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Idealgestalt

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Kugelmania

Die Kugel ist eine Sehnsuchtsform der Materie getrieben vom tiefen Blau. Auch wenn die vollendete Kugel als solche kaum jemals erreicht wird, gibt diese archetypische Idealgestallt viele Bestrebungen und Bewegungen in der Natur vor. Mir ging es in dieser Darstellung weniger um ein realistisches Beispiel als vielmehr darum, die Mühen der Bestrebungen mit all ihren Unvollkommenheiten gewissermaßen symbolisch zu visualisieren, nachdem viele Beiträge direkt oder indirekt mit der Kugel als die Gestalt zu tun haben, die ein Volumen mit der kleinsten Oberfläche begrenzt.

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Der Mohn und die Zahl vier

In der Geometrie sind Zahlen und Zahlenverhältnisse der Inbegriff von mathematischer Exaktheit. Ein gezeichnetes oder auf andere Weise realisiertes Rechteck oder Dreieck ist es immer nur eine Annäherung an die geometrische Idealgestalt. Und wenn wir in der Natur geometrische Prinzipien zu erkennen glauben, so handelt es sich auch dort um mehr oder weniger perfekte Realisierungen.
Die auf dem Foto abgebildete Mohnblüte bringt in der einen oder anderen Weise die Vierzähligkeit zum Ausdruck: Vier Blütenblätter, die zudem näherungsweise so geformt sind, dass die Blüte nahezu quadratisch geformt ist, werden ergänzt durch vier dunkle Flecken, die sich wie verlaufende Tinte auf den weißen Blütenblättern ausgebreitet haben.
Das stimmt alles nur ungefähr, aber in diesen Abweichungen von der Idealgestalt bringt die Blüte ihre Individualität zum Ausdruck, derart, dass keine zwei Blüten exakt übereinstimmen. Und genau das macht einen wesentlichen Aspekt die Naturschönheit der Pflanzen aus.

Nachtrag zum Halloween

Nachdem es aufgehört hat zu regnen, tröpfelt es aus dem Auslauf des Fallrohres noch sehr lange in die Regentonne. Fast jeder Tropfen erzeugt eine Blase, so als wechselte der Tropfen beim Übergang in die Anonymität des in der Tonne gesammelten Wassers einfach seine Identität: Aus der luftumhüllten Wasserkugel in eine wasserumhüllte Luftkugel. Leider ist die Kugelgestalt in beiden Fällen nur das Ideal, an dem sich die Materie orientiert. Weder die fallenden Tropfen noch die driftenden Blasen erreichen sie.
Die Tropfen schaffen es nur näherungsweise während des Falls und dann auch nur die kleinen, denen die Schwerkraft nicht so viel anhaben kann. Und den Blasen gelingt es nicht, sich aus dem Wasser zu befreien. Sie driften allenfalls als unvollkommene Halbblasen auf dem Wasser und das auch nur für kurze Zeit in einem Kollektiv. Und dieses schickt sich an das zweidimensionale Äquivalent der Kugel, den Kreis,  zu erreichen. Auch das gelingt ebenfalls meist nur sehr unvollkommen.
Und wenn dann dieser halbwegs runde Blasenteppich durch äußere Einflüsse verschoben wird und unter den weiterhin tropfenden Auslauf gerät, zerschießen die fallenden Tropfen auch noch einige der Blasen, sodass entsprechende Löcher im Teppich entstehen. Auch hier macht sich dann wieder die Tendenz bemerkbar, das Loch kreisförmig zu gestalten. Aber bevor es soweit kommt, führen vor allem äußere Einflüsse dazu, dass andere Gestalten durchlaufen werden, u.A. die im Foto dargestellte, die schon eher an eine nachträgliche Reminiszenz an Halloween erinnern als an physikalisch begründbare Vorgänge.

Die Linie – gerade oder krumm?

KNELLER: Wenn es eine Wissenschaft der Linie gibt, verstehe ich dann nicht mehr davon als jeder andere?
KARL: Zugegeben, Herr Kneller. Und weiter?
KNELLER:  Dieser Mann hier, wagt, im Widerspruch zu mir, zu mir! die Behauptung, daß eine richtige Linie eine gerade Linie sei und daß alles, was sich bewegt, in einer geraden Linie verläuft, es sei denn, daß irgendeine allmächtige Kraft es von seiner Bahn ablenkt. Dies, so behauptet er, sei das erste Gesetz der Bewegung. Er lügt.
KARL: Und was ist Ihre Meinung, Herr Kneller?
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Vom realen zum freien Fall: Annäherungen – Fall 8

Im ersten Fall lässt man einen Papierstreifen, am besten in Form einer Spielkarte etwa aus Kopfhöhe fallen. Sie fällt meist nicht in vorhersagbarer Weise, sondern geht Kapriolen schlagend zu Boden und landet in einiger Entfernung vom Fußpunkt des Startpunkts.
Im zweiten Fall, lässt man die Karte senkrecht ausgerichtet fallen (siehe obere Abbildung, man blickt auf die kurze Stirnseite der Karte). Sie geht mit großer Wahrscheinlichkeit nach einer kurzen senkrechten Fallstrecke in eine gleichmäßige Drehbewegung um die horizontale Achse über und landet in einer bestimmten Entfernung links oder rechts vom Startpunkt. Diese Situation ist schematisch in der oberen Abbildung zu sehen, in der die Positionen der fallenden Karte in sehr kurzen, konstanten Zeitabständen dargestellt ist.
Dass die Entfernung des Landepunkts von dem Fußpunkt des Starts stets in etwa dieselbe ist und es vom Zufall abhängt, ob die Karte links oder rechts landet, erfährt man, wenn zahlreiche Karten auf die gleiche Weise fallengelassen werden. Es entstehen schließlich zwei gleich weit vom Startpunkt entfernte Kartenhäufchen, deren Anzahl im Idealfall sich umso mehr angleicht, je mehr Karten fallengelassen werden. Weiterlesen

Der freie Fall als didaktische Falle – Fall 7

…die Frucht ist dort gefallen,
Von der eignen Fülle schwer..

Friedrich Schiller (1759 – 1805)

Aus der Sicht der neuzeitlichen Physik ist der freie Fall, wonach beliebige Gegenstände mit gleicher Beschleunigung fallen, eine äußerst einfache Angelegenheit. Eine Fülle phänomenologisch verschiedener Bewegungen, wie etwa die der Satelliten und Planeten bis hin zu den Elektronen im Bohrschen Atommodell können als einheitlicher Fall, als freier Fall angesehen werden. Weiterlesen

Der freie Fall im Vakuum – Fall 3

Nicht daß man etwas Neues zuerst sieht, sondern daß man das Alte,
Altbekannte, von jedermann Gesehene und Übersehene wie neu sieht,
zeichnet die eigentlich originalen Köpfe aus.

Friedrich Nietzsche

Wie verfiel Galilei auf die Idee des freien Falles, wonach – anders als es die Beobachtung von Bewegungen auf der Erde nahelegt – alle sich selbst überlassenen Gegenstände gleich schnell (genauer: mit gleicher Beschleunigung) zur Erde fallen? Man kann mit Fug und Recht behaupten, daß die Idee vom Himmel gefallen ist und zwar im wörtlichen wie im sprichwörtlichen Sinne. Denn zum einen könnte Galilei aus der Beobachtung, daß die Himmelkörper auf einfachen gleichbleibenden Bahnen umlaufen, die Frage zugefallen sein: Wie würden sich Gegenstände auf der Erde verhalten, wenn sie sich wie die Himmelskörper ungehindert bewegen könnten? Zum anderen ist zumindest rein phänomenologisch kein Zusammenhang zwischen irdischen und im Unterschied zu ihnen geradezu als fallunfähig angesehenen Himmelskörpern zu erkennen. Weiterlesen

Der Fall des Falls – Fall 0

Der Herbst mit seinen fallenden Blättern erinnert mich auch daran, dass der Fall, vor allem der freie Fall zu den grundlegenden Konzepten der neuzeitlichen Physik gehört. Er zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte – nicht nur der Physik, man denke etwa an den Sündenfall – und ist zum Paradefall des typisch physikalischen und naturwissenschaftlichen Denkens geworden. Weiterlesen

Der Tropfen – ein Archetyp

Tropfen„Wir wollen das leichteste Beispiel aus dem System der Dinge nehmen, die mit der größten Gleichartigkeit die leichteste Beweglichkeit verknüpfen und sich also gleichsam eine Gestalt wählen können. Wir nennen dies flüssige Dinge. Wolan! alle flüssigen Dinge, deren Theile gleichartig zu einander ohne Hinderniß wirken, welche Gestalt nehmen sie an?
PHILOLAUS. Die Gestalt eines Tropfens.
THEOPHRON. Warum eines Tropfens? Sollen wir etwa ein Tropfen bildendes Principium in der Natur annehmen, das diese Gestalt willkürlich liebe? und die Regel festsetzen: »Alles in der Natur ballt sich durch eine verborgne Qualität«? Weiterlesen

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