Diese Nacktschnecke bewegte sich langsam auf ihrem Schleimpfad über die Straße. Es war windig und der Samenflaum der nahegelegenen Pappel erfüllte die Luft. Und da blieb es dann nicht aus, dass auch die Schnecke getroffen wurde. Durch die extreme Klebrigkeit der Schneckenhaut, blieben einige weiße Büschel haften, die der Schnecke offenbar nichts ausmachten. Jedenfalls rutschte sie auf ihrem Pfad weiter, als ob nichts gewesen wäre. Es waren nicht genug Samenflaume, um die nackte Schnecke zu einer weiß gekleideten Schnecke zu machen.
Als ich mich ein wenig in die Naturschönheit einer blauen Iris versenkte erblickte ich plötzlich ein Fabeltier, das mich ein wenig an einen blauen Pfau mit offenem Schnabel und geschlossenem Auge erinnert. Ich habe die Blume fotografiert und zeige hier den Ausschnitt, der mir ins Auge gestochen war. Schaut selbst, seht ihr nicht auch das blaue Tierchen?
Schmeißfliegen werden manchmal mit einen Tropfen angetroffen, der ihnen aus dem Mund heraushängt. Darin zeigt sich eine besondere Art des Schwitzens. Dabei wird zwar dasselbe physikalische Prinzip ausgenutzt, wie beim Schwitzen des Menschen, allerdings unterscheidet sich der Mechanismus der Körperkühlung. Während bestimmte Teile der Körperoberfläche des Menschen unwillkürlich mit winzigen Schweißtröpfchen überzogen werden, lassen die Fliegen einen im Vergleich zu ihrem Körper sehr großen Speicheltropfen aus dem Mund hängen. Dieser verdunstet ähnlich wie der Schweiß auf der menschlichen Haut. Die für die Verdunstung nötige Energie wird der Umgebung und das heißt vor allem dem Tropfen selbst entzogen. Der auf diese Weise abgekühlte etwas verkleinerte Tropfen wird anschließend erneut aufgenommen. Indem anschließend in der Fliege ein Temperaturausgleich zwischen dem vorderen Teil des Fliegenkörpers und dem Tropfen stattfindet, kühlt sich die Fliege ab, während sich der Tropfen wieder auf die Körpertemperatur der Fliege erwärmt.
Diese Methode funktioniert allerdings nur, wenn die Luftfeuchte genügend gering ist. Denn nur dann kann entsprechend viel Wasser verdunstet werden.
Entscheidend für das Schwitzen ganz allgemein ist die Besonderheit von Wasser eine große spezifische Verdampfungswärme zu besitzen. Das heißt, anders als bei vielen anderen Stoffen ist verhältnismäßig viel Energie nötig, um eine gegebene Wasserportion zu verdampfen.
Ein Schweißmechanismus wie beim Menschen ist bei den Insekten nicht möglich, weil das Chitinaußenskelett der Tierchen, die Wärme schlecht leitet.
Heute morgen war ich auf der Jagd. Auf Fliegenjagd. Ich habe bereits in meiner Kindheit einen Fangmechanismus entwickelt, bei dem die Fliegen unversehrt bleiben. Ausgangspunkt für meine Methode waren die zahlreichen Klebebänder, an denen die Fliegen, die sich darauf gesetzt haben, keine Chance hatten, wieder loszukommen. Sie quälten sich bis zum Tod.
Ich gebe zu, dass es damals wohl noch mehr Fliegen gab als heute, aber ich konnte meine Familie mit meinem Erfolg überzeugen.
Das Fangprinzip ist sehr einfach, erfordert aber eine gewisse Schicklichkeit und Übung. Es funktioniert in etwa wie folgt. Ich warte bis sich eine Fliege (günstig) gesetzt hat und positioniere vorsichtig meine schalenförmig geformte Hand fest auf die Fläche und zwar in Abflugrichtung der Fliege, also in die Richtung, in die die Fliege blickt und bewege die Hand blitzschnell auf die Fliege zu, indem ich gleichzeitig die Hand zu einer Höhlung schließe. Bei Erfolg muss ich sie dann nur noch heraustragen und die Hand öffne.
Eine Fliegenklatsche ist meiner Erfahrung nach ineffektiver, weil die dabei in Bewegung gebrachte Luft, die Fliege warnt und zum vorzeitigen Start veranlasst. Ganz abgesehen davon ist die Fliege anschließend zermatscht. Das mag zwar ein humanerer Tod sein als am Klebeband und hinterlässt keine hässlichen Kadaver, aber die Methode kommt für mich nicht in Frage. Es gibt zwar siebförmige Klatschen, die einen Teil der Luft aus Trägheit hindurchlassen, Spuren hinterlassen sie dennoch.
Mein Gewährsmann für viele Alltagsprobleme, Georg Christoph Lichtenberg (1742 – 1799) macht sich sogar Gedanken, wie sich Fliegen gegen die Klatsche wehren können: Die Fliege, die nicht geklappt sein will, setzt sich am sichersten auf die Klappe selbst.
Außerdem frage ich euch, ob sie nicht zu schön sind, die Fliegen, um zermatscht zu werden. Ich denke Gerhard wird das verstehen.
Ich muss allerdings zugeben, dass meine Methode bei Mücken nicht so recht klappt.
Ein durch eine Spiralfeder zusammengerollter flacher Papierschlauch wird durch Einblasen von Luft entrollt. Sobald der Luftstrom nachlässt, rollt sich der Schlauch durch die Federkraft wieder auf.
Manche werden die Luftrüssel-Tröte noch aus der Kindheit kennen (Abbildung a). Es handelt sich um eine einfache Flöte, die beim Blasen durch einen mechanischen Zusatzeffekt überrascht: Sobald man bläst, dringt die Luft in einen spiralförmig aufgerollten Papierschlauch ein und entrollt diesen auf eine Länge von circa 20 cm. Das soll bewirken, dass andere Menschen nicht allein akustisch durch das überfallartige Tröten erschreckt werden, sondern zusätzlich durch das unerwartete Vorschnellen des Schlauches.
Dem Mechanismus des Entrollens und Aufrollens liegen zwei gegeneinander wirkende Kräfte zugrunde. Im Ruhezustand sorgt eine an den Kanten des luftleeren und in diesem Zustand flachen Schlauchs eingearbeitete feine elastische Spiralfeder dafür, dass er nur gegen die elastische Kraft dieser Feder entrollt werden kann (Abbildung b). (Die ausgebaute Spiralfeder in Abbildung c). Beim Aufrollen des luftleeren flachen Papierschlauchs legt seine äußere Fläche eine längere Strecke zurück als seine innere. Da das unelastische Papier weder gestreckt noch gestaucht werden kann, wird die innere Fläche durch aufgeworfene kleine Falten im Papier verkürzt, während der äußere Rand weitgehend glatt bleibt.
Beim Aufblasen des Schlauchs werden ähnlich wie bei einem Luftballon durch die raumgreifende Blasluft Kräfte auf die starren Papierwände ausgeübt, sodass die Luft im Schlauch unter zunehmenden Druck gerät.
Infolgedessen dringt die Luft zwischen die durch die Spiralfeder eng zusammengepressten Ober- und Unterseiten, sodass diese gegen den Widerstand der elastischen Federkraft auseinander gedrückt werden. Damit ist zwangsläufig verbunden, dass der Schlauch und die Feder entrollt werden. Was hier langsam beschrieben wurde passiert realiter blitzschnell. Bei völlig abgerolltem Schlauch strömt die weiterhin einströmende Luft nunmehr aus der nunmehr entfalteten Öffnung an dessen Ende.
Das bleibt so, solang der erforderliche Luftdruck durch Weiterblasen aufrechterhalten werden kann.
Die Dauer hängt von der Entscheidung der Spielenden ab und wird letztlich vom Lungenvolumen begrenzt. Sobald der Luftstrom und damit der Luftdruck abnehmen gewinnt die rücktreibende Kraft der Spirale wieder überhand. Der Schlauch schnellt in seine aufgerollte Ruheposition zurück und presst dabei die Luft aus sich heraus.
Wenn man beim Zurückrollen einen kleinen Ball in die Papierschnecke klemmt, so kann man diesen beim nächsten Entrollen auf eine Wurfbahn katapultieren. Ein solcher Ballwurf hat ein Vorbild in der Natur. Das Springkraut wirft auf ähnliche Weise seine Samenkörner weit von sich.
Auch einige Schmetterlinge, etwa das Taubenschwänzchen, können ihren Rüssel je nach Bedarf ausrollen und dadurch verlängern und anschließend platzsparend wieder einrollen (Abbildung 2). Ein langer Rüssel erlaubt es ihnen, auch aus sehr tiefen Blütenkelchen Nektar zu saugen. Da er aber sonst, insbesondere beim Flug, hinderlich wäre, wird er platzsparend spiralförmige eingerollt. Der Schmetterling nutzt allerdings keinen Luftdruck, sondern bestimmte Muskeln, die für das Auf- und Entrollen zuständig sind. Wie der Luftrüssel ist auch der Schmetterlingsrüssel im Ruhezustand aufgerollt, bei entspannten Muskeln.
Wer die Luftrüsseltröte erfunden hat, lässt sich wie bei vielen alten Spielzeugen nicht mehr nachvollziehen.
Ich danke Gerhard Mehler für die Überlassung des Fotos vom Taubenschwänzchen in diesem Beitrag.
H. Joachim Schlichting. Spektrum der Wissenschaft 11 (2022), S. 64 – 65
Einige Spinnenarten segeln mit ihren Fäden durch die Luft. Dafür nutzen sie nicht nur Wind und Thermik. Darüber hinaus verschafft ihnen das elektrostatische Feld der Erde selbst bei Flaute den nötigen Antrieb.
Ja wäre nur ein Zaubermantel mein,
und trüg er mich in fremde Länder
Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832)
Spinnen haben keine Flügel, und deswegen sollten sie eigentlich nicht fliegen können. Manchmal sieht man sie allerdings an langen Seidenfäden durch die Luft schweben und wird dadurch auf anschauliche Weise eines Besseren belehrt. Diese Technik des Segelflugs ist bei vielen Spinnenarten seit langem bekannt. Schon Darwin hatte auf seinem Forschungsschiff »Beagle« achtbeinigen Besuch erhalten. Er beschrieb, wie eine an Bord gelandete Spinne wieder Abschied nahm, indem sie »vier oder fünf Fäden hervorstieß. Sie waren mehr als einen Meter lang und strebten von den Drüsenöffnungen ausgehend nach oben voneinander weg. Plötzlich löste die Spinne ihren Griff vom Pfosten und wurde schnell außer Sichtweite getragen«.
Laut Darwin war es an jenem Tag heiß und windstill. Er machte winzige thermische Konvektionsbewegungen dafür verantwortlich, dass die Spinne trotz Flaute abheben konnte. Die These vermag durchaus einige wesentliche Aspekte des Phänomens zu erklären. Außerdem vermutete Darwin bereits, obendrein könnten elektrostatische Kräfte im Spiel sein. Dafür sprach die fächerartige Ausbreitung der herausschießenden Fäden – als würden sie sich gegenseitig abstoßen. Allerdings herrschte trotz solcher Hinweise auf mögliche Ladungseffekte bis in unsere Tage die Überzeugung vor, hinter dem Spinnenflug stünden ausschließlich aerodynamische Effekte. Das war wissenschaftlich durchaus gut begründbar. In den letzten Jahren wurden jedoch Untersuchungsergebnisse publiziert, die den elektrostatischen Vorgängen eine zusätzliche tragende Rolle zusprechen.
Zu den jüngsten Entwicklungen dürften Schwierigkeiten beigetragen haben, die bei genauerer Betrachtung auftreten, wenn man den aerodynamischen Auftrieb allein verantwortlich machen will. So ist unklar, wie sich die bis zu 100 Milligramm schweren Spinnen mit ihrem Faden auffällig schnell in die Höhe katapultieren, während kaum ein Lüftchen weht. Hinzu kommt das schon von Darwin notierte Aufspreizen der bündelweise ausgestoßenen Fäden. Außerdem fand man einige fliegende Spinnenarten in vier Kilometer Höhe vor – strömungsdynamisch eine ziemliche Herausforderung.
Solche Probleme lassen sich beseitigen, wenn man die Wirkungen des so genannten atmosphärischen Potenzialgradienten mit einbezieht. Hierbei geht um Ladungsdifferenzen zwischen Atmosphäre und Erdboden: Die in mehr als etwa 70 Kilometer Höhe gelegene Ionosphäre ist überwiegend positiv geladen, die Erdoberfläche hingegen negativ. Der Unterschied wirkt sich auf den gesamten dazwischen gelegenen Bereich aus. So ist die ungestörte Atmosphäre oberhalb der Erdoberfläche positiv geladen, sodass zwischen einem Punkt auf der Erdoberfläche und einem Punkt in der darüber befindlichen Luft eine elektrische Spannung herrscht (siehe: „Spektrum der Wissenschaft“ Mai 2017, S. 64). und Volt pro Meter betragen. Die Stärke des Effekts schwankt allerdings und hängt sehr stark von den Wetterbedingungen ab.
Bereits die gegenseitige Abstoßung der von der Spinne abgegebenen Fäden zeigt: Auch die Seidenfasern tragen elektrische Ladungen. Es kommt daher zwangsläufig zu einer Wechselwirkung zwischen ihnen und dem Feld der Luft. Doch wie kann die Spinne – bevor sie den Versuch wagt – erkennen, ob die Kräfte stark genug sind, um sie mitsamt ihrem Faden zu tragen? Dazu muss sie elektrische Felder wahrnehmen und nach ihrer Stärke beurteilen. Dass zumindest einige Insekten dazu in der Lage sind, ist seit einigen Jahren bekannt (siehe »Spektrum« April 2020, S. 60).
2018 haben Erica Morley und Daniel Robert von der University of Bristol untersucht, wie Spinnen auf Felder reagieren. Sie setzten in Laborversuchen Baldachinspinnen (Linyphiidae) elektrischen Feldern aus, die in ihrer Stärke denen in der Atmosphäre bei verschiedenen Wetterbedingungen entsprachen. Tatsächlich reagierten die Spinnen darauf mit eindeutigen Flugvorbereitungen. Die segelnden Tiere gewannen oder verloren beim Ein- und Ausschalten der Felder an Höhe. Somit kann für den Aufstieg nicht nur der aerodynamische Auftrieb verantwortlich sein, sondern ebenso muss die elektrische Wechselwirkung zwischen den Tieren und den äußeren Feldern eine Rolle spielen. Spezifische Bewegungen bestimmter Sinneshaare auf der Körperoberfläche der Tiere in Reaktion auf elektrische Felder legen die Vermutung nahe, dass diese so genannten Trichobothrien den Spinnen die Wahrnehmung der Felder ermöglichen.
Die fliegenden Spinnen sind zwar weitgehend dem atmosphärischen Potenzialgradienten und den aerodynamischen Gegebenheiten ausgeliefert. Trotzdem können sie wohl noch ein wenig Einfluss nehmen. In einer Veröffentlichung von 2022 haben Charbel Habchi von der libanesischen Notre-Dame-Universität-Louaize und Mosbeh M. Khalid Jawed von der University of California in Los Angeles die Ergebnisse von Computersimulationen präsentiert. Aus diesen folgerten die beiden Ingenieurwissenschaftler, dass die Spinnen sowohl die strömungsphysikalischen als auch die elektrostatischen Verhältnisse steuern können, indem sie die Anzahl der Fäden und deren Länge verändern. Damit verfügten die Tierchen in der Luft immerhin über gewisse Steuerungsmöglichkeiten.
Bisher ist ungeklärt, auf welche Weise die Spinnfäden aufgeladen werden. So werden sich dieser faszinierenden natürlichen Umsetzung eines elektrischen Antriebs vermutlich noch über Jahre hinaus weitere Geheimnisse entlocken lassen.
Quellen
Darwin, C. R.: Journal of researches into the natural history and geology of the countries visited during the voyage of H.M.S. Beagle round the world, under the Command of Capt. Fitz Roy, R.N. John Murray. London, 1845
Morley, E. L., Robert, D.: Electric fields elicit ballooning in spiders. Current Biology 28, 2018
Habchi, C.; Jawed, M. K.: Ballooning in spiders using multiple silk threads. Physical Review E 105, 2022
Ich muss ehrlich gestehen, dass ich diesen Falter, der sich in mein Zimmer verirrt hatte, sofort an die Luft befördern wollte. Doch als ich mich ihm näherte spreizte er die Flügel und legte ein wunderschönes rotes Unterkleid frei, das mich wegen dieser Naturschönheit begeisterte. Ich hatte ein Rotes Ordensband (Catocala nupta) vor mir. Ich holte den Fotoapparat, um diesen Moment festzuhalten. Doch wie es einem so mit den Momenten ergeht, sie vergehen schneller als man gehen kann. Jedenfalls machte das Rote Ordensband bei meiner Rückkehr seinem Namen keine Ehre mehr. Das farbige Unterkleid war bedeckt. Versuche den Falter dazu zu bringen, die alte Pracht wieder ans Tageslicht zu bringen scheiterten weitgehend. Immerhin gab das Tierchen so viel frei, dass die Fantasie ausreichen sollte, sich vorzustellen, wie schön der Anblick bei völliger Abdeckung sein würde.
Diesen Frosch habe ich eine zeitlang beobachtet. Wenn ich ihm zu nahe kam, floh er zwar, begab sich aber immer wieder zu dieser Stelle zurück. Statt im verhältnismäßig kühlen Wasser zu chillen, macht er es sich in einer Art Badewanne gemütlich, die auf dem Sonnenlicht absorbierenden Seerosenblatt deutlich wärmer ist. Natürlich fällt auch Sonnenlicht in den übrigen Teich und wird zum großen Teil absorbiert. Aber die Wasserfläche ist im Verhältnis zum Wasservolumen deutlich kleiner als bei der Froschbadewanne. Und daher erhöht sich die Wassertemperatur wesentlich langsamer.
Als wir früher das lustige Lied: „Ein Storch spazierte einst am Teiche…” sangen, glaubte keiner daran, dass so etwas in der Realität passieren könnte. Kürzlich stieß ich jedoch auf eine Publikation* die mir zeigte, dass die Storch-Blindschleichen-Geschichte doch nicht so ganz abwegig ist. Denn es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass ein Wasserkäfer (Regimbartia attenuata), der von einem Frosch verschluckt wird, dabei meist nicht zu Schaden kommt. Wie die sagenhafte Blindschleiche in unserem alten Lied krabbelt er am andern Ende wieder heraus.
Damit diese unglaubliche Geschichte möglich wird, kommen mehrere Dinge passend zusammen. Der Frosch zerkaut seine Beute nicht, sondern schluckt sie heil herunter. Im Magen gelandet macht der Wasserkäfer sich sofort daran, dem Ausgang zuzustreben. Ihm kommt dabei zugute, dass ihm die Verdauungssäfte nichts anhaben können und er den Sauerstoffmangel mindestens über 6 Stunden übersteht. Denn solange braucht er, um die verschlungenen Pfade zum After-Ausgang zu finden. Es scheint so, als würde sich der Käfer dabei aktiv seiner Beine bedienen.
Vermutlich kommt dem Käfer zugute, dass es auf dem Weg zur Hintertür keine ernst zu nehmenden Abzweigungen gibt, sodass er allein mit der Devise „Immer der Sonn‘ entgegen“ den rettenden Ausgang findet. Oder aber er hat so etwas wie einen Ariadnefaden 😉
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Quelle
* Shinji Sugiura. Active escape of prey from predator vent via the digestive tract. Current Biology 30, R841–R870, August 3, 2020
Mein breites Kielwasser glänzt, jetzt wird es dunkel.
Ich hinterlass ein hübsches, schillerndes Band:
Das weiß ich.*
* Elizabeth Bishop. Die Riesenschnecke. In: Die Farben des Kartographen. Frankfurt usw. 1983
Eine physikalische Erklärung für das „schillernde Band“ findet man hier und hier.
Er gibt keine Begründung, doch kann man sie sich ergänzen: Nach den rabiaten Göttern Mars und Saturn, Jupiter dazwischen, war eine der Venus adäquate, freundliche Gestalt fällig, die dem Haupt ihres Vaters Jupiter entsprungene Eulengöttin der ‚Kopfgeburten‘ insgesamt, nämlich der Wissenschaften.*
Gestern traf ich das „Maskottchen“ der Weisheit und der Wissenschaften im Iburger Wald, einem Ausläufer des Teutoburger Waldes. Gleich drei Exemplare hockten auf und im Stamm eines abgestorbenen Baums. Ich gehe davon aus, dass es sich um ein Schnitzwerk handelt, das mit der Motorsäge aus dem Baum herausmodelliert wurde.
* Hans Blumenberg. Die Vollzähligkeit der Sterne. Frankfurt am Main 1997, S 189
Diesen Sommer über habe ich im äußeren Bereich des Velux-Fensters meines Arbeitszimmers Haus-Feldwespen als angenehme Untermieter, was bei dem Wort „Wespe“ schon was heißen will. Ich konnte beobachten, wie sie klein beginnend allmählich in mühseliger Kleinarbeit ein schon von der hexagonalen Optik her eindrucksvolles Nest gebaut haben. Denn sie ließen sich in ihrem gemächlichen völlig unaufgeregten Tun auch dann nicht stören, wenn ich das Fenster herunterklappte, um ihnen aus unmittelbarer Nähe beim Arbeiten zuzuschauen. Es waren nicht viele Tierchen – vielleicht insgesamt an die zwanzig – die sich immer wieder einfanden und ihre Brut in den Waben hochpeppelten.
Das Nest hat auf dem Foto seine maximale Größe.
Wer von den jeweils anwesenden Wespen die Königin ist, habe ich bislang nicht herausgefunden. Außerdem habe ich den Eindruck, dass das Völkchen bereits dabei ist „abzubauen“.
Übrigens gehört nicht viel Mut dazu, mit der Feldwespe benachbart zu sein. Sie ist harmlos und interessiert sich in keiner Weise für menschliche Speisen. Und da sie Fliegen, Mücken und Spinnen jagen, kommen sie uns in unserem Bemühen, die Wohnung von diesen Zeitgenossen freizuhalten erheblich entgegen. Ich bin gespannt, wie die Geschichte weitergeht…
Den schlitzblättrigen Sonnenhut habe ich erst in diesem Jahr für mich entdeckt, indem ich von Tag zu Tag die Entwicklung beobachte und dabei erlebe, welche Tiere von dieser Blume profitieren, oft in unterschiedlich übergriffiger Weise. Hier zwei Extreme: Während die fleißige Biene die vielen kleinen Blüten absucht zum eigenen und zum Nutzen der Pflanze (linkes Foto), geht die Schnecke gleich in die Vollen und frisst die Blätter – zum eigenen Nutzen und zum Schaden der Pflanze (rechtes Foto). Dafür wartet die Schnecke mit einem schönen Spiralgehäuse auf.
H. Joachim Schlichting. Spektrum der Wissenschaft 9 (2021), S. 64 – 65
»Lerne Schnecken zu beobachten«
Susan Ariel Rainbow Kennedy (geb. 1954)
Eine Schnecke kann sich auf ihrem Schleimfilm fortbewegen, weil das Sekret je nach Art der Beanspruchung zwischen flüssig und fest wechselt. Dank der viskoelastischen Eigenschaften ihrer mobilen Unterlage vollführen die Tiere spektakuläre Kunststücke.
Schnecken sind zwar langsam unterwegs, dafür überwinden sie so gut wie jede Barriere. Sie erklimmen senkrechte Wände, gleiten über glatte oder scharfkantige Oberflächen und erreichen selbst kopfüber kriechend fast jeden Ort. Dabei hinterlassen sie deutliche Spuren in Form von Schleim (siehe oberes Foto links). Auf ihm bewegen sie sich fort, und er macht ihren Körper so glitschig, dass sie kaum zu greifen sind.
Die Tiere sondern die Unterlage je nach Bedarf entlang ihres über die ganze Bauchseite verlaufenden Fußes ab. So schaffen sie sich auf einzigartige Weise ihren eigenen Straßenbelag. Er macht sie weitgehend unabhängig von den tatsächlichen Untergründen, seien es Zweige, Blätter, Sandböden, Spinnennetze oder Fensterscheiben. Schnecken fixieren das Sekret auf jeglichem natürlichen Material, und selbst künstliche superhydrophobe Oberflächen bremsen sie nur mit Mühe aus. Der dünne Belag mit einer Dicke von gerade einmal einigen zehn Mikrometern überbrückt selbst Abgründe (siehe oberes Foto rechts). Ist die Lücke doch zu groß, verwandeln die Tiere den Schleim in einen Faden, an dem sie sich einfach abseilen (siehe mittleres Foto).
Das alles beweist: Der Schleim ermöglicht nicht nur extrem gutes Gleiten, sondern er ist zugleich reißfest, tragfähig und ähnlich stabil wie ein elastischer Festkörper. Physikalisch gesehen handelt es sich um ein vernetztes Gel, das bis zu 97 Gewichtsprozent aus Wasser und zum Rest aus hochmolekularen Protein-Polysaccharid-Komplexen besteht. Obwohl die Mixtur also hauptsächlich Wasser enthält, sind ihre Eigenschaften ganz und gar nicht typisch für dessen Verhalten. Vordergründig widersprechen sie sich sogar. Mit der Gleitfähigkeit scheint weder die Reißfestigkeit vereinbar zu sein, noch passt sie zu der Notwendigkeit, sich zum Vorankommen immer wieder abstoßen zu müssen. Denn jede Fortbewegung setzt voraus, dass man sich von der Unterlage wegdrückt. Beispielsweise wird es auf einer Eisfläche umso schwieriger, durch normales Laufen voranzukommen, je glatter sie ist.
Als so genannte nichtnewtonsche Flüssigkeit kann der Schneckenschleim die verschiedenen Ansprüche verbinden. Im Ruhezustand ist das Gel fest und klebrig. Wird es jedoch geschert – das heißt, entlang der Grenzschicht wirkt eine waagerechte Kraft –, gibt es bei einer bestimmten Stärke der Scherkraft nach. Dann geht es in den flüssigen, gleitfähigen Zustand über. Das passiert aber nur bis zu einer gewissen Tiefe, denn mit seiner Unterseite muss der Schleim ja fest auf dem zu überkriechenden Objekt fixiert bleiben. Indem sie die physikalischen Gegebenheiten fein kontrolliert, kann die Schnecke die Zähigkeit bedarfsgerecht steuern.
Beim Vorwärtskriechen laufen durch den Fuß regelrechte Wellen. Sie entstehen in Folge von Muskelkontraktionen und -entspannungen, die sich periodisch von hinten nach vorn ausbreiten. Ein ruhender Teil des Fußes ist in seinem Auflagebereich mit dem Gel fest verbunden. Von dort aus schiebt die Muskulatur den übrigen Schneckenkörper ein Stück voran. Durch die während der Kontraktion auf den Schleim ausgeübte Scherkraft wird schließlich die Schwelle überschritten, bei der das Gel nachgibt und zerrinnt. Der Zeitpunkt trifft mit der Entspannung des Muskelelements zusammen. Inzwischen kontrahieren benachbarte Abschnitte, und der zuvor verankerte Teil des Fußes gleitet über das nunmehr verflüssigte Stück. So entsteht ein quasi kontinuierlicher Vortrieb.
Trotz der vielfältigen Einsatzzwecke des viskoelastischen Fluids bringt es für die Schnecken einige Nachteile. Neben der geringen Geschwindigkeit sind das vor allem der extreme Material- und Energieaufwand. Wegen des enormen Flüssigkeitsbedarfs müssen sich die Tiere vor Austrocknung schützen. Sie bleiben bevorzugt in feuchten und schattigen Gebieten und sind vor allem nachtaktiv. Bei widrigen Bedingungen wie Hitze und stark absorbierenden Untergründen gehen sie manchmal zu einer besonders sparsamen Akrobatik über. Sie legen ihren Schleimteppich nicht durchgehend aus, sondern mit Unterbrechungen und hangeln sich von einem Fleck zum nächsten (siehe unteres Foto). Von Artgenossen hinterlassene Spuren werden ebenfalls gern genutzt – was nicht nur die Fortbewegung beschleunigen dürfte, sondern auch die Partnersuche.
Da das Sekret am Boden verbleibt, muss die Schnecke ständig neues nachproduzieren. Das nutzt sie nicht nur zur Fortbewegung. Es bedeckt den ganzen Körper, hält ihn feucht und wehrt dank chemischer Zusätze Mikroben und sogar Beutegreifer ab. Viele potenzielle Fressfeinde meiden die Klebrigkeit oder den widerlichen Geschmack einiger Arten. Der Heimatdichter Hermann Löns (1866–1914) hat in seiner Erzählung »Ein ekliges Tier« ausdruckstark seine Abscheu beschrieben, nachdem er in einem Selbstversuch Schneckenschleim probiert hat. Dort vermischt er an einer Stelle seine Erfahrung sogar mit den physikalischen Eigenschaften, indem er berichtet, dass »Frachtkutscher, die schlecht geschmiert haben, diese Schnecken statt der Wagenschmiere gebrauchen; denn ich kann mir denken, daß selbst eine Radachse aus Angst vor einer zweiten Auflage sich fürder lautlos benimmt«.
Quelle
Mayuko Iwamoto et al.: The advantage of mucus for adhesive locomotion in gastropods. Journal of Theoretical Biology 353, 2014
Ein Haus ich, schlendernd am Waldesrand,
voll lebender Perlenpüppchen fand.
Sie dienen den Müttern mit treuem Sinn
und halten so gute Ordnung drin,
dass jedes Blättchen ohne Säumen,
jed‘ Hälmchen aus dem Weg sie räumen.
Keins hat etwas für sich allein;
und, da sie so still zusammen wohnen,
auch ziehen in langen Prozessionen,
kann’s schier im Kloster nicht besser sein.
Nur die Maria im Hause fehlt,
hier hat die Martha allein gewählt.
Hast du’s erraten, sei gebeten,
nie selber in solch ein Kloster zu treten.*
Die Ameisenhaufen der Roten Waldameisen, die es in meiner Kindheit in Massen mit Verbindungsstraßen untereinander gab, sind zu einer Seltenheit geworden. Zu Recht stehen auch sie seit 2009 auf der Roten Liste gefährdeter Arten.
* Clemens Brentano (1778 – 1842)
Auf diesen grün-blau irisierenden Grünen Scheinbockkäfer (Oedemera nobilis) stieß ich, als ich mir das Innere von Mohnblüten ansehen wollte. In einer Körpergröße von 12 mm und ebenso langen Fühlern strahlte er mir seine Strukturfarben entgegen. Diese Farben werden nicht durch Pigmente hervorgerufen, sondern entstehen durch einen „Eingriff“ der nanometer feinen Strukturen des Panzers und der Deckflügel des Käfers, die aus durchsichtigen Chitinebenen bestehen. Die an den verschiedenen Ebenen reflektierten Lichtwellen überlagern sich im Auge des Betrachters und verstärken oder schwächen bestimmte Wellenlängen (Farben) des weißen Lichts, so dass der im Foto zu sehenden Farbton entsteht. Da sich die Lichtwege je nach der Einfallsrichtung ändern, sieht man aus verschiedenen Blickwinkeln leicht zwischen grün und blau changierende Farbtöne, was als Irisieren empfunden wird. (Ausführlicher wird die Farbentstehung für die Goldfliege beschrieben).
Die Deckflügel des Scheinbockkäfers verjüngen sich nach hinten hin und sehen aus wie die Frackschöße eines altertümlich gekleideten vornehmen Mannes. Dadurch wird die „scheinbare“ Eleganz des Tierchens ebenso unterstrichen wie die metallisch spiegelnden Knickerbocker. In der Welt der Insekten passen Frack und Knickerbocker offenbar zusammen. Der Schein im deutschen Namen des Käfers trifft also im doppelten Wortsinn zu: als farbiger Lichtschein und als das aufwändige Bemühen, durch ein raffiniertes Outfit (vulgo: Körperbau) den Schein zu wahren. Schön ist der Scheinbockkäfer trotzdem und sympatisch ebenfalls. Immerhin ließ er sich ohne Probleme ablichten.
Die Libelle landet auf einer Zeitschrift neben einem blauen Auge, verweilt dort einige Zeit – jedenfalls solange, dass ich sie fotografieren kann – und macht sich brummend mit einer Ehrenrunde wieder vom Acker.
Viele Pilze fristen ihr Dasein im Schatten des Waldes auf dem Boden und zerfallendem Holz. Sie sind nicht unbedingt auf Licht angewiesen, weil sie anders als Pflanzen keine Photosynthese betreiben, und sich nicht auf diese Weise Sonnenlicht aneignen müssen. Sie machen es ähnlich wie die Tiere und ernähren sich von Pflanzen bzw. dem was von ihnen übrig geblieben ist.
Im vorliegenden Fall (siehe Foto) hat ein etwas verkrumpelt aussehender Pilz sich dennoch eine lichte Stelle ausgesucht – eine Art Balkon in der zurückgebliebenen Höhle eines abgesägten Astes von einem Baum.
Ausgesucht ist natürlich etwas übertrieben. Pilze ähneln zwar den Tieren in einigen Hinsichten, was jedoch die Ortsgebundenheit bestrifft, so sind sie eher mit den Pflanzen zu vergleichen: Wo die Samen bzw. die Sporen durch welche Zufallsereignisse auch immer hingeraten, dort müssen sie versuchen, ihr Leben zu beginnen und möglichst zur Vollendung bringen.
Abgestorbenes Holz scheint in diesem Astloch kein Problem zu sein, wenn man einmal den guten Ernährungszustand und die gesunde Farbe des Pilzes als Kriterium nimmt.
Wer mit seinen Vögeln im Garten auf Du und Du steht und ihre Entwicklung verfolgt, wird auch ihre traurigen Episoden mitbekommen. Nachdem ich vor zwei Jahren die Brut und die Aufzucht der Jungen eines Meisenpaares in einer Schwengelpumpe mit bösem Ausgang miterlebt habe, fand in diesem Jahr das Brüten eines Amselpaares in der Efeuwand unseres Gewächshauses ein jähes Ende. Eigentlich war der Platz aus Sicht der Amseln nicht schlecht gewählt. Zunächst hatte ich das Nest gar nicht entdeckt, sondern mich stets darüber gewundert, dass mir morgens beim Öffnen der Tür immer ein verstörtes Vögelchen entgegenflatterte. Schließlich fand ich dann das gut versteckte Nest mit vier Eiern. Von da an ging ich immer vorsichtig hinein, sodass der Vogel sitzen blieb. Ich sah nur das Köpfchen durch die Efeublätter und hatte den Eindruck, dass das Amselweibchen mich ruhig anblickte und begriffen hatte, dass von mir keine Bedrohung ausgeht.
Doch ab gestern Morgen ist alles anders. Das Nest ist leer und die Amsel lässt sich nicht mehr sehen. Ich hoffe, dass sie nur ihre Brut und nicht auch noch ihr Leben verloren hat. Da größere Räuber nicht in das Gewächshaus eindringen können, habe ich eines der Eichhörnchen, die ebenfalls in unserem Garten leben in Verdacht, die Amsel vertrieben und die Eier gefressen zu haben. Spuren konnte ich jedoch keine entdecken. Die Eier waren verschwunden.
Leider habe ich es versäumt die Amsel auf ihrem Nest zu fotografieren. Stattdessen fand ich an anderer Stelle ein Nest aus dem Vorjahr, indem statt der vier Eier vier Eicheln liegen.
Wenn das mal kein Zeichen ist. Ich bin gespannt, ob wenigstens die Eicheln ihre Chance haben groß zu werden. Der Platz im Wald würde es im Prinzip zulassen. Nur regnen müsste es, damit die Keime durch das Nest in den Boden dringen können.
Ganz unscheinbar – etwa 8 mm lang – bewegte sich dieses Insekt auf der Fensterscheibe vor meinem Schreibtisch und lenkte mich von der Arbeit ab. Da gab es nur eines, zu schießen – ein Foto von diesem Tierchen. Und es hat sich gelohnt. Ich finde, in Form und Farben, in vollkommener Proportion und den subtilen Abweichungen von der perfekten Symmetrie zeigt das Foto, was man mit bloßem Auge allenfalls erahnen kann – eine naturschöne Schöpfung der Natur.
Die Störche sind wieder im Kommen. Diesen glücklichen Umstand beobachte ich nun von Jahr zu Jahr nachdem die Störche, die in meiner Kindheit auf dem Lande fast in jedem Dorf heimisch waren, zwischenzeitlich sehr rar geworden waren.
Dass Störche aber wie in früheren Zeiten nur die Krähen oder Möwen hinter dem pflügenden Bauern Kleintiere, vor allem wohl Regenwürmer, aus der aufgeworfenen Erde herauspicken, sehe ich in diesem Jahr seit langem zum ersten Mal. Dabei treten sie nicht einzeln auf, sondern gestern sah ich sie zu fünft oder zu sechst. Offenbar schrecken sie vor dem Lärm des Treckers nicht zurück.
Als ich gestern Morgen nach einer regenreichen Nacht einen Spaziergang unternahm, musste ich auf der zum Glück wenig befahrenen Asphaltstraße, die durch landwirtschaftliche Nutzflächen führt, aufpassen, wohin ich trat. Die Straße war mit Regenwürmern geradezu übersät. Die Würmer befanden sich in langsamer Bewegung, obwohl ich trotz längerer Beobachtung kein eindeutiges Zielverhalten feststellen konnte.
Dem Namen nach könnte man den Eindruck haben, dass die Würmer den Regen lieben und sich der Feuchtigkeit deshalb exponieren. Doch wenn ihr Name überhaupt etwas mit dem Regen zu tun hat und sich nicht vielmehr auf ihr reges Tun in der Erde bezieht, dann eher weil sie im Gegenteil ihre mit Wasser gefluteten Röhren in der Erde verlassen. Denn einer herrschenden Auffassung zufolge würden Regenwürmer insbesondere bei langanhaltenden Regenperioden in den Gängen ihrer Wohnhöhlen ersticken. Weil die Würmer durch Hautatmung Sauerstoff aufnehmen, würde der im Wasser gelöste Sauerstoff nicht ausreichen. Andererseits zeigen wissenschaftliche Untersuchungen, dass die Würmer es bis zu 35 Stunden unter Wasser aushalten bevor sie sterben. Deshalb können sie auch monatelange Überschwemmungen überleben.
Wie dem auch sei, nach längerem Regen fühlen sie sich offenbar oberhalb der Erde am wohlsten und verschmähen auch eine Asphaltstraße nicht. Ich konnte sogar beobachten, dass einige Würmer ein freiwilliges Bad in einem auf der geneigten Straße fließenden Wasserstrom nahmen. Andere schienen sogar die Gelegenheit zu nutzen sich paarweise aneinander zu legen und sich (soweit ich das mit meinem flüchtig angelesenen Wissen beurteilen kann) zu begatten – wechselseitig, denn sie sind Zwitter und können beides.
Da werde noch einer schlau aus den bei Regen regen und erregten Regenwürmern.
Schon Heinz Erhardt (1909 – 1979) befasste sich lyrisch mit der Namensgebung des Wurms:
Der Regenwurm
Am Fuß von einem Aussichtsturm
saß ganz erstarrt ein langer Wurm.
Doch plötzlich kommt die Sonn herfür
erwärmt den Turm und auch das Tier
Da fängt der Wurm an sich zu regen,
und Regenwurm heißt er deswegen.*
Als ich gestern Morgen im spärlichen Licht einer kleinen Stirnlampe im Wald spazieren ging, leuchteten mir aus der Dunkelheit zwei intensiv strahlende kleine Lichter entgehen. Nachdem sich mein Schreck offenbar auf den Lichtträger übertragen hatte und dieser mit einem Rascheln verschwand, war mir klar, dass es ein Tier gewesen sein musste, dessen Augenpaar leuchtete. Bei unserer Katze und unserem Hund hatte ich es öfter wahrgenommen.
Das Licht wird nicht in den Augen erzeugt, sondern stammt von einer äußeren Lichtquelle. Diese beleuchtet die Augen des Tieres, sodass das Licht auf die Netzhaut und durch diese hindurch auf eine spezielle Schicht, das sogenannte Tapetum cellulosum lucidum auftrifft und von dort auf effektive Weise spiegelnd reflektiert wird. Dafür sind je nach Tierart Zink-Cystein, Salze und Farbpigmente verantwortlich. Bei unserer Tieren strahlten die Augen vor allem in Grün- und Blautönen (siehe Foto).
Nur dadurch dass die Stirnlampe sich dicht bei meinen Augen befand, konnte das reflektierte Licht in meine Augen gelanden und ich die leuchtenden Augen des Tieres sehen.
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Vogelgefieder erinnert mich manchmal an Schindeln. Diese werden so gelegt, dass die höher liegenden die tiefer liegenden überlappen, damit das Wasser abläuft und nicht ins Innere eines Gebäudes gelangen kann. Bei Vögeln ist nicht tiefer und höher entscheidend, sondern vorne und hinten. Auf diese Weise kann der Wind den Vögeln beim Fliegen nicht unter die Federn greifen. Vielmehr werden sie noch dichter an den Körper gedrückt. Das typische Muster insbesondere von Vögeln mit kräftigen Farben hat daher diese typische „Schindelstruktur“.
In meinem gestrigen Beitrag hatte ich die bunten Herbstblätter der Zaubernuss in ähnlicher Weise zusammengelegt ohne an Schindeln und Federn zu denken. Annas Kommentar: „Zaubernussvogelgefieder“ erinnerte mich jedoch daran, dass ich vor einiger Zeit genau solche Muster eines Gefieders fotografiert hatte. Hier sind zwei Ausschnitte.
Betrachtet man die große Vielfalt von optischen Mustern, die bei der Anordnung der Federn auftritt, so stellt man natürlich einige aerodynamische Optimierungen fest, die die Frage beantworten können, warum die Federn so liegen und nicht anders. Aber dominierend ist zumindest im Falle des Fasans der Eindruck, dass hier eher ästhetische Prinzipien im Spiel waren. Wissenschaftler sehen das meist eher funktional, einem definitiven Sinn geschuldet. Damit wäre man wieder bei einer schon öfter diskutierten Frage.
Im oberen Foto, das ich wegen der Ähnlichkeit zur Anordnung der Blätter der Zaubernuss ausgewählt habe, sieht es auf den erstn Blick so aus, als würden die schwarzen Streifen Schatten darstellen, die von den Federn geworfen werden. Sind es aber nicht, wie durch Vergleich mit den darüber liegenden Federn leicht festgestellt werden kann. Über das gestalterische Prinzip kann man m.E. nur spekulieren.
Der gefleckte Schmalbock, der früher schon einmal Gegenstand dieses Blogs war, beeindruckte mich vor allem dadurch, dass er seine Geißelantennen virtuos in alle Richtungen zu krümmen vermochte (siehe Foto). Als ich ihn dabei beobachtete war es nur eine reine Trockenübung. Vielleicht wollte er sie gerade nur recken und strecken, so wie wir es manchmal mit unseren Armen machen. Weiterlesen
Der Frühling ist im vollen Gange. Die ersten Frühblüher, wie hier der Huflattich, haben bereits ihr Greisenstadium erreicht und sind weißhaarig geworden. Dieses grazil strukturierte Weiß bildet einen schönen Hintergrund für die Beerenwanze, die sich ohne eine Spur zu hinterlassen über die filigranen Haare hinweg bewegt.
Das an sich graubraune Tierchen beeindruckt durch ihre rötlich violetten Deckflügel und ihr helles Schildchen. Vor dem hellen Hintergrund kamen mir die Fühler im ersten Moment wie zwei gestrichelte Linien vor. Alles in allem ein schöner Anblick. Anders als ihre grüne Artgenossin, die grüne Stinkwanze, stänkert sie nicht herum.
Wanzen in ihrer großen Vielfalt sind zwiespältige Geschöpfe. Zwischen äußerer und äußerster Schönheit – und sei es nur durch ein goldschimmerndes Schild – und geradezu vampirartigem Verhalten – man denke nur an die berühmt berüchtigte Bettwanze – sind sie immer wieder zu Überraschungen gut. Schon als Kind lernte ich die Wanze in einem merkwürdigen Lied kennen, das erst dann zuende gesungen war, wenn man die W-A-N-Z-E Buchstabe für Buchstabe getilgt hatte. Damals war ich froh, dass Wanze nur aus fünf Buchstaben besteht. Nimmt man schließlich noch ihre elektronischen Abkömmlinge hinzu, so zeigt sie sich von einer weiteren unangenehmen Seite.
Die ersten Schnecken tauchen bei mir im Garten auf. Obwohl ich mich ärgere, wenn sie ohne zu fragen den Salat ernten, habe ich meinen Frieden mit ihnen geschlossen. Das schließt nicht aus, dass ich sie verbanne, sobald sie überhand nehmen. Aber danach sieht es in diesem Jahr nicht aus. Die Schnecke vermag nämlich das Leben zu bereichern, wenn man beispielsweise an ihre irisierenden Schleimspuren, akrobatische Abseilungen, ausgeklügelten Konstruktionen und andere Aktionen denkt oder den kunstvollen Aufbau ihres Schneckenhauses betrachtet. Elisabeth Tova Bailey war durch eine Krankheit und die dadurch bedingte Fesselung ans Bett bedingt eine Wohngemeinschaft mit einer Schnecke eingegangen und weiß darüber Erstaunliches zu berichten. Hier eine Passage aus einem lesenswerten Buch: Weiterlesen
Als ich vor ein paar Tagen den Admiral unter den Schmetterlingen an der Glaswand unseres Gewächshauses entdeckte, wurde ich an frühere Zeiten erinnert, in denen mir manchmal die B-Seite der Songs auf den Schallplatten genauso gut oder gar besser gefielen als die Favoriten auf der A-Seite. Denn die Flügelunterseite dieses schönen Insekts ist anders als bei vielen Artgenossen von vergleichbarer Schönheit wie die Oberseite, die wir normalerweise zu sehen bekommen. Die Glaswand machte es möglich die B-Seite in aller Ruhe zu betrachten. Ist sie in ihren feinen Ziselierungen und ausgesuchten Mustern und kleinen Symmetriebrüchen nicht faszinierend?
Übrigens gefällt mir wieder einmal der wissenschaftliche Name, weil Vanessa atalanta an die Jägerin Atalante der griechischen Mythologie erinnert. Diese amazonenhafte Gestalt erlebt schon damals wie schwierig es ist, sich in der Männerwelt Respekt zu verschaffen – nicht anders als es leider auch heute noch oft der Fall ist.
Zum Vergleich zwischen Flügelober- und -unterseite ist im unteren Bild der Admiral noch einmal in seiner ganzen „oberflächlichen“ Pracht dargestellt, wie er gerade die eine Flügelhälfte teilweise unter ein grünes Blatt schiebt. Das wird bestimmt irgendeine mythologische Bedeutung haben. 🙂
Betrachtet man die Flügelmusterung verschiedener Admirale, so wird man feststellen, dass sie nicht identisch sind, sondern in Details voneinander abweichen. Ein identisches Genom kann unterschiedliche Erscheinungsformen (Phänotypen) hervorbringen. Dabei sind Musterbildungsvorgänge wirksam, wie sie bei zahlreichen Tieren auftreten. So vermutet man beispielsweise, dass bei der Musterbildung der Streifen eins Zebras Turing-Mechanismen im Spiel sind, wie man sie mit einem einfachen Programm auf dem Rechner simulieren kann. Und die Musterung des in einem früheren Beitrag beschriebenen Weberkegels kann mit Hilfe eine zellulären Automaten nachgestellt werden.
H. Joachim Schlichting. Spektrum der Wissenschaften 9 (2019), S. 58 – 59
Er schüttelt es ab,
wie der Hund den Regen
Karl Simrock (1802 – 1876)
Viele Landtiere trocknen ihr nasses Fell besonders effektiv, indem sie ihren Körper schnell hin und her drehen. Das überträgt große Kräfte auf das anhaftende Wasser, wodurch es zu den Haarspitzen drängt und sich dort rasch ablöst. Weiterlesen
Vor einiger Zeit wurde dem gefleckten Schmalbock Kopf_und_Gestalt verliehen. Der mir nunmehr vor die Linse geratene vierbindige Schmalbock unterscheidet sich von ihm durch die einfarbigen Fühler, die beim Männchen einfarbig schwarz (siehe Foto) und beim Weibchen gelbbraun auslaufen. Weiterlesen
Vor Jahren entdeckte ich eine schwarzgrau glänzende Kugel, etwa so groß wie eine kleine Johannisbeere (Abbildung unten rechts). Sie war durch helle „Meridiane“ und einzelne gelbliche Flecken strukturiert. Ich fotografierte sie und ließ sie einige Zeit allein. Als ich zurückkam war sie weg – vielleicht weggerollt. Denn ich hatte bereits beim Fotografieren bemerkt, dass sie schon bei der kleinsten Neigung ins Rollen geriet. Irgendwie geriet sie dann in Vergessenheit, weil ich keinen Ansatzpunkt zu ihrer Identifizierung fand. Weiterlesen
H. Joachim Schlichting. Spektrum der Wissenschaft 7 (2019), S. 52 – 52
Ein kleiner Irrtum am Anfang
wird am Ende ein großer
Giordano Bruno (1548–1600)
Ist ein Sandhaufen zu steil, rutschen Teile von ihm ab. Doch was passiert mit größeren Objekten auf dem Hang? Ob sie am kritischen Winkel stabil liegen oder ins Gleiten geraten, hängt davon ab, wie stark sie den Untergrund deformieren.
Ein größer werdender Sandhaufen wird ab einer bestimmten Neigung nicht mehr steiler. Vielmehr stellt sich ein charakteristischer Schüttwinkel ein, indem oben aufgetürmter Sand hin und wieder in Lawinen niedergeht (siehe Foto …). Sie flachen den Haufen ab, so dass darauf wieder Sandkörner liegen bleiben können, bis der kritische Winkel erneut überschritten wird. In der nichtlinearen Physik spricht man bei solchen Phänomenen von selbstorganisierter Kritikalität. Weiterlesen
Ich staunte nicht schlecht, als ich mit einem Freund auf einer inzwischen einige Jahre zurückliegenden Wanderung an der Ems bei Telgte auf eine Gruppe fast vollständig eigekleideter bzw. verpackter Bäume stießen (obere Abbildung). Es drängte sich mir sofort der Gedanke auf, dass hier ein Verpackungskünstler am Werk war. Die Bäume samt ihrer Äste waren derart sorgfältig mit einer dünnen Folie überzogen, dass ich meinte, einen natürlichen Ursprung ausschließen zu können. Denn wenn man vor einem solchen Baum steht und das ziemlich reißfeste und elastische Material in die Hand nimmt, wird man eher an Kunststoff als an ein Produkt natürlicher Herkunft erinnert. Und dennoch sind es kleine Tiere, Raupen der Gespinstmotte (Yponomeuta evonymella), die diese „Kunstwerke“ als Gemeinschaftswerk sehr vieler Individuen hervorbringen. Weiterlesen