Der Wassertropfen (Foto) verleibt sich einen Teil seiner Umgebung optisch ein und erweitert u. A. dadurch den Einblick in seine optischen Möglichkeiten. Durch diesen Einblick wird der Durchblick auf das Geschehen dahinter eingeschränkt, was sich auf dem Foto in der (optischen) Unschärfe bemerkbar macht.
Es ist richtig, daß wissenschaftliche Erklärungen das, was einem klar und verständlch erscheint, dunkel und verworren machen können. Andererseits kommt die wissenschaftliche Erklärung dann zum Ziel, wenn diese Dunkelheit und Verworrenheit zu Klarheit und Verständlichkeit auf einer höheren Ebene führen.
So erweitert beispielsweise das Fernrohr den Blick und verengt den Blickwinkel. Es ermöglicht in vielen Fällen Einblick und verhindert oft den Durchblick.
Wir blicken in eine Wasserpfütze, in der ein Baum spiegelnd reflektiert wird. Die Sonne steht noch tief, ihr roter Schimmer auf dem Asphalt leu(ch)tet einen neuen Tag ein.
Soweit zur Morgenstimmung.
Der schwarze Asphalt absorbiert im Idealfall so gut wie alles auftreffende Licht, gleich welcher Farbe es ist. Dass man ihn hier dennoch im Morgenrot schimmern sieht, ist auf die Benetzung durch Wasser zurückzuführen. Das Wasser auf den passend orientierten Steinchen im Asphalt reflektiert das Sonnenlicht spiegelnd in die Augen des morgendlichen Spaziergängers. Die Wasserfläche in der Pfütze reflektiert zwar auch das auftreffende rote Sonnenlicht, aber nicht in unsere Augen. Diese müssen mit dem aus einer anderen Richtung kommenden Himmellicht vorlieb nehmen. Und das alles, weil der Reflexionswinkel des Lichts gleich dem Einfallswinkel ist.
Beim Eintritt ins Bad eines Hotelzimmers, erblickte ich vor dem eigentlichen Spiegel einen kleinen runden Spiegel, der mir ein verkleinertes kopfstehendes Bild lieferte. Bevor ich versuchte herauszufinden, wozu der Spiegel gut sein könnte, fotografierte ich die Szenerie.
Ich musste keine großartigen Untersuchungen anstellen. Als ich mich den Spiegeln näherte klärte sich das Problem.
Worin besteht die Klärung?
Der Blick ist auf den Wasserspiegel eines ruhig fließenden Bachs gerichtet. Auffällig sind zwei fast kreisrunde Schatten auf dem Boden des Gewässers, die von einem hellen Brennlinie (Kaustik) umgeben sind. Auslöser für dieses Phänomen sind zwei Grashalme, die mit ihrer Spitze leicht in das Wasser eintauchen ohne benetzt zu werden. Denn sie hassen das Wasser – sind hydrophob, sodass sich um sie herum eine winzige schüsselartige Vertiefung im Wasser ergibt. Diese Vertiefung ist von einem konvexen Rand umgeben, an dem das Licht wie von einer ringförmigen konvexen Linse gebrochen und auf dem Boden fokussiert wird. Auf diese Weise entsteht der zu beobachtende helle Ring (Kaustik). Das so aus der ursprünglichen Ausbreitungsrichtung abgelenkte Licht fehlt in der Mitte und führt dazu, dass hier ein Schatten entsteht. Ein Teil des in die konvexe Vertiefung fallenden Lichts wird reflektiert und macht sich in Form eines hellen Lichtblitzes an der Spitze des Grashalms bemerkbar.
Es sind weitere interessante Phänomen zu beobachten, die ich aber heute übergehen möchte.
Der Himmel war klar, die Luft kalt und wenig bewegt. Auf dem glatten Sand, über den Sperber ging, hatte das sich zurückziehende Meer eine hauchdünne Wasserschicht hinterlassen, auf der sich das Himmelsblau und die wenigen darauf vorüberziehenden Wolken spiegelten, und wie schon einmal war Sperber, als hätte ihn jemand auf den Kopf gestellt und als liefe er zwischen weißen Wolken hindurch über den Himmel. Wie durchsichtig der Boden unter seinen Füßen war! Während Sperber so ging, öffnete sich unter ihm eine grenzenlose Weite, und er sah geradewegs in die Unendlichkeit hinein.*
Wer reflektierend über den reflektierenden Strand in dem Bereich spaziert, der weder eindeutig dem Meer noch dem Land zugerechnet werden kann, erlebt den Himmel nicht nur über, sondern auch unter sich. Mit leicht geneigtem Kopf blickt sie oder er in weiten gespiegelten Raum, ohne befürchten zu müssen abzustürzen. Wenn sich irgendwo das Gefühl der unendlichen Weite einstellt, dann hier auf der dünnen Wasserhaut, die mit jedem Atemzug des Meeres in Form von auslaufenden Wellen immer wieder erneuert wird.
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Anne Weber. Tal der Herrlichkeiten. Frankfurt 2012, S. 214
So manches Mal, wenn ich in einen Spiegel schaue – und sei es nur das Fenster eines beleuchteten Raums, habe ich den Eindruck, dass aus dem Spiegel meine Mutter zurückschaut. Für mich ein eher positiver Aspekt, wenngleich er mit naturwissenschaftlichen Mitteln nicht zu erklären ist.
Ja, ja ich weiß: „Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, …,von denen sich eure Schulweisheit nichts träumen läßt.“*
Es scheint nicht nur mir so zu gehen. In dem Roman „Die Autorenwitwe“ von Judith Kuckart stolperte ich über die folgende Stelle:
„Olga geht zum Spiegel, sieht hinein, und der Spiegel schaut mit dem Auge ihrer Mutter zurück. Die muß ihr aber auch überall auflauern!**
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* William Shakespeare. Die Tragödie von Hamlet, Prinz von Dänemark.
** Judith Kuckart. Die Autorenwitwe – Erzählungen. Köln 2003, S. 35.
Wir blicken auf eine sanft bewegte Wasseroberfläche in einem Hafenbecken. Das Wasser ist zwar uneben gewellt aber gleichzeitig glatt und verhält sich wie ein Zerrspiegel in einem Science Center. Allerdings drängt sich dieser Eindruck hier nur deshalb auf, weil die Bewegung der Wasseroberfläche durch das Foto stillgestellt wurde und der in der Realität dominierende ständige Wechsel zwischen verschiedenen Verzerrungen und Deformationen der glatten Wasserfläche nicht wahrgenommen wird.
Dass glatte Wasseroberflächen die umgebenden Gegenstände spiegelnd reflektieren und das zuweilen mit einer Perfektion, die es schwierig macht, Original und Spiegelung zu unterscheiden, ist bekannt. Bereits eine gewöhliche Pfütze kann davon eindrucksvoll Zeugnis ablegen. Wichtig ist dabei, dass die Oberfläche des Wassers glatt und eben wie eine Fensterscheibe ist. Zumindest darf die Welligkeit des Wassers nicht so groß sein, dass sich die Spiegelungen in sichtbaren Krümmungen von im Original geraden Linien bemerkbar machen.
Wenn solche Krümmungen auftreten, dann beobachtet man verzerrte Spiegelungen. Bei leicht bewegtem Wasser sind diese Verzerrungen nur klein und die Spiegelungen lassen das Original noch erkennen. Wenn die Verzerrungen zu groß werden, gehen die vertrauten Formen in eine an abstrakte Kunst erinnernde Struktur über (siehe Foto).
Fasst man die derart bewegte Wasseroberfläche als Abfolge von Hohl- und Wölbspiegeln auf, so kann man bei kleinen Krümmungen (großen Krümmungsradien) davon ausgehen, dass sich der Betrachter innerhalb der Brennweite der Hohlspiegel befindet und alles so sieht wie bei einem ebenen Spiegel, nur mehr oder weniger stark verzerrt. Bei einer großen Krümmung der bewegten Spiegelelemente, sieht der Betrachter die gespiegelten Ansichten jedoch von außerhalb der Brennweiten der Hohlspiegel und nimmt Teile der gespiegelten Gegenstände auf dem Kopf stehend wahr, so dass die Kohärenz des gespiegelten Objekts (z.B. Teil eines Bootes) als solches vollends verloren geht.
Hinzu kommt, dass Teile des gespiegelten Objekts gleichzeitig von mehreren Stellen aus ins Auge des Betrachters reflektiert werden. Diesen Sachverhalt kennt man in einfacherer Version vom Schwert der Sonne. Indem das Licht der Sonne aufgrund des Vorhandenseins zahlreicher passender Neigungen von vielen Stellen der Wasseroberfläche aus gleichzeitig ins Auge des Betrachters reflektiert wird, entsteht der Eindruck einer ausgedehnten Lichtbahn. Dasselbe Phänomen wird natürlich auch von anderen hellen Lichtquellen wie Mond, Straßenlaternen oder hellen Gegenständen hervorgerufen und trägt insbesondere zur weiteren Erhöhung der Komplexität der hier diskutierten Reflexionen bei.
Wenn das Licht eines scharf begrenzten Objekts relativ steil auf die Wellentäler und –berge einfällt, kann die Deformation des Spiegelbildes sogar zu geschlossenen Ringen führen, wie es auf dem Foto deutlich zu erkennen ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Objekt linienförmig ist. Das können zum Beispiel Masten eines Segelschiffs, Taue oder andere lineare Bauteile sein.
Ein für derartige verzerrte Ansichten idealer Beobachtungsort ist ein Jachthafen mit möglichst bunten Schiffen und guter Beleuchtung durch die nicht zu hoch stehende Sonne. Das Wasser muss genügend bewegt, aber darf nicht kabbelig, also durch den Wind aufgewühlt sein, weil dann die Oberfläche nicht mehr sanft gekrümmt, sondern abrupte, unstetige Neigungen enthält. Dadurch werden die Reflexionen diffus. Das heißt, das reflektierte Licht wird so stark „zersplittert“, dass das Auge des Betrachters nur noch ein homogenes graues Farbgemisch wahrnimmt.
Angesichts des Wesens menschlicher Wirklichkeit ist die Interpretation von Träumen eine Tautologie und läßt sich bestenfalls durch das Mengenverhältnis zwischen Tageslicht und Dunkelheit rechtfertigen. Es ist jedoch zweifelhaft, ob dieses demokratische Prinzip in der Natur wirksam ist, wo sich nichts einer Majorität erfreut. Nicht einmal das Wasser, auch wenn es alles seiner Reflexion und Refraktion unterwirft, sich selbst eingeschlossen, wobei es Formen und Substanzen verwandelt, manchmal auf sanfte, manchmal auf monströse Weise.*
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* Joseph Brodsky. Ufer der Verlorenen. Frankfurt 2002, S. 57f
Im Bremer Science Center Universum gibt es eine gläserne Brücke über einen vermeintlichen Abgrund. Obwohl kein Geheimnis daraus gemacht wird, dass man letztlich über eine Art transparenten Spiegel geht, der den Blick in die Tiefe herausfordert und man sich auf dem Kopf stehend (gespiegelt) dabei beobachtet, haben manche Menschen Angst darüber zu gehen. Um nicht als Angsthase zu gelten, gehen manche mit sturem Blick nach vorn darüber, um von diesen für sie offenbar verstörenden Illusionen nichts mitzubekommen.
Auch diesem harmlosen Beispiel zeigt sich einmal mehr, dass der Verstand oft vor der bloßen illusionären Wahrnehmung ins Hintertreffen gerät.
Zwei Spiegel einander gegenüber:
für den Kurzsichtigen bedeutet es Verwirrung,
für den Weitsichtigen Unendlichkeit.
Arthur Schnitzler[1]
Zwischen zwei parallelen einander gegenüberliegenden Spiegeln findet ein unendlicher „Austausch“ von Spiegelbildern statt: Ein Gegenstand zwischen den Spiegeln wird von beiden Spiegeln gespiegelt aber auch der gespiegelte Gegenstand wird vom jeweils gegenüberliegenden Spiegel gespiegelt und ebenso der gespiegelte gespiegelte Gegenstand und so weiter ad infinitum. Man blickt gewissermaßen in die Unendlichkeit; diese verliert sich allerdings im Grün des Spiegelglases.
„Sie erstaunten auch wirklich beim Eintritte nicht wenig über die ungeheure Gesellschaft, denn Wände und Decke bestanden daselbst aus künstlich geschliffenen Spiegeln, die ihre Gestalten auf einmal ins Unendliche vervielfältigten“. Joseph von Eichendorff (1970, 239) beschreibt hier eine wohl jedem bekannte Situation. Man gerät zwischen zwei Spiegel und blickt in einen unendlich langen Tunnel, in dem die Gegenstände und Menschen undendlich oft gespiegelt werden und man sich selbst unendlich oft gegenübersteht (Abbildung oben). Dazu braucht man heute allerdings keinen Festsaal mehr, ein verspiegelter Fahrstuhl tut es auch (Abbildung Mitte).
Denn wenn das Licht das Spiegelglas durchläuft, bevor es an der metallischen Rückseite reflektiert wird, bleibt ein winziger Bruchteil im Glas stecken. Die Glasscheibe reflektiert das Licht dann abzüglich dieses absorbierten Anteils und erhält dadurch einen geringfügigen Grünschimmer, den man aber bei normalen Scheiben nicht sehen kann. Blickt man jedoch vor die Kante eine Scheibe, so erscheint alles in ein intensives Grün getaucht: Das Licht hat einen sehr großen Glasquerschnitt durchquert und beträchtliche Anteile der Komplementärfarbe von Grün verloren (Abbildung unten links).
Beim Unendlichkeitsspiegel, der aus normal dicken Scheiben besteht, bekommt man den Grünton des Glases trotzdem zu sehen, weil das Licht diese Scheiben immer wieder durchläuft. Dadurch summieren sich nach einer hinreichend großen Zahl von Reflexionen die kurzen Strecken durch das Glas zu einer beträchtlichen Dicke auf und führen schließlich zu der in Abbildung Mitte deutlich zu erkennenden Grüntönung des Lichts.
Wie stark der Einfluss der Absorptionen auf die Farbe des Lichts ist, wurde kürzlich eingehend untersucht (Lee et al. 2004). Die Abbildung unten rechts zeigt die spektrale Intensität des Lichts nach einer (rote Kurve) und nach 50 Reflexionen (grüne Kurve). Während nach einer Reflexion noch alle Wellenlängen fast gleich stark vertreten sind, findet man nach 50 Reflexionen ein deutlich eingeschränktes Spektrum mit einem Maximum bei einer Wellenlänge von 550 nm, die dem grünen Licht entspricht. Es sind also vor allem Lichtanteile im langwelligen und kurzwelligen Bereich absorbiert worden.
Der Reiz solcher Doppelspiegel beruht vor allem auf dem Kontrast zwischen dem Wissen um die Einfachheit der Konstruktion und der sinnlich erfahrenen Komplexität des Blicks: Lediglich die mangelnde Planparallelität der Spiegel und die zunehmende Dunkelheit verhindern, dass man das Unendliche tatsächlich zu Gesicht bekommt.
Die idealerweise unbegrenzte Zahl von Spiegelbildern, die nur durch die Absorptionen im realen Spiegelglas in die endlichen Schranken verwiesen wird, ist über das Phänomen selbst hinaus eine eindrucksvolle Visualisierung dessen, wie man zumindest prozessual das Unendliche im Endlichen denken kann. Es spielt daher in der Metaphorik der Philosophie und Poesie eine wichtige Rolle. So versucht zum Beispiel Friedrich Schlegel (1964, 351) die Problematik zwischen Ich und Welt metaphorisch durch den Doppelspiegel zu fassen: „Wo der Gedanke des Ichs nicht eins ist mit dem Begriffe der Welt, kann man sagen, daß dies reine Denken des Gedankens des Ichs nur zu einem ewigen Sichselbstabspiegeln, zu einer unendlichen Reihe von Spiegelbildern führt, die immer nur dasselbe und nichts Neues enthalten“. Und Harry Mulisch (2005, 44) versucht mit Hilfe dieser Metapher das zueinander reflexive Verhalten zweier Menschen zu erfassen: „Jeder fühlte sich dem andren unterlegen, jeder war Knecht und zugleich Herr, wodurch eine Art von Unendlichkeit entstand, wie zwischen zwei Spiegeln, die sich ineinander spiegelten“.
Literatur
Joseph von Eichendorff. Werke. Bd. 2, München 1970, S. 239.
R. L. Lee et al. Am. J. Phys. 2004, 72 (1), 53.
Friedrich Schlegel. Werke. Kritische Ausgabe. München 1964.
Harry Mulisch. Die Entdeckung des Himmels. Reinbek 2005, S. 44.
Diese magische Berglandschaft mit dendritischen Strukturen und blauen Gipfeln ist nichts weiter als eine mit Tropfen belegte Glasscheibe, die einerseits den blauen Himmel und andererseits Bäume spiegeln. Die Orangefärbung verdankt sich einem intensiven Sonnenaufgang, der seine Farben insbesondere den Bäumen mitteilt, die sie wiederum an die Tropfen weiterreichen.
Hier zischt nichts, auch wenn die Sonne ein Loch durch das kahle Geäst brennt und sich alles im Wasser abspie(ge)lt. Diese Täuschung kommt dadurch zustande, dass durch den großen Intensitätsunterschied zwischen dem von der Sonne und den umgebenden Objekten ausgehenden Licht unser visuelles System physiologisch und die Kamera technisch überfordert sind eine perfekte Abbildung zu realisieren: Bei sehr hellen Objekten werden die Rezeptoren über die Sättigung hinaus angesprochen und dadurch so stark erregt, dass gleich auch noch einige der benachbarten Rezeptoren reagieren (Irradiation). Dadurch entsteht dann der Eindruck, dass es auch an der entsprechenden Stelle des Netzhautbildes noch hell ist, obwohl es „in Wirklichkeit“ nicht der Fall ist. Interessanterweise führt das zu entsprechenden Wirkungen bei der Kamera (Blooming) mit der Folge, dass das Foto in etwa dasselbe zeigt, was auch das Auge sieht.
Der Eingang eines Kaufhauses wird durch eine verspiegelte zylindrische Säule gestützt. Schaut man in diesen Spiegel, so nimmt man zwar das zu einem zylinderschmalen Ausschnitt geschrumpfte Spiegelbild der Umgebung wahr, sein eigenes Bild muss man allerdings suchen. Erst auf den zweiten Blick entdeckte ich mein fast zu einem Strich geschrumpftes Konterfei. Der Physik sei Dank, dass sich an der Höhe nichts geändert hatte. Das erinnerte mich an den Suppenkasper aus dem Struwwelpeter, der schließlich auch nur noch ein Strich in der Landschaft war.
Zu dieser Schrumpfung kommt es, weil der kreisförmige Teil des Zylinderspiegels das auftreffende Licht der umgebenden Gegenstände einschließlich des Fotografen bis auf einen schmalen Streifen radial in alle Richtungen reflektiert. Wer diesen lateralen Schrumpfungsprozess ausprobieren will, halte eine flexible Spiegelfolie vor sich und biege sie allmählich zu einem Zylinder. Man kann dann den Schrumpfungsprozess hautnah miterleben. Um „vorher“ und „nachher“ nebeneinander zu haben, nahm ich das Ganze vor der Glasscheibe des hinter der Säule befindlichen wenig ausgeleuchteten Geschäfts auf.
Was braucht es denn schon, könnte man sich fragen, um die Regeln der Perspektive zu entdecken? Wir brauchen doch nur ein Glas oder einen Spiegel zwischen die Szene und uns zu schieben, die Umrisse der Objekte zu zeichnen, wie sie uns durch das Glas erscheinen, und dann die Eigenschaften der Formen und Gestalten zu untersuchen, die wir gezeichnet haben – dann entdecken wir die perspektivische Verkürzung, entdecken wir die Fluchtlinien.*
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* Roberto Casati. Die Entdeckung des Schattens. Berlin 2001; S. 247.
Was es mit diesem Foto auf sich hat erratet ihr nicht. Es ist einfach zu abwegig. Ich hatte einige winzige Kugellagerkugeln (merkwürdiges Wort) in einer alten Filmdose aufbewahrt. Als ich sie benutzen wollte, merkte ich plötzlich, dass ich von einigen Kugeln beobachtet wurde und zwar durch mein Spiegelbild, das mich hier mehrfach miniaturisierte (auch eine Form der Marginalisierung).
Aber so wie ich es sah, kann ich es hier leider aus Gründen der Beschaffenheit der Welt nicht zeigen – der Fotoapparat drängt sich mit ins Bild und zwar sehr prominent. Das ist übrigens auch philosophisch gesehen ein interessanter Befund: So wie man sich im Spiegel sieht, kann man von keinem Anderen gesehen werden.
Außerdem ist das Spiegelbild nur in einem beschränkten runden Rahmen zu haben. Er wird durch die Spiegelung der matten Dose bewirkt, die den Rest der Kugeln mit einem grau-metallic wirkenden Überzug zu versehen scheint.
Ein mit stillem Wasser gefülltes Weinglas steht vor einer bunt gestreiften Wand und wird von zwei Fenstern beleuchtet. Das Glas macht aus der relativ neutralen Situation ein kleines optisches Rätsel. So sieht man das Fensterpaar als helle Lichtquelle mindestens dreimal spiegelnd und einmal diffus reflektiert. Die spiegelnden Reflexionen werden durch den Wasserkörper und das Glas hervorgerufen. Die hinter dem Glas auf dem Tisch zu sehende diffuse Reflexion entsteht dadurch, dass der nahezu zylindrische Stiel des Glases die Fenster auf dem Tisch abbildet.
In den beiden Abbildungen dieser Zylinderlinse erscheinen das linke und das rechte Fenster vertauscht. Wegen der Baugleichheit der Fenster ist dies jedoch nicht zu sehen. Da der ebenfalls zumindest im oberen Bereich nahezu zylindrisch geformte Wasserkörper ebenfalls wie eine Zylinderlinse wirkt, werden die durch das Glas gesehenen Dinge virtuell vertauscht. Und als Zugeständnis an die sphärische Abweichung von der Zylinderform werden sie im unteren Bereich schwungvoll gerundet. So präsentiert sich hier die farbig gestreifte Rückwand.
Die virtuelle Vertauschung zeigt sich in dem durch das Glas hindurch zu sehenden Bereich in einer Umkehr der Farbreihenfolge, was allerdings wegen des mehrfachen Auftretens gleicher Farben schwer zu erkennen ist.
Insgesamt also eine schöne Spielerei zwischen Realität und Virtualität, die hier gewissermaßen ohne menschliches Zutun abläuft – es wurde lediglich ein Glas Wasser an eine günstige Stelle auf den Tisch gestellt.
Hier bewahrheitet sich einmal mehr die oft in ganz anderem Zusammenhang geäußerte Feststellung, dass man bei Anzeichen einer gestörten Realitätswahrnehmung zu tief ins Glas geblickt habe. Und damit diesbezüglich keine Zweifel aufkommen, verbürge ich mich dafür, dass im Glas nur Wasser vorhanden ist – gutes ostfriesisches Wasser, ideal zur Zubereitung von Tee.
Beim Blick aus dem Fenster des Zuges in die verregnete abendliche Dämmerung baut sich ein imposanter Regenbogen auf. Er wird durch die Spiegelung der Leuchtstoffbeleuchtung des Zuges geschnitten und gibt mit der unvermeidlichen Überlagerung durch weiteres Störlicht aus dem beleuchteten Innenraum ein bemerkenswertes Bild ab. Ohne diese Erklärung hätte das Bild wohl auch als (mehr oder weniger gelungenes) Gemälde durchgehen können.
Am Morgen als die Sonne bereits strahlend ihre zu dieser Jahreszeit kurze Bahn zieht, entdecke ich auf einem Feld mit Gründüngerpflanzen den blauen Himmel vieltausendmal in einem Meer von Wassertropfen reflektiert. Die Tropfen haben sich in der Nacht auf den Blättern gebildet, nachdem die Temperatur den Taupunkt unterschritt und der überschüssige Wasserdampf kondensierte.
Jeder Tropfen ist mit einem hellen Punkt markiert, die auf der Oberfläche spiegelnd reflektierte Sonne, so als müsste sie überall ihr Signum setzen. Außerdem wirft jeder Tropfen trotz seiner Lichtdurchlässigkeit einen Schatten, in dem das ausgeblendete Licht zu einem Brennfleck gebündelt ausdruckstark zu Geltung kommt.
Im rechten Bereich des Fotos sind zahlreiche unscharf fotografierte Tropfen zu sehen. Aber auch diese zeigen ein interessantes Unschärfephänomen: Die Sonnenreflexe mutieren zu Ringen. Solche meist ungewünschten Unschärfen werden oft zu künstlerischen Zwecken bewusst herbeigeführt und hören auf den aus dem Japanischen stammenden Namen: bokeh.
An dieser schrägen Wand sprießen Gewächse besonderer Art in allen Größen. Die inneren Mycele erinnern an sich ausbreitende Pilze, nur dass hier alles mit einer zarten Haut bedeckt zu sein scheint. Wenn es keine Pflanzen, Pilze oder Tiere sind, die uns hier durch ihre schiere Zahl und Formenvielfalt beeindrucken, fragt sich, worum es sich wirklich handelt.
Diese Gestalten sah ich auf einer mit Wassertropfen besetzten Glasscheibe, in der sich ein kahler Baum spiegelt.
Ein großer Tropfen in der Gabelung einer Pflanze mit leicht hydrophober (wasserabweisender) Oberflächenbeschaffenheit zeigt sich hier in einigen seiner optischen Möglichkeiten mit großer Deutlichkeit.
Er ist transparent: Man blickt von der Seite her durch ihn hindurch auf eine kleine Verzweigung. Durch die Brechung des Lichts tritt ein Sprung auf zwischen dem was man durch den Tropfen hindurch sieht und dem direkt gesehenen Teil der Verzweigung.
Er zeigt Reflexionen: partielle Spiegelungen der Umgebung und eine diffuse Reflexion der auf dem rechts verlaufenden Stängel fokussierten Sonnenstrahlen. Diese ist so stark, dass es zu einer Überstrahlung (Irradiation) kommt: Der grüne Stängel erscheint daher weiß.
Außerdem ist das ganze Szenario naturschön – vor allem deshalb habe ich dieses Motiv fotografiert.
Die untergehende Sonne wird durch den wellenförmigen Spiegel des sanft bewegten Wassers in eine unvertraute Form gebracht. Diese harmoniert mit den dunklen Spiegelungen der am Rande des Gewässers stehenden Bäume.
Bei der Vorbereitung einer Grillparty wollte ich u. A. die beiden Löffel zum Ort des Geschehens bringen, bis ich mich plötzlich von zwei ollen Typen beobachtet fühlte, von denen mich einer auch noch so von oben herab anschaute. Ich wehrte mich damit, dass ich schoss – ein Bild mit der Kamera.
Als ich vor dieser Trompete stand, verschwand für einen Moment die Bedeutung des Instruments und ging in einer optischen Täuschung unter. Ich hatte für einen Moment den Eindruck, dass man durch eine Art Tunnel durch sie hindurchgehen könnte und ich bereits – zu einem Strichmännchen marginalisiert – dabei war dem hinteren Ausgang zuzustreben.
Doch wieder ging alles mit den rechten Dingen der naturgesetzlichen Ordnung zu, auch wenn diese manchmal ins Extrem eines unvertrauten Zusammenhangs zu kippen droht.
Spiegelwelten entsprechen zwar optisch realen Welten. Aber es gibt gekrümmte Spiegel wie hier die glänzende Oberfläche einer Trompete, deren Wirkung so komplex ist, dass sie dadurch selbst völlig verfremdet erscheint.
Schaut man sich diese Szenerie genauer an, so könnte man den Eindruck gewinnen, dass bei der Spiegelung der Baumgruppe im Wasser irgendetwas nicht stimmt: Sowohl die hellen Lücken zwischen den Bäumen als auch die Bäume selbst werden auf dem Wasser nicht wie von einem ordentlichen Spiegel erwartet abgebildet; die Spiegelung wird gewissermaßen in die Länge gezogen.
Nun, der Spiegel ist nicht ordentlich. Er besteht aus einer welligen Oberfläche. Und die hat die Eigenschaft, das eintreffende Licht von mehreren Stellen aus in unsere Augen zu reflektieren. Wir kennen das Phänomen vom Schwert der Sonne, jener Lichtbahn auf dem welligen Wasser bei tiefstehender Sonne oder die Lichtbahnen von Straßenlaternen am Rande eines Gewässers. In diesen Fällen wird die Lichtquelle auch nicht an einer bestimmten Stelle gespiegelt, sondern an vielen jeweils passend geneigten Flanken der Wasserwellen, sodass in der Summe ein ganzer Wasserstreifen zu sehen ist.
Genau das ist auch hier der Fall: Das von den Punkten der Baumgruppe ausgehende Licht wird ebenfalls an zahlreichen Stellen des welligen Wassers gespiegelt und entsprechend in die Länge gezogen.
Warum erscheinen die Linien verzerrt?
Erklärung des Rätselfotos des Monats August 2022
Frage: Wie entstehen diese Strukturen?
Antwort: Wir blicken auf eine leicht bewegte aber glatte Wasseroberfläche. Sie reflektiert das auftreffende Licht spiegelnd. Da die Aufnahme in einem Jachthafen gemacht wurde, spiegelt sich nicht nur der blaue Himmel, sondern auch das von den Schiffen diffus reflektierte Licht. Weil die Oberfläche unterschiedliche Krümmungen aufweist, wird das Licht in unterschiedliche Richtungen reflektiert, sodass die nachbarschaftliche Ordnung der gespiegelten Originale durcheinander gerät und diese daher nicht mehr zu erkennen sind.
Fasst man die bewegte Wasseroberfläche als Abfolgen von sich ändernden hohl- und wölbspiegelartigen Deformationen auf, so kommt es zu entsprechenden mehr oder weniger starken Verzerrungen der abgebildeten Gegenstände. Je nachdem ob eine gegebene Deformation der Wasseroberfläche groß oder klein ist, befinden sich die gespiegelten Objekte innerhalb oder außerhalb der Brennweiten der flüssigen Hohlspiegel mit der Folge, dass neben den einfachen Verzerrungen auch noch „kopfstehende“ Abbilder auftreten. Damit geht die Kohärenz der gespiegelten Objekte vollends verloren und die Spiegelbilder mutieren kaleidoskopartig zu abstrakten Mustern, die zwischen verschiedenen, aber auf selbstähnliche Weise sich wiederholenden Grundstrukturen changieren.
Bis auf den Ausschnitt, die die Spiegelkugel selbst verdeckt, bildet sie die ganze sichtbare Welt ab. Im Falle des vorliegenden Kunstwerks werden allerdings Teile der Welt auf bedrängende Weise verstellt. Ob darin, diesen Aspekt durch den Blick in die Kugel deutlich zu machen, eine Absicht des Künstlers liegt, vermag ich nicht zu sagen. Ich konnte nicht einmal seinen Namen in Erfahrung bringen.
Zu Beginn der Neuzeit mutierte das Gemälde zum Fenster. Emile Zola sollte später einmal über diesen Wandel sagen: Jedes Kunstwerk ist wie ein Fenster, das auf die Schöpfung hinaus geöffnet ist.
Wenn ich so durch die Straßen einer Stadt flaniere, wird für mich umgekehrt so manches Fenster zum Kunstwerk. So auch die in diesem Foto festgehaltenen Fenster. In einem kräftigen Gelbton variieren sie ein abstraktes Gemälde. Jedenfalls kann man es so sehen.
In Wirklichkeit liegt folgende Situation vor: Es ist Abend, das helle Gebäude reflektiert diffus das blaue Himmellicht. Die Fenster können mehr, sie reflektieren spiegelnd das vom oberen Stockwerk eines gegenüber liegenden Gebäudes diffus reflektierte Licht eines farbenprächtigen Sonnenuntergangs.
Die abstrakte Strukturierung des realen Geschehens verdankt sich der Doppelverglasung der Fenster. Infolge des Unterschieds zwischen dem Luftdruck innerhalb des von den beiden Scheiben gebildeten Hohlraums und dem der Außenwelt mutieren sie zu leicht konkaven und konvexen Spiegeln. Daher erscheinen die abgebildeten Gegenstände nicht nur von jedem der Scheiben auf eigene Weise deformiert, sondern bringen diese deformierten Abbilder auch noch zur Überlagerung mit dem Ergebnis des im Foto festgehaltenen Gemäldes.
… will sagen: Er gibt nur dann annähernd die Wirklichkeit wieder, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Merkwürdigerweise sind es teilweise gerade solche, die in der abgebildeten Realität meist nicht realisiert sind. Zum Beispiel muss der Spiegel eben sein, darf keine Krümmungen aufweisen, muss gut reflektieren…
Genau das ist in dem Foto nicht gut erfüllt und führt zu einer ganz anderen Geschichte. Wir sehen lang aufstrebende kurvige, sich an bestimmten Stellen verzweigende, teilweise wellige Gebilde. Es handelt sich um eine mit spiegelndem Aluminiumblech verkleidete Wand. Wäre sie eben, so würde sie ganz gut spiegeln, wie man an einigen Stellen sieht. Da sie aber unterschiedlich gekrümmt ist, vermag sie nur entsprechend verzerrte Bilder wiederzugeben. Vielleicht kann man an den blauen Teilen erkennen/erahnen, dass hier hängende, sacht im Wind wehende Fahnen zu sehen sind. Bei schwachen Krümmungen kommt es zu Wellenlinien und Schwankungen in der Dicke des Fahnenmasts. Bei den starken Krümmungen, weisen die Strukturen auf einen Punkt hin. Diese Singularitäten sind trichterartige Vertiefungen, die durch Schrauben hervorgebracht werden, mit denen die spiegelnden Platten an die Wand fixiert wurden. Sie sind entscheidend für die Stabilität der Aluminiumfassade und es ist, als würden die Strukturen dem Rechnung tragen, indem sich ihnen oft mehrfach zuwenden. Natürlich nur dort, wo es Gegenstände gibt, die in ihren Einflussbereich gelangen. Die Kräfte, die von den Schraubenfixpunkten ausgehen, sind zwar stark aber kurzreichweitig, was zu einer starken lokalen Krümmung des Blechs führt. Die Fahnenmasten sind natürlich nur eine Möglichkeit, die spiegelnden Aluminiumbleche zum „Reden“ zu bringen. Andere hier nicht im Bild auftretende Spiegelobjekte würden natürlich andere Geschichten erzählen…
Die Spiegelwelt täuscht eine Dreidimensionalität vor, die immerhin für einige (sensible?) Leute so real wirkt, dass sie genau darauf achten, wie sie ihre Schritte setzen und einen Teil ihrer Unbefangenheit verlieren. Dabei wirkt die Überlagerung der realen mit der virtuellen Räumen beim Blick auf den unmittelbar vor einem liegenden Fußboden weniger irritierend, als es auf diesem Foto.
Aber eigentlich hatte ich das Foto gemacht, um auf einen anderen interessanten Effekt hinzuweisen – den Blauschimmer des durch die Oberlichter hereinfallenden Tageslichts. Da unser visuelles System dazu tendiert, in einer einheitlich beleuchteten Umgebung wie dieser mit weißem Licht ausgeleuchteten Passage als überwiegende Farbe weiß zu sehen, erscheint das Tageslicht so, wie es wirklich ist – bläulich. Das Foto zeigt also keinen falschen Weißabgleich, sondern kommt den realen Verhältnissen ziemlich nahe.
Ich blicke aus einem Gebäude hinaus auf eine Geschäftsstraße und in das Schaufenster eines Geschäfts, das senkrecht zur Straße orientiert ist. Es zeigt mir mit beachtenswerter Präzision die Fortsetzung der dem direkten Blick verborgenen Fortsetzung der Straße nach links. Das passt ziemlich genau, selbst die Perspektive stimmt in etwa. Lediglich ein gewisser Schwund an Licht lässt das Spiegelbild dunkler erscheinen, denn transparente Medien, wie hier die Glasscheibe, lassen den wesentlichen Teil des auftreffenden Lichts durch.
Wegen der noch tiefstehenden Sonne lag bei diesem Morgenspaziergang der Wald noch weitgehend im Schatten. Hier und da gab es einen hellen Sonnenfleck, der wegen des Kontrasts die Details des Waldbodens überstrahlte. Erst wenn man näher kam und die Augen sich auf die Helligkeit einstellen konnten, war alles zu erkennen. Einer dieser Sonnenflecken fiel auf den Waldbach und dessen bewegtes Wasser reflektierte das Licht spielgelnd in die Augen. Da der Spiegel in diesem Fall aus einer bewegten, teils stationären, teils sich verändernden welligen Oberfläche bestand, wurden die gespiegelten Gegenstände entsprechend deformiert. Hinzu kommt, dass sich wegen der Transparenz des Wassers auch noch Details des Untergrunds mit einmischen, sodass sich bewegte Bilder ergaben, von denen das Foto eine Momentaufnahme zeigt.
Auch wenn man nicht wüsste, welcher Gegenstand in dieser Aufnahme gezeigt wird, düfte intuitiv klar sein, dass wir es nicht mit einem zufallsgenerierten Szenario zu tun haben, sondern mit dem Anblick eines real ablaufenden Vorgangs.
Wenn man die Augen aufmacht, entdeckt man, dass die natürliche und wissenschaftlich-technische Welt keine Gelegenheit auslässt, sich schöner Ansichten zu bemächtigen, indem diese einfach abgebildet bzw. kopiert werden. In der Natur tun das Seen und Pfützen, in der Stadt sind es eher Glasflächen und wie im Falle des Fotos so ungewöhnliche Orte wie der Kotflügel (sic!) eines Autos. Ich bin immer wieder erstaunt, wo überall Bilder der Umgebung anzutreffen sind.
Muss man sich da noch über die Macht der Bilder wundern und darüber in wie starkem Maße sie unser Denken und Handeln beeinflussen und machmal sogar bestimmen?
Übrigens: Weiß jemand, in welcher Stadt dieser Kotflügel gesehen wurde?
Vor ein paar Tagen war es kaum vorstellbar, dass wir doch noch einen Hauch von Winter zu spüren/erleben bekommen. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass er von unten, gewissermaßen durch die Ritzen Einlass gefunden hat. Denn was hier so hell erstrahlt sind keine (botanischen) Blüten, sondern anhänglicher eisiger Schnee.
Wie kommt es zu solchen winderzeugten Strukturen?
Ich hatte mir für diesen Tag vorgenommen, die vom Wind verwehten Weidenkätzchen zusammenzufegen. Als ich morgens ans Werk gehen wollte, fand ich diesen Anblick vor. Der Wind hatte volle Arbeit getan. Recht so, denn er hatte vorher ja auch die Unordnung erzeugt.
Erklärung des Rätselfotos des Monats März 2022
Frage: Geht hier alles mit rechten Dingen zu?
Antwort: Ja. Aber es ist nicht leicht einzusehen, weil hier die reale und die Spiegelwelt einander „überlagern“. Und es ist noch schwieriger, es zu beschreiben.
Die Situation ist die Folgende: Es handelt sich um die Empfangshalle eines Hotels, die mit dunklen spiegelglatten Steinfliesen ausgelegt ist. Diese spiegeln die Umwelt bei schräger Ansicht nahezu perfekt. Bei steiler Aufsicht wie man sie normalerweise erfährt, wenn man sich auf dem Fliesenboden fortbewegt, merkt man kaum etwas von der irritierenden Spiegelung. Denn je kleiner der Reflexionswinkel, desto geringer ist die Intensität des reflektierten im Vergleich zum absorbierten Licht. Bei großem Reflexionswinkel ist der Anteil der reflektierten Lichtintensität oft so groß, dass die sich dadurch auftuende Spiegelwelt in der Wahrnehmung dominiert.
Um Ordnung in die auf dem Foto dargestellte Situation zu bringen ist es hilfreich, die goldenen Ringe der Säulen zu betrachten. Dort hat die Säule Kontakt mit dem Fliesenboden. „Darunter“ befinden sich die gespiegelten Säulen. Man sollte versuchen, sie zunächst aus der Betrachtung heraus zu halten. Auf diese Weise kann es dann gelingen, die räumliche Tiefe realistisch einzuschätzen und insbesondere zu erkennen, dass sich die rechte Säule wesentlich weiter im Hintergrund der Szenerie befindet als die Person.
Mein Schreibtisch befindet sich direkt hinter einem Fenster, das den Blick auf ein weites Feld freigibt. Ich saß wieder einmal ohne überzeugende Ideen an der Tastatur und fühlte mich in zunehmendem Maße geärgert durch eine vom Feld ausgehende intensive Blendung. Das Feld war frisch gepflügt und mir kam nichts Rechtes in den Sinn, worum es sich bei dieser Lichtquelle wohl handeln könnte. Ich nahm meinen Feldstecher zur Hand, aber der verstärkte nur die Blendung und gab keinerlei weiteren Aufschluss. Also musste ich der Sache auf den Grund gehen. Ich merkte mir einige markante Stellen um den Corpus delicti einzugrenzen und auf diese Weise ausfindig machen zu können. Es dauerte doch einige Zeit des Hin- und Her und wuchs sich schließlich zu einer mittleren Trainingseinheit aus, denn mein Arbeitszimmer liegt im ersten Stock. Schließlich hatte ich den Übeltäter gefunden, eine etwa 2 cm große Glasscherbe, die beim Pflügen an die Oberfläche befördert wurde. Man sieht sie im Foto im Originalzustand. Leider nichts Antikes. Und auch das Foto lässt sich kaum ohne diese Geschichte als Kunstwerk verkaufen.
Anschließend dachte ich über den Sinn meiner Aktion nach: Ich hatte etwas für meine körperliche Fitness getan. Reicht das?
Erstaunt war ich indes über die Intensität der spiegelnd reflektierten Sonnenstrahlung. Obwohl das transparente Glas (den Schmutz muss man abrechnen) bei senktrechtem Lichteinfall nur 4% des auftreffenden Lichts reflektiert, war der Effekt überraschend stark. Das spricht zum einen für die Intensität des Sonnenlichts. Zum anderen fällt das Licht der Nachmittagssonne ziemlich flach also unter großem Winkel (bezogen auf die Senkrechte) ein. Und da der Anteil des reflektierten Lichts mit der Größe des Einfallswinkels stark zunimmt, kam es insgesamt zu dieser starken Blendwirkung. Wieder einmal ein Beispiel für: Kleine Ursache, große Wirkung.