Wir blicken auf eine sanft bewegte Wasseroberfläche in einem Hafenbecken. Das Wasser ist zwar uneben gewellt aber gleichzeitig glatt und verhält sich wie ein Zerrspiegel in einem Science Center. Allerdings drängt sich dieser Eindruck hier nur deshalb auf, weil die Bewegung der Wasseroberfläche durch das Foto stillgestellt wurde und der in der Realität dominierende ständige Wechsel zwischen verschiedenen Verzerrungen und Deformationen der glatten Wasserfläche nicht wahrgenommen wird.
Dass glatte Wasseroberflächen die umgebenden Gegenstände spiegelnd reflektieren und das zuweilen mit einer Perfektion, die es schwierig macht, Original und Spiegelung zu unterscheiden, ist bekannt. Bereits eine gewöhliche Pfütze kann davon eindrucksvoll Zeugnis ablegen. Wichtig ist dabei, dass die Oberfläche des Wassers glatt und eben wie eine Fensterscheibe ist. Zumindest darf die Welligkeit des Wassers nicht so groß sein, dass sich die Spiegelungen in sichtbaren Krümmungen von im Original geraden Linien bemerkbar machen.
Wenn solche Krümmungen auftreten, dann beobachtet man verzerrte Spiegelungen. Bei leicht bewegtem Wasser sind diese Verzerrungen nur klein und die Spiegelungen lassen das Original noch erkennen. Wenn die Verzerrungen zu groß werden, gehen die vertrauten Formen in eine an abstrakte Kunst erinnernde Struktur über (siehe Foto).
Fasst man die derart bewegte Wasseroberfläche als Abfolge von Hohl- und Wölbspiegeln auf, so kann man bei kleinen Krümmungen (großen Krümmungsradien) davon ausgehen, dass sich der Betrachter innerhalb der Brennweite der Hohlspiegel befindet und alles so sieht wie bei einem ebenen Spiegel, nur mehr oder weniger stark verzerrt. Bei einer großen Krümmung der bewegten Spiegelelemente, sieht der Betrachter die gespiegelten Ansichten jedoch von außerhalb der Brennweiten der Hohlspiegel und nimmt Teile der gespiegelten Gegenstände auf dem Kopf stehend wahr, so dass die Kohärenz des gespiegelten Objekts (z.B. Teil eines Bootes) als solches vollends verloren geht.
Hinzu kommt, dass Teile des gespiegelten Objekts gleichzeitig von mehreren Stellen aus ins Auge des Betrachters reflektiert werden. Diesen Sachverhalt kennt man in einfacherer Version vom Schwert der Sonne. Indem das Licht der Sonne aufgrund des Vorhandenseins zahlreicher passender Neigungen von vielen Stellen der Wasseroberfläche aus gleichzeitig ins Auge des Betrachters reflektiert wird, entsteht der Eindruck einer ausgedehnten Lichtbahn. Dasselbe Phänomen wird natürlich auch von anderen hellen Lichtquellen wie Mond, Straßenlaternen oder hellen Gegenständen hervorgerufen und trägt insbesondere zur weiteren Erhöhung der Komplexität der hier diskutierten Reflexionen bei.
Wenn das Licht eines scharf begrenzten Objekts relativ steil auf die Wellentäler und –berge einfällt, kann die Deformation des Spiegelbildes sogar zu geschlossenen Ringen führen, wie es auf dem Foto deutlich zu erkennen ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Objekt linienförmig ist. Das können zum Beispiel Masten eines Segelschiffs, Taue oder andere lineare Bauteile sein.
Ein für derartige verzerrte Ansichten idealer Beobachtungsort ist ein Jachthafen mit möglichst bunten Schiffen und guter Beleuchtung durch die nicht zu hoch stehende Sonne. Das Wasser muss genügend bewegt, aber darf nicht kabbelig, also durch den Wind aufgewühlt sein, weil dann die Oberfläche nicht mehr sanft gekrümmt, sondern abrupte, unstetige Neigungen enthält. Dadurch werden die Reflexionen diffus. Das heißt, das reflektierte Licht wird so stark „zersplittert“, dass das Auge des Betrachters nur noch ein homogenes graues Farbgemisch wahrnimmt.
Wer mit offenen Augen durch die Welt geht, dem fallen vielleicht auch einmal Fensterscheiben mit wellenartigen Reflexionen auf. Leider habe ich die auf dem Foto abgebildeten Scheiben nicht im Original gesehen, sondern in Gnaddrigs Blog. Ich habe mich allerdings angesprochen gefühlt zur Frage, wie es zu diesen Wellen kommt.
Ich vermute, dass die Fenster in dem neu errichteten Gebäude mit Sicherheitsglas ausgestattet wurden. Dieses Glas wird dadurch hergestellt, dass die Glasscheiben in einem speziellen Ofen bis nahe an die Grenze der Verflüssigung (ca. 600° C) erhitzt werden. Dabei wird das erhitzte Glas auf Quarzglasrollen kontinuierlich hin und her transportiert. Mit zunehmender Temperatur wird das Glas leicht verformbar und neigt dazu, während des Erhitzungsprozesses ein wenig zwischen den Rollen durchzusacken. Dadurch kann eine periodische Welligkeit im Glas auftreten, die bei direkter Betrachtung kaum zu bemerken ist. Betrachtet man jedoch an der Scheibe reflektierte Strukturen, so werden die Wellen durch entsprechende Mehrfachreflexionen indirekt sichtbar. Es ist eine Art strukturierter Beleuchtung, wie man sie beispielsweise vom chinesischen Zauberspiegel her kennt. Da die Scheiben stets etwas reflektieren, fällt dieser Effekt den wenigsten Menschen auf. Allerdings ist die wellenartige Struktur in der Spiegelung verräterisch.
Die untergehende Sonne wird durch den wellenförmigen Spiegel des sanft bewegten Wassers in eine unvertraute Form gebracht. Diese harmoniert mit den dunklen Spiegelungen der am Rande des Gewässers stehenden Bäume.
Diese Silbermöwe war kaum zu erkennen. Ihr gesprenkeltes Gefieder harmoniert so gut mit dem durch Lichtreflexe an den Wellen erzeugten Muster, dass man schon genau hinschauen muss.
Ich frage mich, ob das Zufall ist oder ob das Gefieder den Reflexen des leicht welligen Wassers angepasst ist.
In einem früheren Beitrag zeigte ich eine Ente, deren Gefieder ein ähnliches Muster aufweist wie die Wellen, die es beim Schwimmen erzeugte. Dort stellt sich dieselbe Frage.
Schaut man sich diese Szenerie genauer an, so könnte man den Eindruck gewinnen, dass bei der Spiegelung der Baumgruppe im Wasser irgendetwas nicht stimmt: Sowohl die hellen Lücken zwischen den Bäumen als auch die Bäume selbst werden auf dem Wasser nicht wie von einem ordentlichen Spiegel erwartet abgebildet; die Spiegelung wird gewissermaßen in die Länge gezogen.
Nun, der Spiegel ist nicht ordentlich. Er besteht aus einer welligen Oberfläche. Und die hat die Eigenschaft, das eintreffende Licht von mehreren Stellen aus in unsere Augen zu reflektieren. Wir kennen das Phänomen vom Schwert der Sonne, jener Lichtbahn auf dem welligen Wasser bei tiefstehender Sonne oder die Lichtbahnen von Straßenlaternen am Rande eines Gewässers. In diesen Fällen wird die Lichtquelle auch nicht an einer bestimmten Stelle gespiegelt, sondern an vielen jeweils passend geneigten Flanken der Wasserwellen, sodass in der Summe ein ganzer Wasserstreifen zu sehen ist.
Genau das ist auch hier der Fall: Das von den Punkten der Baumgruppe ausgehende Licht wird ebenfalls an zahlreichen Stellen des welligen Wassers gespiegelt und entsprechend in die Länge gezogen.
Erklärung des Rätselfotos des Monats Juli 2022
Frage: Was hält die Tropfen fest?
Antwort: Damit ein Tropfen an einem Blatt haftet, muss er mit diesem eine gemeinsame Grenzfläche ausbilden, womit eine Abweichung von der Kugelgestalt einhergehen würde. Auf dem vorliegenden Foto lässt sich jedoch eine solche Abweichung kaum entdecken.
Dieser scheinbare Widerspruch wird dadurch gelöst, dass die Tropfen keinen direkten Kontakt mit einer flächenhaften Blattoberfläche haben, sondern mit kleinen Härchen, die bei manchen Pflanzen vor allem auf der Unterseite der Blätter vorhanden sind. Diese Härchen sind hydrophil, ziehen Wassertropfen an und werden von diesen umschlossen, ohne dass sie dadurch merklich deformiert würden und daher der Kugelgestalt ziemlich nahe kommen.
Man mag darüber staunen, dass der Tropfen durch eine derart kleine gemeinsame Fläche gehalten wird. Das Erstaunen hängt einmal mehr damit zusammen, dass unsere Anschauung im Bereich mittlerer Dimensionen geprägt wurde. Bei so kleinen Tropfen, mit denen wir es hier zu tun haben, ist die die Schwerkraft bestimmende Masse sehr klein im Vergleich zur Oberfläche, durch die die Adhäsionskraft bestimmt wird (Flächen-Volumenrelation). Das nehmen wir offenbar als Missverhältnis wahr.
Lange hatte ich das Spiel des auf- und ablaufenden Wassers am Strand beobachtet. Der schwarze Stein in der Strömung erzeugte zu beiden Seiten eine Wirbelstraße, indem das zunächst zu beiden Seiten abgelenkte Wasser den drohenden Leerraum hinter ihm zu füllen versuchte. Diese Wirbel lösten sich ab und wurden durch neue ersetzt, sodass sich eine ganze Straße ergab. Leider hatte ich keine Kamera dabei, sodass ich die Bilder im Kopf speichern musste.
Stunden später als das Wasser bei Ebbe weiter unten seine Spielchen mit Steinen und anderen Hindernissen trieb, traf ich erneut auf den Stein. Er schien mich diesmal wie der Leibhaftige anzugrinsen, konnte jedoch durch die im Sand gezeichneten Abbilder der Wirbel vom Mittag nicht verbergen, dass er nur ein Stein und nichts als ein Stein war, durch den der Sand teilweise entmischt und gestaltet worden war. Oder hatte ich hier einen der Köpfe des Höllenhundes Kerberos vor Augen?
Wenn ihr einen Stein ins Wasser werft, so beurteilt ihr die Größe Masse und Gewicht des Steins nach den Zirkeln die er im Wasser beschreibt.*
Offenbar waren solche Veranschaulichungen von abstrakten Gegebenheiten mit Hilfe von Naturphänomenen zur Zeit von Jakob Michael Reinhold Lenz (1751 – 1792), der diese Zeilen geschrieben hat, verständlich. Heute würden viele Menschen ihre Probleme damit haben.
Lenz wusste also und setzte dieses Wissen auch bei seinen LeserInnen voraus, dass die „Zirkel“, also die Ringwellen, die ins Wasser geworfene Steine hinterlassen, je nach der Größe des Steins unterschiedlich ausfallen.
Für größere Steine beobachtet man nämlich, dass die von der Sinkstelle ausgehenden Wellen nach außen hin eine größere Wellenlänge aufweisen und sich daher mit einer größeren Geschwindigkeit ausbreiten als die mit der kleineren Wellenlänge. Bei sehr kleinen Steinen ist es genau umgekehrt.
* Jakob Michael Reinhold Lenz. Über Götz von Berlichingen. In: Essays und Reden. Berlin 2017.
Obwohl beide Bilder einander sehr ähneln, indem sie ein System konzentrischer Kreise zeigen, stellen sie völlig verschiedene Situationen dar. Links blicken wir auf ein Gespinst von Spinnweben und rechts auf konzentrische Wasserwellen, die durch einen Steinwurf ins Wasser erzeugt wurden.
Während jedoch die Wellen sehr real sind ist das Spinnengewebe an sich völlig chaotisch. Lediglich der Blick gegen die Sonne erweckt den Eindruck, man habe es hier mit konzentrisch gesponnenen Fäden zu tun. Auch die Farben werden durch kein Pigment hervorgerufen, sondern durch Beugung des Lichts an den Spinnfäden und hier insbesondere an den winzigen Klebetropfen, mit denen die Spinnen ihre Netze zu tödlichen Fallen für die Insekten machen. Dennoch – das Kreisförmige drängt sich geradezu auf.
Wegen der noch tiefstehenden Sonne lag bei diesem Morgenspaziergang der Wald noch weitgehend im Schatten. Hier und da gab es einen hellen Sonnenfleck, der wegen des Kontrasts die Details des Waldbodens überstrahlte. Erst wenn man näher kam und die Augen sich auf die Helligkeit einstellen konnten, war alles zu erkennen. Einer dieser Sonnenflecken fiel auf den Waldbach und dessen bewegtes Wasser reflektierte das Licht spielgelnd in die Augen. Da der Spiegel in diesem Fall aus einer bewegten, teils stationären, teils sich verändernden welligen Oberfläche bestand, wurden die gespiegelten Gegenstände entsprechend deformiert. Hinzu kommt, dass sich wegen der Transparenz des Wassers auch noch Details des Untergrunds mit einmischen, sodass sich bewegte Bilder ergaben, von denen das Foto eine Momentaufnahme zeigt.
Auch wenn man nicht wüsste, welcher Gegenstand in dieser Aufnahme gezeigt wird, düfte intuitiv klar sein, dass wir es nicht mit einem zufallsgenerierten Szenario zu tun haben, sondern mit dem Anblick eines real ablaufenden Vorgangs.
Gegen Ende eines Spaziergangs verschwindet die Sonne in einer gleich doppelt aufziehenden Bewölkung – oben und unten – was sich in einer doppelten Verdunklung bemerkbar macht. Gleichzeitig nähert sich vom Ende des Kanals her eine Aufhellung, die die Spiegelung auf dem Wasser auslöscht. Noch bevor ich die Ursache über die Erblindung des Wasserspiegels herausgefunden habe, zieht ein Wind auf, der sozusagen die Eintrübung des Anblicks auch körperlich erfahrbar macht. In dem Moment ist auch klar, was es mit der herannahenden Aufhellung auf sich hat: Durch den Wind werden auf dem Wasser Wellen ausgelöst, wodurch der weitgehend glatte Spiegel in einen Rippelspiegel verwandelt wird. Dieser zeichnet sich durch steile Wellenflanken aus, die für zusätzliche Reflexionswinkel sorgen. Auf diese Weise gelangt auch das helle Licht aus dem noch nicht eingetrübten Zenit in die Augen.
Die Wellen breiten sich aus Trägheit wesentlich langsamer aus als der sie antreibende Wind. Sie schaffen es nicht, bis auf meine Höhe vorzudringen, weil inzwischen die rasch aufziehende Front wie eine horizontale Jalousie alles verdunkelt hat. Dann fallen auch schon die ersten Tropfen…
Diese Sandstruktur ist am Strand entstanden, indem ich die Gezeiten zu Gestaltbildung ausgenutzt habe. Konkret habe ich im Gezeitenbereich aus dem schwarzweißen Sandgemisch eine Figur modelliert und sie dann der Flut überlassen. Stunden später kam dieses „Kunstwerk“ dabei heraus. Physikalische Vorgänge durch Zufall und Notwendigkeit waren hier in einer für mich nur im Prinzip durchschaubaren Weise am Werk.
H. Joachim Schlichting. Spektrum der Wissenschaft 7 (2021), S. 74 – 75
Jede von der Bewegung geschaffene Gestalt
erhält sich mit der Bewegung
Leonardo da Vinci (1452 – 1519)
Im Watt sind bei auflaufendem Wasser vereinzelte, flache Wellen zu beobachten. Sie sind erstaunlich stabil: Ihre Form und Geschwindigkeit bleiben über weite Strecken und sogar bei Zusammenstößen erhalten. Das liegt an einem nichtlinearen Rückkopplungsmechanismus.
Wer sich an die Nordseeküste begibt, um die Flut im Watt zu erleben, sollte sich einfinden, kurz bevor das Wasser aufläuft. Dann erstreckt sich vor den Augen ein bis zum Horizont reichendes Gebiet aus Schlick, weitgehend trocken und nur von einzelnen Pfützen durchsetzt. Plötzlich ändert sich über das gesamte Sichtfeld der Farbton des Watts: das Wasser kommt. Es dauert nicht lange, bis sich ein breiter, nur wenige Zentimeter hoher Wasserfilm in Richtung Ufer schiebt. Sobald dort die letzten Lücken geschlossen sind, steigt der Pegel allmählich, und das größte Spektakel scheint vorbei zu sein.
Doch wieder ändert sich nach einiger Zeit die Situation unversehens, wenn über das inzwischen 10 bis 20 Zentimeter hohe Wasser einzelne Wellen auf das Ufer zulaufen (siehe obere Fotos). Sie sind merkwürdig stabil und durch nichts zu bremsen. Sogar beim Aufprall auf die Böschung gehen sie nicht wie normale Wellen plätschernd verloren, sondern sie werden am Ufer gewissermaßen reflektiert und laufen zurück zum Meer. Dabei behalten sie ihre Gestalt bei. Selbst, wenn sie auf ihrem Rückweg auf weitere einlaufende Fronten stoßen, durchqueren beide einander einfach. Im Bereich der Begegnung summieren sich kurzfristig die individuellen Höhen (siehe Foto »Unbeirrbar«).
Es ist erstaunlich, dass die Wellen über lange Entfernungen hinweg und ohne erkennbaren äußeren Antrieb so stabil bleiben. Aus dem Alltag kennen wir normalerweise ein ganz anderes Verhalten. Wirft man etwa einen Stein in einen See, erzeugt das lokal eine Aufwölbung des Wassers, ein so genanntes Wellenpaket. Es weitet sich über die Oberfläche aus und geht währenddessen in ein wohlgeordnetes System einzelner Ringe über (siehe unteres Foto). Dabei eilen solche mit größerer Wellenlänge, das heißt mit weiter voneinander entfernten Bergen, denen mit kleinerer voraus. Die Geschwindigkeit hängt von der Wellenlänge ab. Darum läuft ein Wellenpaket im Wasser auseinander; die Erscheinung heißt Dispersion. Wegen ihr sollten kompakte Erhebungen eigentlich in einzelne Bestandteile zerlegt werden, und die Hügel dürften nicht so unbeeindruckt und klar abgegrenzt weitermarschieren wie die am Strand beobachteten Einzelgänger.
Bei der Erscheinung im Watt kommt aber neben der Dispersion ein weiterer Mechanismus zum Tragen. Der flache Untergrund bremst die Basis des Wellenpakets. Darum bewegt sich der Kamm vergleichsweise schneller und die Welle wird steiler. Das kennen wir in anderer Form von Wellen, die auf die Meeresküste zulaufen, schließlich vornüber kippen und sich brechend überschlagen. Wenn jedoch der aufsteilende Einfluss nicht zu stark ist, sondern exakt so groß ist wie die zerstreuende Dispersion, bleibt das Wellenpaket in Form und Geschwindigkeit erhalten. Das ist gerade im extrem flachen Watt der Fall. Die nach außen sichtbare Stabilität ist kein statisches Phänomen, vielmehr ein dynamisches: In dem Maß, wie die Wellen eines Pakets infolge der Dispersion auseinanderlaufen sollten, werden sie durch Wechselwirkungen mit dem Boden komprimiert. Damit diese Rückwirkung das Auseinanderlaufen gewissermaßen einholen kann, muss sie stärker als linear agieren, also nichtlinear.
Historisch sind Wissenschaftler auf die Zusammenhänge nicht etwa durch Beobachtungen im Watt gestoßen – vermutlich ist der Vorgang hier zu unscheinbar –, sondern in einem ganz anderen Kontext. 1834 beobachtete der britische Ingenieur John Scott Russell, wie ein Boot mit hoher Geschwindigkeit von Pferden durch einen Kanal gezogen wurde. Als die Tiere und damit das Boot plötzlich anhielten, setzte das vor dem Bug zusammengeschobene Wellenpaket seinen Weg alleine fort. Kilometerweit trieb es mit unveränderter Form und gleichem Tempo den Kanal entlang.
Anschließend untersuchte Russell mit eigenen Experimenten das Phänomen eingehend und stellte weitere Unterschiede zu gewöhnlichen Wellen fest. Beim in den See geworfenen Stein transportieren die Ringwellen entlang ihrer Ausbreitungsrichtung kein Wasser, obwohl es den Anschein haben mag. Vielmehr bleiben die bewegten Flüssigkeitsportionen lokal begrenzt auf kreisförmigen oder elliptischen Bahnen. Nicht so bei den einsamen Wellenpaketen: Sie reißen das sie erfüllende Wasser mit sich. Russell konnte zeigen, dass in einem von dem Paket durchquerten Kanal das hintere Ende um die der Aufwölbung entsprechende Wassermenge höher stand als das vordere. Die Wellenpakete verhalten sich in mancher Hinsicht quasi wie Teilchen. Heute heißen sie daher Solitonen – in Analogie zu den aus der Mikrophysik bekannten Vertretern wie Protonen und Elektronen.
In der Natur sind Solitonen möglicherweise nicht nur in harmloser Gestalt zu beobachten. Einige Wissenschaftler vermuten, die Einzelgänger könnten bei zerstörerischen Tsunamis in Erscheinung treten. Für entsprechend große Wellenpakete würden küstennahe Bereiche des Ozeans wie Flachwasserbecken wirken und unaufhaltsame Wasserberge auftürmen – analog zum Watt, nur in einer ganz anderen Größenordnung. Allerdings wird die Ansicht nicht allgemein geteilt, weil die Dimensionen der mittlerweile dokumentierten Tsunamis nicht zweifelsfrei zur Theorie der Solitonen zu passen scheinen.
Wellenphänomene sind nicht nur auf Wasser beschränkt. Sie treten an vielen weiteren Stellen auf, und im Lauf der Entwicklung der neuzeitlichen Physik wurden Solitonen auch in Bereichen wie der Optik entdeckt. So spielen sie heute bei der Datenübertragung in Glasfaserkabeln eine wichtige Rolle. Die aus mehreren Wellenlängen bestehenden Lichtpulse laufen in Glas normalerweise durch Dispersion auseinander. Darauf passend abgestimmte nichtlineare Effekte können der Verbreiterung der Impulse exakt entgegenwirken und die Signalqualität und -reichweite deutlich verbessern.
Wie lässt sich der Übergang vom Wachsein zum Schlafen fassen. Man kann versuchen, es zu beobachten und zu beschreiben. Nur, je mehr das Wachsein schwindet, desto mehr schwindet auch das Vermögen, das Erlebte zu verbalisieren. Für mich stellt sich der Übergang, soweit es mir gelingt, ihn zu erinnern, als Bild dar. Zunächst schwanken die Konturen des Realen (oben links im Bild). Häuserfronten werden gummiweich und zittern in ein komplexes Gewebe voller Struktur und Farbigkeit hinüber (rechts im Bild). Es zeichnet sich keine klare Grenze ab, eher überschreitet man eine Schwelle beim Einschlafen und umgekehrt bei Wachwerden. Im Unterschied zur Grenze ist die Schwelle, wie ein ganzer Bereich, in dem etwas wie bewegtes Wasser schwillt. Die Wellen, die beim Schwellen des Wassers hervorquellen, beschreiben m.E. auch lautmalerisch, das Flüssige nicht Festgelegte und von außen nicht Bestimmbare des Übergangs.
Was bei Übergängen im Einzelnen passiert ist auch eine interessante physikalische Frage. Die sogenannten Phasenübergänge, zum Beispiel vom Festen in den Flüssigen und von da in den gasförmigen Zustand, oder der Übergang vom magnetischen in den unmagnetischen Zustand eines Materials sind Beispiele dafür.
Beim Übergang vom flüssigen in den gasförmigen Zustand eines Fluids beobachtet man das Phänomen der kritischen Opaleszenz. Dazu muss man wissen, dass in der Nähe und am kritischen Punkt des Übergangs Dichtefluktuationen auftreten, die mit einem ständigen Wechsel von Teilen des Fluids zwischen flüssigem und gasförmigem Zustand verbunden sind. Diese Schwankungen finden in der Größenordnung des mittleren Molekülabstandes statt. Nähert man sich dem kritischen Punkt des Übergangs, so nimmt die Schwankungsbreite zu bis zur Wellenlänge des Lichts am kritischen Punkt. Dabei wird auffallendes Licht gestreut und das Fluid nimmt ein milchiges Aussehen an.
In dieser Szene auf einem kleinen Bach laufen die Wellen auf ein Hindernis zu. Sie werden von ihm reflektiert und überlagern sich mit den weiterhin einlaufenden Wellen. Dabei kommt es zu Verstärkungen und Abschwächungen der Höhe (Amplitude) der Wellenberge und der Tiefe der Wellentäler. Deutlich zu sehen ist die momentane Aufhebung der Wellenberge und -täler, wenn der Phasenunterschied zwischen einlaufender und reflektierter Welle gerade eine halbe Wellenlänge beträgt.
Dass man die Wellen als solche im an sich transparenten Wasser überhaupt sieht, ist den Spiegelungen der den Bach umgebenden Bäume auf dem Wasser zu verdanken. Diese führen überdies zu einer weiteren Strukturierung der Wasseroberfläche.
Bei der Betrachtung des Fotos sollte man jedoch nicht vergessen, dass es sich insofern um eine künstliche Situation handelt, als die natürlicherweise auftretenden Bewegungen in der Kameraaufnahme gewissermaßen eingefroren sind und so nie in natura beobachtet werden können. Nur dadurch, dass neben der Art und Weise (Auswahl, Blickwinkel, Belichtungszeit usw.) wie das Natürliche im Foto zu etwas Künstlichem wird, kann es manchmal auch zu etwas Künstlerischem werden.
Eigentlich müsste man sich darüber wundern, dass ein ins Wasser geworfener Stein, der zunächst ein Chaos von Wasserbewegungen auslöst, unmittelbar anschließend alles in eine harmonische Ordnung zurückbringt: Es entstehen Kreise über Kreise. Und die Seele dieser Kreise ist eine Zahl, das Pi (oder besser π). Und heute ist es mal wieder so weit – wir feiern (naja, nicht alle aber einige Nerds) den kreisförmigsten alle Tage des Jahres, den Pi-Tag – nach der amerikanischen Schreibweise für das heutige Datum: 3.14.
Wem das irrational erscheint, der hat völlig recht. Denn Kreise, so real und rational sie auch sein mögen, tragen im tiefsten Innern etwas sehr Irrationales, das Pi. Das macht die Kreise und damit das Pi so menschlich. Man denke nur an die Gedanken, die nachts wenn man mal wieder nicht schlafen kann, die Runde machen und dabei vielleicht nur um sich selbst kreisen. Egal ob Gedanken mit kleinem oder großem Durchmesser, alle müssen mit Pi (= 3,1415…usw.) multipliziert werden, um alle Ecken und Kanten zu verlieren und schön rund zu werden.
Selbst die Form unseres Kopfes ist dadurch auf die eine oder andere Weise rund geworden, sei es nur eher in Zylinder-, Birnen- oder Eierform. Man kann das auch umdrehen und mit Francis Picabia (1879 – 1953) zu der Ansicht gelangen: Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. Deswegen gilt er auch nicht als zentrischer sondern exzentrischer Ausnahmekünstler, der u. A. zu der wichtigen Erkenntnis kam: „Hier ist hier“. Aber auch das Exzentrische definiert sich in Bezug auf das zentrische, wobei man wieder beim Pi ist.
Wer Interesse an früheren Pi-Tagen dieses Blogs hat, findet sie hier und hier und hier.
Wie irrational ist es, dass die größten Spritzer im obigen Foto blau sind?
Hier einmal wieder eine der Skulpturen, die ich mit Hilfe von Wind und Wellen am Strand geschaffen habe. Eine grobe Struktur aus dem Material, das ich hier am Strand vorfand, war der Ausgangspunkt. Alles andere überließ ich der nächsten Flut, die dann im Zusammenspiel mit dem auf- und ablaufenden Wasser diese naturschöne Skulptur hervorbrachte. Der Boden bestand aus mehreren Lagen weißen und schwarzen Sandes, die durch wechselnde Winde modelliert wurden (siehe früherer Beitrag). Durch Segregation der unterschiedlichen Sandkörner entstanden dann diese feinen hellen Bänder, die teilweise als Höhenlinien den dreidimensionalen Aufbau der Skulptur sichtbar machen.
Da die von mir vorbereitete Ausgangstruktur von den auf- und ablaufenden Wellen in mehreren unterschiedlichen Winkeln angeschnitten wurde, zeigt das Ergebnis ein derartig reichhaltiges Profil. Zum Vordergrund hin laufen vor allem die weißen Schichten zu faserigen Fäden aus, die leicht darüber hinwegtäuschen können, dass es sich „nur“ um Sand handelt. Aber was heißt „nur“?
Sein Gestaltreichtum ist „auch im Sand des Meeres unermeßlich den noch kein Linné nach seinen Gestalten geordnet hat“*
Eingerahmt wird die Skulptur durch teilweise stationäre, teilweise in stetem Wechsel begriffene Wasserwellen, die (auf dem Foto natürlich eingefroren) einen Eindruck von den leichten Strömungen des seichten Wassers vermitteln, die hier bei Ebbe nur noch von den größeren Wellen mit Nachschub versorgt werden.
* Georg Christoph Lichtenberg. -Schriften und Briefe. München 1980, S. 498
Schauen sie mal dort, wo das Wasser aufläuft . . . Es läuft den Strand hinauf und bleibt dann stehen . . . Da, genau der Punkt, an dem es stehenbleibt, es dauert nur einen Augenblick, sehen Sie, genau, da zum Beispiel . . . Sehen sie, daß es nur einen Augenblick lang anhält und dann versickert, wenn man diesen Augenblick doch festhalten könnte . . . Wenn das Wasser stehenbleibt, genau diesen Punkt, dieses Kurve . . . Das ist es, was ich erforsche. Wo das Wasser stehenbleibt.*
In vielen Fällen kann man den Augenblick festhalten. Das Wasser hinterlässt eine Spur an der Stelle, wo es stehenbleibt, zunächst noch glänzend, dann versickernd und stumpf werdend. Diese Spur besteht aus winzigen leichten Sandkörnern – sofern nicht noch leichtere Verunreinigungen im Spiel sind.
Oft sind die Spuren noch viel auffälliger und erwecken – aus dem jeweiligen Kontext herausgerissen – den Eindruck einer Gebirgslandschaft, die einem dreidimensional entgegenzutreten scheint.
* Alessandro Baricco. Oceano Mare – Das Märchen vom Wesen des Meeres. München 2001, S. 39
Sandwellen (Sandrippel) werden wie Wasserwellen vom Wind erzeugt und in Bewegung gehalten. Anders als die Wasserwellen gehen sie jedoch in einen Dornröschenschlaf über, solange der Wind eine Ruhepause einlegt. Das ist dann die Zeit, die vielfältigen oft ästhetisch ansprechenden Muster zu bewundern. Oft sind diese so schön, dass ich kaum darauf zu treten und darüber zu gehen wage. Doch der nächste Wind kommt bestimmt und bringt Ähnliches wenn auch nicht dasselbe wieder hervor. Deswegen wird es mir nie langweilig, durch Dünenlandschaften zu wandern.
Die Ähnlichkeit der Sandrippel mit Momentaufnahmen von Wasserwellen ist erstaunlich, hat man es doch mit völlig unterschiedlichen Medien zu tun: In einem Fall mit einer Flüssigkeit und im anderen mit einem Festkörper in Form winziger Steinchen, die sich weder anziehen noch abstoßen aber dennoch gemeinsam in subtiler Kooperation etwas Naturschönes hervorbringen. Auch wenn das Fließen und Strömen beiden Substanzen gemein ist, verdankt sich die Entstehung der Wellen unterschiedlichen physikalischen Mechanismen.
Ein Stein fällt in ein Becken mit Wasser, reißt eine Portion Luft mit sich, die in Form von vier (Halb-) Blasen an die Oberfläche steigen und hier einige Zeit verbringen (siehe Foto).
Schon platzt die erste Blase. Sie wäre einfach weg, wenn nicht die Sonne die dadurch ausgelösten direkt nicht zu sehenden Wellenbewegungen auf dem Wasser auf dem Grund des Beckens abbilden würde. Dort sieht man ein eindrucksvolles System heller und dunkler Ringe. Sie entstehen dadurch, dass das Sonnenlicht an den Wellen gebrochen wird, sodass die Wellenberge wie ringförmige Sammellinsen wirken, während die Wellentäler das Licht ringförmig streuen. Weiterlesen
Der Fliegende Holländer, ein Geisterschiff, das über die Jahrhunderte hinweg immer wieder gesichtet wurde, hat zahlreiche Dichter zu größeren und kleineren literarischen Gestaltungen animiert. Die Sage, manchmal auch als Fabel erzählt, ist überdies mehrfach musikalisch verarbeitet worden, wovon die Oper Richard Wagner aus dem Jahre 1842 wohl das bekannteste Werk ist. Auch in der Kunst und in jüngerer Zeit in Film und Fernsehen findet der Sagenstoff immer wieder Beachtung.
In dem Maße wie objektive Methoden der Dokumentation zur Verfügung stehen, werden die Sichtungen seltener. Die schriftlich verbürgte letzte Sichtung erfolgte 1959.
Meine eigene Sichtung erfolgt erst kürzlich und ist in diesem Foto zu sehen. Die roten Segel sind allerdings inzwischen etwas verblichen…
Die Sage und die Umstände, die zu den Sichtungen führten lassen physikalisch gesehen Fata-Morgana-Erscheinungen bzw. Luftspiegelungen als wahrscheinliche Ursachen vermuten. Luftspiegelungen sind wegen der oft großen Temperaturunterschiede auf dem Meer sehr häufig zu sehen. Sie gaben insbesondere in Zeiten, in denen die physikalischen Hintergründe dieser beeindruckenden Erscheinung noch nicht bekannt waren, Anlass zu phantasiereichen Deutungen.
Um keinen falschen Eindruck zu erwecken – das obige Foto ist zwar auch eine Spiegelung, aber keine Luftspiegelung.
Erklärung des Rätselfotos des Monats Juli 2020
Frage: Welche Naturphänomene sind auf dem Foto zu erkennen. In welche Himmelsrichtung blickt man?
Wir befinden uns auf der Kanareninsel Gran Canaria und blicken auf den westlichen Morgenhimmel. Der (nahezu) volle Mond ist noch nicht untergegangen und die ihm fast gegenüberliegende Sonne ist gerade aufgegangen. Obwohl man die Sonne nicht direkt sieht, macht sie sich an den hellen Flecken bemerkbar, die auf der Sanddüne schemenhaft zu erkennen sind (Zum Vergrößern auf das Foto klicken). Es handelt sich um Möwen, deren weißes Gefieder das „frontal“ einfallende Sonnenlicht diffus reflektiert.
Überraschend erscheinen auf den ersten Blick vielleicht die leicht rötliche Dämmerungsfärbung am Horizont und die nur schwach ausgebildeten und daher leicht zu übersehenden Strahlen, die perspektivisch verkürzt auf einen Punkt hinter der Sanddüne zu konvergieren scheinen. Dämmerungsstrahlen können es nicht sein, denn die wären am östlichen Himmel zu sehen – dort wo die Sonne aufgeht.
Wir haben es mit einem morgendlichen Gegendämmerungsszenario zu tun. Da das Rot der untergehenden Sonne auch den gegenüberliegenden Horizont erreicht, kann man bei günstigen Bedingungen (Streuteilchen in der Luft) auch dort eine wenn auch schwache Dämmerung erleben.
Und woher kommen die Strahlen? Die Dämmerungsstrahlen, die vom Sonnenlicht hervorgebracht werden, wenn es durch Wolkenlücken bricht, hören nicht einfach irgendwo auf. Sie „laufen“ im Prinzip über den gesamten Himmel und sind unter guten Bedingungen (vor allem bei einer leicht dunstigen Atmosphäre) auch noch am gegenüberliegenden – in diesem Fall – westlichen Himmel zu sehen. Insofern sind es auch Dämmerungsstrahlen – man spricht von Gegendämmerungsstrahlen.
Frage: Gäbe es eine Möglichkeit, dieses Szenario von einem Sonnenuntergang zu unterscheiden, wenn man die Kenntnis der landschaftlichen Gegebenheiten außer Acht ließe?
An einem fließenden Bach zu sitzen kann sehr entspannend und wohltuend sein. Man hört das gleichmäßige Murmeln unterbrochen von einzelnen hellen Klängen, man sieht die Wellenmuster, die erst dadurch ihre eigene Form preisgeben, dass sie die Umwelt reflektieren, und nimmt den typischen Geruch wahr, der durch zerspringende Bläschen als Aerosole in der Luft verteilt werden…
Im vorliegenden Fall sah ich außerdem eine quasistationäre Figur. Sie wurde durch die Reflexion der schattigen Umgebung auf der zwar gewellten aber weitgehend glatten Oberfläche hervorgebracht und von mir als Abbild einer Person in einem langen Gewand wahrgenommen. Obwohl sie im fließenden Wasser gewissen Schwankungen unterworfen war, blieb sie als solche erkennbar. Das weist auf ziemlich stabile stationäre Vorgänge im Wasserstrom hin – zumindest für die Zeitdauer der Beobachtung -, die nur durch kleine Fluktuationen leichten Schwankungen unterworfen waren. Später sah ich auf dem Foto eine weitere winzige Person… Manchmal ist man halt empfänglich für Pareidolien.
Blickt man über ein Gewässer, so ist es oft schwierig, den Wellengang im Wasser zu erkennen. Denn Wasser ist transparent und strukturlos. Aber Wasser reflektiert auch spiegelnd die Umwelt. Sofern diese genügend strukturiert ist, sehen wir auf dem Wasser ein mehr oder weniger detailliertes Muster, das im vorliegenden Fall auch noch durch seinen Farbenreichtum besticht.
Das Muster kommt dadurch zustande, dass die Wellen den unterschiedlichen Reflexionsrichtungen der gekrümmten Oberfläche entsprechend das Licht in unterschiedliche Richtungen schicken, was zu einer neuen Zusammensetzung vorher zumindest stückweise einheitlicher Flächen führt.
Daraus erkennt man zwar, dass das Wasser wellig ist, aber nicht in welcher Weise genau. Dafür das zu erkennen ist in der vorliegenden Situation auch gesorgt. Denn auf dem Wasser spiegeln sich drei vertikale Säulen, deren Reflexe die Wellenform an drei verschiedenen Stellen nachzeichnen.
Man kann also das Foto entweder als eine naturschöner Malerei ansehen oder als eine natürliche Experimentalsituation, die Auskunft über das Wellenverhalten des Gewässers liefert.
Manchmal zeigt sich die Natur von ihrer experimentellen Seite. Ein in eine Vogeltränke geratenes, zappelndes Insekt macht diese zu einer Wellenwanne*, wie man sie vielleicht noch vom Physikunterricht her kennt. Das Insekt schlägt vergeblich mit den Flügeln, um sich aus dieser bedrohlichen Situation zu befreien. Obwohl ihm sicher nicht dazu zumute ist, erzeugt es dadurch ein ebenso ästhetisch ansprechendes wie physikalisch interessantes Wellenmuster.
Dieses Muster ist die Überlagerung der beiden Wellensysteme, die durch die phasengleich mit konstanter Frequenz wie die Tupfer einer Wellenwanne auf und ab bewegten Flügel hervorgerufen werden. Weiterlesen
Phänomenologisch verschiedene Bereiche der Natur werden oft in äußerst kreativer Weise durch eine auffällige Markierung berandet. So sind Blätter von Bäumen im Sommer oft von gleißend hellen Linien der Lichtstreuung umgeben, während sie im Winter eher von Reifkristallen eingerahmt erscheinen und berandete Wolken und berandete nasse Blätter, berandete Dünen in der Sandwüste…
Ein weiteres meist von einer höheren Warte aus zu beobachtendes Phänomen sind die hellen Ränder an den Meeresküsten (Foto). Es handelt sich um das weiß schäumende Wasser der brandenden Wellen und man fragt sich vielleicht, warum sie unabhängig vom jeweiligen Küstenverlauf stets senkrecht einlaufen.
Die je nach der Windrichtung, den Meeresströmungen und anderen Einflüssen aus einer bestimmten Richtung gegen die Ufer anlaufenden Wellen werden in dem Maße wie ihre Höhe die Größenordnung der abnehmenden Wassertiefe erreicht im unteren Bereich durch Reibung mit dem Boden gebremst. Weil die Seite der schräg einlaufenden Wellen, die zuerst Bodenkontakt erfährt zuerst gebremst und verlangsamt wird und sich dieser Prozess über die ganze Länge der Front fortsetzt, kommt es zu einem Einschwenken der Welle bis sie nahezu senkrecht zum jeweiligen Uferabschnitt weiterläuft. Dabei wird sie im unteren Bereich so stark gebremst, dass sie aus Trägheit im oberen Bereich weiterlaufend sich überschlägt und weißschäumend und tosend ihre Bewegungsenergie verbraucht, d.h. durch Wärme an die Umgebung abgibt.
Da der Schaum des brandenden Wassers aus zahlreichen Luftbläschen besteht, an denen das Licht in alle Richtungen vor allem durch Totalreflexion gestreut wird, erscheint es uns weiß.
Als ich jemandem das Foto mit den beiden Schwänen zeigte, kam die witzig gemeinte Bemerkung. Die armen Schwäne müssen doch irgendwann verzweifeln, wenn sie ständig ein solches Selbstbild vor Augen haben. Müssen sie nicht, denn sie können es gar nicht sehen, wie man aus eigener Erfahrung feststellen kann, wenn man selbst in einem leicht welligen Gewässer schwimmt und die Spiegelungen auf den Wasser im Blick hat. Wenn man in der Nähe des Ufers schwimmt, zeigen die Spiegelbilder die verzerrte Ufergegend (Bäume, Häuser). Weiter draußen sind es eher schwankende Bereiche des Himmels, die umso langweiliger sind, je weniger bewölkt es ist. Weiterlesen
Ich habe so manche Stunde am Nordseestrand verbracht und das faszinierende Naturschauspiel der Flut erlebt. Vor mir erstreckt sich bis zum Horizont ein lediglich durch kleinere und größere Pfützen bedecktes ansonsten weitgehend trockenes flaches Wattgebiet. Wie aus heiterem Himmel ändert sich plötzlich über den gesamten Horizont der Farbton des Wattgebiets: das Wasser kommt. Es dauert nicht lange, bis zu erkennen ist, wie auf breiter Front ein nur wenige Zentimeter hoher mit hellem Schaum belegter Wasserfilm auf mich zuläuft. Weiterlesen
Diese Ente scheint das Muster ihrer Rückenfedern auf mir unerklärliche Weise in ihrem Kielwasser zu reproduzieren, wenn auch in umgekehrter Richtung. Wie macht sie das nur?
Diese wohl eher einer Pareidolie entsprechende Übereinstimmung ist wohl eine der vielen Launen der Natur oder unserer Wahrnehmung. Aber auch schon das V-förmige Muster, das sie hinter sich her zieht, ist interessant genug, denn es hat einige universelle Eigenschaften. Weiterlesen
Wenn ich am Ufer des Meeres die direkt auf mich zulaufende Lichtbahn der tiefstehenden Sonne auf dem Wasser beobachte, habe ich den Eindruck eines weitgehend einheitlichen Gebildes, einer Brücke des Lichts. Dieser Eindruck täuscht, denn dieses Schwert der Sonne setzt sich aus zahlreichen Lichtpunkten zusammen, die je nach der Orientierung der Wellenflanken, an denen das Licht in mein Auge reflektiert wird, mal hier und mal dort aufblitzen. Weil ich ein sehr großes Gebiet des Gewässers überblicke, sehe ich sehr viele Lichtblitze, scheinbar flächendeckend auf einen mehr oder weniger schmalen Streifen beschränkt. Weiterlesen
In den Scheiben des Schiffes spiegeln sich die Sonnenreflexe des welligen Wassers. Und umgekehrt, so ist man geneigt zu sagen, spiegeln sich diese Spiegelungen in den Scheiben im Wasser. Doch so einfach ist es nicht.
Wie man an den Schatten erkennen kann, strahlt die Sonne von rechts oben auf die Breitseite des Schiffs und auf die Wasserfläche davor. Weiterlesen
Grüß‘ mir das Meer,
Silberne Wellen
Rauschen und schwellen,
Schön ist das Meer!
Grüß‘ mir das Meer,
Golden es schäumt‘,
Ob es auch träumet?
Tief ist das Meer.
Grüß‘ mir das Meer,
Glücklich es scheinet
Ströme es weinet,
Groß ist das Meer*
*Friederike Kempner (1836-1901)