Wer sich das Foto des ungeordneten Spinnennetzes genauer anschaut wird vielleich einige Farben entdecken auf einem nach rechts gebogenen Streifen entdecken. Das ist kein Fake sondern Fakt – der Teil eines Regenbogens. Zwar erkennt man nur die außen liegenden rötlich und gelblich erscheinenden und die rechts innen auftretenden bläulichen Tröpfchen, aber dafür geht es hier nicht so hektisch zu wie beim „richtigen“ Regenbogen, in dem immer neue der fallenden Tropfen aufblitzen. Die in Regenbogenfarben leuchtenden Tropfen sind hier im Spinnennetz fixiert. Und dennoch, da in diesem Fall die Morgensonne ihre Bahn über den Himmel beginnt, geraten auch hier stets neue Tropfen in ihren Lichtkegel und werfen das farblich zerlegte Licht in unsere Augen – aber wesentlich langsamer als bei den fallenden Regentropfen. Diese zusätzlich Bewegung der Sonne ist zwar auch beim „richtigen“ Regenbogen vorhanden, aber angesichts der Fallgeschwindigkeit vernachlässigbar.
Ich glaube nicht, dass die Spinnen um diese Jahreszeit aktiver sind als sonst. Aber ihre Bauwerke erfreuen sich bzw. uns mit größerer Sichtbarkeit. Wenn die Temperaturen sinken, steigt die relative Feuchte oft über 100%, sodass der überschüssige Wasserdampf insbesondere an kalten Gegenständen kondensiert und das sind vor allem kleinere Strukturen mit einer geringen Wärmekapazität, weil die ihre Energie schneller verlieren als größere Strukturen. Die Spinnennetze sind auch deshalb besonders prädestiniert weil die bereits an den Fäden vorhandenen Tröpfchen ideale Keime zur Kondensation von Wasser abgeben. An diesem Anblick finde ich besonders interessant, dass die durch Netzspannung stabilisierte Struktur einem Dreieck nahe kommt. Dreiecke und andere einfache geormetrische Gebilde in der Natur finde ich besonders ansprechend.
Spinnen haben das Problem, ihre Netze so zu bauen, dass sie immer schön gespannt bleiben. Bei festen Begrenzungen muss das Netz von Zeit zu Zeit nachgespannt werden, wenn es durch äußere Einflüsse an Spannung und damit an Tauglichkeit für den Beutefang eingebüßt hat. Im vorliegenden Fall (siehe Foto) ist die Spinne sehr clever zu Werke gegangen. Sie hat ihr Netz in die Krümmung eines langen Grashalms eingebaut. Dabei hat sie den Grashalm über die natürliche, schwerkraftsbedingte Krümmung hinaus durch die Radialfäden ihres Netzes gespannt, sodass die dadurch hervorgerufene rückwirkende Kraft des Halms umgekehrt das Netz unter Spannung hält. Wird durch irgendwelche äußeren Einwirkungen, z.B. dem Aufprall einer dicken Fliege, das Spinnennetz gedehnt, so wird dadurch der Halm weiter gespannt und zieht in der nachfolgenden Entspannung das Spinnennetz wieder straff. Tolle Erfindung unter Einbeziehung örtlicher Gegebenheiten – funktional und naturschön.
Dennoch ist in diesem Netz nicht alles in Ordnung. Durch die Tautröpfchen an den Fangfäden und vermutlich der vorangegangenen Einwirkung von Wind haben sich zahlreiche Fadenabschnitte berührt verbunden. Das dürfte für die ordnngsmäßige Funktion des Netzes im Sinne der Spinne nicht garade förderlich sein.
Creative Commons. Cho M, Neubauer P, Fahrenson C, Rechenberg I Spinne im Moment des Abhebens
H. Joachim Schlichting. Spektrum der Wissenschaft 11 (2022), S. 64 – 65
Einige Spinnenarten segeln mit ihren Fäden durch die Luft. Dafür nutzen sie nicht nur Wind und Thermik. Darüber hinaus verschafft ihnen das elektrostatische Feld der Erde selbst bei Flaute den nötigen Antrieb.
Ja wäre nur ein Zaubermantel mein, und trüg er mich in fremde Länder Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832)
Spinnen haben keine Flügel, und deswegen sollten sie eigentlich nicht fliegen können. Manchmal sieht man sie allerdings an langen Seidenfäden durch die Luft schweben und wird dadurch auf anschauliche Weise eines Besseren belehrt. Diese Technik des Segelflugs ist bei vielen Spinnenarten seit langem bekannt. Schon Darwin hatte auf seinem Forschungsschiff »Beagle« achtbeinigen Besuch erhalten. Er beschrieb, wie eine an Bord gelandete Spinne wieder Abschied nahm, indem sie »vier oder fünf Fäden hervorstieß. Sie waren mehr als einen Meter lang und strebten von den Drüsenöffnungen ausgehend nach oben voneinander weg. Plötzlich löste die Spinne ihren Griff vom Pfosten und wurde schnell außer Sichtweite getragen«.
Laut Darwin war es an jenem Tag heiß und windstill. Er machte winzige thermische Konvektionsbewegungen dafür verantwortlich, dass die Spinne trotz Flaute abheben konnte. Die These vermag durchaus einige wesentliche Aspekte des Phänomens zu erklären. Außerdem vermutete Darwin bereits, obendrein könnten elektrostatische Kräfte im Spiel sein. Dafür sprach die fächerartige Ausbreitung der herausschießenden Fäden – als würden sie sich gegenseitig abstoßen. Allerdings herrschte trotz solcher Hinweise auf mögliche Ladungseffekte bis in unsere Tage die Überzeugung vor, hinter dem Spinnenflug stünden ausschließlich aerodynamische Effekte. Das war wissenschaftlich durchaus gut begründbar. In den letzten Jahren wurden jedoch Untersuchungsergebnisse publiziert, die den elektrostatischen Vorgängen eine zusätzliche tragende Rolle zusprechen.
Zu den jüngsten Entwicklungen dürften Schwierigkeiten beigetragen haben, die bei genauerer Betrachtung auftreten, wenn man den aerodynamischen Auftrieb allein verantwortlich machen will. So ist unklar, wie sich die bis zu 100 Milligramm schweren Spinnen mit ihrem Faden auffällig schnell in die Höhe katapultieren, während kaum ein Lüftchen weht. Hinzu kommt das schon von Darwin notierte Aufspreizen der bündelweise ausgestoßenen Fäden. Außerdem fand man einige fliegende Spinnenarten in vier Kilometer Höhe vor – strömungsdynamisch eine ziemliche Herausforderung.
Solche Probleme lassen sich beseitigen, wenn man die Wirkungen des so genannten atmosphärischen Potenzialgradienten mit einbezieht. Hierbei geht um Ladungsdifferenzen zwischen Atmosphäre und Erdboden: Die in mehr als etwa 70 Kilometer Höhe gelegene Ionosphäre ist überwiegend positiv geladen, die Erdoberfläche hingegen negativ. Der Unterschied wirkt sich auf den gesamten dazwischen gelegenen Bereich aus. So ist die ungestörte Atmosphäre oberhalb der Erdoberfläche positiv geladen, sodass zwischen einem Punkt auf der Erdoberfläche und einem Punkt in der darüber befindlichen Luft eine elektrische Spannung herrscht (siehe: „Spektrum der Wissenschaft“ Mai 2017, S. 64). und Volt pro Meter betragen. Die Stärke des Effekts schwankt allerdings und hängt sehr stark von den Wetterbedingungen ab.
Bereits die gegenseitige Abstoßung der von der Spinne abgegebenen Fäden zeigt: Auch die Seidenfasern tragen elektrische Ladungen. Es kommt daher zwangsläufig zu einer Wechselwirkung zwischen ihnen und dem Feld der Luft. Doch wie kann die Spinne – bevor sie den Versuch wagt – erkennen, ob die Kräfte stark genug sind, um sie mitsamt ihrem Faden zu tragen? Dazu muss sie elektrische Felder wahrnehmen und nach ihrer Stärke beurteilen. Dass zumindest einige Insekten dazu in der Lage sind, ist seit einigen Jahren bekannt (siehe »Spektrum« April 2020, S. 60).
2018 haben Erica Morley und Daniel Robert von der University of Bristol untersucht, wie Spinnen auf Felder reagieren. Sie setzten in Laborversuchen Baldachinspinnen (Linyphiidae) elektrischen Feldern aus, die in ihrer Stärke denen in der Atmosphäre bei verschiedenen Wetterbedingungen entsprachen. Tatsächlich reagierten die Spinnen darauf mit eindeutigen Flugvorbereitungen. Die segelnden Tiere gewannen oder verloren beim Ein- und Ausschalten der Felder an Höhe. Somit kann für den Aufstieg nicht nur der aerodynamische Auftrieb verantwortlich sein, sondern ebenso muss die elektrische Wechselwirkung zwischen den Tieren und den äußeren Feldern eine Rolle spielen. Spezifische Bewegungen bestimmter Sinneshaare auf der Körperoberfläche der Tiere in Reaktion auf elektrische Felder legen die Vermutung nahe, dass diese so genannten Trichobothrien den Spinnen die Wahrnehmung der Felder ermöglichen.
Die fliegenden Spinnen sind zwar weitgehend dem atmosphärischen Potenzialgradienten und den aerodynamischen Gegebenheiten ausgeliefert. Trotzdem können sie wohl noch ein wenig Einfluss nehmen. In einer Veröffentlichung von 2022 haben Charbel Habchi von der libanesischen Notre-Dame-Universität-Louaize und Mosbeh M. Khalid Jawed von der University of California in Los Angeles die Ergebnisse von Computersimulationen präsentiert. Aus diesen folgerten die beiden Ingenieurwissenschaftler, dass die Spinnen sowohl die strömungsphysikalischen als auch die elektrostatischen Verhältnisse steuern können, indem sie die Anzahl der Fäden und deren Länge verändern. Damit verfügten die Tierchen in der Luft immerhin über gewisse Steuerungsmöglichkeiten.
Bisher ist ungeklärt, auf welche Weise die Spinnfäden aufgeladen werden. So werden sich dieser faszinierenden natürlichen Umsetzung eines elektrischen Antriebs vermutlich noch über Jahre hinaus weitere Geheimnisse entlocken lassen.
Quellen
Darwin, C. R.: Journal of researches into the natural history and geology of the countries visited during the voyage of H.M.S. Beagle round the world, under the Command of Capt. Fitz Roy, R.N. John Murray. London, 1845
Morley, E. L., Robert, D.: Electric fields elicit ballooning in spiders. Current Biology 28, 2018
Habchi, C.; Jawed, M. K.: Ballooning in spiders using multiple silk threads. Physical Review E 105, 2022
Die Spinne hat hier auf spannende Weise, das gespannte Seil eines Strommastes gefunden, an dem sie mit gespannten Fäden ihr Netz aufgespannt hat. Sie hätte kaum etwas weniger Gespanntes finden können, denn neben der mechanischen Spannung wird in den Stromleitungen eine elektrische Spannung aufrechterhalten. Immerhin sorgt sie für elektrische Energie, die unsere Fernseher befähigt, spannende Unterhaltung frei Haus zu liefern.
Nun bin ich gespannt, ob ihr die Situation auch spannend oder vielleicht sogar entspannend findet. Trotz aller notwendigen Spannungen sind Entspannungen mindestens genau so wichtig. Und sei es nur um die Bereitschaft für neue Spannungen zu ermöglichen.
Obwohl beide Bilder einander sehr ähneln, indem sie ein System konzentrischer Kreise zeigen, stellen sie völlig verschiedene Situationen dar. Links blicken wir auf ein Gespinst von Spinnweben und rechts auf konzentrische Wasserwellen, die durch einen Steinwurf ins Wasser erzeugt wurden. Während jedoch die Wellen sehr real sind ist das Spinnengewebe an sich völlig chaotisch. Lediglich der Blick gegen die Sonne erweckt den Eindruck, man habe es hier mit konzentrisch gesponnenen Fäden zu tun. Auch die Farben werden durch kein Pigment hervorgerufen, sondern durch Beugung des Lichts an den Spinnfäden und hier insbesondere an den winzigen Klebetropfen, mit denen die Spinnen ihre Netze zu tödlichen Fallen für die Insekten machen. Dennoch – das Kreisförmige drängt sich geradezu auf.
Ich kann mich noch gut erinnern, dass in meiner Kindheit unser Weihnachtsbaum u.A. mit Lamettagirlanden geschmückt wurde, die genauso aussahen wie die Eiskristallbänder, die ich in unserem winterlichen Gewächshaus vorfand (siehe Foto). Es war damals eine Art Alleinstellungsmerkmal, weil derartig geschmückte Weihnachtsbäume in der Nachbarschaft nicht vorkamen. Die Girlanden hatte – wenn ich mich recht erinnere – jemand aus Amerika mitgebracht. Ein Blick ins Internet zeigt, dass sie immer noch oder wieder erhältlich sind. Obwohl sich die hier gezeigten echten Eiskristallbänder auf einer Glasscheibe befanden, zeigte sich, dass auch in diesem Fall auf den ersten Blick nicht zu sehende Bänder die gefrorenen Kristalle zusammenhalten. Dabei handelt es sich um ausgediente Spinnfäden, die sich noch auf der Scheibe befinden. Diese enthalten offenbar geeignete Keime, an denen die Wasserdampfmoleküle in der kalten Nacht vor der Aufnahme des Fotos angedockt und dann seitliche „Kristalltriebe“ ausgebildet haben. Die Tendenz sich radial vom initialen Spinnfaden zu entfernen ist dadurch bedingt, dass beim Übergang der Wassermoleküle vom dampfförmigen in den festen Zustand sowohl Kondensationswärme als auch Kristallisationswärme abgegeben werden muss. Das gelingt wie man sieht am besten, wenn sich die Kristalle vom Ursprung weg in den kalten Außenbereich orientieren. Schaut man sich das Foto genauer an, so kann man erkennen, dass sich die so entstehenden Seitentriebe einander „ausweichen“, wenn sie sich gegenseitig in die Quere kommen.
Die unsichtbaren Klebetropfen der Spinnfäden erhaschen in der kühlen Nacht überschüssige Wasserdampfmoleküle, die schließlich zu Tropfen vereinigt, Himmelslicht einfangen um in Form filigraner Lichterketten dem frühen Beobachter einzuleuchten.
Spinnennetze sind jetzt im Herbst wieder reichlich zu sehen. Vor allem deshalb weil die dünnen normalerweise meist übersehenen Fäden mit winzigen Tautropfen benetzt sind, die das Sonnenlicht reflektieren. Das im Foto abgebildete Gespinst fiel mir aber durch einen blauen Einschluss auf, der wie ein Schmuckstück aussieht. Ich habe leider nicht herausfinden können, worum es sich dabei handelt. Beute kann es kaum sein. Es fehlen die Details, die z.B. auf ein Insekt schließen lassen.
Ehrlich gesagt hätte ich lieber vom „Herrn der Fäden“ gesprochen, um mich nicht dem Verdacht auszusetzen, dass typischerweise Frauen spinnen und mit Fäden umgehen. Aber die Größe der Spinne auf dem Foto ist eher 2 cm als 1 cm groß, was für eine weibliche Gartenkreuzspinne spricht. Die Männchen bringen es nur auf etwa 1 cm. An dieser Spinne faszinierte mich besonders, mit welcher Behändigkeit und Schnelligkeit sie über das Netz stolzierte. Denn es ist nicht so, dass sie gegen die Klebrigkeit der Fangfäden gefeit wäre. Sie nutzt vor allem die nicht klebrigen Gerüstfäden, d.h. vor allem die diagonal verlaufendenden Speichenfäden, die als erste hergestellt werden. Bei den Tröpfchen, die hier zu sehen sind, handelt es sich um winzige Wassertröpfchen. Die Klebetropfen am spiralförmigen Fangfaden kann man mit bloßem Auge nicht sehen.
Heute ist Tag- und Nachtgleiche. Die dunklen Stunden haben zu- und die hellen abgenommen. Heute sind sie beide gleich lang. Damit beginnt nun auch offiziell der Herbst. Die Sonne steigt tagsüber nicht mehr so hoch über den Horizont. Man wird daher oft geblendet. Zum Ausgleich bekommt man aber auch einiges geboten. Zum Beobachten der Sterne braucht man nicht mehr so lange zu warten und – darauf möchte ich heute aufmerksam machen – man kommt häufiger die Chance, Spinnennetze gegen die tiefstehende Sonne in bunten Farben aufflammen zu sehen (siehe Foto). Flach gegen die Sonne betrachtet sieht man, wie das Sonnenlicht an den dünnen Spinnfäden und den darauf befindlichen winzigen Klebetröpfchen gebeugt und dadurch in einzelne Spektralfarben zerlegt wird. Achtet mal darauf wenn ihr an Bäumen und Büschen vorbeikommt, die im Lichte des Sonne liegen. Das Gefühl, dass im Herbst mehr Spinnennetze vorhanden sind, rührt vor allem daher, dass diese durch Tautröpfchen und durch die Lichtbeugung häufiger gesehen werden als in anderen Jahreszeiten.
Spinnennetze in freier Natur bekommt man meistens eher ins Gesicht als zu Gesicht. Es sei denn das Spinnennetz wird nächtens benetzt, statt dass in ihm fette Beute hängen bleibt. In diesem Fall (oberes Foto) kommt verschärfend hinzu, dass es sich um ein Mininetz handelt, das man normalerweise weder so noch so wahrnimmt. Mich hat erstaunt, dass alles dran ist wie an einem normal großen Netz – nur eben kleiner. Das gilt auch für die Tropfen. Insbesondere an den Stellen, an denen keine Tropfen sind, sieht es fast so aus, als wäre hier auch eine Unterbrechung im Netz. Allerdings ist unser Vertrauen in die gewohnte Beschaffenheit der Welt so groß, dass wir nicht davon ausgehen, diese Leerstellen seien wirklich leer. Und wenn man ganz genau hinschaut (auf Foto klicken), schimmert uns der „missing link“ auch schemenhaft entgegen. Die starke Wasserliebe des Netzes (Hydrophilie) und die dadurch gegebene Möglichkeit, Wasser aus der Luft zu ernten hat in der physikalischen Forschung bereits dazu geführt, einmal mehr die Natur zu plagiieren und Materialien mit ähnlichen hydrophilen Eigenschaften zu konzipieren.
…jedenfalls mischt sie sich ins Spinnennetz ein und scheint die zentralen Stellen des Netzes wegzubrennen. Das ist natürlich eine Täuschung, die auf eine physiologische Überforderung bei der menschlichen Wahrnehmung (Irradiation) und eine technische Überforderung bei der Kamera (Blooming) zurückzuführen ist. Interessanterweise führt das zu parallelen Wirkungen mit der Folge, dass das Foto in etwa dasselbe zeigt, was auch das Auge sieht. Die Sonne nützt sogar der Spinne, indem sie dazu beiträgt, das Netz von den nächtlichen Tautropfen zu befreien. Dadurch wird das Netz wieder weitgehend unsichtbar (wie man bereits jetzt an einigen scheinbar fehlenden Teilstücken erkennen kann) – eine Voraussetzung dafür, dass die Insekten nicht sofort ein materielles Hindernis erkennen und der Spinne ins Netz gehen. Auf diesem Foto beeindruckt aber besonders, dass die Spinne auch ohne etwas von physikalischen Zusammenhängen zu verstehen die Elastizität der Schilfblüte für ihre Zwecke ausnutzt. Indem sie ihre Fäden zwischen der gebeugten Blüte und dem übrigen Halm spannt, wird das Netz umgekehrt durch die rückwirkenden Kräfte des über die schwerkraftsbedingte Neigung hinaus gebogenen Halms straff gehalten. Das erspart ihr aufwändige Spannvorrichtungen, wie sie ansonsten oft benötigt werden. Ähnlich clever handelte die Spinne, die ein aufgewölbtes Blatt zum Spannen nutzte.
Der Winter unternimmt immer mal wieder einen Versuch, Fuß zu fassen und sei es nur in Form von kleinen Eiskristallstrukturen, die eher an Spuren von Vogelfüßen erinnern als an Eis und Schnee.
Dennoch ist dieses Foto einer Fensterscheibe Zeugnis der fantastischen Metamorphose: Unsichtbarer Wasserdampf, der uns meist unmerklich umgibt, zeigt sich in weißen Kristallstrukturen, die das düstere Grau in Grau des Winters ästhetisch konterkarieren.
Die Verteilung der einzelnen Kristallbüschel richtet sich nach sogenannten Keimen, die auf der Glasfläche in Form von kleinen Staubpartikeln statistisch verteilt vorhanden sind. Denn aller Anfang ist schwer: Um vom dampfförmigen in den festen Zustand überzugehen benötigen die frei umherdriftenden Wassermoleküle einen Ausgangspunkt, an den sie andocken können. Dazu sind auch übrig gebliebene Spinnfäden willkommen. Die Eiskristalle verschaffen ihnen eine Sichtbarkeit in völlig neuem Gewand. Nach gelungenem Anfang docken die nachfolgenden Wassermoleküle bevorzugt an bereits bestehenden Kristallen an, sodass diese nach dem Prinzip: „Wer da hat dem wird gegeben“ ein zügiges Wachstum an den Tag legen.
Die farbenfrohen „Netzaktivitäten“ nehmen kein Ende. Auch diesmal ist mir, als wäre hier ein Künstler am Werk gewesen. Und doch ist – wie vor kurzem bereits ausgeführt – alles nur ein Produkt aus Licht, Struktur und Unschärfe. Die Spinnen, die die Netze webten und den „Anstoß“ für diese Farbenpracht gaben, wollen eigentlich fette Beute machen und haben überhaupt kein Interesse daran, das ästhetische Empfinden von Menschen ansprechen.
Die Spinnennetze und vagabundierenden Spinnfäden insbesondere der Baldachinspinne, die man zurzeit zu Gesicht und manchmal auch ins Gesicht bekommt, sind nicht zahlreicher, sondern auffälliger geworden. Im Herbst werden sie häufig infolge der für die Jahreszeit in unseren Breiten typischen kalten, feuchten Nächte mit feinen Wassertröpfchen überzogen. Weiterlesen →
Ab heute beginnt der astronomische Herbst. Die Tage werden fortan kürzer als die Nächte. Die Sonnenuntergänge drängen sich immer mehr in Zeiten hinein, die wir bislang als Tag erlebt haben und die Sonne steht inzwischen später auf als ich. Und wenn man morgens über die Wiese geht, sieht man, dass die Spinnen über Nacht nur Wassertropfen gefangen haben.
Der schöne Sommer ging von hinnen, Der Herbst der reiche, zog ins Land. Nun weben all die guten Spinnen So manches feine Festgewand.
Sie weben zu des Tages Feier Mit kunstgeübtem Hinterbein Ganz allerliebste Elfenschleier Als Schmuck für Wiese, Flur und Hain.
Ja, tausend Silberfäden geben Dem Winde sie zum leichten Spiel, Die ziehen sanft dahin und schweben Ans unbewußt bestimmte Ziel.
Sie ziehen in das Wunderländchen, Wo Liebe scheu im Anbeginn, Und leis verknüpft ein zartes Bändchen Den Schäfer mit der Schäferin.*
* Wilhelm Busch, Im Herbst. Zu guter Letzt, München 1904
Der Herbst macht sich auch dadurch bemerkbar, dass die morgendlichen Wiesen mit Tropfen bedeckt sind. Sie wurden gewissermaßen aus der Atmosphäre heraus gemolken. Dadurch dass es in der Nacht kühler und der Taupunkt unterschritten wurde, musste der überschüssige Wasserdampf an geeigneten Stellen in flüssiges Wasser übergehen. Der kondensierte Wasserdampf setzte sich in Form von wachsenden Tropfen beispielsweise an Grashalmen und Blättern, aber auch – wie im vorliegenden Fall – an Spinnengewebe ab. Weiterlesen →
Als ich am Morgen im Gegenlicht der Sonne durch das Fenster auf das Nachbarhaus blickte, leuchteten mir zahlreiche natürliche Lampen mit ihrem unaufdringlichen und doch eingängigen Licht entgegen. Zum einen wurden die Blüten einiger Blumen von der Sonne so beleuchtet, dass sie ihren Farbpigmenten entsprechend wie natürliche Lampen farbiges Licht in alle Richtungen aussandten. Blendete man die Sonne aus, so war es, als leuchteten sie von selbst.
In der Schulphysik wird der Begriff „Lichtquelle“ meist für Selbstleuchter reserviert. Das halte ich didaktisch für ungeschickt, denn alle Gegenstände, die Licht aussenden sind auch Lichtquellen unabhängig davon, wie sie an die Energie gelangen, die sie zum Aussenden von Licht befähigen. Sei es die Kernfusion im Falle der Sonne, die Elektrizität im Falle einer Glühlampe oder wie hier bei den Blüten das absorbierte weiße Sonnenlicht.
Außer der leuchtenden Blüten zieht sich ein Band diskreter Farbrechtecke diagonal durch das Foto. Es handelt sich um Licht, das von einem zarten Spinnennetz ausgeht, das in der Nacht im Fenstereck von fleißigen Spinnen gewebt wurde. Diesmal sind es aber keine Pigmentfarben, sondern es handelt sich um Sonnenlicht, das an den feinen Strukturen der Fangfäden des Netzes gebeugt wurde und je nach Blickwinkel für unterschiedliche Farben sorgt. Wer sich genauer für den Mechanismus der Entstehung dieser Strukturfarben interessiert, sei auf einen früheren Beitrag verwiesen.
Die Rechteckform ergibt sich durch die Unschärfe des Fotos, bei dem auf die ferneren Blüten fokussiert wurde und daher zu diesem künstlerisch wirkenden Bokeh-Effekt führt.
Wer in diesen Tagen bei tiefstehender Sonne durch die Landschaft streift bekommt das was ihm ansonsten meist unangenehm klebend im Gesicht hängenbleibt oft in ästhetisch ansprechender Form in bunten Kästchen zu Gesicht. Es sind Spinnfäden im Gegenlicht, die durch die Sonnenstrahlen zum Irisieren gebracht werden und durch eine bewegungsbedingte Unschärfe größere Sichtbarkeit erlangen.
Beim Fotografieren bleibt diese Unschärfe in etwas anderer Form dadurch erhalten, dass die (automatische) Kamera ohnehin nicht auf das dünne Netz fokussiert, sondern auf auffälligere Strukturen. In diesem Fall sind des die im Sonnenlicht liegenden Holundersträucher im Hintergrund.
Wie an anderer Stelle ausgeführt, sehen wir hier keine Pigmentfarben, sondern Strukturfarben, in denen die Welleneigenschaften des Lichts zur Geltung kommen.
Schaut man eine Kreuzspinne an, wie sie sich gewissermaßen auf Zehenspitzen auf den Fäden ihres filigranen Netzes bewegt, so bekommt man den Eindruck, dass sie Vorsicht walten lässt. Das ist nötig, denn der Spiralfaden der eng mit Klebetropfen ausgestattet ist, stellt nicht nur eine Gefahr für die Beutetierchen der Spinne dar. Sie muss selbst aufpassen, dass sie sich nicht auf den Leim geht. Weiterlesen →
O sieh das Spinnennetz im Morgensonnenschein, Wie es vom Tau noch voll kristallner Tropfen hängt! Im leichten Winde wiegt es seiner Perlen Pracht, Die in den silbergrauen Maschen hier und dort So flüchtig sich wie sanft und zierlich eingeschmiegt. Sieh, so ist alles Glück. So hängt es flüchtig sich In unsrer Tage schwankendes Gespinst, Und es erschauert unter seiner köstlichen Last Des Majaschleiers weltdurchwallendes Geweb*
An manchen Morgen in dieser Zeit, wenn es gerade hell geworden ist, scheint die vertraute Landschaft der Krummhörn verändert. Überall an den Feldrändern, den schilfgesäumten Schloten und Kanälen blitzen hell leuchtende Spinnennetze in den verschiedensten Formen auf. Sie sind nicht erst heute dort, aber sie werden erst jetzt sichtbar, weil die kühlen Nächte für reichlich Tau sorgen, der sich besonders in den Spinnennetzen niederschlägt. Diese Wassertropfen sind so klein, dass sie das Licht wie Nebeltropfen in alle Richtungen streuen und die ansonsten aus verständlichen Gründen nahezu unsichtbaren Spinnennetze zu einer erstaunlichen Sichtbarkeit verhelfen. Sie scheinen aus sich heraus zu leuchten.
Zu den schönen Mustern des Herbstes zähle ich auch das im Foto dargestellte Gebilde.
Aufgrund der kühlen Herbstnächte kommt es vermehrt zur Taubildung im Gras und anderswo. Als ich vor ein paar Tagen barfuß über den morgendlichen Rasen stapfte, kam dieses einem Miniatur-Kneipp-Gang gleich. Dabei entdeckte ich im Gras Nester mit solchen schönen Tropfenmustern, die es wert waren noch einmal hin und her zu kneippen, um den Fotoapparat zu holen. Weiterlesen →
Hier hat die Spinne sich einiges eingefangen, auf das sie vermutlich keinen großen Wert legt – Tautropfen. Dadurch ist das Netz einigermaßen durcheinander gebracht worden, indem einige Abschnitte des spiralförmigen Fangfadens* mitbenachbarten „verklebten“ und damit relativ große Durchfluglöcher für potenzielle Beutetiere geschaffen wurden. Für mich ist es allerdings ein richtiger Hingucker: Im Licht der Sonne vor dem frisch grünen Hintergrund sind diese Symmetriebrüche eher eine ästhetische Bereicherung. Weiterlesen →
Bevor der Mensch das Weben und damit die Fähigkeit erlernte, alle Fäden in der Hand zu halten, war dieses Handwerk den Spinnen vorbehalten. Wir bewundern nicht nur ihre Kunst, ästhetische ansprechende Netze zu entwerfen, in denen sie ihre Beute fangen. Noch beeindruckender ist meines Erachtens ihr Geschick, mit dem sie im selben Netz surfen, ohne an denselben Klebetröpfchen hängen zu bleiben, die allen anderen Insekten zum Verhängnis werden. Weiterlesen →
Schlichting, H. Joachim. Investigación y Ciencia Mayo 2017 Nº 488
La seda de estos arácnidos debe algunas de sus asombrosas propiedades a un revestimiento líquido. Este ayuda a preservar la estructura de la telaraña y, al mismo tiempo, contribuye a tensar los hilos.
Las telas de araña pueden provocar reacciones opuestas. En ocasiones, sus pegajosos hilos nos causan repugnancia, como cuando descubrimos grandes nidos de polvo en las esquinas de una habitación o cuando se nos quedan enganchados al tocarlos. En otras, en cambio, la estética de una telaraña circular perfectamente tensada puede resultar cautivadora. Así ocurre cuando las vemos cubiertas de rocío o cuando despliegan un iridiscente juego de colores a la luz del sol.
Hace decenios que los científicos se interesan por este sorprendente material. ¿Qué lo hace tan elástico y, al mismo tiempo, tan estable? Hay dos razones por las que resulta tan difícil quitar las telarañas: son pegajosas y muy extensibles. Como veremos, ambas propiedades se encuentran estrechamente relacionadas. Collares de perlas microscópicos
Las arañas construyen su tela a partir de una solución (secreción de espidroína, una especie de cristal líquido) que expulsan de su abdomen. En contacto con el aire, la mezcla se solidifica de inmediato y da lugar a una fibra extraordinariamente resistente. Las arañas pueden producir diferentes tipos de hilo en función del uso que vayan a darle. Para la estructura básica de la tela, numerosas especies, como la araña de jardín europea, tejen hilos radiales. Estos son muy rígidos y enseguida se comban si acercamos sus extremos, aunque solo sea en un pequeño porcentaje.
Sobre esta estructura radial, la araña fija a continuación una espiral fabricada con un «hilo de captura». Al contrario que los primeros, este seguirá estando tenso incluso si lo contraemos hasta un 5 por ciento de su longitud original. Esta propiedad resulta óptima para capturar presas, ya que incluso aquellos insectos que choquen contra la telaraña a gran velocidad solo la deformarán, en lugar de romperla. Por otro lado, que no resbalen por la malla ni sean catapultados en sentido opuesto, como en una cama elástica, se debe a otra importante característica de los hilos de captura: se hallan cubiertos de diminutas gotitas adhesivas, las cuales retienen cruelmente a la presa y evitan que escape. Esos puntos adhesivos se distribuyen a lo largo del hilo a intervalos muy regulares, como las perlas de un collar. Sin embargo, no es la araña la que debe encargarse de disponerlos de esa forma: el ribete de gotitas se crea de manera espontánea por pura necesidad física…
Hier kann man endlich mal sehen, warum die Blumen trotz ihrer schweren Blüte nicht umkippen. Sie sind mit allerlei Fäden fest verzurrt. Diese Fäden sieht man nur, wenn Wassertröpfchen an ihnen kondensieren und das Licht der frühen Sonne reflektieren.
Man könnte auch sagen, die Blume ist vernetzt.
Nein, ich spinne nicht. Das überlasse ich anderen, die mit ausgeklügelten Methoden Spannung ins Netz bringen.
Die Teleologie, welche mit dem Netz von Zwecken und Mitteln die ganze Welt einspinnen möchte, ist doch schließlich eben nur die Projektion der teleologischen Struktur der Lebenseinheit. Und zwar besagt diese nichts von einer planmäßigen Ordnung, einem Bewußtsein, das sie hervorbrachte. Sie besagt nur die Form eines Zusammenhangs. Zu diesen Merkmalen gehört, daß man sie am leichtesten als von einem bewußtsein nach Zwecken geformt vorstellt. Am leichtesten, und als oder als ob (von einem Bewußtsein geformt). Nicht aber, daß diese Struktur so und nur so entstanden gedacht werden müsse.Weiterlesen →
Draußen lag die Welt im frischen Morgenlichte,
die Tauperlen, die in den Spinngeweben hingen,
blitzten in den ersten Sonnenstrahlen. Theodor Storm (1817 – 1888)
Manchmal gehen Spinnengeweben keine Insekten ins Netz, sondern Regenbögen. Sie kompensieren die Flüchtigkeit ihrer Existenz mit eindrucksvollen Farben. Aus dem unansehnlich grauen Gespinst wird ein ästhetisch ansprechendes Naturphänomen. Ein normaler Regenbogen leuchtet in einer „Wand“ feiner fallender Wassertröpfchen auf. Es sind in jedem Moment andere Tröpfchen, die die jeweiligen farbigen Lichtstrahlen in unsere Augen senden. Weiterlesen →
Schlichting, H. Joachim. In: Spektrum der Wissenschaft 3 (2016), S. 46 – 47
Einige seiner erstaunlichen Eigenschaften verdankt der Spinnenfaden einer Flüssigkeitshülle. Diese hält das Seidengeflecht in Form und macht es zugleich elastisch.Weiterlesen →
Wanderungen geben u.a. Gelegenheit zu vielfältigen Naturerlebnissen und bestehen sie auch nur in der Wahrnehmung und Bewunderung eines Spinnennetzes.
Spinnennetze sind so dünn und fein und von unauffälligem Grau, dass sie normalerweise kaum zu sehen sind. Das ist beabsichtigt, denn die Beute soll das verhängnisvolle Netzwerk allenfalls erst dann erkennen, wenn es zu spät ist. Es gibt aber Situationen, in denen zumindest wir Menschen ein Spinnennetz in leuchtenden Farben erleben, so dass es nicht zu übersehen ist und im Gegenteil die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Das ist dann der Fall, wenn der frühe Beobachter mit der Sonne im Rücken die nachts in den Spinnennetzen kondensierten Wassertröpfchen in Regenbogenfarben erstrahlen sieht. Weiterlesen →