Obwohl der Spiegel doch nur „vorne“ und „hinten“ vertauscht, hat man manchmal seine liebe Mühe, eine Ordnung in die Spiegeleien zu bringen. Versucht es doch selbst einmal 😉
Spiegel sind seit Menschengedenken, spätestens seit Narziss (siehe Ovids Metamorphosen), eine Herausforderung für die Menschen. Eine dieser Herausforderungen besteht in der Beantwortung der Frage, ob man dem Spiegel vertrauen kann.
„Den eigenen Rücken im Anprobespiegel zu sehen, beruht vor allem auf dem Wissen, daß es das gibt und daß ‚es geht‘. Man kennt das Hantieren mit zwei Spiegeln und die Bedingungen, unter denen der zweite Spiegel das Bild im ersten zeigt. Man kennt einfache Gesetzmäßigkeiten der Reflexion. Aber man ’sieht‘ in einem einigermaßen wissensunabhängigen Sinn nichts, was die Zugehörigkeit des Gesehenen zum Eigenleib unmittelbar ansichtig macht, etwa ohne Erinnerung an bestimmte Merkmale und Anomalitäten aus früheren Handlungen gleicher Art. Wir kennen uns von hinten nur auf Umwegen und unter reduziertem Gewißheitsgrad.“*
Fazit: Verachte nicht die Spiegelbilder. Nur mit ihrer Hilfe ist es möglich, einige den Augen direkt entzogene Partien des eigenen Körpers zu sehen.
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* Hans Blumenberg. Die Vollzähligkeit der Sterne. Frankfurt am Main 1997, S 378
Symmetrien spielen in der Physik und in der Kunst eine wichtige Rolle. Doch noch wichtiger und schöner als die perfekte Symmetrie ist die Abweichung davon, der Symmetriebruch.
In diesem Fall ist vom Eindruck der Symmetrie nur noch die grobe Ausrichtung der Maserungen geblieben.
Wo ist die Grenze, dass man keine Symmetrie mehr wahrnimmt?
Wenn man sechs gleich große Kugeln, um eine siebte gruppiert, so wird diese von jeder der anderen Kugeln in einem Punkt berührt. Diese minimale Einheit einer hexagonal dichtesten Kugelpackung in der Ebene hat – mathematisch und zugleich poetisch ausgedrückt – die Kusszahl 6 (oberes Foto). Versucht man die Konstellation mit Magnetkugeln nachzustellen, so gelingt es zwar auch, aber weniger freiwillig, als man vielleicht erwarten würde. Weiterlesen
Die Symmetrie wird in diesem Foto ganz offensichtlich in mehrfacher Weise gestört. Dennoch bildet sie so etwas wie einen invarianten Hintergrund, vor dem die Abweichungen von Symmetrie überhaupt erst als solche wahrgenommen werden. Hervorheben möchte ich die Sandrippel, die in ihrer Ähnlichkeit durch zufallsbedingte Abweichungen von einem Muster zeigen, das als solches gar nicht explizit gemacht werden kann. Die Farben des Meeres und des Himmels weichen links und rechts von der Spitze der Düne geringfügig voneinander ab. Schuld ist ein mäßiger Sandsturm, der rechts über die fast lineare Dünenkante fegt und der Atmophäre ein wenig Sandbraun beimischt.
Von Pierre Curie (1859 – 1906), Nobelpreisträger für Physik (1903), stammt der Ausspruch: „C’est la dissymétrie qui crée le phénomene“ (Es ist die Asymmetrie, die das Phänomen erschafft (Übers. HJS)). Ich würde hinzufügen: Die Asymmetrie bzw. der Bruch der Symmetrie bringt auch das Schöne hervor.
Denn ich sah z.B. wohl, daß, ein Dreieck angenommen, seine drei Winkel zwei Rechten gleich sein mußten, aber ich sah darum noch keinen Beweis, daß es in der Welt ein Dreieck gäbe, während ich bei der Idee eines vollkommenen Wesens, auf deren Prüfung ich wieder zurückkam, fand, daß in dieser Idee die Existenz ganz ebenso liegt als in der Idee eines Dreiecks, daß seine drei Winkel gleich zwei Rechten sind, oder in der einer Kreislinie, daß alle ihre Teile gleich weit von ihrem Zentrum abstehen; oder sogar noch einleuchtender. Folglich ist der Satz, daß Gott als dieses so vollkommene Wesen ist oder existiert, mindestens ebenso sicher, als ein geometrischer Beweis es nur irgend sein kann.* Weiterlesen
Wir sind der Meinung Schönheit sei nicht in den Objekten selber zu suchen, sondern im Helldunkel, im Schattenspiel, das sich zwischen Objekten entfaltet.*
Tanizaki Jun’ichiro (1886 – 1965)
* Tanizaki Jun’ichiro : Lob des Schattens. Zürich 1987, S.60f – ein absolut lesenswertes Büchlein (HJS)
In der Physik gibt es ein Phänomen, das man Annihilation nennt. Es besteht darin, dass sich ein Teilchen, z.B. ein Elektron mit seinem Antiteilchen, dem Positron, trifft, das gewissermaßen ein Elektron mit entgegengesetzter Ladung ist. Da sich entgegengesetzte Ladungen aufheben, vernichten sich in diesem Fall die beiden Teilchen. Die Masse der Teilchen kann aber nicht einfach verschwinden und geht daher in ein Energiequant über. Weiterlesen
Was ist an physikalisch interessanten Phänomenen auf diesem (nicht manipulierten) Foto zu sehen?
Das Interessante an diesem Foto ist, dass das Gesicht einer Person mosaikartig aus kleinen Abbildern eben dieser Person zusammengesetzt erscheint. Um das zu erreichen war keine Manipulation nötig. Es ergab sich gewissermaßen von selbst, als ich spielerisch durch ein aus der Teetasse gehobenes und daher benetztes Teesieb zunächst rein spielerisch auf eine Person blickte. Indem anschließend mein Blick durch eine Fotografie ersetzt wurde, entstand dieses Bild der Bilder.
In zahlreichen Kommentaren wurde eine Antwort versucht. In der Antwort von Karl wurde das Problem nicht nur im Prinzip gelöst, sondern sogar mit Hilfe eines Nudelsiebs experimentell untermauert.
Andere waren der Lösung sehr nahe, was ich ihnen zu der Zeit aber nicht sagen konnte, um das „Spiel“ nicht vorzeitig zu beeinden. So waren die Ideen, dass es sich um Glasbausteine, Maschenzaun u.ä. handeln könnte, gar nicht so verkehrt. Nur die Größenordnung stimmte nicht. Denn die Bildchen kommen dadurch zustande, dass sich winzige Flüssigkeitsfilme zwischen den Maschen des Siebs gehalten haben, die nunmehr als winzige Linsen wirkend Ausschnitte des Gesichts der Person abbilden. Da die Bildchen alle aufrecht stehen, muss es sich um Zerstreuungslinsen handeln; bei Sammellinsen wären auf dem Kopf stehende Bildchen zu erwarten gewesen. Die Miniwasserlinsen müssen also an den Rändern dicker sein als in der Mitte, was sich schon aus der Dicke der Metallmaschen erklärt.
Da die kleinen Bildchen die ganze Fläche bedecken ist trotz der Transparenz der Wasserfilme das Originalbild nicht zu erkennen. Jede kleine Linse zeigt jedoch den Ausschnitt der Person, der ihr in Blickrichtung gegenüberliegt, sodass in der Summe, in Farbe und Struktur schemenhaft das Original sichtbar wird, insbesondere dann wenn man aus einiger Entfernung schaut und sich durch den individuellen Inhalt der kleinen Bildchen nicht ablenken lässt.
„…während ich persönlich ja finde, dass Tulpen sehr wohl reimen. Das eine Blatt wächst dahin, das andere dorthin. Ihre Formen halten ein Zwiegespräch. Es herrscht Symmetrie. Es gibt in der Mitte den Stängel, es gibt das Spiegelbildliche. Ganz ohne Frage reimen sich Tulpen. Die Natur steckt überhaupt voller Reime„*.
Das gilt nicht nur für Tulpen. Auch andere natürliche und künstliche Objekte können sich reimen. Um den Reim zu entdecken, muss man über ein entsprechendes Sensorium, u.a. ein Gefühl für Symmetrien verfügen. Das muss allerdings nicht unbedingt explizit, bewusst oder mitteilbar werden.
Asymmetrie ist, ihren kunstsprachlichen Valeurs nach, nur in Relation auf Symmetrie zu begreifen.*
Diese Aussage ist durchaus auf die Physik zu übertragen, wenn man sich klarmacht, dass Symmetriebrüche erst in Bezug auf die Symmetrie begriffen werden können: Ohne Symmetrie kein Symmetriebruch.
Dass Kunst und Physik gerade was die Symmetrie betrifft zusammenhängen, hat der Physiker Hermann Weyl (1885 – 1955), u. A. Autor eines klassischen Werks über Symmetrie, folgenderamßen auf den Punkt gebracht: Weiterlesen
In südlichen Breiten ist man ganzjährig von farbenprächtigen Blüten umgeben. Ich bin insbesondere von den Hibiskusblüten beeindruckt, die hier in zahlreichen Variationen anzutreffen sind. Auf dem Foto sieht man eine voll entfaltete Blüte mit ihren prachtvollen Stempeln und Staubgefäßen in äußerst verlockenden Farben. Wer von den Insekten da noch zögert, ist selber schuld.
Dominierend ist hier – wie so oft im Bereich der belebten Natur – die Fünfzähligkeit. Die fünf Kronblätter leuchten hier in einem satten Rot, sie können aber auch andere Farben aufweisen. Die Staubfäden der zahlreichen Staubblätter sind zu einer langen Röhre zusammengewachsen, die weit aus der Blüte herausreicht. Wenn ich recht informiert bin, dient diese sogenannte Columna der Verhinderung der Selbstbestäubung. Besonders eindrucksvoll sind die fünf ausgreifenden Griffeläste mit ihren samtenen Narben.
Polygone findet man in der Natur in den unterschiedlichsten Kontexten. Dabei kommt dem Sechseck eine besondere Bedeutung zu. Vor diesem Hintergrund finde ich es immer wieder eindrucksvoll, wenn manche Pflanzen es geradezu herausschreien, dass es auch andere regelmäßige Polygone gibt, zum Beispiel das Fünfeck oder auch Pentagon (vom altgriechischen πεντάγωνον). Ein Beispiel ist die Blüte des Zucchini, die mit einem konkaven Fünfeck in knalligem Gelb auf sich aufmerksam macht.
Als Nutzpflanze, bei der man es hauptsächlich auf die gurkenförmigen Früchte absieht, hat sie es außerdem schwer, den Blick des Menschen von Gemüse auf Schönheit zu wenden, auch wenn dies häufig sehr naheliegt und eine gegenseitige Wertsteigerung bewirken könnte.
Der „kleine Kürbis“, wie die Pflanze in der aus dem Italienischen stammenden Bezeichnung heißt, lässt die Fünfe aber manchmal auch gerade sein, indem er auch mal vier- und sechsstrahlige Blüten zu besten gibt.
In der Hoffnung, dass dieser Aspekt des Pentagons auch ein wenig gegen Politikverdrossenheit helfen möge :), empfehle ich, einfach mal die großen Blätter der Zucchini zu lupfen und die oft halbverborgenen Blüten in all ihrer Schönheit in Augenschein zu nehmen.
Vor ein paar Tagen habe ich ein Phänomen beschrieben, bei dem eine mit Wasser gefüllte Flasche wie eine Lupe wirkt. Etwas ganz Ähnliches war mir vor Jahren schon einmal aufgefallen und ich hatte es während eines Essens sehr zum Ärger meiner Begleitung auch fotografisch festgehalten (siehe Foto). Mir schien die Situation klar: Die Schrift wird durch die Zylinderlinse (jedenfalls näherungweise), die hier als Zylinderlupe wirkt, in der Horizontalen vergrößert. Weiterlesen
Das Foto bezieht sich auf den gestrigen Beitrag unter der Frage, ob Spiegelbilder einen Schatten haben können. Nach einem Kommentar von , habe ich den Vorschlag gemacht, eine brennende Kerze vor einem Spiegel aufzustellen und die Schatten eines ebenfalls vor den Spiegel gestellten Gegenstands zu betrachten. Um keine Verwirrung zu stiften, habe ich das kleine Experiment selbst durchgeführt und das beiliegende Foto geschossen. Weiterlesen
Mit Spiegeln kann man unendlich große virtuelle Räume schaffen – instantan, geräuschlos und ohne die Umwelt zu belasten. Das ist beeindruckend! Ein durch Spiegelung geschaffener Raum ist im Idealfall (wenn sich der Beobachter ganz klein macht, um auf der Symmetrieachse zu sitzen) rein optisch vom realen Raum nicht zu unterscheiden. Mit den dadurch gegebenen Möglichkeiten experimentieren die Künstler schon von jeher. Weiterlesen
Fliegen im Juni auf weißer Bahn
flimmernde Monde vom Löwenzahn,
liegst du versunken im Wiesenschaum,
löschend der Monde flockenden Flaum. Weiterlesen
Schaut man sich das Bild einer Treppe in einem Bahnhof an, so könnte man auf dem ersten Blick meinen, es handele sich um einen fast symmetrischen Aufgang. Erst die Unvollkommenheiten auf der rechten Bildhälfte überzeugen uns davon, dass es sich hier um eine Kombination aus realer und Spiegelwelt handelt. Sogar die Zeit ist gespiegelt. Während die Uhr auf der linken Seite 9:30 h anzeigt, ist es auf der rechten Seite bereits 14:30 h zu sehen. Auch andere Hinweise entlarven die Täuschung des flüchtigen Blicks.
Wenn die Wand des Treppenaufgangs mit einem guten Spiegel versehen wäre, würde man sich vermutlich über die Täuschung nicht wundern, kommt es doch oft genug vor, dass Menschen oder Tiere gegen einen Spiegel laufen, weil sie die Spiegelwelt für real halten. Weiterlesen
Schlichting, H. Joachim; Backhaus, Udo; Schlie, Ansgar. In: Praxis der Naturwissenschaften 38/5, 34 (1989).
Symmetrie bedeutet im weitesten Wortsinn Wiederholung von Gleichartigem. In dem Maße, wie wissenschaftliche Forschung mit dem Aufdecken von Regelmäßigkeiten in der Natur befaßt ist, geht es so gesehen um die Suche nach Symmetrie. Die Symmetrie kann daher wohl mit Recht als das wirkungsvollste Ordnungsprinzip insbesondere der Naturwissenschaften angesehen werden.
Pierre Curie wies bereits gegen Ende des vorigen Jahrhunderts darauf hin, daß Symmetriebetrachtungen geeignet sein können, auf neue Effekte aufmerksam zu machen, wenn man sein Augenmerk auf einen Symmetriebruch (dissymétrie) richtet, den man bei bestimmten (physikalischen) Vorgängen vorfinden kann. Denn „dieser Symmetriebruch muß sich in den Ursachen, die ihn hervorgerufen haben, wiederfinden“ [1]: Ein Symmetriebruch verweist auf die Eigenschaft eines Systems, Zustände verschiedener Ordnung einnehmen zu können. Wesentlich ist dabei, daß er nach universellen Gesetzmäßigkeiten organisiert ist, die für den Phasenübergang in einem Ferromagneten ebenso zutreffen wie für die spontane Entstehung von Bénardzellen auf einer von unten geheizten Flüssigkeitsschicht. Man spricht daher auch allgemein von kritischen oder phasenübergangsähnlichen Phänomenen [2].