einem viellinigen hell leuchtenden Filament, wie man es von den vertrauten nunmehr aussterbenden Glühlampen so nicht kennt. Weiterlesen
Was ergibt ein aufgeschlagenes Buch, in das man – weil gerade nichts Besseres zur Hand ist – eine Kugel legt, damit die Seite nicht gleich wieder verschlagen wird: Herzen. Weiterlesen
Schlichting, H. Joachim. In: Physik in unserer Zeit 37/5 (2006) 245
Betrachtet man Wassertropfen oder Glaskugeln in der Sonne, so kann man den Eindruck gewinnen, ein Lichtstrahl würde die Kugel geradezu durchbohren. Gleichzeitig meint man, Eintritts- und Austrittsöffnung zu erkennen.