Oft steht mehr zwischen den Worten, als Abstand vorhanden ist.
Dazu meint Max Frisch (1911 – 1981):
Was wichtig ist: das Unsagbare, das Weiße zwischen den Worten, und immer reden diese Worte von den Nebensachen, die wir eigentlich nicht meinen.*
* Max Frisch. Tagebuch 1946-1949. Frankfurt 1950, S. 39
Das menschliche Vermögen, Muster zu erkennen, ist bislang noch von keiner Maschine übertroffen worden. Sie ist entscheidend dafür, auch da noch etwas Sinnhaltiges zu erkennen, wo der Vergleich mit allem bislang Bekanntem ergebnislos ausgeht. Auch wenn der Sinn zunächst lediglich darin besteht, dass man den Anblick schön findet. Schönheit ist ein wesentlicher Aspekt einer sinnerfüllten Wahrnehmung.
Jedenfalls ist das der spontane Gedanke, der mir in den Sinn kommt, wenn ich diese Negativversion einer in der Sonne angeschmolzenen Asphaltschicht betrachte. Offenbar entspricht es unserem Bedürfnis, Strukturen ohnen erkennbaren Sinn einen solchen zu unterlegen. Selbst in Ausstellungen abstrakter Kunst erwische ich mich immer wieder dabei, sinnhafte Strukturen zu erkennen. Das Unbekannte und Namenlose wird uns leicht zum Numinosen und dagegen wehrt sich offenbar etwas in uns.
Zwiegespräch
Doctor Schein und Doctor Sinn
Gingen ins Café;
Schein bestellte Doppel-Gin,
Sinn bestellte Tee.
Seitlich von dem Plauderzweck
Nahmen sie dabei:
Schein – verlognes Schaumgebäck:
Sinn – verlornes Ei.
Dialog ward Zaubertext,
Nekromantenspiel;
Zwieseits wurde hingehext,
Was dem Geist gefiel,
Was dem Sinn Erscheinung schien,
Was der Schein ersann.
Schein gab Sinn, und dieser ihn,
Und die Zeit verrann.
Und die Stunde kam herein
Leis’ des Dämmerlichts.
Sein verging zu Lampenschein,
Sinn verging zu nichts.
Ferdinand Hardekopf (1876 – 1954)
Der Verdacht, die Welt könnte ohne Sinn oder ihres vormals besessenen Sinnes verlustig gegangen sein, lastet schwer auf denen, die aus Gründen unvorsichtiger Berufswahl (oder anderen) von Ungeduldigen um Auskunft und Abhilfe bedrängt werden.