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Kunst

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Spirale 18 – ein spiralförmiges Kontinuum

Texte, Kunstwerke transformieren lediglich andere Texte und andere Kunstwerke in ein netzartiges und spiralförmiges Kontinuum über die Zeiten hinweg. Das gestaltgebende Gewebe, das allen gemein ist, ist das des Mediums und der verfügbaren Konventionen. Individueller dichterischer GENIUS oder historische Einzigartigkeit sind totemistische Begriffe, die weitgehend auf Illusion beruhen. *

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* Georg Steiner. Von realer Gegenwart. Hat unser Sprechen Inhalt? Wien 1990, S. 159

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Überlagerung von echten und erinnerten Bildern

Manche Gedanken kristallisieren sich zu Bildern.
Ich sitze am Fenster, blicke auf die Nachbarhäuser in der Straße und lasse die Gedanken schweifen. Alte Urlaubserinnerungen werden an die Oberfläche gespült, sie überlagern in Bildern das tatsächlich Gesehene.

Pareidolie am Sandstrand

Das Foto zeigt einen Stein auf einem Sandstrand, der von auf- und ablaufendem Wasser umströmt wird. Da der Sand aus hellen und dunklen Anteilen besteht, die sich in ihrer Dichte unterscheiden, kommt es bei der Strömung zu Entmischungen der beiden Sandsorten. Auf diese Weise werden die beiden Wirbel des sandbeladenen strömenden Wassers hinter dem Hindernis visualisiert. Insgesamt wird ein fast symmetrisches Strömungsmuster um den Stein herum gezeichnet.
Als ich an dem Strand an diesem Muster vorbeikam drängte sich mir allerdings ein ganz anderes Bild auf: Ich sah und sehe auf dem Foto einen Hundekopf oder den Kopf eines ähnlichen Tiers. Vielleicht geht es ja der einen oder dem anderen auch so. Dabei zeigt sich ein merkwürdiges Phänomen. Die Struktur drängte sich mir umso stärker auf, je weiter ich mich entferte, bzw. je kleiner das Netzhautbild wurde. Dieser Eindruck wiederholte sich, als ich das Foto hier zunächst möglichst groß darstellen wollte und dabei den Eindruck gewann, dass sich die Pareidolie umso deutlicher aufdrängt, je kleiner die Darstellung ist (siehe kleines Bild).
Das erinnert mich an ein Kunstwerk auf dem Straßenpflaster vor dem Picasso-Museum in Münster, in dem das Konterfei des Künstlers nur aus gehöriger Entfernung bzw. Höhe zu erkennen ist. Dazu gibt es einen früheren Beitrag.

Komplexe Strukturen

Komplexität ist eine scheinbare Unordnung, bei der man Gründe hat, eine verborgene Ordnung zu vermuten; oder auch, Komplexität ist eine Ordnung, deren Code man nicht kennt.* (Übers. HJS)

Dennoch kann man sich angesichts dieses vielschichtigen Gebildes des Eindrucks nicht erwehren, dass man es mit einer wie auch immer zu benennenden Ordnung zu tun hat, die ihre Berechtigung nicht aus einer abstrakten Gesetzmäßigkeit bezieht, sondern letztlich aus einem tief empfundenen Gefühl für die Schönheit der Struktur.


* Henri Atlan. Entre le cristal et la fumee. Paris 1979, p.78 (Im Original: „la complexité est un désordre apparent ou l’on a des raisons de supposer un ordre caché; ou encore, la complexité est un ordre dont on ne connait pas le code.“

Wege 23: Osterspaziergang mit bunten Eiern

Wer auch immer diese Ostereierinstallation tief im Innern des Waldes eingerichtet hat, wird sich dabei einiges gedacht haben. Darüber möchte ich jetzt nicht spekulieren und stattdessen diese Kuriosität einfach durch ein Foto dokumentieren. Vielleicht ordnet sich auch diese „künstlerische“ Auseinandersetzung mit der Natur unter ähnlichen Aktionen ein, die ich in früheren Beiträgen dokumentiert habe, wie beispielsweise die Baumkleidung, der winterliche Schmuck von Bäumen mit gestrickten Sternen, die farbliche Hervorhebung zerfallender Bäume oder gar die eher philosophisch einzuordnende Auseinandersetzung mit Kein und Sein. Jedenfalls zeigt sich darin, dass ein Wald nicht nur reale Wege hat, deren Existenz plakativ geleugnet wird, sondern auch Wege, die nicht nur begangen, sondern auch diskutiert werden.

Der Blick zurück

Als ich vor mehr als 50 Jahren diese Uhr von außen hoch am Gare d’Orsay (Paris) prangen sah, ahnte ich nicht, dass ich dereinst einen Blick in umgekehrte Richtung durch diese Uhr hindurch auf die Sacré-Coeur werfen würde. Der Bahnhof ist längst zum Musée d’Orsay mutiert, in dem Kunst der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ausgestellt wird. Vor allem die Impressionisten für die ich damals noch stundenlang am Eingang des Musée du Jeu de Paume und des Musée de l’Orangerie anstellen musste, sind dort seit 1986 zu sehen. Inzwischen bin ich öfter da und erlaube mir dann auch mal den Museumsblick, den ich auf dem Foto einzufangen versucht habe.

Sand, Licht und Schatten

Obwohl der Sand von einheitlicher Farbe ist, schaffen Licht und Schatten eine beeindruckende Koloration, die den sanft geschwungenen Dünen eine Struktur verleihen, von der man sich nur schwer vorstellen kann, dass sie durch die formende Kraft der Winde geschaffen wurde.

Schwarze Lippen

Ein weiteres NaturKunstwerk. Der Fantasie (siehe Überschrift) sind da keine Grenzen gesetzt.

Es handelt es sich dabei um einen Ausschnitt einer vom Salzwasser der Nordsee maltraitierten Befestigung entlang der Küste, in der als Bindemittel Teer oder Asphalt benutzt wurde. Interessant ist hier die Wechselwirkung zwischen Teer und Salzwasser, die – so meine vorläufigen Recherchen – noch Gegenstand der Forschung sind.

Wurzelholz

Wenn man diesen Ausschnitt aus einem natürlichen Gegenstand sieht, wird man wohl nur mit Mühe erkennen, dass es sich um Baumwurzeln handelt, die auf einem Wanderweg an die Oberfläche getreten und im Laufe der Zeit von den Tritten vieler Wanderer ihrer Borke verlustig gegangen sind und glatt getreten wurden. Ich habe oft das Gefühl, dass etwas auf dem Boden (z.B. Sonnentaler, zugefrorene Wasserpfützen, Blumenfelder…) so schön ist, dass ich nicht darauf zu treten wage. Wir haben es hier jedoch mit der paradoxen Situation zu tun, dass wenn wir diesen Vorsatz befolgt hätten, die Struktur gar nicht entstanden wäre. Dann hätten wir allerdings diesen Vorsatz auch gar nicht befolgen können… Wie komme ich aus diesem Zirkel wieder heraus? Indem ich diese Trittfiguren weiter trete und dazu beitrage, dass sich die Strukturen im Laufe der Zeit weiter wandeln.

Stapelweise

Ob es sich hier um Hoch- oder Tiefstapelei handelt, ist schwer zu entscheiden. Jedenfalls knüpft dieser Stangenstapel an zahlreiche Kunstwerke an, in denen nach bestimmten Regeln organisierte gleichartige Dinge zeigen, dass das Werk mehr ist als die Summe der gestapelten Elemente.

Winterliche Schwarz-Weiß-Malerei

Einige Bäume lockern die ansonsten triste Agrarlandschaft auf. Der Schnee macht nicht nur die Spuren der letzten landwirtschaftlichen Aktivitäten sichtbar, (die rechts unten an einen chaotischen Attraktor erinnern,) sondern verwandelt das Ensemble in eine Art Schwarz-Weiß-Malerei.

Viskoses Versinken

Wirft man einen Stein ins Wasser, so laufen einige nach Wellenlänge geordnete Ringwellen über die Wasseroberfläche und bescheren dem Stein einen naturschönen Abgang. In dickflüssigen Medien stellt sich das Versinken anders da. Vor allem dauert es je nach der Viskosität der Substanz wesentlich länger. Aber auch diesem Szenario ist eine gewisse Schönheit nicht abzusprechen.

Regenbogen trifft Schnee

Neuschnee am Abend

Frohe Weihnachten 2022

… wünsche ich allen, die mich auf meinem Blog begleitet haben oder vielleicht heute zum ersten Mal dazugestoßen sind. Diesen Druck eines Linolschnitts fand ich zufällig beim Aufräumen. Ich erinnere mich schwach daran, dass ich ihn in der Schulzeit angefertigt hatte.

Durch die Scholle gesehen

Die Nordmanntanne schimmert bereits umrisshaft durch die Eisscholle hindurch, die ich aus der schmelzenden Eisschicht des bis vor kurzem zugefrorenen Teichs herausbrach. Sobald sie sich verflüssigt hat, wird der Blick frei und ein naturschönes Relikt des vorangegangenen Frosts vergangen sein. Die schöne Tanne wird bald danach ihre Nadeln abwerfen und ebenfalls vergehen.
Dazu fällt mir der Vers aus »Reuters Morgengesang« von Wilhelm Hauff (1802-1827) ein: Ach, wie bald schwindet Schönheit und Gestalt!

Ein Kopf aus Reflexionen

Normalerweise sollte ein Kopf reflektieren. Auf diesem Foto ist es umgekehrt: Ein Kopf wird durch Reflexionen hervorgebracht. Daher ist er auch äußerst fragil. Er wird von Reflexen an aufsteigenden und fallenden Wassertropfen eines Springbrunnens hervorgebracht und wird daher gewissermaßen von Tropfen zu Tropfen weitergereicht. Wie das? Auf die fallenden Tropfen wurde mit einem leistungsstarken Projektor das Bild eines Gesichts projiziert und umgehend zu uns dies Betrachtenden weitergegeben.
Das Foto wurde auf der Lichtsicht, einer Projektions-Biennale in Bad Rothenfelde, aufgenommen.
Rechts sieht man den Projektor, in der Mitte befindet sich der nur erahnbare Springbrunnen in einem Teich, von dessen Oberfläche das reflektierte Licht abermals reflektiert wird.

Kugelmania

Die Kugel ist eine Sehnsuchtsform der Materie getrieben vom tiefen Blau. Auch wenn die vollendete Kugel als solche kaum jemals erreicht wird, gibt diese archetypische Idealgestallt viele Bestrebungen und Bewegungen in der Natur vor. Mir ging es in dieser Darstellung weniger um ein realistisches Beispiel als vielmehr darum, die Mühen der Bestrebungen mit all ihren Unvollkommenheiten gewissermaßen symbolisch zu visualisieren, nachdem viele Beiträge direkt oder indirekt mit der Kugel als die Gestalt zu tun haben, die ein Volumen mit der kleinsten Oberfläche begrenzt.

Das kinetische Objekt Toroflux von Jochen Valett, Teil 2 – Flirrende Lichtspiele

Wilfried Suhr, H. Joachim Schlichting. Physik in unserer Zeit 53/6 (2022) S. 296 – 299

Ein rotierender Toroflux erzeugt verschiedene interessante visuelle Strukturen, die sich auf physikalische und wahrnehmungstheoretische Effekte zurückführen lassen. Ursachen sind die schnelle Bewegung und die gegenseitige Abdeckung der Stahlbänder.

Bei einem schnell rotierenden Toroflux aus glänzendem Stahlband erscheinen die Windungszwischenräume zu einem teiltransparenten Kontinuum verschmiert. Auf diesem sind Spiegelbilder von hellen Objekten in der Umgebung erkennbar. Außerdem treten je nach Hintergrund dunkle oder helle Streifen auf, die oberhalb einer Grenzgeschwindigkeit stationär im Raum schweben. Diese erstaunlichen und ästhetisch ansprechenden Phänomene lassen sich durch das Zusammenwirken von physikalischen und wahrnehmungstheoretischen Aspekten erklären.

Vollständige Publikation

Lichtparabeln

Herbstblätter, die sich selber malen

Diese Blätter sind das Ergebnis eines Prozesses, der sowohl aus künstlerischer als auch aus physikalischer Perspektive betrachtet werden kann. Er spielt in der modernen Kunst unter dem Begriff der Décalcomanie zum Beispiel in der Malerie von Max Ernst eine wichtige Rolle und stellt im Rahmen der Nichtlinearen Physik ein Beispiel des Viskosen Verästelns zweier Fluide dar – hier der Luft und der Ölfarbe.

Dies ist nur ein Beispiel der Phänomene, mit denen wir uns im Rahmen der heute in Neustadt (Weinstraße) stattfindenden ganztägigen Fortbildung zu Kunst und Physik befassen.
Die Welt unter physikalischer oder künstlerischer Perspektive zu sehen, ist das Ergebnis eines mehr oder weniger langwierigen Sozialisierungsprozesses. Als maßgebliche kulturelle Aktivitäten tragen umgekehrt u. A. sowohl die Kunst als auch die Physik auf je spezifische Weise zur Ausbildung des Weltbildes der Menschen eines Kulturkreises bei. Es lassen sich vielfältige Wechselwirkungen auf unterschiedlichen Ebenen beobachten. Sich dies an einschlägigen Beispielen bewusst zu machen, ist eines der wesentlichen Anliegen dieser Fortbildung.
Des Weiteren wird gezeigt, wie Künstler von jeher bewusst oder unbewusst physikalisches Wissen bei der Realisierung ihrer Werke ausgenutzt und oft Phänomene dargestellt haben, die die Physik mehr oder weniger stark betreffen. Es wird exemplarisch gezeigt, dass die Kenntnis bereits einiger elementarer physikalischen Zusammenhänge die Wahrnehmung von Kunstwerken vertiefen und das Verständnis für Kunstwerke erweitern kann.

Physikalische Erklärung der sich selber malenden Herbstblätter.

Ein glasierter Hund

Diese an einer Wand angebrachte marokkanische Fliese in der schönen Stadt Marrakesch besticht durch ihre Ästhetik der Schlichtheit. Sie ist einfach schön. Ich habe lange überlegt, ob die wenigen Striche irgendetwas aussagen. Mir ist nur eingefallen, dass es sich um einen Hund handelt, den man von oben betrachtet von rechts nach links gehen sieht – sehr gemäßigten Schritts.

Natürliche Bälle am Meeresstrand

Manche Menschen fühlen sich gestört durch die mehr oder weniger große Ansammlungen von vermeintlichem, stinkenen „Unrat“ an manchen Stränden des Mittelmeeres, von dem in den beiden Fotos Details gezeigt werden. Dabei handelt es sich um natürlicherweise entstandene, angeschwemmte Überreste von Meerespflanzen. Sie bestehen aus braunen, faserigen kurzen Ästchen, an denen oft noch Reste von länglichen Blättern haften, deren ehemaliges frisches Grün meist nur noch erahnt werden kann.
Es handelt sich um abgestorbene Bestandteile des Neptungrases (posidonia oceanica), das in flachen Bereichen auf dem Meeresgrund wächst. Das Gras ist mit einem Erdspross (Rhizom) im Boden verankert. Es wird zuweilen durch unterschiedliche Einwirkungen herausgerissen und landet irgendwann am Strand, wo es sich an bestimmten Stellen ansammelt.
Als ich diese Ansammlungen zum ersten Mal sah, dachte ich sie wären von beflissenen Reinigungskräften des Strands zusammengetragen worden, um danach abtransportiert zu werden. Das haufenweise Auftreten dieser erst auf den zweiten Blick gefälligen Pflanzenreste ist jedoch einem Selbstorganisationvorgang zu verdanken. Nehmen wir an, einige dieser faserigen Erdsprosse (untere Abbildung) haben sich zufällig ineinander verhakt. Für die anbrandenden Wellen ist es dann schon etwas schwieriger sie vor sich herzutreiben als einzelne Exemplare. Die Wahrscheinlichkeit, dass solche Einzelexemplare durch die unermüdlichen Wellenaktivitäten irgendwann einmal zu einer solchen Ansammlung  gelangen, sich dort verhaken und hängenbleiben, wird mit jedem Sproß größer. Denn die Voraussetzungen für eine Verhakung werden umso günstiger, je reichhaltiger die Ankopplungsmöglichkeiten werden. Und diese wachsen mit der Größe der Ansammlung. Fazit: Je größer der Haufen desto schneller das Wachstum. Oder wie schon in der Bibel zu lesen ist: „Wer da hat, dem wird gegeben“ (Matthäus 13:12).
In der Nähe der massenhaften Ansammlung der Erdsprosse, findet man häufig auffällig perfekt geformter Filzkugeln, deren Herkunft nicht unbedingt sofort mit den Sprossen in Verbindung gebracht wird. Trotz der farblichen Ähnlichkeit erinnert die Kugelform mehr an etwas Hergestelltes als an etwas Gewordenes. Und diese Differenz war für mich offenbar so groß, dass meine Hypothesen zunächst in weiter entfernten (im Nachhinein sehr abwegigen) Gefilden festen Grund suchten, als in den ganz in der Nähe befindlichen Seegrashaufen.
Hat man aber erst einmal begriffen, dass hier ein Zusammenhang besteht, kann es ohne fremde Hilfe gelingen, der Entstehung der Filzkugeln auf den Grund zu kommen. Denn ganz ähnlich wie das selbstorganisierte Wachstum durch Verhakungen an Land zu haufenweisen Ansammlungen von Erdsprossen führt, entstehen auf dem Meeresgrund, also dort wo das Neptungras wächst, auf ähnliche Weise diese merkwürdigen Filzbälle (linkes Foto).
Lange bevor die Erdsprosse das Land erreichen, können sie schon unter Wasser zum Spielball der Wellenbewegung werden. Nachdem sie auf diese Weise in einzelne Bestandteile zerfasert werden, kommen sie durch das rhythmische Hin- und Her der Wellen auf dem Boden immer wieder miteinander in Berührung. Dadurch wächst die Wahrscheinlichkeit sich ineinander zu verhaken. Nach einem ähnlichen Prinzip wie beim Wachstum der Haufen kompletter Sprosse am Meeressaum gilt auch hier: Je mehr Teile bereits ineinander verhakt sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass weitere Teile eingefangen werden. Wegen der durch den Auftrieb verminderten Gewichtskraft der so entstehenden Filzaggregate, bleiben auch größere Exemplare unter Wasser kaum an einer Stelle liegen. Sie werden durch den anhaltenden Wellengang über den Meeresboden geschoben und nach einer gewissen Abrundung gerollt. Herausragenden Fasern werden dabei zunehmend abgewetzt oder ins Innere der entstehenden Kugel gedrückt, die dadurch weiter verfestigt wird. Der Einfang weiterer Pflanzenfasern wird dadurch schließlich immer unwahrscheinlicher. Außerdem nehmen die runden Gebilde aufgewirbelten Sand auf, wodurch sie immer fester und dichter werden. Es findet eine regelrechte Verfilzung statt und die in alle Richtungen gerollten Bälle nehmen eine immer perfektere Kugelform an.
Dass das Rollen von zunächst unförmigen Gegenständen zwangsläufig zu Kugeln führt, kennt man beispielsweise von der Herstellung von Knetgummikugeln: Ein Stück Knete wird zwischen den rotierenden Handflächen unter sanftem Druck gewalzt. Aber auch die kugelförmigen Perlen von Schmuckarmbändern entstehen aus ursprünglich unförmigen Bruchstücken in rotierenden Behältern gleichsam von selbst.
Aus dem abgestorbenen Neptungras kann nach neueren Erkenntnissen Dämmstoff gewonnen werden, das nicht nur eine hohe Wärmedämmung bewirkt, sondern auch ohne weitere Zusätze die gesetzlich vorgeschriebenen Bedingungen des Brandschutzes erfüllt. Ausschlaggebend dafür ist die silikathaltige Faserstruktur der Pflanze. Hinzu kommt, dass das Material frei ist von gesundheitlich bedenklichen Emissionen und Inhaltsstoffen.
Es sollte aber auch darauf hingewiesen werden, dass das Neptungrass ökologisch gesehen für das Mittelmeer überlebenswichtig ist. Es fungiert als eine Art Unterwasserwald, in dem das Wasser gefiltert und geklärt wird, und es bietet zahlreichen Tieren einen schützenden Lebensraum. Als Sauerstoffproduzent kann es u.A. auch als Kinderstube für Fische angesehen werden. Umso Besorgnis erregender ist es, dass das Neptungras bedroht ist. In den letzten 50 Jahren ist es in seinem Bestand aus mehreren Gründen (u.a. Klimaerwärmung) um 34% zurückgegangen. In manchen Regionen des Mittelmeeres werden daher bereits Schutzmaßnahmen ergriffen.
Den Touristen, die das Seegras oft als Verunreinigung ansehen, sei gesagt, dass das Seegras den Strand sogar schützt, indem es den Wellengang schwächt.  Sie sollten daher mehr die ästhetischen Aspekte z.B. in Gestalt der schönen runden Filzbälle in den Blick nehmen.

Gespiegeltes Fundstück

Auf einer Wattwanderung fiel mir ein aus Tang und angeschwemmtem Material gestaltetes Bündel auf, dem nur eine ansprechende Symmetrie fehlte, die ich dann digital hinzufügte… 😉

Franklins Drachen

Benjamin Franklin (1706 – 1790) war ein amerikanischer Erfinder, Drucker, Verleger, Autor, Physiker und einer der Gründerväter der Vereinigten Staaten. Er hat u. A. den Blitzableiter erfunden als Ergebnis seiner Erforschung von elektrostatischen Entladungen. Ausgangspunkt für seine Aktivitäten war die Feststellung, dass diese eine große Ähnlichkeit mit Blitzen aufweisen. Er schrieb: „Wenn elektrifizierte Wolken über ein Land, hohe Berge, große Bäume, hochaufragende Türme, Kirchtürme, Masten von Schiffen, Schornsteine usw. ziehen, dann ziehen diese das elektrische Feuer auf sich, und die gesamte Wolke entlädt sich dort.“* Um dies zu beweisen, schlug er u. A. ein Experiment vor, bei dem mit einem elektrischen Drachen in einer Gewitterwolke Elektrizität gesammelt werden sollte, um die elektrische Natur der Blitze zu beweisen. Es ist allerdings nicht eindeutig belegbar, ob er wie berichtet dieses Experiment tatsächlich mit seinem Sohn durchgeführt hat. Auf jeden Fall wäre es lebensgefährlich gewesen.
Auf dieses Experiment nimmt der Künstler Isamu Noguchi (1904 – 1988) in einer groß angelegten Ausstellung die kürzlich im Museum Ludwig in Köln zu sehen war mit der hier abgebildeten Installation „Memorial to Benjamin Franklin“ Bezug.
Mir hat insbesondere daran der traditionelle Drachen gefallen, den ich in dieser Form als Kind gebastelt habe. Dabei wurde ich aber stets ermahnt, den Drachen weder bei Gewitter noch in der Nähe von elektrischen Leitungen steigen zu lassen.
Der Künstler hat die „Leine“ an der sein Drachengerüst hängt in der symbolischen Form eines Blitzes gestaltet und damit eine originelle Verbindung des Drachens mit dem Blitz hergestellt.


* „As electrified Clouds pass over a Country, high Hills and high Trees, lofty Towers, Spires, Masts of ships, Chimneys &c. as so many Prominences and Points, draw the Electrical Fire, and the whole Cloud discharges there“. Schreiben Benjamin Franklins an John Mitchell vom 29. April 1749 (Memento vom 15. Dezember 2007 im Internet Archive), hier zitiert nach der digitalen Edition der Benjamin Franklin Papers.

Neue Formate der Kunstbetrachtung

Medien drängen sich immer mehr zwischen Kunstwerk und Betrachtende.

Das kinetische Objekt Toroflux von Jochen Valett, Teil 1 – Verschlungen wirbelnder Torus

H. Joachim Schlichting, Wilfried Suhr. Physik in unserer Zeit 53/5 (2022), S. 246 – 250

Ein aus einem Stahlband geknüpftes, torusartiges Objekt rollt, durch die eigene Gewichtskraft angetrieben, an einem Stab herab. Hinter diesem einfach anmutenden Vorgang verbirgt sich ein äußerst interessantes visuelles und physikalisches Geschehen.

Der Künstler und Konstrukteur Jochen Valett (1922– 2014) hat ästhetisch ansprechende und die physikalische Intuition herausfordernde kinetische Designobjekte geschaffen. Seine originellen Versionen raffiniert zu handhabender Kreisel, sowie seine künstlerische Umgestaltung des Wilberforce-Pendels wurden bereits in der „Spielwiese“ besprochen [1, 2]. Hier stellen wir eine weitere Kreation Valetts vor, die in ihrer Einmaligkeit, Ästhetik und physikalischen Raffinesse wohl als Krönung des Valettschen Schaffens angesehen werden kann: den Toroflux. Dieses kinetische Phänobjekt wird inzwischen weltweit als Spielzeug vermarktet, ohne dass die künstlerischen, ästhetischen und physikalischen Aspekte bisher eine angemessene Würdigung erhalten hätten. Im Folgenden wollen wir vor allem die wesentlichen physikalischen Hintergründe der teilweise äußerst erstaunlichen Phänomene herausarbeiten, die mit diesem ausgeklügelt gestalteten Stahlband hervorgebracht werden können.
 Nach der Erfindung des Toroflux hat Valett die Urversion in den 1980er-Jahren an einige Spielzeugläden verteilt, um diesen bekannt zu machen. Er wollte den Toroflux anschließend in größerem Maßstab vermarkten, was sich jedoch als Fehlschlag erwies. Wer den Toroflux zum ersten Mal in Aktion erlebt, kann sich kaum der Faszination entziehen, die von diesem filigranen, spindeltorusförmigen Edelstahlgebilde ausgeht. Dies gilt besonders, wenn man es um einen geschickt gedrehten Kreisring laufen lässt, wie es Valett vorgesehen hatte, und es so wie eine im Licht glänzende, überdimensionale Seifenblase gleichsam zum Schweben bringt (Abbildung 1). Um diesen stationären Zustand zu erreichen, muss der senkrecht gehaltene Ring durch Übergabe von einer Hand in die andere genauso schnell gedreht werden, wie der an der gegenüberliegenden Seite des Rings rotierende Toroflux an Höhe verliert. Ein deutlich hörbares Schnurren lässt erkennen, dass ein Teil der Energie durch die Wechselwirkung des Drahtgebildes mit der Luft dissipiert wird. Dies ist auch dadurch in den Händen zu spüren, dass der Rotor mit zunehmender Drehgeschwindigkeit schwerer zu werden scheint, als es seinem Gewicht entspricht – warum das so ist, werden wir später sehen.

 Im Nachhinein erscheint es merkwürdig, dass ein so raffiniertes und leicht zu handhabendes Phänobjekt nicht gleich zu einem Verkaufsschlager wurde. Es vergingen viele Jahre, bis der Toroflux zunächst in einer kleineren Version ohne den sperrigen und für den Verkauf hinderlichen Ring vermarktet wurde. Aber erst als der Toroflux vor allem über Youtube-Videos (zum Beispiel [3]) in faszinierenden Performances präsentiert wurde, setzte ein Hype ein, der inzwischen allerdings bereits wieder abgeebbt ist.
 In den Youtube-Videos geht es jedoch weniger um die stationäre Rotation an einem Stab oder Ring als vielmehr um den sportlichen bis tänzerischen Umgang mit dem Toroflux. Die Frage, welche physikalischen Vorgänge diesen raffiniert aus Stahlband geknüpften Torus zu derartigen Bewegungsfiguren befähigen, ist unserer Kenntnis nach bislang weitgehend unbeantwortet geblieben. Ihr wollen wir im Folgenden in einigen wesentlichen Aspekten nachgehen. In einer zweiten Folge widmen wir uns den optischen Effekten, die der Toroflux hervorbringt… weiter in: Das kinetische Objekt Toroflux oder preprint von mir.

Blick aufs Meer

Ich sitze gern am Meer und lasse den Blick in die diversen Blaus schweifen. Die Gedanken bleiben allerdings nicht bei dem, was ich sehe. Es schieben sich immer wieder farbige und vielgestaltig geformte Gedankenfetzen dazwischen und modifizieren den Anblick entsprechend. Es ist als blickte ich durch eine semitransparente, fraktale Gardine in das grenzenlose Blau. Beschreiben kann ich es nicht und ich versuche daher es mit dem obigen Foto zu visualisieren.

Ein Treppenhaus als Kunstwerk

In manchen Kunstmuseen kann man die Innenarchitektur selbst als Kunstwerk ansehen. Dies ist mir besonders eindrücklich im Treppenhaus eines Kunstmuseums aufgefallen (Foto). Weiß jemand, um welches Museum es sich handelt?

Ein verholztes Reh

Abgestorbene Organismen, die unter die Erde geraten haben vielleicht das Glück zu versteinern. Hier hat ein Reh, das nicht unter die Erde geraten ist das Glück zu verholzen. Tot ist es jedenfalls nicht ganz, denn die mit Moos und Flechten bewachsenen Körperpartien zeugten von echtem Leben.

Die Welt in und auf einer Kugel

Bis auf den Ausschnitt, die die Spiegelkugel selbst verdeckt, bildet sie die ganze sichtbare Welt ab. Im Falle des vorliegenden Kunstwerks werden allerdings Teile der Welt auf bedrängende Weise verstellt. Ob darin, diesen Aspekt durch den Blick in die Kugel deutlich zu machen, eine Absicht des Künstlers liegt, vermag ich nicht zu sagen. Ich konnte nicht einmal seinen Namen in Erfahrung bringen.

Zickzackgrafik in der Lebenswelt

Man muss nur die passenden Ausschnitte wählen, um aus alltäglichen Gegenständen seine eigene Kunstausstellung zusammenzustellen

Farben fließenden Wassers

Wasser ist transparent. Jedenfalls, wenn man kleine Mengen betrachtet: ein Glas Wasser, einen Eimer Wasser, Tropfen… Aber schon bei einer gefüllten Badewanne deutet sich eine meist grünliche Eigenfarbe des Wassers an. Dennoch können auch dünne Wasserschichten mit Farben durchwirkt sein, wie das Foto zeigt. Aber es sind von der Umwelt geliehene Farben. So erscheint die glatte Fläche in der Mitte des Fotos blau, weil hier die Wasseroberfläche so orientiert ist, dass der blaue Himmel spiegelnd in die Augen reflektiert wird. An anderen Stellen blickt man auf den mit grünen Pflanzen marmorierten Grund. Die Farben werden zudem durch das Fließen und der dadurch bedingten endlichen Zeitauflösung bei der Wahrnehmung bzw. Fotoaufnahme modifiziert. Bei günstigen Lichtverhältnissen ist fließendes Wasser auch immer ein Kaleidoskop von Farben.
Die Eigenfarbe reinen Wassers ist übrigens blau, was man allerdings erst bei sehr großen Wasserschichten wahrnehmen kann.

In Stein gehauen…

Detailaufnahme einer Marmorsäule mit einer beziehungsvollen Pareidolie. Oder sehe ich in diesen düsteren Zeiten nur noch „schwarz“?

Im Laufe der Zeit…

…verändert sich alles. Hier sehen wir eine Steinskulptur (Heiligendarstellung?), die im Laufe der Zeit ziemlich flach geworden ist. Ich sah sie im Kreuzgang einer Kirche. Welche Kräfte mögen hier am Werk gewesen sein? Die Figuren scheinen auch noch zu grinsen. Ob sie dass auch schon vorher getan haben, als ihr Profil noch erhaben war? Oder haben wir es mit einer Pareidolie zu tun?  

Naturkunst

Naturkunst ist natürlich ein künstliches Wort, ein Oxymoron zudem. Aber schöner als dieses Wort klingt, sieht das Bild aus. Es zeigt einen Ausschnitt aus der Natur in einem Moment, in dem sie nicht sie selbst ist. Gibt es das überhaupt? Bei Menschen ist mir das jedenfalls schon begegnet.

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