Die oft erhobene Forderung, die Form zu bewahren, erinnert mich an diesen armen Apfel, der es auf irgendeine für mich undurchschaubare Weise geschafft hat, sich ohne zu verfaulen vom verschmähten Fallobst in den Winter zu retten. Ich bin sicher, dass er es auch bis in die nächste Jahreszeit hinein schafft. Jedenfalls fühlt er sich hart und widerstandsfähig an. Natürlich erinnert er in seiner völlig apfelunähnlichen Farbe und Konsistenz eher an eine Apfelmumie als an eine genießbare Frucht. Und ich möchte nicht wissen, wie es in seinem Innern aussieht.
Es soll damit nicht behauptet werden, dass die Formvollendung im (mit)menschlichen Bereich mit dem Verhalten des Apfels gleichzusetzen ist, aber – wie gesagt – irgendwie werde ich manchmal an den Apfel erinnert.
Abgesehen von diesen eher metaphorischen Überlegungen würde ich allzu gerne wissen, wie es manchen gefallenen Äpfeln im Vergleich zu den vielen anderen Leidensgenossen gelingt, so formvollendet über den Winter zu kommen. Kennt sich da jemand aus?
Bei uns macht der wilde Wein den Anfang mit der Sicherung des Chlorophylls und dem damit verbundenen Hervortreten der bislang überdeckten Blattfarben. Merkwürdigerweise scheint dadurch das Ausbreitungsbegehren dieser alles einnehmenden Pflanze bislang noch nicht in Mitleidenschaft gezogen zu werden. Jedenfalls sind die nach Haltemöglichkeiten suchenden Ranken noch in voller Aktion mit all ihren lustigen Fehlleistungen (oder sind es spielerischen Anwandlungen), wenn sie sich z.B. gegenseitig umschlingen (unteres Foto).
Die Ranken beim wilden Wein sind aus Sprossachsen hervorgegangen und nehmen offenbar genauso farbenprächtig an der herbstlichen Verfärbung teil wie die Blätter.
Wenn die herbstlichen Verfärbungen nicht biologische Notwendigkeit wären, hätte man sie aus rein ästhetischen Gründen erfinden müssen.
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Zunächst waren es nur Fraßspuren irgendwelcher Insekten. Dann machte der Baum daraus ein Kunstwerk. Gibt es eine schönere Art auf den „Angriff“ der Insekten zu reagieren als diesen?
Ich vermute, dass man diese Verfärbungen im Rahmen der inzwischen einsetzenden Aktivitäten des Baumes sehen muss, Chlorophyll zur Deponierung an anderen Stellen aus den Blättern abzuziehen. Die durch den Fraß verdünnten Stellen geben als erste die Herbstfarben frei.
Auf diesem Spätherbstblatt scheint sich das schon weitgehend verfärbte Blatt an bessere Zeiten zu erinnern. Den Erinnerungsinhalt sieht man dem Blatt in Form eines Blatts an, das noch einen grüngelben Schimmer dessen enthält, was es selbst vielleicht einmal gewesen ist.
Nein, diese goldenen Weinblätter haben ihre Farbe nicht durch Phytomining* erworben, sondern lediglich durch eine herbstliche Verfärbung, die sie golden erscheinen lässt. Um diesen Eindruck zu erzeugen genügt es, dass das durch Carotin erzeugte Gelb mit einer glatten Oberfläche kombiniert wird, die das Licht sowohl diffus wie spiegelnd reflektiert. Weiterlesen
Der wilde Wein ist zurzeit dabei, den Blättern wichtige Nährstoffe zu entziehen und für den Neustart im nächsten Frühjahr bereitzuhalten. Durch den Entzug des Blattgrüns, werden andere Farben sichtbar, die bisher durch das Grün überlagert wurden. Beim wilden Wein sind das insbesondere Anthocyane, die für das charakteristische Rot verantwortlich sind.
Im vorliegenden Fall (siehe Foto) sieht es so aus, als ob im Bereich der Überlagerung zweier Blätter ein besonderer Effekt die Rotfärbung wesentlich schwächer ausfallen lässt. Merkwürdigerweise tritt dabei so etwas wie ein „Antischatten“ auf. Die Kontour des (bezüglich der Einfallsrichtung des Lichts) hinteren Blatts zeichnet sich auf dem vorderen ab. Weiterlesen
Alles, was sich in den Werken der Natur vollzieht, hat seine Anmut und seine Schönheit. Die Feige spaltet sich, wenn sie in voller Reife ist, die überrreife Olive ist fast entstellt, aber die Frucht hat doch noch eine besondere Schönheit.