Diese Birke hat es auf ein Schild abgesehen, was man offenbar ohne sie zu fragen angebracht hat. Es sieht aus, als würde das Schild irgendwann völlig verschlungen sein, denn Bäume haben Zeit. Die Einverleibung durch Überwallung ist eine natürliche Reaktion eines Baumes, wenn er mit einem Fremdkörper konfrontiert wird. Denn da er ihn nicht anderweitig loswerden kann, verleibt er ihn sich ein und lässt ihn schließlich in seinem Innern verschwinden. Dort behindert er nicht mehr das Kambrium, die Wachstumsschicht des Baumes.
Das Kambium liegt zwischen dem Holz und der Rinde eines Baums. In ihr finden die Zellteilung und damit das Wachstum des Baumes statt. Dabei erfolgt nach innen hin eine Verholzung und nach außen hin entsteht in etwa dem gleichen Maße der Bast, aus dem sich die harte Rinde entwickelt.
Im vorliegenden Fall überwallt das Kambium dank seiner Fähigkeit zum Zellwachstum das Hindernis, um zu verhindern, dass es nicht bis ins Holz dringt und dem Angriff von Pilzen und Bakterien Tür und Tor öffnet. Es entsteht ein Gewebe, das sogenannte Kallus, das schließlich den Fremdköper überwallt. Wenn dieser Prozess abgeschlossen ist, kann das Kambium über die so verschlossene Wunde wieder normale Zellen bilden und normal weiterwachsen.
Im Sinne unserer gestrigen Ausführungen zeigt dieses Beispiel einmal mehr, dass zwei Dinge nicht zugleich am selben Ort sein können und gegebenenfalls besondere Maßnahmen getroffen werden müssen, um die Naturgesetze einzuhalten.
Pilze beeindrucken mich immer wieder auf überraschend neue Weise. Im vorliegenden Fall sprießt aus dem Stamm eines gesundheitlich bereits angeschlagenen Baums ein ganzes Bündel eines Pilzes hervor, das wie ein üppiger Blumenstrauß wirkt und den Ernst der Situation zu konterkarieren scheint.
Im näheren Umfeld hat bereits die Trockenheit der letzten Jahre gewütet und einen Kahlschlag bewirkt. Der stehengebliebene Baum war wohl so etwas wie die Hoffnung eines Neuanfangs. Nun zeigt sich mit aller Zwiespältigkeit der wuchernden Schönheit, dass auch für diesen Baum – trotz des Schmucks – die Zukunft fragwürdig geworden ist.
Bei Wanderungen in Wäldern schaue ich mir gern Bäume an, die nicht so ganz der Norm entsprechen. Die befinden sich meist dort, wo sie so wachsen dürfen wie sie wollen, also außerhalb oder am Rande der wirtschaftlich genutzten Waldbereiche. Ich habe diesem Blog bereits zahlreiche Exemplare anvertraut (z.B. hier und hier und hier und hier und hier). Sie sind oft so merkwürdig, dass es schwerfiele zu glauben, dass es so etwas gibt, hätte man es nicht direkt vor Augen.
Auf einer vor kurzem unternommenen Wanderung in den Dammer Bergen fand ich eine Baumgruppe vor, in der zwei Bäume über einen oberarmdicken Ast in Verbindung stehen. In den Fotos ist das Phänomen aus zwei verschiedenen Perspektiven zu sehen.
Schaut man sich das rechte Foto an, so scheint der linke Baum deutlich von der zusätzlichen Verbindung mit dem anderen Baum zu profitieren. Denn oberhalb der Einmündung dieses fremden Asts weitet sich der Stamm ganz entgegen der Norm, wonach Bäume unten dicker als oben sind.
Anders als bei den bisher entdeckten Baumverbindungen fällt mir hier keine plausible Geschichte ein, wie diese Verbindung wohl angebahnt und realisiert wurde. Vielleicht habt ihr eine Idee?
Diese Gurkenranke nimmt in ihrer Unentschlossenheit fast menschliche Züge an. Zunächst teilt sie sich und begibt sich auf zwei verschiedene Wege. Ist ja auch effektiver zweigleisig zu fahren, um den nächsten Halt zu finden. Doch dann krümmt sich der eine Strang, rollt sich ein und wird selbstbezüglich. Der andere bemüht sich weiter darum, Halt zu finden. Ich höre schon die Gurke den Alten zitierend raunen: Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust.
Alle Jahre wieder staune ich und freue mich darüber, wie aus dem völlig zerknäult aussehenden, an Seidenpapier erinnernden biologischen Gewebe, das hier wie aus einem Maul der Klatschmohnpflanze hervorbricht, innerhalb kürzester Zeit eine so schöne Blüte hervorzugehen vermag. Dabei ist der Vorgang von jedwedem Knäueln und Knüllen weit entfernt. Wie an anderer Stelle ausführlicher beschrieben, sind die späteren Blütenblätter schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Knospenbildung mit einer raffinierten, platzsparenden Faltungstechnik angelegt worden, die dann zum gegebenen Zeitpunkt nur noch einen vergleichsweise kleinen Impuls benötigt, um sich in kürzester Zeit in der uns vertrauten Pracht zu entfalten.
Zum heutigen Tag des Baumes möchte ich über einen Baum berichten, der vor einigen Jahren durch einen heftiger Sturm entwurzelt und umgekippt wurde (siehe Foto). Der Wurzelballen ist dabei senkrecht aufgerichtet worden (links oben). Dabei blieben offenbar wesentliche Versorgungswurzeln intakt, so dass der Baum weiterlebte. Er funktionierte einige Äste zu Stämmen um, die sich offenbar unvermittelt aufwärts gerichtet und den Baum in ein mehrstämmiges Wesen umgewandelt haben. An den „Knickstellen“, an denen der Baum sich aus der Waagerechten wieder in die Senkrechte wendet, hat er wohlweißlich Triebe in den Boden gesenkt und ist auf diese Weise an diesen Stellen zusätzlich zu den alten Wurzeln im Wurzelballen neu verankert. Ich vermute, dass diese Wurzeln nicht in erster Linie der Versorgung dienen, sondern vor allem der Stabilität, denn die vom alten Urstamm ausgehenden neuen Stämme wurden inzwischen so groß und schwer, dass die Stabilität immer prekärer wurde und diese Absicherung erforderten. Dieser Baum ist inzwischen so stark verankert, dass er die letzten heftigen Stürme schadlos überstanden hat. Welch eine subtile und auf den gesamten Baum abgestimmte Koordination der verschiedenen Reaktionen auf die veränderte Lage ist hier am Werk! Hoffen wir, dass der Förster diesen Baum auch weiterhin gewähren lässt und sei es als Symbol des Überlebenswillens: Nicht aufgeben, auch wenn es aussichtslos erscheint.
Okay, die Überschrift ist etwas übertrieben. Als ich jedoch die Pflanze (Foto) sah, erinnerte sie mich sofort an Oroboros, die in mehreren alten Kulturen bekannte Schlange, die sich selbst in den Schwanz beißt. Indem ich sie fotografierte wurde mir klar, wie sehr unsere Sehweise doch bestimmt ist von Bildungsrelikten, selbst wenn der genaue Inhalt oft nicht einmal mehr präsent ist.
Die hier unverkennbar in einem südlichen Urlaubsort aufgenommene Szenerie zeigt etwas ganz Untypisches. Eine Palme, die sich nicht an die Regeln hält und von ihrem geradlinigem Aufwärtsstreben abweicht, wird nicht in ihre Schranken verwiesen, z.B. durch Abholzung, sondern umgekehrt. Die Schranken werden beseitigt.
Jedenfalls war ich sehr erstaunt, dass man hier den Baum gewähren lässt und den Zaum so umgestaltet, dass der Baum seine freiheitlichen Ambitionen beibehalten darf. Ich weiß, es wäre verfrüht, darin schon eine Art Umdenken zu sehen, aber die Hoffnung kann man doch schon mal haben.
In subtropischen Gefilden bewundere ich immer wieder die Pflanzen, insbesondere die großen Bäume, die mehr oder weniger zahlreiche Luftwurzeln ausgebildet haben (linkes Foto). Man denkt sofort an eine mechanische Stabilisierung des Gewächses durch diese so gar nicht an Wurzeln erinnernden schrägen Stützbalken. Das wird in einigen Fällen wohl auch ihre wesentliche Funktion sein. Oft sind aber andere Aspekte wie zusätzliche Wasseraufnahme die Aufgabe dieser Wurzeln.
Aber man kann auch zuhause bei einheimischen Pflanzen, zum Beispiel beim Mais, so etwas wie Luftwurzeln vorfinden (rechtes Foto). Ich vermute, dass in diesem Fall die Stabilisierung der langen schweren Pflanzen durch diese seitliche Abstützung im Vordergrund steht. Jedenfalls hat man hier eine schöne Parallele zwischen Groß und Klein.
Auf einer Wanderung in der Nähe des Zwischenahner Meeres trafen wir auf eine alte Buche, die bereits ihre Krone und zahlreiche Äste verloren hat (linkes Foto). Außerdem ist sie von Fäulnis befallen und mit Zunderschwämmen übersät (mittleres Foto). Letzteres ist ein deutliches Zeichen dafür, dass der Baum geschwächt ist. Die verbliebenen Äste scheinen dem Zustand durch üppig grüne Blätter zu trotzen.
Obwohl der Baum als Solitär an einem unauffälligen Waldweg steht, ist er mit zahlreichen eingeritzten Botschaften versehen. Da die Wundheilung die Ritzung der ursprünglichen Form nach überwulstet, bleibt die Information diese Art Tattoos auch lange Zeit nach ihrer Entstehung erhalten. Die älteste noch zu entziffernde Ritzung an diesem Baum stammt aus dem Jahre 1937 (rechtes Foto Mitte).
Was den einen oder anderen erstaunen mag ist die Tatsache, dass sich diese Ritzung noch immer auf derselben Höhe befindet, wie bei ihrer Entstehung. Das liegt an der Art und Weise, wie ein Baum wächst.
Alle Jahre wieder wundere und freue ich mich über die sich entfaltende Natur. Sie tut dies ja nicht nur im übertragenen sondern auch im tatsächlichen Sinn des Wortes: Etwas sehr klein und kompakt Gefaltetes – hier am Beispiel des Rhabarbers – glättet allmählich seine ziehharmonikaartig gefalteten Vorformen der späteren Blätter (oberes Foto). Von Tag zu Tag wird das ursprünglich Verkrumpelte zu einem immer glatter werdenden Blatt (unteres Foto).
Sehr schön zu sehen sind die Entfaltungen zurzeit auch an den Kastanienblättern bei deinen eine etwas andere Technik der platzsparenden Faltungstechnik ausgenutzt wird. Und in ein zwei Monaten steht uns auch noch die Entfaltung der Klatschmohnblüten bevor, die ebenfalls sehr schön zu beobachten ist.
Bei uns in der Nähe gibt es einen bewaldeten Bergrücken, der früher bergbaumäßig genutzt wurde, inzwischen aber mit hohem Mischwald bewachsen ist. Nur steile Hänge und andere Unwegsamkeiten lassen auf die früheren Aktivitäten schließen. Interessant sind manche Wechselwirkungen von Natur und früherer „Industriekultur“.
Da gibt es dann z.B. Reste verrosteter Zäune, deren Ursprung nicht mehr nachvollzogen werden kann, die völlig unaufgeregt in die undurchschaubaren Pläne der zum Licht strebenden Pflanzen integriert werden (siehe Fotos). Eine Kletterpflanze windet sich durch die quadratischen Maschen des Drahtes und integriert diese wie Treppenstufen zum Licht in ihr fortschreitendes Höhenwachstum. Wenn man sich die komplizierten und aus menschlicher Sicht schon wieder ästhetisch ansprechenden Verrenkungen der Pflanze anschaut, kann man sich kaum vorstellen, welche „Entscheidungen“ und vielleicht auch welche „Dramen“ sich beim Aufstieg unter dem Motto „Der Sonne entgegen“ abgespielt haben mögen.
Die Kletterpflanze ist schließlich vom Zaun zum Baum übergegangen und hat von da an den direkten Weg nach oben genommen, wo ihr Sonnenenergie zur Genüge zur Verfügung steht. Der an anderen Stellen bereits niedergesunkene und durch den ständigen Kontakt mit der feuchten Erde weitgehend weggerostete Zaun hat für die Funktion als Gerüst im Gegenzug eine stabile Stütze erhalten und kann auf diese Weise noch wesentlich länger an die bereits dem menschlichen Vergessen anheimgefallenen Zeiten seiner ursprünglichen Funktion erinnern.
Im unteren Ausschnittsfoto erkennt man, dass der Draht nicht nur von der Pfanze aufgenommen wurde, sondern streckenweise einen auffälligen Drehwuchs bewirkt hat, durch den sich die Pflanze um den Draht herumgewunden hat. Warum die Pfanze in dieser unterschiedlichen Weise auf das technische Stützwerk reagiert, indem sie es einmal in sich aufnimmt und ein anderesmal um ihn herumwächst, bleibt mir verborgen. Es muss irgendwo eine Entscheidung für die eine oder andere Version getroffen worden sein.
Als ich gestern seit langem mal wieder vom Wege abkam und den weichen Waldboden unter den Füßen spürte traute ich plötzlich meinen Augen nicht mehr. Vor mir erhob sich ein ansonsten gesunder Baum, der in der Vergangenheit vermutlich Probleme mit diesem Berghang gehabt haben muss. Jedenfalls sieht man, dass sein Stamm fast aus der liegenden Position heraus die Kurve kriegen musste, um sich in die Senkrechte zurückzukämpfen (siehe Foto). Jedenfalls könnte es so gewesen sein. Wahrscheinlich ist der Baum durch ein Abrutschen des Hangs oder durch welches Ereignis auch immer auf die schiefe Bahn geraten und hat durch cleveres Agieren einen haltbaren Weg zurück in die aufrichte Position gefunden.
Es bleibt jedoch die große Frage, durch welches Sensorium der Baum seine missliche Lage festgestellt und darauf reagiert haben mag. Wegen seines verholzten Gewebes hat er sich nicht wie beispielsweise krautige Pflanzen sofort wieder aufrichten können. Dies ist nur in einem mehrjährigen Prozess durch die Bildung von Reaktionsholz möglich. Vielmehr hat der Baum auf die Wirkung der Schwerkraft reagieren müssen. Bei Laubbäumen geschieht dies durch Bildung von Zugholz auf der konkaven Seite der Krümmung zurück in die Senkrechte. Die Holzzellen sind dort zahlreicher und so beschaffen, dass sie durch Zugelastizität die zusätzliche Belastung durch Schwerkraft kompensieren.
Doch wie merkt der Baum, dass er schief wächst und wie organisiert er die Bildung von Reaktionsholz? Man weiß heute, dass es im Rindenbereich der Sprossachsen Stärkescheiden gibt, in denen der Schwerereiz wahrgenommen werden kann. Aber Details dieser Wahrnehmung scheinen wissenschaftlich noch nicht geklärt zu sein.
Aber das Erstaunlichste ist im vorliegenden Fall, wie es der Baum fertig gebracht hat, sich eine zusätzliche Stütze zuzulegen. Denn es ist deutlich zu erkennen, dass von der nach statischen und dynamischen Gesichtspunkten idealen Stelle aus ein nach unten wachsender Ast (eine Luftwurzel?) gebildet und schließlich im Boden verankert wurde. Bei der Einwurzelung müssen dann wohl weitere Wurzeln gewachsen sein, um die vergleichsweise filigrane Stütze fest zu verankern. Und weil auf diese Weise ein ‚Nebenstandort‘ entstanden ist, wurde die Gelegenheit wahrgenommen und ein weiterer Baum ins Leben gerufen, der seinen aufwärts strebenden Stamm der Sonne entgegen richtet. Es ist kaum zu glauben, dass ein Baum so clever sein kann!
Möglicherweise kann es auch umgekehrt so gewesen sein, dass ein jüngerer Baum in der Nähe mit einem Ast den großen Baum berührt hat und es zu einer Verwachsung (Inosculation) kam, die glücklicherweise zu einer Stütze des Baums wurde. Obwohl einiges dagegen spricht, wäre das Problem, dass aus dem Baum heraus ein Ast in den Boden wächst und dort einen weiteren Baum entstehen lässt.
Merkwürdige Wuchsstrukturen von Bäumen findet man in großer Zahl (z.B. hier und hier und hier und hier und hier und hier und hier) auch wenn anders als im vorliegenden Fall deren Sinn sich meist nicht erschließt.
Wir befinden uns nicht mehr im Wachstum, wir befinden uns im Auswuchs.*
„I can’t help it,“ said Alice very meekly: „I’m growing.“
„You’ve no right to grow HERE,“ said the Dormouse.
„Don’t talk nonsense,“ said Alice more boldly: „you know you’re growing too.“
„Yes, but I grow at a reasonable pace,“ said the Dormouse: „not in that ridiculous fashion.“ **
* Jean Baudrillard (1929 -2007). Die magersüchtigen Ruinen.
** Lewis Carroll (1832 – 1898). Alice in Wonderland. Herdfordshire 1992. p.9
Damit eine Pflanze senkrecht nach oben dem Licht entgegen wachsen kann, benötigt sie viel Energie und Material, um ein entsprechend stabiles „Bauwerk“ zustande zu bringen. Paradebeispiele dafür sind Bäume. Sie können bis über 100 m hoch werden, benötigen dafür aber auch eine sehr lange Zeit. Weiterlesen
Technische Objekte erkennt man oft daran, dass sie den geometrischen Idealgestalten wie zum Beispiel einer perfekten Vertikalität folgen. Eine Mauer hat senkrecht zu sein, eine Straßenlaterne ebenso. Natürlichen Objekten, wie zum Beispiel einem Baum, erlaubt man hingegen Abweichungen, was meist mit der Vorstellung einer minderen Perfektion verbunden wird.
Vergleicht man vor diesem Hintergrund die Laterne am Ufer eines Entwässerungsgrabens mit dem Baum an einer vergleichbaren Stelle, so sieht man, dass die Verhältnisse hier gerade umgekehrt zu sein scheinen. Die Laterne hat sich den durch natürliche Vorgänge bewirkten Verschiebungen des Bodens entsprechend nach hinten geneigt, während der Baum als lebende Struktur in der Lage ist, auf solche Änderungen in seiner Umwelt zu reagieren: Er bleibt vertikal, indem Kipptendenzen erkannt und durch geeignete Wachstumsvorgänge kompensiert werden.
Dass die Bäume wie andere Pflanzen auch, dem Licht entgegenstreben (Fototropismus) bedeutet noch nicht, dass sie auch vertikal nach oben wachsen müssen, denn das Licht kommt aus vielen Richtungen. Vielmehr richten sie sich noch stärker entgegen der Wirkung der Schwerkraft aus (negativer Geotropismus). Die „Wahrnehmung“ der Schwerkraft erfolgt in den Wurzeln, sie ist senkrecht nach unten gerichtet (Geotropismus). Daher wird ein Baum, der an einem Hang aufwächst (siehe Bild) dem ungeachtet senkrecht nach oben streben.
Gebrauchsgegenstände werden in der Regel mehr oder weniger aufwändig verpackt. Damit sollen die Produkte zum einen vor Beschädigungen bei Lagerung und Transport geschützt werden. Zum anderen – und dieser Grund ist oft noch wichtiger – sollen sie gefallen und zum Kauf verführen. Wenn man sich die Tricks der Verpackungsindustrie genauer anschaut wird man über den Einfallsreichtum staunen. Oft lassen sich die papiernen Behältnisse durch Lösen weniger Klebestellen auf verblüffend einfache Grundformen zurückführen. Weiterlesen
Wer in diesen Tagen durch einen Buchenwald geht, wird unweigerlich zwischen den verfaulenden Blättern und Bucheckern frisches Grün entdecken, das so gar nicht an die Blätter eines Baumes erinnert. Es sind die Keimlinge der Buchen, die aus den in den Bucheckern enthaltenen und von den Tieren (Wildschweine, Mäuse, Eichhörnchen u.a.) übriggelassenen Samen hervorgehen. Diese ersten Blätter, die in ihrem dunkleren Grün so gar nicht an die späteren Blätter erinnern, wie man sie von den Buchen her kennt, sollen essbar sein.
Insofern kann man die im Titel gestellte Frage positiv beantworten. Diese Erstblätter gelten sogar als eine Delikatesse. Ein Restzweifel bleibt bei mir. Als Kinder haben wir auch die Bucheckern mengenweise gegessen, weil sie als essbar galten und gut schmecken. Heute höre und lese ich jedoch, dass der übermäßige Genuss roher Bucheckern durch den Wirkstoff Fagin und Oxalsäure zu Vergiftungserscheinungen führen kann. Zum Glück haben wir damals nichts davon gewusst und deshalb wohl auch nichts gemerkt.
Auf dem Foto ist bei einigen Keimlingen bereits das nächste Blattpaar zu erkennen, das bereits deutlich an Buchenlaub erinnert. Leider ist allen diesen beherzt ins Leben schießenden Bäumchen ein schnelles Ende bestimmt. Denn der Blätterbelag samt der Keimlinge lagert auf einer Straße, die jemand vergessen hat, vom Laub zu berfreien.
Auch wenn meiner Beobachtung nach der Brauch, Herzen und Innitalien in der Rinde eines Baumes zu schnitzen im Abklingen begriffen ist, entdeckt man sie doch immer mal wieder. Manche sind bereits uralt und man fragt sich zuweilen, ob es zu diesen Zeichen ewiger Liebe auch eine reale Entsprechung gibt .
Dieser alte Brauch wird auch in der Literatur immer wieder angesprochen und in literaturwissenschaftlichen Arbeiten diskutiert. Um zu zeigen, zu welch tiefschürfenden Untersuchungen diese meist als Spielerei jugendlicher Verliebter abgetane Tätigkeit führen kann, hier eine Passage aus einer wissenschaftlichen Arbeit: Weiterlesen
Der Durchbruch ist geschafft. Dieser Pilz hat sich durch die Erde hindurch gedrückt und dabei einige Erdschollen angehoben (siehe Foto). Die beim Wachstum entwickelte Kraft kann enorm sein. Denn mit einigen Tricks schafft er es auch durch härtere Schichten bis hin zu einer Asphaltdecke hindurchzukommen. Weiterlesen
Dieser Herbst scheint ein Pilzherbst zu sein. In einem Maße, wie ich es selten erlebt habe, kommen diese weder zu den Pflanzen noch zu den Tieren gehörenden Wesen aus ihrer Deckung hervor und erfreuen viele Menschen entweder in ästhetischer oder kulinarischer Hinsicht. Weiterlesen
Bäume sind nicht nur schön, mächtig, grün und was man sonst noch alles an ihnen gut finden kann. Manchmal sind sie auch skurril. Das wurde schon mehrfach in diesem Blog dokumentiert (z.B. hier und hier und hier und hier und hier). Aber der Baum auf diesem Foto übertrifft vieles, was ich in dieser Hinsicht gesehen habe. Wie diese Verwachsungen entstanden sind, und wie der enorme Stammzuwachs durch einen Ast des Nachbarbaums zwischen den beiden Bäumen organisiert wurde, ist kaum noch zu rekonstruieren.
Indem der Nachbarbaum gewissermaßen einen Versorgungs in Form eines Astes beisteuert wird nicht nur kräftiger, er wird durch diese Verschränkung mit dem anderen Baum auch wesentlich stabiler. Beide Bäume schaffen sich durch diese Kooperation gewissermaßen ein zweites Standbein: Windlasten dürften dadurch erheblich ungefährlicher werden.
Wie man unschwer erkennt, ist inzwischen der astspendende Baum eingegangen, während der andere nunmehr allein zurechkommen muss. Der Grund für das Absterben hat allerdings nichts mit der Kooperation der beiden zu tun. Hier waren Schnitzer am Werk – ahnungslos oder böswillig – , die am unteren Ende des nunmehr absterbenen Baums einen Streifen der Baumrinde ringsherum herausgeschnitten haben.
Das auf dem Foto dargestellte Motiv wurde zum Phänomen, als ich in der durch die Jahresringe hervorgerufenen Struktur eines Zaunpfahls eine Spinne und wahlweise ein originelles Spinnennetz zu sehen vermeinte. Diese Pareidolie drängte sich trotz der enormen Größendifferenz zwischen Holz und Spinne geradezu auf, obwohl ich bei etwas kritischer Betrachtung zugeben muss, dass diese Mustererkennung doch arg an der Realität vorbeigeht. Weiterlesen
Einem Baum ist wahrlich nicht in die Wiege gelegt, sich dereinst mit einem Zaun, einem menschlichen Produkt auseinanderzusetzen. Aber dazu herausgefordert agiert er in einer ganz bestimmten Weise. Er verleibt sich den sich seinem vertikalen Wachstum in den Weg stellenden Drahtzaun schlichtweg ein. Dabei war der Zaun zuerst da und das Samenkorn des Baums fiel vermutlich durch Zufall just an eine Stelle, die den Konflikt zwischen Natur und Technik unvermeidlich machen sollte. Weiterlesen
Das Wunderbare an den Kristallen ist das Netz der Atome, das sich immerfort wiederholt; das war es, was Vug nicht begreifen wollte. Was ihr gefiel, war – ich merkte es bald-, an den Kristallen winzige Differenzen, Unregelmäßigkeiten, Unvollkommenheiten zu entdecken.
Was zählt schon ein Atom außer der Reihe, eine leicht angestoßene Kante… bei einem Festkörper, der zu unbegrenztem Wachstum nach einem regelmäßigen Schema bestimmt ist? Die Entwicklung geht zum einheitlichen Kristall, zum Riesenkristall.*
Wer sich über den physikalischen Hintergrund der Raureifbildung informieren möchte, kann dies in früheren Beiträgen tun, in denen ich zumindest einige grobe Hinweise gebe (z.B. hier und hier).
Als ich gestern Morgen aus dem Fenster blickte und die Lämmerschwänzchen der Haselnuss im spärlichen Licht der noch tief stehenden Sonne geradezu wie aus sich selbst heraus leuchten sah, wurde mir bewusst, dass sich die Pflanze für die Blüte eine ganz schön ungemütliche Zeit ausgesucht hat. Weiterlesen
… so könnte man einen bekannten Ausspruch varrieren, wenn man sieht wie aus der schmalen Felsspalte eine „Hütte“ für neues Leben hervorgeht: Ein in die Spalte geratenes Samenkorn hat Wurzeln nach unten und Blätter nach oben entwickelt und richtet nunmehr als kleine Pflanze alle Ausbreitungsbemühungen in Längsrichtung aus. Weiterlesen
Zusammenwachsende Bäume haben es mir in der letzten Zeit angetan. Ich habe kürzlich dazu ein Bild gezeigt, bei dem ein Baum wie das Rohr eines alten Ofens in die Wand in einen anderen Baum einmündete. In der Absicht, mir diesen Doppelbaum noch einmal genauer anzusehen, versuchte ich ihn wiederzufinden. Aber das Sprichwort, dass man den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht, traf in der Variante zu, dass ich vor lauter anderen Bäumen diesen einen nicht wiederfand. Aber die Suche hat sich dennoch gelohnt. Denn wie ein Wunder traf ich einen anderen Baum an, in dem eine Vorstufe der gezeigten Vereinigung zu sehen ist. Weiterlesen
Vor längerer Zeit las ich in dem Roman „Adam Bede“ von George Eliot (1819 – 1880) eine Passage, in der jemand einen bzw. zwei Buchen vor sich hat und darüber spekuliert, ob es nun einer oder zwei Bäume seien. Ich zitiere die Stelle, weil ich mehrfach vor einer ähnlichen Situation stand, bis ich schließlich eine Kamera dabei hatte, um derartige „Begegnungen“ mit den Wundern der Natur, soweit es eben möglich ist, fotografisch zu dokumentieren: Weiterlesen
Nur nicht im Dunkel
Schmählich erschlaffen!
Im Lichtgefunkel
Leben und schaffen.
Nur im Verstecke
Nicht müd’ versiechen,
Kränkeln und kriechen —
Nur das nicht!
Richte und recke
Auf dich zum Licht!
Siegende Sonne
Hellt dir die Brust,
Wogende Wonne
Wird dir bewußt,
Unter der Decke
Ängstlicher Kleinheit
Wärmt sich — Gemeinheit;
Nur das nicht!
Richte und recke
Auf dich zum Licht! Weiterlesen
Ich stelle mir die Situation so vor. Zwei Samenkörner wachsen erfolgreich in nächster Nachbarschaft zu kleinen Bäumchen auf. Zunächst stören sie sich noch nicht. Je größer sie werden, desto näher kommen sie sich und berühren sich schließlich. Es kommt zu Reibereien. Dabei wird die Rinde durchgescheuert und die Leitungsbahnen der Äste geraten in Kontakt und verbinden sich miteinander. Sie wachsen schließlich zusammen und einer der Bäume – in diesem Fall der kleinere – gibt seine Individualität als Baum mit allem was dazu gehört auf. Er stellt seine Aktivitäten in Form von Saftströmen, die seine Wurzeln aus dem Boden ziehen, dem größeren Baum voll zur Verfügung. Er verliert seine eigenen Zweige und Blätter, die Wunden verheilen und lassen schließlich das hier zu bestaunende Ergebnis zurück.
Es mag sich vielleicht anders zugetragen haben, aber Fakt ist, dass beide Stämme, der große und der kleine gesund und vital aussehen, nur dass der kleinere keine eigene Krone mehr hat.
mehr konkurrieren sie um Raum. Schließlich gibt der etwas Zurückgebliebene von beiden (der Klügere?) auf und schließt sich – wie auch immer – dem erfolgreicheren Partner an. Wie anders könnte man die Situation deuten? In beiden Stämmen ist Leben. Offenbar tragen beide mit ihren getrennten Wurzelwerken zur Wasser und Nährstoffzufuhr bei. Hat schon jemand von einem so kuriosen Zusammenspiel gehört?
Eine andere Möglichkeit, die enge Nachbarschaft kreativ zu gestalten, haben die beiden in einem früheren Beitrag dargestellten Bäume gewählt: Honi soit qui mal y pense.