Der Sand der Düne besteht vor allem aus schwarzen und weißen Körnern, die sich in ihren physikalischen Eigenschaften (Dichte, Größe u.Ä.) unterscheiden. Sobald der kritische Schüttwinkel der Dünenleeseite überschritten wird, setzt sich eine Lawine in Bewegung. An den Rändern kommt es aufgrund der physikalischen Unterschiede der Körner zu einer sichtbaren Entmischung: Die schwarzen Körner lösen sich leichter als die weißen und dominieren das Feld, sobald der Schüttwinkel das kritische Maß unterschreitet. Da die abgehende Lawine eine Neigung zu den unberührten seitlich angrenzenden Flächen aufbaut, laufen die Körner in einem nahezu symmetrisch geformten Gebilde auseinander. Es erinnert mich an eine Katzenpfote.
Die Symmetrie kommt dadurch zustande, dass die seitliche Begrenzungen des strömenden Sandes eine nahezu gleiche Wirkung auf den Strom ausüben. Die Entmischungsdynamik führt daher zu einer ähnlichen Struktur, in die der zur Ruhe kommende Sand schließlich erstarrt.
Naturschön ist die Sandpfote (nicht Samtpfote) allemal.
Wenn Sanddünen einen kritischen Schüttwinkel erreichen, genügt nur wenig mehr an Sandzufuhr oder durch äußere Störungen, um kleinere oder größere Lawinen auszulösen, sodass der Schüttwinkel wieder ein unterkritisches Maß erreicht. Die Sandabfuhr in einer Lawine erfolgt nicht irgendwie, sondern kollektiv und (selbst)organisiert, was sich oft in ästhetisch ansprechenden naturschönen Mustern zeigt, wie auch in diesem Foto.
An den Sandstrukturen ist zu erkennen, dass die von oben gestarteten Hauptlawinen sich zum Ende hin verästeln und ein grobes dendritisches Muster bilden, bevor sie zum Stillstand kommen. An der unteren Grenze, durch die Sandbereiche leicht unterschiedlicher Färbung (oben eher hell, unten eher dunkel) getrennt werden, ist zu erkennen, dass vorher schon eine oder mehrere größere Lawinen abgegangen sein müssen.
Der Sand besteht aus dunklen und hellen Körnern, die sich in ihrer Dichte unterscheiden. Sie zeigen daher beim Abgang ein dementsprechendes unterschiedliches Verhalten. Die schwereren (dichteren) schwarzen Sandkörner rollen ein Stück weiter als die hellen und rahmen auf diese Weise die Strukturen mit einer dunklen Umrandung ein. Ohne dies wäre die Strukturierung kaum zu sehen gewesen.
Als ich die „eingefrorenen“ Lawinen entdeckte, zeichneten sie sich überdies durch eine erstaunliche Stabilität aus. Versuche, neue Lawinen auszulösen oder die alten wieder auf Trapp zu bringen misslangen. Der Grund war, dass die obere Sandschicht in der kühlen Nacht durch kondensierenden Wasserdampf feucht geworden war und die Sandkörnchen durch Kapillarkräfte miteinander „verklebt“ wurden, so wie man es von Sandburgenbau kennt.
Nach einem heftigen Regenschauer nutze ich die erste Gelegenheit, in der der Wasserstrom von oben als feines Nieseln seinem Ende entgegen zu gehen scheint, um eine kleine Wanderung zu unternehmen. Als ich den Wald betrete, fühle ich mich unter dem Blätterdach zunächst ziemlich geschützt, weil die Bäume den Nieselregen weitgehend auffangen. Doch plötzlich setzt ein anschwellendes Rauschen ein, das sich zunächst nur akustisch äußert und an eine Windböe erinnert, dann aber zu einem gefühlt wahren Sturzbach eskaliert. Es hört allerdings genauso plötzlich wieder auf und lässt mich wie einen begossenen Pudel zurück. Weiterlesen
Durch den Wind erzeugte Strukturen im Sand der Dünen und kleine Sandlawinenabgänge erzeugte Strukturen führen oft zu naturschönen Ansichten.
Die Sonne ist kaum aufgegangen und schickt ihr gelbliches Licht flach über die Hänge der Sanddünen. Dabei hebt sie eine feine Miniskulptur aus dem Sand hervor, die ich ansonsten wohl kaum wahrgenommen hätte. Diese kleine langgezogene Sandzunge erzählt mir dann eine kleine Geschichte, die ganz oben an der feinen Spitze beginnt.
Man sieht dort das Ende der Spur eines Käfers, die direkt in die Zunge übergeht. An der Stelle löst das Tierchen diese seiner Größe entsprechende kleine Sandlawine aus. Sie gelangt aufgrund der konkaven Wölbung des Abhangs schnell in den unterkritischen Bereich der Neigung und kommt zum Stillstand: Der Sand, der im oberen Teil der Lawine im Bewegung kam, und eine entsprechende Vertiefung hinterließ, finden sich hier als volumenmäßig gleich große Erhöhung wieder: Konkaves wird konvex.
Die Geschichte geht aber noch ein wenig weiter. Den Spuren auf der Sandzunge zufolge hat sich das Tierchen schnell aus der unfreiwilligen Fahrt mit dem Sand-Paternoster befreit, findet schnell wieder Tritt und hat nichts besseres zu tun, als die nunmehr zum Stillstand gekommene Sandzunge zu überqueren. Es sieht so aus, als hätte der Käfer völlig ungerührt seinen ursprünglich eingeschlagenen Weg ein wenig parallel verschoben fortgesetzt.
Lawinen gibt es in ganz unterschiedlichen Kontexten und Ausprägungen. Gefürchtet sind die Schneelawinen in Wintersportgebieten. Dass Lawinen auch in Form von Sandlawinen an Dünenhängen auftreten können ist weniger bekannt. Es gibt sie in allen Größenordnungen. Kleinere Lawinen wie die in dem Foto dargestellten – in der vollen Länge etwa 3 m messenden Gebilde – lassen sich leicht beobachten und sind völlig ungefährlich – zumindest für Menschen. Ich habe jedoch Käfer beobachten können, die in einer solchen Lawine verschüttet wurden. Es gibt sogar ein Tierchen, den sogenannten Ameisenbär, der winzige Sandlawinen ausnutzt, um kleine Insekten zu fangen.
Sandlawinen werden meistens durch kleine Störungen ausgelöst. Eine winzige Erschütterung kann ausreichen, um den Sand am Hang in Rutschen zu bringen. Ursache für diese Instabilität besteht darin, dass solche meist leeseitigen Sandhänge vom Wind mit Sand versorgt werden, der über den Kamm geweht wird mit der Tendenz, den Neigungswinkel zu vergrößern. Solche Hänge können jedoch nicht beliebig steil werden. Denn die lockeren Teilchen geraten ab einem bestimmten Schüttwinkel ins Rollen und Rutschen, bis die Neigung wieder unterhalb eines kritischen Winkels ist. Die Lawinen sind also verantwortlich für die ständige Justierung des Schüttwinkels. Indem bei ihrem Abgang oft mehr Sandkörner mitgerissen werden als nötig wäre, um den kritischen Winkel einzuregeln, können sich eine zeitlang wieder Sandkörner ablagern, bis es wieder kritisch wird und erneut Lawinen ausgelöst werden. Wenn ein Abhang keinen einheitlich kritischen Schüttwinkel besitzt, sondern etwas konkav gekrümmt ist, können die im Foto zu sehenden zungenartigen Erhöhungen und Vertiefungen entstehen.
Durch den Abgang des Sandes wird der Hang im betroffenen Bereich flacher, bis die kritische Neigung unterschritten wird und der Sand zum Stillstand kommt.
Im vorliegenden Fall blicken wir auf das Ergebnis unterschiedlich lange zurückliegender Lawinenabgänge. Je länger sie zurückliegen, desto mehr werden die Konturen durch anhaltende Windeinwirkungen verwischt, bis sie schließlich gänzlich verschwinden oder erneut hervorgerufen werden.
Interessant ist, dass manche Betrachter einer optischen Täuschung erliegen: Obwohl die Zungen im unteren Bereich eine Erhöhung (konvex) und die im oberen Bereich eine Vertiefung (konkav) darstellen, erscheint es ihnen und auch mir manchmal gerade umgekehrt zu sein. Dieses merkwürdige Inversionsphänomen wurde bereits früher am Beispiel einer Fußspur und einer Hohlmaske dargestellt.
Wie kommt es zu den Abbildungen?
Erklärung des Rätselfotos des Monats Februar 2019
Frage: Ist die Schneeschicht elastisch?
Antwort: Wenn Kinder einen Schneemann bauen, rollen Sie einen Schneeball über den feuchten Schnee. Durch den Druck, der auf den Schnee ausgeübt wird, kommt es zu Sinterungsvorgängen, in denen der Schnee des anfänglichen Schneeballs mit der Schneeschicht zusammenfriert. Da dieser Prozess fortlaufend stattfindet, wird der Schnee zu einer im Durchmesser und durch seitliche Überhänge auch in der Breite wachsenden festen Schneewalze aufgerollt, bis diese groß genug ist.
Dass dieser Vorgang unter bestimmten Bedingungen von selbst auftreten könnte, kann man sich kaum vorstellen. Aber genau das macht uns die Natur im vorliegenden Beispiel vor. Die verhältnismäßig dünne Schneeschicht auf der Windschutzscheibe eines Autos gefriert zunächst zu einer Art Brett. Als es dann am nächsten Morgen wärmer wird und der Schnee im feinen Regen zu schmelzen beginnt, rutscht tauender Schnee von oben her wie ein Keil unter das noch relativ feste Schneebrett, so dass dieses von der Windschutzscheibe weggedrückt wird. Sobald sich der abgehobene obere Teil des Schneebretts über die Senkrechte hinaus neigt, kommt zusätzlich die Schwerkraft ins Spiel und das Brett krümmt sich von der Scheibe weg. Dass der obere Teil nicht einfach abbricht, zeugt von einer gewissen „Elastizität“, die dadurch hervorgerufen wird, dass an der gestauchten Seite der so entstehenden Schneerolle feinste Verästelungen im porösen Schnee zusammengedrückt werden und dabei wie beim gepressten Schneeball zusammenfrieren. Man kennt das von Eiswürfel aus dem Gefrierfach, die miteinander „verschmelzen“ sobald sie sich berühren. Dieser Vorgang setzt sich solange fort, wie die Bedingungen dazu erhalten bleiben.
Erklärung des Rätselfotos vom Vormonat: Deformationen von Kondensstreifen