Wer mit offenen Augen durch die Welt geht, dem fallen vielleicht auch einmal Fensterscheiben mit wellenartigen Reflexionen auf. Leider habe ich die auf dem Foto abgebildeten Scheiben nicht im Original gesehen, sondern in Gnaddrigs Blog. Ich habe mich allerdings angesprochen gefühlt zur Frage, wie es zu diesen Wellen kommt.
Ich vermute, dass die Fenster in dem neu errichteten Gebäude mit Sicherheitsglas ausgestattet wurden. Dieses Glas wird dadurch hergestellt, dass die Glasscheiben in einem speziellen Ofen bis nahe an die Grenze der Verflüssigung (ca. 600° C) erhitzt werden. Dabei wird das erhitzte Glas auf Quarzglasrollen kontinuierlich hin und her transportiert. Mit zunehmender Temperatur wird das Glas leicht verformbar und neigt dazu, während des Erhitzungsprozesses ein wenig zwischen den Rollen durchzusacken. Dadurch kann eine periodische Welligkeit im Glas auftreten, die bei direkter Betrachtung kaum zu bemerken ist. Betrachtet man jedoch an der Scheibe reflektierte Strukturen, so werden die Wellen durch entsprechende Mehrfachreflexionen indirekt sichtbar. Es ist eine Art strukturierter Beleuchtung, wie man sie beispielsweise vom chinesischen Zauberspiegel her kennt. Da die Scheiben stets etwas reflektieren, fällt dieser Effekt den wenigsten Menschen auf. Allerdings ist die wellenartige Struktur in der Spiegelung verräterisch.
Der alte Pilsumer Leuchtturm ist lange im Ruhestand. Vor ihm dreht sich ein vergleichsweise gigantisches Windrad. Aber nicht nur das Alter und die Größe machen den Unterschied. Der Leuchtturm benötigte zu seiner Zeit Energie, um den Schiffen heimzuleuchten. Das Windrad erzeugt Energie und zwar um Größenordnungen mehr als der Leuchtturm verbrauchte. Der Größenunterschied ist hier auch visuell in Szene gesetzt.
Der Leuchtturm steht nicht nur auf dem Deich, sondern auch für eine längst vergangene Zeit. Das Windrad produziert erneuerbare Energie und dreht sich für eine neue Zeit. Es ist nicht das einzige an der deutschen Nordseeküste und findet daher kaum noch Beachtung. Der Pilsumer Leuchtturm ist einzig(artig) auf der Welt und genießt insbesondere bei Touristen große Beliebtheit und nicht erst seit Otto ihn in einem seiner Filme auftreten ließ.
Ich bin immer wieder fasziniert von verblüffend einfachen aber wirkungsvollen und oft intelligenten Erfindungen und Praktiken im alltäglichen Bereich, die kaum zur Kenntnis genommen werden und deren Urheber meist namenlos bleiben. Fortan werde ich hier in lockerer Folge an die dahinter stehenden naturwissenschaftlichen und/oder technischen Zusammenhänge erinnern.
Ich beginne mit einer Entdeckung, die ich kürzlich beim Zerlegen einer alten Holztür gemacht habe.
Viele ältere Holztüren aus der Nachkriegszeit (50er bis 80er Jahre) sind relativ leicht. Das merkt man allerdings meist erst dann, wenn man sie ein- oder ausbaut. Obwohl sie massiv aussehen, ist das Innenleben oft ziemlich hohl. Das hilft nicht nur Material zu sparen, sondern vermindert auch die Last die die Tür auf die Scharniere ausübt. Natürlich kann das Innenleben einer solchen Tür nicht völlig hohl sein, weil sie ansonsten ziemlich flexibel und instabil wäre. Das Innere muss also in irgendeiner Weise ausgefüllt werden. Heute werden oft Füllungen aus Spanplatten mit röhrenförmigen Hohlräumen benutzt.
Beim Ausbauen und Entsorgen der älteren leichten Türen entdeckte ich eine interessante Füllungsvariante (siehe Foto). Zwischen den beiden Oberflächen aus relativ dünnem Sperrholz wurden merkwürdige Holzringel als Abstandshalter benutzt. Solche Ringel erinnern an die Späne, die beim Hobeln eines Brettes aus dem Hobel quellen. Vermutlich sind sie auch auf ähnliche Weise entstanden, nämlich durch Abtragen eines Holzspans durch ein hobelartiges Werkzeug.
Wenn die Klinge beim Hobeln eine mehr oder weniger dünne Holzschicht abschneidet, wird diese nach oben aus dem Werkzeug heraus gedrückt und dabei Stück für Stück eingeknickt. In gleichem Maße entstehen dadurch dünne Querrisse auf der Unterseite des Spans, der infolgedessen auf dieser Seite länger wird als die weitgehend rissfreie Oberseite. Um diesen Längenunterschied auszugleichen rollt sich der Span spiralförmig ein.
Diese gerollten Späne werden zwischen die beiden Flächen des Türblatts eingefügt. Durch die Aufrollung werden sie mit ihrer Breitseite nach oben und unten orientiert und können nicht umkippen und nur schwer zusammengedrückt werden. Dadurch wird dem Hohlraum zwischen den beiden Oberflächen bei geringer Masse optimale Stabilität verliehen.
Und damit das Ganze nicht allzu trocken endet, hier noch ein Gedicht zur nichtmateriellen Bedeutung von Türen:
Rote Rosen
Du hast Deine Hand noch nicht auf die Türklinke gelegt,
Als Dir durchs Türbrett der Rosen Brand schon entgegenschlägt.
Die Rosen sind Deinem Herzen näher als manches Wort,
Sie geben ihr Glück in die Luft und halten doch vornehm das Prahlen zurück.
Der Rose Seele will sich sanft zu Dir setzen,
Deine Augen haben und Deinem Blut von Seligkeit schwätzen.
Wer sie vor seinen Türen in kleinen menschengroßen Bäumen pflegt,
Dem hat sich das Glück quer über die Schwelle gelegt;
Denn die roten Rosen, die können für Dich küren,
Sie locken Dir die Liebste durch verschlossene Türen.
Max Dauthendey (1867 – 1918)
Ich bekomme immer wieder Anfragen zu Alltags- und Naturphänomenen und werde in Zukunft meine Antworten auch als Blogbeitrag bringen. Ich werde die Erklärungen mit einem Wort Einsteins so einfach wie möglich formulieren, aber nicht einfacher. Diesmal geht es um die Frage, warum ein Heißluftballon in der Luft schweben kann.
Warme Luft steigt auf. Der Grund dafür ist, dass sich Luft bei Erwärmung ausdehnt. Man sagt auch, sie wird leichter und meint damit, dass ihre Dichte abnimmt. Die kältere und daher schwerere Umgebungsluft wird stärker von der Erde angezogen und drückt die leichtere erwärmte Luft nach oben weg.
Daraus entstand schon sehr früh der Gedanke, heiße Luft in einen Ballon zu füllen und diesen dann aufsteigen zu lassen. Allerdings war die Umsetzung der Idee insofern schwierig, als die Dichteabnahme der Luft durch Erwärmung so gering ist, dass man schon einen sehr großen Ballon mit heißer Luft füllen muss, um zum einen den Ballon selbst und zum anderen auch noch die Nutzlast, z.B. einen Menschen in die Luft gehen zu lassen.
Die ersten erfolgreichen Konstrukteure eines solchen Heißluftballons waren die Brüder Joseph Michel und Jacques Etienne Montgolfier. Weil man der Sache noch nicht so ganz traute, gingen am 4. oder 5. Juni 1783 als erste Passagiere ein Hahn, eine Ente und ein Schaf in die Luft. Aber schon kurze Zeit später, am 21. November 1783 stiegen als erste Ballonfahrer der Geschichte Jean-François Pilâtre de Rozier und François d’Arlandes mit dem Ballon auf.
Heute kann man Heißluftballons häufig beobachten. Meist hört man den Ballon bevor man ihn sieht. Denn da sich die heiße Luft ständig abkühlt, muss sie in kurzen Abständen mit einem Gasbrenner wieder aufgeheizt werden. Das charakteristische Geräusch des brennenden Gases ist zumindest auf dem Lande schon von weitem zu hören.
Den hier abgebildeten Ballon habe ich vor ein paar Tagen in den Abendstunden von meinem Balkon aus aufgenommen. Soweit ich es sehen konnte, war nur eine Person an Bord bzw. im Korb (linkes Foto).
Es wird wohl keiner bestreiten, dass unsere natürliche Welt weitgehend überformt ist von der wissenschaftlich-technischen. Bei meinen gelegentlichen Spaziergängen in der Natur finde ich immer wieder das eine oder andere Objekt, das dort nicht hingehört. Meist sind es leere Zigarettenschachteln, Bierflaschen und typischer Plastikmüll unserer Tage. Aber manchmal finde ich Objekte, die nicht nur alt sind, sondern durch ihr Altern auch eine ansprechende Patina angenommen haben. In solchen Fällen lege ich ein solches Fundstück auch schon mal zur Seite, fotografiere es oder nehme es sogar mit nach Hause. Diese drei Objekte, die sich während einer einzigen Wanderung in der Natur in meiner Hosentasche zusammengefunden haben – ein verzinkter und dennoch vom Rost befallener Pappnagel, ein schon arg vom Rost zernagter Rest eines Stacheldrahts und ein kräftiger Nagel, der trotzdem gekrümmt wurde. Wie kamen diese Dinge in den Wald? Welche Geschichte könnten sie erzählen? Was veranlasste mich, sie zu bemerken und ihnen diese Aufmerksamkeit zu schenken?
Bei uns in der Nähe gibt es einen bewaldeten Bergrücken, der früher bergbaumäßig genutzt wurde, inzwischen aber mit hohem Mischwald bewachsen ist. Nur steile Hänge und andere Unwegsamkeiten lassen auf die früheren Aktivitäten schließen. Interessant sind manche Wechselwirkungen von Natur und früherer „Industriekultur“.
Da gibt es dann z.B. Reste verrosteter Zäune, deren Ursprung nicht mehr nachvollzogen werden kann, die völlig unaufgeregt in die undurchschaubaren Pläne der zum Licht strebenden Pflanzen integriert werden (siehe Fotos). Eine Kletterpflanze windet sich durch die quadratischen Maschen des Drahtes und integriert diese wie Treppenstufen zum Licht in ihr fortschreitendes Höhenwachstum. Wenn man sich die komplizierten und aus menschlicher Sicht schon wieder ästhetisch ansprechenden Verrenkungen der Pflanze anschaut, kann man sich kaum vorstellen, welche „Entscheidungen“ und vielleicht auch welche „Dramen“ sich beim Aufstieg unter dem Motto „Der Sonne entgegen“ abgespielt haben mögen.
Die Kletterpflanze ist schließlich vom Zaun zum Baum übergegangen und hat von da an den direkten Weg nach oben genommen, wo ihr Sonnenenergie zur Genüge zur Verfügung steht. Der an anderen Stellen bereits niedergesunkene und durch den ständigen Kontakt mit der feuchten Erde weitgehend weggerostete Zaun hat für die Funktion als Gerüst im Gegenzug eine stabile Stütze erhalten und kann auf diese Weise noch wesentlich länger an die bereits dem menschlichen Vergessen anheimgefallenen Zeiten seiner ursprünglichen Funktion erinnern.
Im unteren Ausschnittsfoto erkennt man, dass der Draht nicht nur von der Pfanze aufgenommen wurde, sondern streckenweise einen auffälligen Drehwuchs bewirkt hat, durch den sich die Pflanze um den Draht herumgewunden hat. Warum die Pfanze in dieser unterschiedlichen Weise auf das technische Stützwerk reagiert, indem sie es einmal in sich aufnimmt und ein anderesmal um ihn herumwächst, bleibt mir verborgen. Es muss irgendwo eine Entscheidung für die eine oder andere Version getroffen worden sein.
Wir werden zu zeigen haben, daß etwas, was der Mensch in seiner wissenschaftlichen Technik MACHT (…), in der Natur nicht existiert und noch nicht einmal eine NATÜRLICHE Folge NATÜRLICHER Phänomene ist.*
Worum handelt es sich bei den „Konstruktionen“? (Bauwerk und Baum ist mir als Antwort nicht genau genug).
Gaston Bachelard. Epistemologie. Frankfurt 1993. S. 21
Kinder und Hunde fürchten sich oft Rolltreppen zu benutzen. Diese Furcht und die möglichen Gedanken, die dabei entstehen können, hat Nicholson Baker (* 1967) zu beschreiben versucht. Dabei reflektiert der Protagonist Howie in dem bemerkenswerten Roman: Rolltreppe oder die Herkunft der Dinge vor allem scheinbar unwichtige Dinge und Handlungsabläufe, die den Alltag bestimmen. Mit großer Akribie und Ernsthaftigkeit malt Howie sich u. A. am Beispiel einer Rolltreppe aus, welche Gefahren sie birgt. Insbesondere die einerseits fantastischen aber andererseits mit nahezu naturwissenschaftlicher Akribie beschriebenen detailversessenen Exkurse sind m. E. ein Hochgenuss: Weiterlesen
Als Kind war ich erstaunt, dass man viel mehr Bauklötze in den dafür vorgesehenen Kasten bekam, wenn man sie ordentlich hineinsetzte, jeden an seinen Ort. Irgendwann danach erschien es mir plausibel, weil – so mein Gedanke – jeder Zwischenraum genutzt wird, anders als wenn alles kreuz und quer durcheinander liegt. Ich musste wohl in der Zwischenzeit so etwas wie das Prinzip der Invarianz (nach Jean Piaget (1896 – 1980) ) verinnerlicht haben, dass eine Anzahl von Klötzen immer dasselbe Volumen beanspruchte, egal ob sie ungeordnet und geordnet waren. Im ungeordneten Zustand ist nur mehr oder weniger viel Luft zwischen ihnen. Weiterlesen
Wir befinden uns nicht mehr im Wachstum, wir befinden uns im Auswuchs.*
„I can’t help it,“ said Alice very meekly: „I’m growing.“
„You’ve no right to grow HERE,“ said the Dormouse.
„Don’t talk nonsense,“ said Alice more boldly: „you know you’re growing too.“
„Yes, but I grow at a reasonable pace,“ said the Dormouse: „not in that ridiculous fashion.“ **
* Jean Baudrillard (1929 -2007). Die magersüchtigen Ruinen.
** Lewis Carroll (1832 – 1898). Alice in Wonderland. Herdfordshire 1992. p.9
Daß die wichtigsten Dinge durch Röhren getan werden, Beweise erstlich die Zeugungsglieder, die Schreibfeder und unser Schießgewehr, ja was ist der Mensch anders als ein verworrenes Bündel Röhren*. Die Liste in dieser von Georg Christoph Lichtenberg (1742 – 1799) gemachten Aussage könnte fast beliebig ergänzt werden. Man denke nur an das Fernrohr, an U-Bahnen, Tunnel und die allenthalben präsente Verkabelung der Welt mit Strom- und neuerdings vor allem Datenleitungen im Großen und im Kleinen – auch wenn es sich bei letzteren um Röhren handelt, in denen keine Materie im herkömmlichen Sinne fließt, sondern vor allem Energie. Weiterlesen
Technische Objekte erkennt man oft daran, dass sie den geometrischen Idealgestalten wie zum Beispiel einer perfekten Vertikalität folgen. Eine Mauer hat senkrecht zu sein, eine Straßenlaterne ebenso. Natürlichen Objekten, wie zum Beispiel einem Baum, erlaubt man hingegen Abweichungen, was meist mit der Vorstellung einer minderen Perfektion verbunden wird.
Vergleicht man vor diesem Hintergrund die Laterne am Ufer eines Entwässerungsgrabens mit dem Baum an einer vergleichbaren Stelle, so sieht man, dass die Verhältnisse hier gerade umgekehrt zu sein scheinen. Die Laterne hat sich den durch natürliche Vorgänge bewirkten Verschiebungen des Bodens entsprechend nach hinten geneigt, während der Baum als lebende Struktur in der Lage ist, auf solche Änderungen in seiner Umwelt zu reagieren: Er bleibt vertikal, indem Kipptendenzen erkannt und durch geeignete Wachstumsvorgänge kompensiert werden.
Dass die Bäume wie andere Pflanzen auch, dem Licht entgegenstreben (Fototropismus) bedeutet noch nicht, dass sie auch vertikal nach oben wachsen müssen, denn das Licht kommt aus vielen Richtungen. Vielmehr richten sie sich noch stärker entgegen der Wirkung der Schwerkraft aus (negativer Geotropismus). Die „Wahrnehmung“ der Schwerkraft erfolgt in den Wurzeln, sie ist senkrecht nach unten gerichtet (Geotropismus). Daher wird ein Baum, der an einem Hang aufwächst (siehe Bild) dem ungeachtet senkrecht nach oben streben.
Schaut man sich eine frisch entfaltete (sic!) Mohnblüte an, so zeigt diese oft noch Spuren der Falten, die an die Art der Verpackung der Blütenblätter im Innern ihrer Kapsel erinnern. Auch wenn die Falten zunächst kein regelmäßiges Muster erkennen lassen, waren die „pränatalen“ Blütenblätter nicht einfach in die Kapsel hineingeknüllt worden, sondern nach allen Regeln der platzsparenden Faltungstechnik untergebracht. Das zeigen die immer wiederkehrenden Muster, die die aufbrechenden Knospen offenbaren in denen ansatzweise die Blätter oder Blüten in kompakter Form zusammengefaltet vorhanden sind und ihrer Entfaltung entgegensehen. Die kunstvolle Faltung ist die natürliche Lösung des Problems, die späteren Blätter und Blüten auf kleinstem Raum in kompakter Form unterzubringen. Weiterlesen
Vor allem in Obst- und Weinanbaugebieten kann man in diesen Tagen, bzw. den frostigen Nächten Sprinkleranlagen in Betrieb sehen, die oft zu den lange vermissten Winterlandschaften mit ihren Kristallgärten führen. Dies ist natürlich nur ein ästhetischer Nebeneffekt des durch den künstlichen Regen beabsichtigen Schutzes der bereits Blätter und Blüten bildenden Pflanzen vor Erfrierungen. Auf den ersten Blick erscheint es paradox, dass die kristalline Verzauberung der Pflanzen durch die Beschichtung mit Eis eine Erwärmung der Pflanzen bewirken kann. Weiterlesen
In diesem Jahr sah ich in der Nähe von Pferdewiesen immer wieder zeltartige Vorrichtungen mit einem großen schwarzen Ball darunter (siehe Foto). So harmlos und rätselhaft zugleich dieses Gebilde auch aussehen mag, für einige Insekten, vor allem Bremsen wird es zur tödlichen Falle. Dabei wird einerseits die Verhaltensweise von Bremsen ausgenutzt, sich bei Warmblütern wie etwa Pferden eine Blutmahlzeit zu verschaffen. Da sie andererseits mit ihren Facettenaugen nicht feststellen können, ob es sich bei körperwarmen Gegenständen tatsächlich um Lebewesen handelt, landen sie oft auch auf den falschen Objekten, in diesem Fall auf dem warmen schwarzen Ball. Weiterlesen
„Der Mont Ventoux hat einen Mondgebirgsgipfel. Sturm will das Auto gleich in den Abgrund schmeißen, und wenn die Menschen die Aussicht bis ans Meer genießen, frieren sie sehr. Auf dem Nachbarplateau Stacheldraht Wüste etliche Bunker, da fuhren wir weiter. Die nackte Erde ergrünte, winzige Kiefern schwärmten aus, vorn ein paar Einzelne Mutige die auch allein etwas wagen.
Die Zedern versammeln sich an einer anderen Stelle. Einigen fehlten die vorwitzigen ewig winkenden Schöpfe, und unser Auto furzte sich fröhlich die zehnprozentige Steigung hinab.“ Weiterlesen
Wie der Name schon sagt: Meisen mögen (M)Eisen. Jedenfalls nistet in diesem Jahr ein Meisenpaar ausgerechnet in unserer alten Pumpe, mit der wir Wasser für den Gartenbedarf fördern. Ich muss wohl eine Zeit lang die Pumpe außer Acht gelassen haben. Als ich sie wieder in Betrieb nehmen wollte kroch mit ein wenig Mühe eine Meise aus der wirklich sehr engen Öffnung, durch den die Kolbenstange geführt wird. Als ich mich der Pumpe ungläubig näherte und durch das Loch blickte, hörte ich ein irgendwie zischendes Geräusch des kleinen Vogels aus dem Innern des Zylinders, das die Luftsäule darin in Schwingung versetzte und daher merkwürdig außerirdisch klang.
Mir war sofort klar, dass die Wasserförderung per Pumpe in diesem Frühjahr tabu sein würde. Um die Vögelchen im Rohr zu schützen, band ich dann auch gleich den Schwengel fest, damit ja kein anderer auf die Idee kommt, diesen zu betätigen. Das wäre vermutlich verheerend für die Vogelfamilie, die hier ihr Zuhause gefunden hat.
Mittlerweile wechseln sich die beiden Eltern ab und tauchen mit Futter im Schnabel ins Eisenrohr ab, um kurz danach wieder aufzutauchen. So wie Eisen in Meisen steckt steck auch Eis in Eisen. Dies ging mir in den letzten Tagen durch den Kopf, als wir nachts einige Minusgrade zu verzeichnen hatten. Mein Gedanke war, dass durch die perfekte Wärmeleitung des massiven Eisens es im Rohr ziemlich kalt werden würde. Ich spielte schon mit den Gedanken, die Pumpe mit Stroh zu umgeben, nahm aber dann von dem Gedanken Abstand, weil der Eingriff in das Pumpenreich der Meisen vermutlich noch verheerender gewesen wäre als die Kälte. Und offenbar haben die Vögelchen alles im Griff. Ich denke, dass das Nest genügend wärmedämmend ausgestattet ist.
Wieder einmal ein Beispiel dafür, dass die Tiere ebenso wie die Pflanzen die technischen Errungenschaften der Menschen (in diesem Fall sehr alte Technik) fraglos (?) in ihr Leben integrieren.
Da die Meisen sehr scheu sind, war es sehr schwierig sie zu fotografieren. Daher ist das Foto, das den Einstieg einer Meise zeigt, qualitativ nicht besonders gut. Es gibt aber einen Eindruck von dem, was sich hier seit vielen Tagen abspielt. Den Gedanken, wie ich später die Hinterlassenschaften der Meisenfamilie aus der Pumpe wieder herausbekomme, verfolgen ich vorerst noch nicht weiter.
Als ich heute Morgen die Zeitung las, fiel mir sofort in der Rubrik „Tage wie dieser“ eine kurze dpa-Meldung unter der Überschrift „Meisenascher“ ins Auge. Ich zitiere sie hier kommentarlos, weil ich ansonsten eine Lawine von weiteren Gedanken lostreten würde (Warum erscheint die Notiz gerade heute, als ich diesen Beitrag schreibe? Warum habe ich früher von derartigen Merkwürdigkeiten nichts gehört?):
„Da will Feuerwehrmann in Ruhe seine Kippe abknicken – und plötzlich piept’s im Ascher? Gibt’s das? Ja, in Herdecke. Bei der dortigen Feuerwehr hat sich eine Meisenfamilie eingenistet. Das Gezwitscher , das aus der Raucherecke ertönte, habe die Einsatzkräfte stutzig gemacht, auf der Suche nach der Quelle des Geräuschs wurden sie schließlich fündig: Die neuen Untermieter sind fünf Blaumeisen-Küken. Um diese zu schützen, wurde der Aschenbecher abgesperrt und ein Hinweisschild aufgestellt. Ein Feuerwehrmann, der Tierpfleger ist, wolle nun regelmäßig nach ihnen schauen, hieß es“. (FR vom 13. Mai 2019, S. 36)
Wenn man durch alte verlassene, bzw. sich selbst überlassene Weinberge wandert, kann man merkwürdige Symbiosen von Natur und Technik beobachten. Im nebenstehenden Foto sieht man beispielsweise Überreste eines Zaunes, der schon lange nicht mehr im Dienst ist. Die Natur hat keine Probleme damit, an den technischen Hinterlassenschaften des Menschen zum eigenen Vorteil anzuknüpfen (siehe auch hier). Dabei verfährt sie nach eigenem Gutdünken, indem hier Weinreben den alten Zaun als Stütze benutzen und sich an ihm mit Schlingen und Schlaufen in einem derart gesunden Grün aufrichten, dass vom Verfall einer alten Kultur nicht viel zu sehen bleibt.
Ich gehöre noch zu den altmodischen Menschen, die hauptsächlich mit dem Bleistift schreiben und mit ihm gelesene Bücher verunstalten. Jedenfalls sehen es andere so, die einmal ein von mir gelesenes Buch in die Hände bekommen. Je mehr Bleistiftspuren, desto besser ist in der Regel das Buch. Nur der Blog lässt sich bleistiftmäßig nicht gestalten. Daher bin ich auch erst sehr spät zu dieser Art der Kommunikation gekommen.
Je mehr die Bleistifte in Aktion sind, desto mehr müssen sie gespitzt werden. Früher habe ich dazu ein Messer verwendet, heute tue ich das nur noch, wenn kein Anspitzer zur Hand ist. Ich spitze gern Bleistifte und Buntstifte an. Die feine Klinge des Spitzers, die sich in das Holz des Stifts hineinspiralt und den Stift schließlich wie neu geboren erscheinen lässt, hat etwas Aufforderndes an sich von der Art, dieser Tat nun auch Worte folgen zu lassen… Dem kann ich nicht immer entsprechen und muss mich dann vorerst mit der Hinterlassenschaften des Spitzens begnügen, die sich dann nicht selten wie Kaffeesatz ausnehmen, aus dem zumindest eine Pareidolie zu lesen sein sollte. Heute ergab sich mit ein wenig Fantasie ein fliegender Vogel.
Natürliche und künstliche Stacheln, hier in trauter Gemeinsamkeit. Durch Androhung und tatsächliche Zufügung von Schmerzen und Verletzungen geht es in beiden Fällen darum, Zudringlichkeiten zu verhindern. Manchmal werden Brombeerhecken wie der technische Stacheldraht zur Abgrenzung von Grundstücken genutzt – dann könnte man mit Recht von Biostacheldraht sprechen. Ob er wirklich gesünder ist? Obwohl der gemeinsame Auftritt der Stacheldrähte ein Ergebnis des Zufalls sein dürfte, erscheint es mir wahrscheinlich, dass der technische Stacheldraht der Natur abgeschaut wurde.
Beim Renovieren eines Hauses aus dem 19. Jahrhundert in einem Warfdorf in Ostfriesland stellten wir mit Verwunderung fest, dass die Mauern kein Fundament hatten. Die Ziegel lagen auf einer relativ dünnen Lehmschicht auf und waren statt mit fest werdendem Mörtel nur mit Lehm verbaut. Man konnte die über 150 Jahre alte Wand per Hand dekonstruieren, fast lautlos, indem man einen Ziegel nach dem anderen einfach aufhob, sie zur Wiederverwendung mit wenigen Handbewegungen vom Lehm befreite und aufstapelte. Weiterlesen
Moderne Technik hilft dem Menschen. Das Navi ist für viele ein Segen. Endlich brauchen sie sich nicht mehr um den Weg zu kümmern. Eine synthetische Stimme sagt einem, wo es lang geht. Geografie und Kartenlesen sind aussterbende Kulturtechniken. In diesem Zusammenhang hörte ich kürzlich aus dem Bekanntenkreis, dass eine Jungsgruppe in einen Ort in Schleswig Holstein fahren wollte. Sie gaben den Namen ein und los ging es. Die Fahrt kam dem einen oder anderen zwar länger vor als gedacht, aber schließlich war man nach vielen Stunden am Ziel. Zumindest dem Namen nach, denn der Ort lag in Bayern.
Diese Geschichte ging mir kürzlich bei einer Wanderung durch den Kopf, als wir bei einem Straßenschild angekommen waren und plötzlich ein komisches Gefühl aufkam, dass wir hier völlig falsch sein könnten, was angesichts der Anstrengungen des Wanderns als sehr ärgerlich empfunden wurde. Plötzlich die von einem überschüssigen Buchstaben ausgehende Erleichterung: ein „h“ zuviel.
»Was ist also mit meinem Sonnenuntergang?« erinnerte der kleine Prinz, der niemals eine Frage vergaß, wenn er sie einmal gestellt hatte.
»Deinen Sonnenuntergang wirst du haben. Ich werde ihn befehlen. Aber in meiner Herrscherweisheit werde ich warten, bis die Bedingungen dafür günstig sind.«
»Wann wird das sein?« erkundigte sich der kleine Prinz.
»Hm, hm!« antwortete der König, der zunächst einen großen Kalender studierte, »hm, hm! Das wird sein gegen… gegen… das wird heute abend gegen sieben Uhr vierzig sein! Und du wirst sehen, wie man mir gehorcht.«* Weiterlesen
Die Verbindung von Anschauung und Denken, von Wahrnehmen und Begreifen machen die Welt in der Metaphorik der Physik des 17. und 18. Jahrhunderts zu einem Buch mit Zeichen, die gelesen und verstanden werden können und wollen. Beim Lesen der Welt zeichnen sich die neuzeitlichen Physiker dadurch aus, dass sie es erstmalig verstehen, mit Hilfe der optischen Linse das wissenschaftliche Sehvermögen über die Möglichkeiten des bloßen Auges hinaus zu steigern. Mit der Linse gelingt es die Lesbarkeit der Welt auf vorher nicht zu erahnende Dimensionen auszuweiten (siehe ausführliche Darstellung). Weiterlesen
Der erste deutsche Experimentalphysiker Georg Christoph Lichtenberg (1742 – 1799) hat sich nach eigenem Bekunden in seiner experimentellen Forschung mit seltsamen Geschöpfen auf der Grenze zwischen Luft und Festkörper befasst. Als jemand der „Pfeffer und gezackte Linien“ (F 995) liebt, stößt er wohl als erster Physiker im Rahmen seiner Experimente zur Elektrostatik auf nichtlineare fraktale Muster, die fortan seinen Namen tragen sollten. Weiterlesen
Auf den ersten Blick mag es so aussehen, als ob der Propeller eines Turboprop-Flugzeugs (vermutlich „Bombardier Dash 8 Q400“) ziemlich flexibel auf die höhere Beanspruchung der äußeren Enden der einzelnen Blätter reagiert. Denn – so könnte man argumentieren – die Geschwindigkeit ist außen größer als innen und die Blätter wären daher außen einem entsprechend größeren Widerstand ausgesetzt, dem sie durch die Verbiegung Rechnung tragen. Ganz abgesehen davon, dass diese Argumentation physikalisch-technisch gesehen inakzeptabel ist, ist sie nicht stimmig mit der auf dem Foto zu sehenden Figur zu vereinbaren. Weiterlesen
Gradierwerke waren ursprünglich Anlagen, um aus salzhaltigem Wasser (Sole) Salz zu gewinnen. Weiterlesen