Wir möchten die ungefähre Tageszeit der Aufnahme wissen.
Erklärung des Rätselfotos des Monats Februar 2023
Frage: Wie kommt es zu diesem Flechtwerk?
Antwort: Bei dem Flechtwerk handelt es sich um besonders strukturierte Eisblumen auf einer Fensterscheibe. Zu Eisblumen kann es kommen, wenn die Temperatur der Glasscheibe zunächst unter den Taupunkt sinkt. Dann übersteigt die absolute Wasserdampfkonzentration die maximal mögliche und der überschüssige Dampf kondensiert in Form winziger Tröpfchen an der Scheibe. Sobald die Temperatur auch noch den Gefrierpunkt des Wassers unterschreitet kristallisieren sie schließlich zu Eis. Manchmal kommt es gar nicht erst zum Zwischenschritt des Verflüssigens. Denn unter bestimmten Bedingungen geht Wasserdampf auf direktem Weg in Eis über, er resublimiert.
Der Ursprung der Eisblumen liegt in winzigen Kristallen mit einer für Wassermoleküle charakteristischen sechseckigen Struktur. Sie entstehen an Kondensationskeimen, etwa Schmutzpartikeln, an denen sich Tröpfchen beziehungsweise Kristalle spontan bilden können. Indem sich an ihnen weitere Wassermoleküle anlagern breitet sich die Kristallisation aus. In welche Richtung das geschieht hängt davon ab, ob die dabei freiwerdende thermische Energie genügend schnell an die Umgebung abgegeben wird. Das führt dazu, dass die Anlagerungen exponierte Spitzen ausbilden, die sich vom Ursprung entfernen. Mit zunehmender Entfernung dieser Triebe vom Zentrum vergrößert sich die Wahrscheinlichkeit Kristallisationswärme abzugeben, sodass Nebentriebe entstehen können. Sie schlagen dann ihrerseits einen Weg ein, der sowohl vom Ursprung als auch vom jeweiligen Zweig weg gerichtet ist ähnlich wie bei verzweigten Pflanzen, die zum Licht hin streben. Die Besondere Form der Verzweigungen wird u. A. von der Umgebungstemperatur, Feuchte, Luftströmungen und Verunreinigungen bzw. Kratzspuren in der Scheibe beeinflusst, sodass es schließlich zu farn- und blumenartigen Strukturen kommt. Die im vorliegenden Fall zu beobachtenden nicht sehr häufig vorkommenden zopfartigen Gebilde sind bei sehr niedriger Temperatur (ca. – 18° C) an einer alten, vermutlich mit feinen Kratzern übersäten Scheibe bei relativ starkem Wind entstanden.
Gedichte sind gemalte Fensterscheiben!
Sieht man vom Markt in die Kirche hinein,
Da ist alles dunkel und düster;
Und so sieht’s auch der Herr Philister:
Der mag denn wohl verdrießlich sein
Und lebenslang verdrießlich bleiben.
Kommt aber nur einmal herein,
Begrüßt die heilige Kapelle;
Da ist’s auf einmal farbig helle,
Geschicht und Zierat glänzt in Schnelle,
Bedeutend wirkt ein edler Schein;
Dies wird euch Kindern Gottes taugen,
Erbaut euch und ergetzt die Augen!
Johann Wolfgang von Goethe (1749 – 1832)
Soviel zur Schönheit von Licht und Farbe, die durch Kirchenfenster verbreitet werden. Johannes Kepler (1571 – 1630) fielen die Löcher in den Kirchenfenstern auf, durch die Sonnentaler auf dem Kirchenboden oder der gegenüberliegenden Wand entworfen wurden. Zu seiner Zeit war das Phänomen noch nicht verstanden. Kepler war der erste, der eine auch heute noch gültige Erklärung publizierte.
„Dass der Sonnenstrahl, der durch irgendeine Spalte dringt, in Form eines Kreises auf die gegenüberliegende Fläche auffällt, ist eine allen geläufige Tatsache. Dies erblickt man unter rissigen Dächern, in Kirchen mit durchlöcherten Fensterscheiben und ebenso unter jedem Baume. Von der wunderbaren Erscheinung dieser Sache angezogen, haben sich die Alten um die Erforschung der Ursachen Mühe gegeben. Aber ich habe bis heute keinen gefunden, der die richtige Erklärung gefunden hätte“ (Johannes Kepler. Grundlagen der geometrischen Optik. Leipzig 1922, S. 13).
Heute haben die Kirchenfenster nur selten Löcher. Aber auch ohne Löcher entdeckt man schöne, farbenprächtige Sonnentaler. Denn jedes Element eines beliebig geformten Segments der Kirchenfenstermosaike stellt eine Öffnung dar, durch die in hinreichender Entfernung Abbilder der Sonne projiziert werden. Die obige Abbildung ist die Projektion des seltenen Falls eines Kirchenfensters mit zwei fehlenden Glaselementen. Diese rufen weiße Sonnentaler hervor. Alle farbig verglasten anderen Elemente erzeugen schöne Farbkreise.
Als ich diese lange Allee in einem Park entlang spazierte und im Blätterbaldachin der Laubbäume die winzigen Löcher sah durch die die Sonne hindurch stieß, kam mir der alberne Gedanke, dass Lichttropfen auf den Boden fielen und in runden Flecken auseinanderliefen.
Später las ich ein Buch von Guy Helminger, in dem ich folgenden Satz fand:
Das Licht fiel in kleinen Tropfen zwischen den Blättern hindurch und musterte den Park.*
War der Gedanke also doch nicht so albern?
Physikalisch gesehen handelt es sich um die in diesem Blog schon mehrfach angesprochenen Sonnentaler. Die winzigen Öffnungen im Blätterdach der Bäume wirken wie Lochkameras und bilden die Sonne auf dem weitgehend im Schatten liegenden Boden ab.
* Guy Helminger. Etwas fehlt immer. Erzählungen. Frankfurt 2007. S. 225
Ich bin ein Sonnentalersammler. Wobei das Sammeln sich meist auf die Betrachtung beschränkt und letztlich ich es bin, der sich sammelt. Nur manchmal zücke ich noch die Kamera. So auch in diesem Fall, obwohl sich vielleicht nicht sofort erschließt, was es hier Besonderes zu sehen gibt. Im Hintergrund sind einige Sonnentaler schön rund, im Vordergrund zerflettern sie weitgehend, weil die verursachenden „Löcher“ in den Ausläufern der Zweige zu groß werden.
Allerdings zeigt sich hier, wo die Löcher dicht an dicht auftreten und sich gewissermaßen bedrängen, so etwas wie eine dichteste Lochpackung in Form von hexagonalen Zellen zu sehen ist (siehe Ausschnitt im unteren Bild). Das ist ganz ähnlich wie bei den Waben der Bienen, die von diesen zunächst als zylinderförmig, also mit kreisrunder Öffnung geschaffen werden und sich wegen der Weichheit des Wachses von den Nachbarzellen gedrückt zu hexagonalen Mustern gruppieren.
Sonnentaler bringt man normalerweise mit den Lichtkreisen unter dem Blätterdach von Bäumen in Verbindung. Wie erstaunt war ich doch, als ich perfekt aussehende Sonnentaler in der Stadt in einer bestimmten Anordnung über die Straße verstreut vorfand. Ich fragte mich natürlich, durch welche Löcher hier die Sonne wohl durchstrahlen würde und stieß schließlich auf hochgelegene Sprossenfenster mit kleinen quadratischen Scheiben (Schätzungsweise 15 cm x 15 cm). Diese reflektierten einen Teil des auftreffenden Sonnenlichts, was denselben Effekt hat, wie wenn das Licht durch quadratische Löcher geht: In der Nähe würde man quadratische Abbilder der kleinen Fenster auffangen, in weiterer Entfernung das Bild der Sonne.
Wer es nicht glaubt, dem empfehle ich folgendes kleines Expermiment. Man nehme einen quadratischen oder rechteckigen Taschenspiegel, lasse das Sonnenlicht darauf fallen und richte den Reflex auf eine möglichst weit entfernte schattige Fläche, z.B. die Wand eines hohen Hauses. Man wird einen runden Fleck wahrnehmen.
Dass die Reflex-Sonnentaler auf der Straße nicht so ordentlich aufgereiht erscheinen, wie die Fensterelemente liegt wohl daran, dass letztere nicht völlig plan eingebaut worden sind und die große Entfernung zu entsprechenden Verschiebungen der Abbilder auf dem Asphalt führt.
Die Quadratur des Kreises gehört zu den ungelösten geometrischen Problemen. Die Umkehrung, die darin besteht, aus einem Quadrat einen Kreis hervorgehen zu lassen. bringt die Natur mit Leichtigkeit zuwege. Dafür haben wir in dem Foto ein schönes Beispiel.
Über dieser farbenprächtigen Tür ist ein Holzgitter angebracht. Es soll dereinst ein Rankgewächs stützen, das sich gerade anschickt, an den Seiten hochzuwachsen. Vorerst muss man mit dem schräg auf die Tür fallenden Schatten des Gitters vorlieb nehmen. Je weiter die schattengebenden Löcher des Gitters von der Tür entfernt sind, desto stärker runden sich die Löcher der zugehörigen Schatten ab.
Man erkennt es daran, dass die Schatten im oberen Bereich der Tür noch ziemlich genau die rechteckige Struktur des Gitters wiedergeben, während die Schatten im unteren Bereich immer mehr von der quadratischen Form des Gitters abweichen.
Letztlich steckt hinter diesem Übergang vom Quadrat zum Kreis das Phänomen der Sonnentaler. Je weiter die Projektion vom quadratischen Loch entfernt ist, desto runder wird der Lichtfleck.
Vor kurzem nutzten wir das Sonnenwetter, um eine längere Wanderung im Wiehengebirge zu unternehmen. Dabei überquerten wir eine hellgraue Betonstraße, die über und über mit Sonnentalern übersät war. Nun sind Sonnentaler keine Seltenheit, wenn man an einem sonnigen Tag im Wald unterwegs ist. In diesem Fall war aber auffällig, dass die Straße in einem leichten Grünschimmer strahlte. Auch dafür gibt es eine plausible Erklärung. Sie ist grün, weil sie von grünem Licht beleuchtet wird. Das grüne Licht entsteht dadurch, dass das weiße Sonnenlicht durch das Blätterdach der Bäume gefiltert wird. Die trifft allerdings nicht nur für die Straße, sondern auch für die Waldwege zu.
Warum fällt das Grün hier besonders auf? Dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen ist die hellgraue Betonstraße deshalb hellgrau, weil sie so gut wie alle Farben des weißen Sonnenlicht diffus reflektiert. Das erkennt man an den weißen Sonnentalern, die das ungefilterte Sonnenlicht reflektieren, das durch die Lücken im Blätterdach der Bäume hindurchgeht. Die übrigen Bereiche werden indessen durch das von den Blättern reflektierte bzw. durchgelassene grüne Licht beleuchtet, was nach der Wechelwirkung mit dem Sonnenlicht übrig bleibt.
In den übrigen Bereichen des Waldbodens, der u. A. auch das grüne Licht absorbiert, sieht man die Mischfarbe, die vom Boden ausgestrahlt wird – die typische Farbe des Waldbodens.
Das Grün auf der Straße fällt allerdings erst dann auf, wenn man nicht nur auf die Straße blickt, sondern auch noch Randbereiche des Waldbodens in den Blick nimmt. Denn heftet man den Blick nur auf die Straße, erscheint sie eher im ursprünglichen Grau. Warum das so ist? Das Auge und auch die der visuellen Wahrnehmung nachempfundene Sensorik der Kamera tendieren dazu die vorherrschende Farbe als weiß wahrzunehmen bzw. darzustellen (chromatische Adaptation). Wenn man jedoch gleichzeitig auch andere nicht grüne Bereiche wahrnimmt, funktioniert dieser Mechanismus nicht mehr und man sieht auch die Straße weitgehend in der tatsächlichen Farbe. Das Phänomen ist vielfach zu beobachten, wenn man denn darauf achtet.
Über ähnliche Phänomene wurde früher hier und hier und hier berichtet.
Schau diese Sonnentaler. Liebevoll betrachtet er das Lichtspiel. – Ist es die Natur in ihrer Kunstmässigkeit, die ihre Schönheit ausmacht, und ist nicht die Technik ihre notwendige Bedingung? (…) Die kreisrunde Form verdanken sie den gebündelten Strahlen, die, gezwungen durch eine winzige Öffnung im Blattwerk, die Sonne abbilden – nach dem Prinzip der Camera obscura, für die der Physiker zuständig ist. Weiterlesen
Der farbige Sonnentaler tanzt mir schon wieder vor der Nase herum und fordert mich geradezu heraus, etwas mit ihm anzustellen. Vor einiger Zeit legte ich drei aus einem anderen Experiment stammende Glasmurmeln in den Lichtfleck. Diesmal habe ich eine hexagonales Prisma zur Hand, das ich mitten in das farbige Lichtgewusel hineinstelle. Ich staune nicht schlecht, wie sich die Dinge ändern: In das farbige Runde mischt sich das geometrisch Gerade hinein. Das bunte Licht wird den Facetten des Glasobjekts entsprechend in vielfacher Weise reflektiert, gebrochen und teilweise sortiert.
Aber auch das Glasobjekt sieht ganz anders aus. Und wenn ich nicht wüsste, wie es beschaffen ist, hätte ich vermutlich Schwierigkeiten, es in seinem Originalaussehen zu erkennen.
Was Goethe wohl dazu gesagt hätte? Gegen die Newtonsche Farbenlehre dichtete u.A. mit folgenden Reimen an:
Ist erst eine dunkle Kammer gemacht
Und finstrer als eine ägyptische Nacht,
Durch ein gar winzig Löchlein bringe
Den feinsten Sonnenstrahl herein,
Dass er dann durch das Prisma dringe:
Alsbald wird er gebrochen sein.
Aufgedröselt bei meiner Ehr‘
Siehst ihn, als ob’s ein Stricklein wär‘,
Siebenfarbig statt weiß, oval statt rund.
Glaube hierher des Lehrers Mund:
Was sich hier auseinander reckt,
Das hat alles in Einem gesteckt.
Und dir, wie manchem seit hundert Jahr,
Wächst darüber kein graues Haar.*
* Johann Wolfgang von Goethe. Aus: Sprüche in Reimen – Zahme Xenien. VII.
Schlichting, H. Joachim. Physik in unserer Zeit 49/6 (2018) S. 307
Neue LED-Leuchtmittel in der Straßenbeleuchtung führen unter dem Blätterdach von Bäumen dank der geometrischen Anordnung der LEDs zu auffälligen Abbildungen auf dem Boden.
Wenn eine helle Lichtquelle durch kleine Öffnungen strahlt, so kann man in der Projektion auf dem Boden, an der Wand o.Ä. Lichtmuster erkennen, die dieForm der Lichtquelle haben. Es handelt sich um Lochkameraabbildungen, die wegen des krassen Unterschieds zwischen der Helligkeit der Lichtquelle und der Umgebung meist nur die Lichtquelle wiedergeben. So kann man beispielsweise im Schattenbereich eines Blumenstraußes, der von einer nackten Glühlampe oder von einer anderen Form der Lichtquelle durchleuchtet wird, merkwürdige Lichtkringel erblicken, die sich als Abbildungen des jeweiligen Leuchtkörpers entpuppen. Ähnliche Abbildungen findet man bei der Sternlampe in einem Kinderzimmer. Weiterlesen
So große Sonnentaler (mit einem Durchmesser von etwa 50 cm) habe ich bislang noch nicht gesehen. Der Kontext, in dem sie hier erscheinen ist zwar nicht besonders“naturschön“, aber alles kann man nicht haben. Mein bisheriger Rekord lag bei etwa 24 cm. Da in diesem Fall wegen des fast waagerechten Lichteinfalls kreisförmige Sonnentaler entstehen ergibt sich die einfache Daumenregel, dass der „Durchmesser des Sonnentaler in cm der Entfernung (des Lochs) in m“ entspricht und damit die Löcher, durch die die Taler hervorgerufen werden, etwa 50 m weit entfernt sind. Weiterlesen
Schlichting, H. Joachim. Physik in unserer Zeit 4 (2018) S. 204
Die Elemente eines Kirchenfensters wirken wie unterschiedlich geformte und eingefärbte Öffnungen und ihre Projektionen auf dem relativ weit entfernten Kirchenboden nehmen die Form der Lichtquelle an.
Wenn man die Projektion von Kirchenfenstern mit farbigen Motiven auf dem Boden sieht, erscheint der Anblick zunächst wenig erstaunlich. Erst auf den zweiten Blick wird man sich vielleicht darüber wundern, dass die ursprünglichen Motive kaum zu erkennen sind, weil ihre Details in einem Ensemble runder Farbflecken verschwinden. Weiterlesen
Als ich gegen Mittag gemächlich mit dem Fahrrad unter diesem kathedralenartig hohen Gewölbe entlangfahre, ist es fast so als würden mich naturheilige Gefühle überkommen. Aufgespannt wird dieses lichtdurchflutete grüne Dach durch Buchen, die sich in großer Höhe wie ein Baldachin vereinigen. Wie hoch mag das grüne Gewölbe wohl sein? 10 Meter? 15 Meter? Wozu lange herumraten. Eine kleine Rechnung hilft uns weiter (siehe Skizze unten):
Das Verhältnis der Entfernung l von der Öffnung B im Blätterdach zum kleinen Durchmesser a der Ellipse des Sonnentalers ist nach dem Strahlensatz gleich dem Verhältnis vom Abstand zur Sonne zum Durchmesser der Sonne und beträgt 108. Das Verhältnis der Höhe h von B zur Entfernung l des Sonnentalers h/l ist etwa gleich dem Sinus des Winkels unter dem der Sonnentaler gesehen wird. Entsprechendes gilt für das Verhältnis des kleinen a zum großen Durchmesser b der durch den Sonnentaler auf dem Boden projizierten Ellipse.
Fasst man diese Ergebnisse zusammen, so ergibt sich für die Höhe h von B und damit in etwa des Baumes: h = a2/b 108. Im vorliegenden Fall schätze ich den kleinen Durchmesser der Sonnentalerellipse auf a = 30 cm und den großen auf b = 40 cm und komme damit auf einen Wert von h = 24,3 Meter. Beeindruckend!
Wer sich für den physikalischen Hintergrund dieser Abschätzung interessiert, schaue sich einen früheren Aufsatz an. Und wer sich über die Sonnentaler etwas genauer informieren möchte, kann das hier tun. Weitere Beiträge zu Sonnentalern im engeren und weiteren Sinne findet man hier und hier und hier und hier.
Lieber Lano, hast du schon mal deine Sternlampe über deinem Bett betrachtet? Sie hat viele kleine runde Löcher, durch die das Licht hindurch auf die Wand strahlt. Dadurch sollten dort viele kleine Sterne entstehen. Doch was siehst du statt der Sterne? Viele krakelige Lichtfussel. Wie ist das möglich, die Löcher im blauen Stern sind doch rund? Weiterlesen
Ich freue mich immer wieder, wenn ich unter dem Blätterdach von Bäumen Sonnentaler zu sehen bekomme. Diese Freude drückt sich in diesem Blog in zahlreichen Beiträgen aus, von denen ich nur einige erwähnen möchte (hier und hier und hier und hier). Die Freude ist nich nicht minder groß, wenn ich auf einem sonnenbeschienenen Gehweg gewissermaßen das Gegenteil von Sonnentalern, von mir sogenannte Schattentaler, zu Gesicht bekomme. Von – im Prinzip – beliebig geformten Schattengebern, meist hervorstehenden Blättern eines Baumes, werden isolierte, gerundete (in unseren Breiten meist elliptische) Schatten auf eine ebene Fläche projiziert.
Diese Schattentaler sind wie gesagt inverse Sonnentaler, die man sich wie diese entstanden denken kann, wenn man nicht mit Lichtstrahlen argumentiert, sondern mit Schattenstrahlen, die im Übrigen nicht weniger fiktiv sind als die Sonnenstrahlen. In beiden Fällen handelt es sich um eine Idealisierung eines physikalischen Phänomens, der geradlinigen Ausbreitung des Lichts, wie es beispielsweise an den geradlinigen Schattengrenzen, eines beliebigen Schattengebers beobachtet werden kann.
Schattentaler habe ich auch schon früher angesprochen.
Der Geist des Wissenschaftlers funktioniert nach einem Verfahren der Bildassoziation, das die schnellste Methode der Verbindung und Auswahl zwischen den unzähligen Formen des Möglichen und Unmöglichen ist. Die Phantasie ist eine Art elektronische Maschine, die alle irgend möglichen Kombinationen durchprüft und diejenigen auswählt, die einem bestimmten Zweck entsprechen oder einfach die interessantesten, schönsten, amüsantesten sind, meint Italo Calvino (1923 – 1985). Was das nebenstehende Foto betrifft, so führt mich meine Fantasie auf ganz unwissenschaftliche Wege, wenn auch vielleicht nach demselben Prinzip, das in den Wissenschaften so erfolgreich ist.
Das Foto zeigt übrigens in Wahrheit eine Überlagerung von Sonnentalern unter dem Blätterdach von Bäumen und anderswo.
Blumen sind die Liebesgedanken der Natur
Bettina von Arnim
Der Blumenstrauß wird von einer kugelförmigen Mattglaslampe angestrahlt. Das bringt der Schatten an den Tag. Denn die Form des Schattens hängt nicht nur von der Form des Schattengebers, also des Blumenstraußes ab, sondern auch von der Lichtquelle. Der Schatten ist eine hybride Abbildung von Lichtquelle und Schattengeber. Man kann ganz grob folgende Regel aufstellen: Befindet sich der Schattengeber dicht an der Projektionswand, dann dominiert die Form des Schattengebers vor der der Lichtquelle. Weiterlesen
Im Zimmer war es hell geworden. Das Licht der Glühbirne verlor sich zwischen den Möbeln, zerbröselte, löste sich auf.
Aber es ist nicht immer so, dass das Licht nur so zerbröselt, wie Guy Helminger es beobachtet. Manchmal zeigt das Licht bei vermeintlichen Abwegen einen erstaunlichen Sinn für Forminvarianz und physikalischer Notwendigkeit, wie die folgende Beobachtung zeigt.
Der Schatten eines Blumenstraußes an der Zimmerwand macht durch merkwürdige Lichtsicheln auf sich aufmerksam. Statt der erwarteten Abbildungen der unregelmäßigen Löcher zwischen den Blumen haben die Lichtflecken im Schattenbereich alle dieselbe Form. Das ist kein Effekt des heutigen 2. Advent, sondern hat eine ganz natürliche Erklärung.
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Bei einem Besuch bei Freunden fiel mir nicht nur das farbenprächtige Blumengesteck auf, sondern auch die merkwürdigenLichtkringel im Schattenbereich des Gestecks erregten meine Aufmerksamkeit. Obwohl die Löcher zwischen den Blättern unterschiedliche Form besitzen, rufen sie einheitlich gleichartig geformte kreisrunde Lichtkringel hervor.
Da Lichtkringel durch eine Lichtquelle hervorgebracht werden, lohnt es sich, zur Lichtquelle zu blicken. Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine Lampe, deren Licht durch eine strukturierte runde Glasplatte fällt, die damit die effektive Form der Leuchte bestimmt. Weiterlesen
Die großen dunklen Räume der Kirchen werden zuweilen durch ein Loch im Dach oder im Kirchenfenster von einem Lichtstrahl durchdrungen. Dort wo er auftrifft erblickt man unabhängig von der Form des Loches meist eine kreisrunde Aufhellung, einen Sonnentaler. Dieses Phänomen wurde erst durch Kepler abschließend erklärt:
Dass der Sonnenstrahl, der durch irgendeine Spalte dringt, in Form eines Kreises auf die gegenüberliegende Fläche auffällt, ist eine allen geläufige Tatsache. Dies erblickt man unter rissigen Dächern, in Kirchen mit durchlöcherten Fensterscheiben und ebenso unter jedem Baume. Von der wunderbaren Erscheinung dieser Sache angezogen, haben sich die Alten um die Erforschung der Ursachen Mühe gegeben. Aber ich habe bis heute keinen gefunden, der die richtige Erklärung gefunden hätte (Kepler, Johannes: Grundlagen der geometrischen Optik. Leipzig 1922). Demnach handelt es sich um eine Erscheinung, die im Rahmen der geometrischen Optik erklärt werden kann.
Demungeachet soll es Glück bringen, sich in einem einzigen Sonnentaler zu sonnen. Wenn das – wie im vorliegenden Fall – auch noch an einem 15.5.2015 in einer Kirche ist und man 35 wird, hat man ein ganzes glückliches Jahr des Lichts vor sich.
Alles schien perfekt zu laufen, die Sonne schien vor blauem Himmel und es schien ausgeschlossen, dass sich daran in den nächsten Stunden noch etwas ändern würde. „Schien“ heißt aber nicht „scheint“. Kurz nach 9:00 Uhr zog nämlich langsam Hochnebel auf. Die Sonne sah jetzt aus wie ein Mond aus, und zu Beginn der erwarteten Sonnenfinsternis war nichts mehr vom Hauptdarsteller zu sehen. Normalerweise geht es umgekehrt. Der Tag beginnt mit Hochnebel, der dann allmählich verschwindet. Die Enttäuschung war natürlich groß. Zum Trost habe ich mir die Fotos der Sonnenfinsternis vom 11.8.1999 angeschaut. Um die momentane Stimmung in etwa zu treffen, zeige ich wie es im Schatten unter dem Nussbaum aussah: Die üblicherweise kreisrunden Sonnentaler hatten die aktuelle Form der zum großen Teil vom Mond abgedeckten Sonne angenommen.
Als Kind besaß ich eine rechteckige Armbanduhr. Im Religionsunterricht – woanders hätte ich mir das nicht erlaubt – hielt ich die Uhr so in die Sonne, dass ich den Reflex an den Wänden verfolgen konnte. Manchmal ließ ich ihn auch in die Augen der einen oder anderen Mitschülerin fallen. Bei diesen Spielereien fiel mir auf, dass der Reflex trotz des rechteckigen Glases, durch das das Sonnenlicht reflektiert wurde, stets kreisrund oder – wenn es schräg auf die Wand auftraf – oval war. Obwohl mich dieser Befund sehr interessierte, kam ich nicht auf die Idee, einen Lehrer zu fragen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass auch nur irgendeiner von ihnen diese Spielerei gutgeheißen, geschweige denn ernst genommen hätte. Das Phänomen geriet in Vergessenheit, nachdem die Uhr das Zeitliche gesegnet hatte. Später waren meine Armbanduhren rund. Weiterlesen
Schatten werden oft auf den Schlagschatten reduziert. Das ist das dunkle flächenhafte Ende auf dem Boden hinter dem schattenwerfenden Objekt. Der Schatten als Ganzes betrachtet ist aber ein lichtfreier Raum vom Querschnitt des Schattenwerfers, von dem aber normalerweise nur der Schlagschatten als Loch im Licht zu sehen ist. Nur wenn die Luft dunstig oder nebelig ist, kann man zuweilen auch den lichtfreien Raum dadurch erkennen, dass aus ihm weniger Licht zum Auge kommt, als aus der Umgebung.
Ähnliche Verhältnisse liegen bei den Sonnentalern vor. Auch Sonnentaler sind im Grunde Lichtsäulen, die vom Loch im Blätterdach der Bäume ausgehen und auf dem Boden als runder Lichtfleck sichtbar werden. Im vorliegenden Fall wird der Lichtstrahl durch Nebel sichtbar, die das Licht ins Auge reflektieren. Sie machen auf eine Weise die Entstehung des Sonnentalers sichtbar. Nicht zu erkennen ist dabei aber, dass der Lichtstrahl mit einem Querschnitt von der Form des Lochs im Blätterdach startet und als runder Lichtfleck auf dem Boden endet.
Der Physiker und Pädagoge Martin Wagenschein (1896 – 1988) hat die runden Abbilder der Sonne, die man unter dem Blätterdach der Laubbäume sehen kann, ausdruckstark mit SONNENTALER bezeichnet. Ob er dabei an eine Passage aus François Rabelais‘ Roman Gargantua und Pantagruel gedacht hat, ist nicht verbürgt. Darin gibt es eine Szene, die auf die runden Lichtflecken der Sonne passen könnte. Eine Laube, von Wein überrankt ist eine ideale Voraussetzung für die Entstehung von Sonnentalern: Weiterlesen
Seitdem ich ein gläsernes Windspiel vor dem Fenster hängen habe, laufen bei Sonnenschein farbige Kreise über die Wände. Das ist aus zweierlei Gründen erstaunlich. Erstens bewegt sich das Windspiel, auch wenn keine Luftbewegungen auf andere Weise zu erkennen sind. Besonders im Sommer, wenn keine zirkulierende Luft durch die Heizung zu erwarten ist, kann man sich über die Sensibilität des Objekts wundern. Von Windspiel zu sprechen erweist sich spätestens durch diese Beobachtung gerechtfertigt. Zweitens ist nicht sofort einzusehen, wie diese kleine Glasscheibe von rechteckiger Form, 8 cm lang und 4 cm breit und mit prismatisch abgeflachtem Rand (siehe Abbildung unten links) einen kreisförmigen Lichtfleck hervorbringen und damit eine Art Umkehrung der Quadratur des Kreises zustande bringen soll. Die Diskrepanz zwischen dem Bild und dem Verursacher des Bildes ist so groß, dass ich erst aus der Korrelation zwischen der Bewegung des Windspiels und der Lichtkreise auf der Wand darauf gekommen bin, hier einen Zusammenhang zu sehen. Weiterlesen
Gedichte sind gemalte Fensterscheiben!
Sieht man vom Markt in die Kirche hinein,
Da ist alles dunkel und düster;
Und so sieht’s auch der Herr Philister:
Der mag denn wohl verdrießlich sein
Und lebenslang verdrießlich bleiben.
Kommt aber nur einmal herein,
Begrüßt die heilige Kapelle;
Da ist’s auf einmal farbig helle,
Geschicht und Zierat glänzt in Schnelle,
Bedeutend wirkt ein edler Schein;
Dies wird euch Kindern Gottes taugen,
Erbaut euch und ergetzt die Augen! Weiterlesen
Schlichting, H. Joachim. Physik in unserer Zeit 6 (2008), S. 302
Während normale Sonnentaler so alltäglich sind, wie die Sonne, die sich in ihnen abbildet, muss man schon etwas Glück haben, um farbige Sonnentaler auf einer Wasseroberfläche zu erblicken. Dann können auch die physikalisch hoch interessanten Quételet-Ringe ausschnittsweise sichtbar werden, die durch eine Schicht von Goldglanzalgen auf der Wasseroberfläche hervorgerufen werden. (Die erstmalige Erklärung des Phänomens findet man hier). Weitere Beiträge zu Quételet-Ringen auf dieser Webseite befinden sich hier und hier).
Schlichting, H. Joachim. In: Experimente mit Sonnentalern in der Natur und im Klassenzimmer Grundschule 3 (2008) S. 25-27
Einen kindgerechten Umgang mit einem optischen Phänomenen bietet eine Unterrichtseinheit zum Thema Sonnentaler. Wenig Theorie und viele Experimente machen Gesetzmäßigkeiten des Lichts erfahrbar und regen zu sonnigen Entdeckungen an.
Schlichting, H. Joachim. In: Praxis der Naturwissenschaften- Physik 48/7, 12- 17 + 4. Umschlagseite (1999).
Naturphänomene spielen in die Schulphysik eine untergeordnete Rolle. Als Argument wird häufig der experimentelle und mathematische Aufwand genannt. Man beschränkt sich daher auf Idealsituationen, in denen das zugrundeliegende physikalische Prinzip des Phänomens demonstriert werden kann. Dabei geht aber gerade die ästhetische und oft auch emotionale Wirkung vor allem auf nicht physikalisch ausgerichtete Menschen verloren, die als Motivation für die physikalische Auseinandersetzung dienen könnte.
Im folgenden sollen exemplarisch einige Möglichkeiten skizziert werden, wie man sich mit Hilfe einfacher Experimente, die gewissermaßen freihand gelingen [1], wesentlichen Aspekten von Naturphänomenen anzunähern vermag. Über die Anregung, derartige Freihandexperimente in den Unterricht mit aufzunehmen, soll auf diese Weise dafür plädiert werden, einfache physikalische Prinzipien wie die Ausbreitung des Lichtes in homogenen Medien, Schattenbildung, Brechung und Reflexion – im Rahmen von Naturphänomenen
zu diskutieren, bei denen die Verständnisschwierigkeiten weniger im physikalischen Anspruch liegen, als vielmehr im ungewohnten Kontext. Aber nur in einem solchen Kontext machen physikalische Zusammenhänge für die meisten Schülerinnen und Schüler Sinn.
PDF: Natur freihand – Optische Naturphänomene in Freihandexperimenten
Schlichting, H. Joachim. In: Praxis der Naturwissenschaften Praxis der Naturwissenschaften – Physik 43/4, 19 (1994).
Was der Mensch sieht, hängt sowohl davon ab,
worauf er blickt, wie davon, worauf zu sehen
ihn seine visuell- begriffliche Erfahrung gelehrt hat.
Thomas S. Kuhn
Dass die obige Einsicht Thomas S. Kuhns nicht nur die großen wissenschaftlichen sondern auch die kleinen alltäglichen Entdeckungen betrifft, wird mir immer wieder am Beispiel der Sonnentaler bewußt. Obwohl es kaum jemanden gibt, dessen Netzhäute nicht von diesen ovalen bis kreisförmigen Lichtflecken unterschiedlicher Größe, die sich bei Sonnenschein am Boden unterhalb des Blätterdachs von Bäumen bilden, getroffen worden wären, haben die wenigsten sie als solche gesehen. Jedenfalls ist ihnen nichts aufgefallen, die Lichtflecken sind für sie zu keinem in irgendeiner Weise fragwürdigen Phänomen geworden (Abb. 1 u.2). Selbst wenn ich meinen Mitmenschen die runden Lichtflecken zeige, bleiben sie meist völlig unberührt. Auf meine Behauptung, bei den Flecken handele es sich um Abbilder der Sonne, reagieren sie in der Regel skeptisch bis ungläubig. „Abbild der Sonne“, das klingt
insbesondere in den Ohren naturwissenschaftlich vorgebildeter Menschen fast wie „Zeichen der Götter“ und erinnert eher an mythisches Naturerleben als an rationale Naturerkenntnis. (siehe auch: Sonnentaler fallen nicht vom Himmel)