Warum sieht man irisierende Wolken meistens im Wasser oder auf anderen spiegelnden Flächen in der Umwelt und nicht direkt am Himmel? Weil man dazu zu den sonnenlichtdurchfluteten Wolken aufschauen muss. Und das meidet man meistens – zu Recht.
Auf dem Foto sieht man gespiegelte irisierende Wolken. Da die Glasscheiben nur je nach Einfallswinkel einen mehr oder weniger kleinen Prozentsatz der Lichtintensität der Sonne reflektieren, lässt sich das Licht in aller Ruhe ohne Einschränkungen anschauen.
Wie kommt es zu diesem schönen Farbenspiel?
Bei den Wolken handelt es sich meist um Altocumulus, die sich in einer Höhe von 1500 bis 5000 m befinden. Daher bestehen sie nicht aus Eiskristallen, sondern aus kleinen Wassertröpfchen. An diesen Tröpfchen wird das Sonnenlicht gebeugt. Man stelle sich am besten vor, dass beim Auftreffen des Lichts an den verschiedenen Stellen eines Tröpfchens neue Lichtwellen ausgelöst werden. Und wenn die sich im Auge des Betrachters oder der Linse der Kamera überlagern, haben sie im Allgemeinen geringfügig unterschiedliche Wege zurückgelegt. Ist der Wegunterschied gerade so groß, dass sich Wellenbauch und Wellental einer bestimmten Wellenlänge des Lichts (Farbe) aufheben, fehlt die entsprechende Farbe im Spektrum des weißen Lichts und man sieht den Rest der Farben, die sogenannte Komplementärfarbe. Wenn sich Wellenberg und Wellenberg treffen, tritt hingegen eine Verstärkung dieser Farbe auf. Aber auch in diesem Fall wird die „Farbmischung“ des weißen Lichts entsprechend gestört und das Licht wird dadurch farbig.
Bei einem einzelnen Wassertropfen würde man also unter einem bestimmten Winkel zur Einfallsrichtung des Lichts eine ganz bestimmte Farbe sehen. Unter einem anderen Winkel würde eine andere auftreten. Der Tropfen erschiene dann von einem System farbiger Ringe umgeben. Da die Lichtwellen periodisch sind, wiederholten sich die Farben, wenn der Winkel so groß wäre, dass sich jede zweite Wellenberg und –bauch überlagern könnten usw. Allerdings sähe man meist nur eine oder zwei Ordnungen von Farbringen, weil die sich überlagernden Wellenzüge bei natürlichem Licht sehr kurz sind. Man sagt auch, die Kohärenzlänge des Sonnenlichts ist sehr klein.
Damit man die durch Beugung hervorgegangenen Farbringe des weißen Lichts aus der Entfernung überhaupt zu sehen bekommt, muss die Intensität des gebeugten Lichts groß genug sein. Das ist aber nur dann der Fall, wenn sehr viele Tropfen zusammen wirken. Damit dass jedoch passiert, müssen sie von der gleichen Größe sein. Denn nur dann werden die Wellen einheitlicher Wellenlänge (derselben Farbe) in etwa dieselbe Richtung ausgesendet. Wenn der Bereich einheitlicher Tropfengröße in der Wolke hinreichend groß ist, würde man die Sonne oder ihren Reflex auf den Scheiben von einem farbigen Ringsystem umgeben sehen, einer Korona.
In der Realität schwankt die Tröpfchengröße um einen bestimmten Mittelwert. Je nach der Stärke der Abweichung treten wieder Vermischungen der Farben auf, so dass die Korona nur mehr oder weniger farbig erscheint. Im Extremfall überwiegt dann wieder das weiße Mischlicht und die Korona entartet in einen hellen Hof um die Sonne.
Im vorliegenden Fall sind die Tropfengrößen in verschiedenen Teilen der Wolke zwar lokal einheitlich aber global unterschiedlich. Dann entsteht überhaupt kein Ringsystem mehr und es sind nur noch Farbfetzen und –bänder zu sehen und man spricht man von irisierenden Wolken. Die Farben können sich je nach der Dynamik der Tropfen in den Wolken ständig ändern. Besonders häufig ist das Irisieren in Teilen einer Wolke zu sehen, die gerade im Entstehen begriffen ist und daher Tropfen in jeweils einheitlicher Größe aufweist. Das ist meist am Rande der Wolken der Fall. Da sind die Wolken außerdem hinreichend dünn, sodass das Licht überhaupt durch die Tropfenschicht hindurch dringt. In manchen Fällen kann man die Wolken selbst dann irisieren sehen, wenn sie weit von der Sonne entfernt sind.
Schön dass wir im Deutschen die faszinierende Naturerscheinung einer Korona nicht mit „C“ schreiben. Und damit die negativen Konnotationen, die mit Corona verbunden sind, nicht auf alles übertragen werden, was so klingt, möchte ich das in dieser Hinsicht sehr wechselvolle, zur Neigung gehende Jahr nicht verstreichen lassen, ohne eine schöne Korona zu zeigen. Diese Korona leuchtet aus einer ganz normalen Weihnachtsbaumkugel heraus. Diese farbenprächtige Interferenzerscheinung umgibt jede Lichtquelle, und sei es nur eine Reflexion einer solchen, sofern man sie ín der geeigneten Weise betrachtet. Genießt die Korona und handelt so, dass ihr die Gefahren der Corona im Blick behaltet!
Ein Gegenstand kann sich auch dadurch verändern, dass er selbst unverändert bleibt aber die Welt um ihn herum sich verändert.
Lange vor dem Ausbruch des Coronavirus machte ich dieses Foto eines verlassenen Hörsaals in einer US-amerikanischen Universität. Warum? Ich nahm an einer Tagung über meteorologische Optik teil, bei der das Naturphänomen der Coronen eine wichtige Rolle spielte. Dieses unbeabsichtigte Stillleben stellte einen ironischen „Kommentar“ zum Tagungsgeschehen dar. Beim zufälligen Durchsehen der vor Jahren gemachten Aufnahme, stieß ich auf dieses Foto. Ich sah, dass die Ironie nicht gewichen war sich aber zwischenzeitlich auf einen ganz neuen Sachverhalt verschoben hatte, ohne dass das Foto in der Zwischenzeit auch nur angesehen worden wäre.
Und siehe, durch den blanken Himmel zog noch ein einsames, weißes Wölkchen. Es kam zögernd vorwärts, und es war, als würde es vom Monde angezogen. Es segelte gerade unter ihm vorbei, und siehe, sofort glitten dünne rosige, grüne und lila Farbentöne darüberhin, und es war wie ein zusammengezogener Regenbogen, der am Mond vorbeizog. Aber es glitt weiter, verlor die süßen Töne plötzlich wieder, wurde weiß uns schob sich zögernd fort, allein durch die Nacht. Wie ein Lächeln der Nacht war es gewesen.* Weiterlesen
In dieser dunklen Zeit, an der ein pandemisches und zugleich pandämonisches Virus einen erheblichen Anteil hat, habe ich mir vorgenommen, die mir vertrauten optischen Koronen überall dort zu sehen, wo man sie auch sehen könnte, wenn man sie durch einen Nebel hindurch oder mit einen leichten Schleier vor den Augen betrachtete.
Corona macht auch vor dem Weihnachtsbaum nicht halt. Jede Kerze ist hier infiziert und von einer schönen Korona umkränzt (Im Deutschen meist mit „K“ statt mit „C“ geschrieben). Dieses spektralfarbene Ringsystem sieht nicht nur so aus wie eine Korona, es ist auch eine und zwar die nicht virale Variante eines optischen Naturphänomens.
In früheren Zeiten, wenn in der Adventzeit Kerzen in den Fenstern standen und die Scheiben wegen der winterlichen Kälte beschlagen waren, sah man häufig die Kerzenflammen von farbigen Lichtringen umgeben.
Leider gibt es heute fast nur noch Isolierglasscheiben, die einen kältebedingten Beschlag auf der warmen Innenseite vermeiden. Ganz abgesehen davon lässt zumindest in diesem Jahr auch die Kälte auf sich warten. Damit ist dieses Phänomen wie beispielsweise auch die Eisblumen auf den Fensterscheiben sehr selten geworden.
Aber es gibt eine Alternative, die zwar nicht das alte Phänomen in Gänze zurückbringt, aber einige Vorteile hat. Man blickt durch eine Tintenstrahlfolie auf die Kerzen und sieht die Flammen wie in alten Zeiten von Koronen umgeben. In diesem Fall sind es keine Wassertröpfchen, sondern winzig kleine und daher unsichtbare, gleich große Punkte in einer Tintenstrahlfolie. Sie haben die gleiche optische Wirkung und den zusätzlichen Vorteil, dass man gleich die Kerzenflammen eines ganzen Weihnachtbaums mit Koronen versehen sieht.
Zugegeben, die emotionale Wirkung früherer Zeiten kann dadurch sicherlich nicht wieder zurückgeholt werden, aber dafür funktioniert es unabhängig von einfach verglasten Scheiben, feuchten Innenräumen und einer kalten Außenwelt. Weiterlesen
Frage: Wie kommt es zu den Nebelstreifen?
Antwort: Bei dieser Art Kondensstreifen handelt es sich um sogenannte Wirbelschleppen. Sie zeigen sich manchmal kurz nach dem Start oder vor der Landung. Dann nämlich fährt der Jet die Landeklappen aus der Tragfläche (die korrekter als „Auftriebshilfen“ bezeichnet werden sollten), wodurch sich deren Anstellwinkel vergrößert und damit die aerodynamische Auftriebskraft auf eine größere Fläche wirkt. So gelingt das Abheben auch bei verhältnismäßig niedrigen Geschwindigkeiten.
Auf diese Weise entsteht ein enormer Druckunterschied zwischen Ober- und Unterseite der Tragflächen, der an ihren Seiten zu Ausgleichsströmungen von unten nach oben führt. Weil gleichzeitig die Luft von vorn nach hinten strömt, kommt es zu einer zopfartigen Aufwicklung der Strömungsfäden. Und weil der Druck in der Luftströmung stark abnimmt, sinkt die Temperatur schlagartig – nicht anders als bei einem gerade geöffneten Ventils eines Autoreifens. Denn für die mit der Druckabnahme verbundene Ausdehnung benötigt die Luft Energie, die sie aus dem Reservoir ihrer inneren (thermischen) Energie abzapft. Der Vorgang läuft nämlich so schnell ab, dass es zu lange dauern würde, bis durch Wärmeleitung Energie aus der weiteren Umgebung herangeschafft würde. Durch die Abnahme ihrer inneren Energie kühlt sich die Luft lokal stark ab. Und wenn dann auch noch die absolute Wasserdampfkonzentration größer ist als die maximale Wasserdampfkonzentration bei dieser niedrigen Temperatur, kondensiert der überschüssige Wasserdampf zu Wassertröpfchen: Es kommt also zur beobachteten Nebelbildung.
Die Wirbelschleppen unterscheiden sich von den normalen Kondensstreifen auch noch durch einem interessanten Nebeneffekt: Sie treten immer paarweise mit gegenläufigem Drehsinn auf, sodass sich der Gesamtdrehimpuls zu Null summiert.
Nebelfäden über den Tragflächen treten bei genügender Luftfeuchte manchmal auch in voller Reiseflughöhe über die Tragflächen strömend auf. Sie verdanken sich dem starken Druckabfall über den Tragflächen und führen bei den ohnehin schon sehr tiefen Temperaturen die Kondensation überspringend zur Resublimation des Wasserdampfs zu feinen Eiskristallen.
H. Joachim Schlichting. Spektrum der Wissenschaft 8 (2019) S. 52 – 53
Doch still, was schimmert
durch das Fenster dort?
William Shakespeare (1564–1616)
Über den Wolken herrschen außerhalb des Flugzeugs dramatisch andere Temperaturen und Drücke als in der Kabine. An den Scheiben, die beide Reiche voneinander trennen, kommt es zu eindrucksvollen optischen und thermodynamischen Phänomenen. Weiterlesen
Wie kommt es zu den blauen Augen?
Erklärung des Rätselfotos des Monats Dezember 2018
Frage: Wie kommt es zu diesen Lichtschweifen?
Antwort: Des Rätsels Lösung besteht darin, dass die Situation durch einen doppelt verglasten Raumteiler hindurch gesehen wird. Da eine Glasscheibe nicht nur Licht durchlässt, sondern auch Licht spiegelnd reflektiert, blicken wir hier auf die leuchtenden Kerzen, die an beiden Glasscheiben reflektiert werden. Genau genommen finden auch noch Reflexionen an den beiden Grenzschichten jeder Scheibe statt. Da diese sehr dicht beieinander liegen, werden sie nicht mehr getrennt sichtbar. Aber es bleibt nicht bei der einen Spiegelung. Da sich die beiden Scheiben gegenüber stehen, werden die Spiegelbilder und auch noch die Spiegelbilder der Spiegelbilder reflektiert und so weiter, bis die Intensität des Restlichts so schwach ist, dass man es schließlich nichts mehr sieht. Denn wir sehen die Spiegelungen der Spiegelungen überhaupt erst dadurch, dass bei jeder Reflexion auch ein Teil des Lichtes durch die Scheibe hindurch geht und in unser Auge gelangt. Was wir hier spiegelnd reflektiert sehen, sind Spiegelbilder. Für sie gilt aber dasselbe wie für reale Objekte. Sie sind so weit hinter dem Spiegel zu sehen, wie der Gegenstand davor. Deshalb erscheint mit jeder Generation einer Spiegelung das Spiegelbild um den Abstand der beiden spiegelnd reflektierenden Grenzflächen weiter entfernt.
Im Prinzip haben wir es mit einer Art Unendlichkeitsspiegel zu tun. Einer zweier parallel gegenüberstehender Spiegel ist mit einem Guckloch versehen. Blickt man hindurch sieht man eine – im Prinzip unendlich lange – Schlange von Gucklöchern und Lampen(bildern). Aber auch manche Designobjekte, z.B. in Form eines Kerzenhalters führen nach diesem Prinzip zu Lichtschweifen.
Bleibt noch die Frage, warum die Schweife von Spiegelbildern auf einen Fluchtpunkt zuzulaufen scheinen. Dies ist ein Perspektiveneffekt der sich vom Beobachter entfernenden Spiegelbilder. Irgendwo am virtuellen Fluchtpunkt der Schweife ist die Linse der gespiegelten Kamera, die hier jedoch nicht zu sehen ist, weil sie durch das Licht der realen Kerzen überstrahlt wird.
In früheren Zeiten waren die einfachverglasten Fensterscheiben im Winter oft beschlagen und trübten den Durchblick. Entschädigt wurde man dafür manchmal durch einen schönen Anblick: Durch die beschlagene Fensterscheibe hindurch betrachtet erschien eine Lichtquelle von mehr oder weniger farbigen Ringen umgeben. Weiterlesen
Beim Fensterputzen gibt es zahlreiche Methoden. Hier wurde die Scheibe zunächst mit seifigem Wasser behandelt, die Spülung mit klarem Wasser steht unmittelbar bevor. Diesen Moment dazwischen nutzt die Natur gerade zu einer künstlerischen Darbietung, zu der vermutlich nur jemand einen Bezug hat, die oder der gerade nicht mit dem Fensterputzen befasst ist.
Man blickt hier nicht nur durch die benetzte Scheibe, sondern auch noch durch den Apfelbaum, in dem die tiefstehende Abendsonne hängt und auf unserer Netzhaut einen Eindruck von einer artifiziellen Baumkorona hinterlässt. Schaut man sich die Blasenflöße genauer an, so entdeckt man zahlreiche winzige Wassertropfchen, die sich in dem Maße bilden, in dem sich der Seifenlaugenfilm zwischen den Blasenflößen auflöst.
Ich vermute, dass diese kleinen, bereichsweise einheitlich großen Tröpfchen die Ursache für die Andeutung der Korona sind, die sich hier ansatzweise konzentrisch um die Sonne herum legt. Sie hielt sich leider nicht lange. Denn der nächste Schritt des Fensterputzens, die Spülung schuf klare Verhältnisse: Eine blitzblanke Scheibe mit ungestörtem Durchblick und ohne Dreckeffekt, will sagen: ohne Korona. Ehrlich gesagt fand ich die verseifte Scheibe mit Korona schöner.
Auf dieser nächtlichen Aufnahme in einem Touristenort im Süden fügen sich die natürlichen und urbanen Lichtphänomene zu einem spannungsreichen Bild zusammen. Die Spannung entsteht durch die Gegenüberstellung vom Mond beleuchteter Wolkenfetzen, die auch noch zumindest bruchstückhaft einige Farben einer Mondkorona* erkennen lassen, und und einer streng geometrischen „Lichttreppe“ eines Hotels, die durch die beleuchteten gelb getünchten Wände terrassenförmig angeordneter Balkone hervorgerufen wird.
* Wie eine Korona entsteht wird hier am Beispiel einer Baumkorona erläutert.
Manchmal ziehen auch kleine Fussel, die normalerweise übersehen werden, die Aufmerksamkeit auf sich. In dieser Gegenlichtaufnahme, in der es vielmehr auf die Gelb-Rot-Färbung eines Opalglases ankam, drängt sich aber der Fussel keck ins Zentrum, sodass er nicht übersehen werden kann. Und wenn man auf diese Weise schon mal gezwungen wird, den Fussel in den Blick zu nehmen, fällt auf, dass der sehr dünne Faden farbig strukturiert zu sein scheint. Es könnte sich um eine Beugungserscheinung handeln, wie man sie auch bei Spinnennetzen beobachten kann. Außerdem scheint der Fussel wie von einer Korona gekrönt zu sein. Es lassen sich zumindest schemenhaft zwei Beugungsordnungen ausmachen. Die Ursache für diese Korona, die normalerweise durch winzige, weitgehend gleichgroße Partikel von der Größenordnung der Wellenlänge des Lichts hervorgerufen werden, kann ich jedoch nicht ausmachen. Möglicherweise sind Pollen auf der Fensterscheibe, durch die das Licht ins Zimmer scheint, dafür verantwortlich. Wie so oft, wurden diese Marginalia erst bei der Betrachtung des Fotos festgestellt.
Wie kommt es zu dieser Korona?
Diesmal wird die Adventszeit eingeleitet durch eine Kerzenkorona. Dabei soll Altes mit Neuem in ästhetisch ansprechender Weise verbunden werden.
Erklärung zum Rätselfoto des Monats November 2017
Frage: Was ist physikalisch interessant an Schillers Tintenfass?
Ich habe dieses schöne Gefäß als Schillers Tintenfass gekauft. Ob es wirklich von dem Dichter als ein solches benutzt wurde ist nicht gesichert. Allerdings funktioniert es als solches ausgezeichnet. Die Idee hinter dieser Konstruktion besteht darin, einerseits durch eine kleine aber zum Eintauchen der Schreibfeder passende Oberfläche die Verdunstungsrate so klein wie möglich zu halten, aber andererseits immer einen genügend großen Vorrat an Tinte zu haben. Erstaunlich erscheint auf den ersten Blick, warum das Tintenniveau im großen Vorratsgefäß und im kleinen Napf so unterschiedlich sein kann und kein Niveauausgleich (verbundene Gefäße) stattfindet. Doch wie sollte ein solcher Ausgleich möglich sein? Sobald das Niveau der Tinte im Vorratsgefäß sinken würde, nähme das Luftvolumen zu und der Luftdruck entsprechend ab. Das verhindert der auf der Flüssigkeit im Napf lastende äußere Luftdruck. Denn der durch die Tinte versperrte Weg erlaubt keine Luftzufuhr. Erst wenn so viel Tinte verbraucht wurde, dass das Tintenniveau im Napf unter die obere Kante des Verbindungsstücks gesunken ist, kann ein Ausgleich stattfinden, indem gleichzeitig Tinte in die eine und Luft in die andere Richtung fließen, bis der Weg wieder durch die nachgeflossene Tinte versperrt ist. Das wiederholt sich solange, bis das Tintenniveau im Vorratsgefäß auf das Niveau im Napf gesunken ist. Dann muss Tinte nachgefüllt werden.
Ich habe natürlich nicht so viel schreiben können, bis dieser Zustand erreicht ist, weil ich mich dem Trend der Zeit angeschlossen habe und inzwischen mit der Tastatur des Computers schreibe. Stattdessen habe ich das Gefäß mit Wasser gefüllt einfach stehen lassen und ein anderes physikalisches Phänomen wirken lassen, die Verdunstung. Hätte ich Tinte genommen, so wäre sicherlich ein unschöner fester Rest übrig geblieben.
In einem Kontrollversuch, in dem ich dieselbe Wassermenge in einem offenen Gefäß, also mit einer wesentlich größeren freien Flüssigkeitsoberfläche, verdunstete das Wasser wesentlich schneller. Daran erkennt man einen Vorteil von Schillers Tintenfass gegenüber einem Gefäß mit großer Flüssigkeitsoberfläche.
Eine Vogeltränke funktioniert übrigens nach demselben Prinzip. Wenn es sich in Wirklichkeit bei dem Tintenfass um eine solche handeln sollte, wäre sie aber nur für einen kleinen Vogel zugänglich. Daher glaube ich eher an die Tintenfassversion.
Morgendlicher Nebel und eine gerade aufgegangene strahlende Sonne verheißen einen schönen Tag. Ich wandere der Sonne entgegen und muss den Blick wegen der starken Blendung senken. Das Gras ist noch weitgehend vom Raureif überzuckert, eine Pracht, die der höher steigenden Sonne bald zum Opfer fallen wird.
Jetzt vergittern einige noch winterlich nackte Bäume die Sicht. Die Sonne bricht durch das Geäst und lässt den Nebel dort in lebhaften Farben erstrahlen. Ich stelle mich so hin, dass die Sonne selbst durch einen Ast ausgeblendet wird. Weiterlesen
Zum Heiligen Abend werden tradionsgemäß in den meisten deutschen Familien Weihnachtsbäume mit mehr oder weniger ansprechendem typischen Schmuck aufgestellt. Die Variation in der Beleuchtung stagniert seit vielen Jahren. Zwar sind die Wachskerzen teilweise durch elektrische Kerzen ersetzt worden, aber der Anblick den geschmückten Baumes ist über die Jahrzehnte ziemlich gleich geblieben. Das fordert uns heraus, einen etwas anderen Blick auf den Baum zu werfen, so dass man die Kerzenflammen mit Koronen ausgestattet sieht. Wer die Seite zum 1. Advent noch vor Augen hat, der wird sofort wissen, wie es zu diesen Koronen kommt.
Erklärung des Rätselfotos vom Vormonat:Blick durch einen Trinkhalm
Schlichting, H. Joachim. In: Spektrum der Wissenschaft 43/9 (2012), S.46 – 47
Aber als ich den Tee aufgoss,
waren schon die Möglichkeiten,
ungeheuer, wieder vergessen;
im quirlenden Dampf verfing
sich mein Blick, bis er verschwand, …
Henning Ziebritzki (*1961)
Die Natur muss erst einmal Wassertröpfchen nach Größe sortieren,
damit wir Farbeffekte in Nebelfahnen beobachten können. Weiterlesen
Schlichting, H. Joachim: Spektrum der Wissenschaft 12 (2009), S. 35
Eine durch Beugungseffekte erzeugte Korona verleiht Kerzenflammen wahrhaften Glanz.
Als Wohnungen noch mit Öfen beheizt wurden und Fenster nur einfach verglast waren, sorgten die kälteren Monate oft für einen schönen Effekt: Kerzenflammen, betrachtet durch eine beschlagene Fensterscheibe, erschienen dann von mehr oder weniger farbigen Ringen umgeben. Auf diese Veredelung des Lichts muss man aber auch heute nicht verzichten. Ganz zeitgemäß kann als Ersatz für die (beschlagene) Scheibe eine (trockene) Overheadfolie dienen. Blickt man hindurch, erscheint die Flamme wie ehedem von einer (meist noch schöneren) Korona umgeben, deren Farbintensität und -diversität kaum zu wünschen übrig lässt.
Wie aber kommt es zum eindrucksvollen Phänomen der »Lichtkrone«? Betrachten wir den wohl einfachsten Fall. Zur Vorbereitung sticht man mit einer feinen Nadel ein winziges Loch von einigen Hundertstel Millimeter Durchmesser in ein Stück Papier, etwa eine Karteikarte. Diese presst man dazu fest auf eine Glasplatte, sodass sich der Durchstich auf die vorderste Nadelspitze beschränkt. Als Lichtquelle eignet sich der Sonnenreflex auf einer verspiegelten Weihnachtskugel, wie sie zurzeit ja leicht zu beschaffen ist. Nun endlich blickt man durch die Karte hindurch ins Licht.
Weil dieses am winzigen Loch gebeugt wird, kommt es im Auge zu richtungsabhängigen Auslöschungen und Verstärkungen einzelner Wellenlängen, sprich Lichtfarben. Und weil weißes Licht sämtliche Spektralfarben beinhaltet, erscheinen schließlich farbige, konzentrisch um das helle Zentrum gelegene Ringe.
Ganz ähnliche Koronen erzeugen auch kleine Partikel. Damit halten sie sich an das Babinet’sche Prinzip: Die Beugungsbilder zweier komplementärer Blenden entsprechen sich, ein »Loch« führt zum selben Effekt wie ein entsprechend großes Scheibchen. Das kann das Tröpfchen an einer beschlagenen Scheibe sein, aber auch eine dünne Tröpfchenwolke, die sich vor Sonne oder Mond schiebt.
Eine kleine Schwierigkeit tut sich allerdings auf: Damit die Intensität der so erzeugten Korona hinreichend groß wird, müssen sich die Beugungsbilder vieler Tröpfchen überlagern. Störungsfrei geschieht dies aber nur im Falle gleich großer Streuzentren. Je stärker hingegen die Tröpfchengröße variiert, desto mehr weichen die Beugungsbilder voneinander ab. Dann mischen sich die Farben zunehmend, sodass am Ende möglicherweise nur ein weißer Hof rund um die Lichtquelle zu sehen ist. Die Overheadfolie hingegen sorgt ganz mühelos für Farbenpracht. Denn sie ist nicht völlig homogen, sondern besitzt einen mikroskopisch feinen Belag, der nahezu gleich große, kreisrunde Partikel enthält. Welcher Funktion sie dort auch immer nachkommen: Uns dienen sie als ideale Streuzentren für lichtstarke Beugungsbilder.
Natürlich ließe sich, was jetzt an Formen und schillernden Farben zu sehen ist, schlicht als Lösung der Maxwellschen Gleichungen für elektromagnetische Wellen auffassen. Das Phänomen in Gänze erfasst man so aber nicht. Der Zauber der Kerzenkorona bleibt bestehen – und lässt sich nicht weiter reduzieren.Eine Kerzenkorona (rechts), wie sie beim Blick durch eine Overheadfolie entsteht, verdankt sich deren nahezu perfekten Streuzentren .
Suhr, Wilfried; Schlichting, H. Joachim. In: Applied Optics 48/26 (2009) 4978-4984
In various everyday situations, a characteristic interference pattern can be observed on water surfaces. This pattern can be divided into two overlapping components: a corona and a system of Quételet’s rings, often with only a section of these visible in the form of fringes.We attribute this phenomenon to thin films of small spheres located just above the reflecting water surface. Due to differences in the optical arrangement, explanatory models applicable for conventionally produced Quételet’s rings are not transferable. We present a compatible mathematical model and some obvious analogies in order to explain the occurrence and properties of this phenomenon.
PDF: Quetelet’s fringes due to scattering by small spheres just above a reflecting surface