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Winter

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Winter ade, scheiden tut weh…

So haben wir früher gesungen mit lachendem Herzen. Da viele Anzeichen dafür sprechen, dass der Winter nach einem kurzen Aufbäumen nun endgültig Abschied zu nehmen scheint, möchte ich ihm noch eines meiner letzten Pfützenfotos hinterher schicken. Diese Eisstruktur zeigt den Winter einmal mehr von einer seiner ästhetisch ansprechenden Seite. Entsprechend vielfältig sind die physikalischen Vorgänge, die diesen Anblick hervorgebracht haben. Dazu habe ich mich früher mehrfach geäußert.

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Brennspiegel

Hier zischt nichts, auch wenn die Sonne ein Loch durch das kahle Geäst brennt und sich alles im Wasser abspie(ge)lt. Diese Täuschung kommt dadurch zustande, dass durch den großen Intensitätsunterschied zwischen dem von der Sonne und den umgebenden Objekten ausgehenden Licht unser visuelles System physiologisch und die Kamera technisch überfordert sind eine perfekte Abbildung zu realisieren: Bei sehr hellen Objekten werden die Rezeptoren über die Sättigung hinaus angesprochen und dadurch so stark erregt, dass gleich auch noch einige der benachbarten Rezeptoren reagieren (Irradiation). Dadurch entsteht dann der Eindruck, dass es auch an der entsprechenden Stelle des Netzhautbildes noch hell ist, obwohl es „in Wirklichkeit“ nicht der Fall ist. Interessanterweise führt das zu entsprechenden Wirkungen bei der Kamera (Blooming) mit der Folge, dass das Foto in etwa dasselbe zeigt, was auch das Auge sieht.

Spätwinterlicher Zauber

Es ist wieder einmal (auch in unseren Breiten) soweit: die Zaubernuss blüht. Besonders eindrucksvoll macht sich ihr kräftiges Gelb in einer von Schnee aufgehellten Umgebung bemerkbar.

Die Zaubernuss ist eine Heilpflanze. Ich weiß nicht wofür oder wogegen. Mir ist ihr Anblick Heilung genug.

Haareis – des Winters Zuckerwatte

Nachdem ich vor wenigen Jahren zum ersten Mal Haareis in freier Natur gesehen habe – aus Abbildungen kannte ich es bereits – entdecke ich es immer häufiger. Ich weiß inzwischen, dass dies ein typisches Zeichen für die Wahrnehmungsaufmerksamkeit ist: Man sieht nur was man kennt. So auch vor ein paar Tagen. Kaum sinkt die Temperatur unter den Gefrierpunkt, taucht das weiße Haar im Untergehölz des nahe liegenden Buchenwaldes auf. Die Bedingungen waren allerdings auch ideal, denn einerseits hatte die vorangegangene Regenzeit alles schön durchfeuchtet und andererseits fiel auch die Temperatur nicht allzu weit unter den Gefrierpunkt. Diesmal sah ich das wie Zuckerwatte anmutende Naturprodukt sogar in einem höher gelegenen abgestorbenen Ast einer Buche. Vor kurzem gab ich eine physikalische Erklärung für dieses – offenbar gar nicht mehr so seltene – Naturphänomen..

Winterliche Schwarz-Weiß-Malerei

Einige Bäume lockern die ansonsten triste Agrarlandschaft auf. Der Schnee macht nicht nur die Spuren der letzten landwirtschaftlichen Aktivitäten sichtbar, (die rechts unten an einen chaotischen Attraktor erinnern,) sondern verwandelt das Ensemble in eine Art Schwarz-Weiß-Malerei.

Tröpfchenweise

Schaut man sich die Tropfen an, dann fällt auf, dass sie alle eine unterschiedliche Größe haben. Das hat vor allem damit zu tun, dass sie sich in unterschiedlichen Wachstumsphasen befinden. Gespeist von winzigen Nebeltropfen wachsen sie bis ihre Schwerkraft größer wird als die Adhäsionskraft, mit der sie am Ast gehalten werden. Dann schnüren sie sich ab und fallen hinab. Schon unmittelbar danach bildet sich ein neuer Tropfen und das Wachstums- und Fallspiel beginnt von neuem.
Da die Tropfen wie eine Linse aus Wasser wirken, bilden sie – wenngleich unvollkommener als optische Linsen – die Umgebung ab. Je nach der Größe der Tropfen fallen diese Abbildungen mehr oder weniger verzerrt aus.

Eine Bank lädt aus

Vor einigen Tagen hat mir Claudia Hinz diese schöne Aufnahme von einer Sitzbank geschickt. Der Anblick stimmt uns sofort auf den (vielleicht) bevorstehenden Winter ein, insbesondere dann wenn man sich auf diese Bank setzt. Ich würde das allerdings nicht empfehlen. Zwar sind die Eisstacheln relativ harmlos, sie schmelzen sofort dahin, sobald ein warmer Hintern die dazu nötige Schmelzwärme liefert. Aber genau das ist das Problem. Denn vermutlich würde die Wärmeabgabe, die zum Schmelzen (also der Überführung der Eiskristalle in Wasser) nötig ist, einen drastischen Eingriff ins Wohlbefinden dieses empfindlichen Körperteils führen, zumal das entstandene Wasser zumindest normale Textilien durchtränkt und auf diese Weise die Wärmeleitung zusätzlich „befeuert“. Wenigstens im Prinzip, wie Physiker oft zu sagen pflegen.
Außerdem – und das scheint mir noch schlimmer zu sein – würde man ein seltenes, naturschönes Gebilde unwiderruflich zerstören und das auch noch mit dem Hintern. Welcher Kunstverständige könnte das schon mit seinem Gewissen vereinbaren.
Aber nun im Ernst: Wie kam es überhaupt zu diesem herausfordernden „Naturkunstwerk“?
Ich stelle es mir folgendermaßen vor: Die auf der Bank vorhandenen Regentropfen sind in der kalten Nacht zunächst gefroren, während sich an trockenen Stellen (Rau)reif bildete. Entscheidend ist dabei ja immer, dass Keime vorhanden sind, an denen der Wasserdampf kondensieren bzw. sublimieren (also direkt in Eis übergehen) kann. Die besten Keime sind normalerweise die Eiskristalle selbst, deswegen wachsen sie ja an den Stellen weiter, an denen der Anfang geglückt ist. Wurde den Wassertropfen bereits durch die eisige Verhärtung das innewohnende Verlangen (letzteres ist kein physikalischer Terminus) genommen, kugelförmig zu werden, so erinnert durch den üppigen Eishaarwuchs inzwischen nicht das geringste mehr daran, dass dieses Verlangen überhaupt einmal bestanden haben könnte. Es wäre also durchaus verständlich, dass den Tropfen deshalb die kristallinen Haare zu Berge stehen. 😉

. 😉

Ich hab die Tür verriegelt

Wenn Blätter von den Bäumen stürzen,
die Tage täglich sich verkürzen,
wenn Amsel, Drossel, Fink und Meisen
die Koffer packen und verreisen,
wenn all die Maden, Motten, Mücken,
die wir versäumten zu zerdrücken,
von selber sterben – so glaubt mir:
es steht der Winter vor der Tür!

Ich laß ihn stehn!
Ich spiel ihm einen Possen!
Ich hab die Tür verriegelt
und gut abgeschlossen!
Er kann nicht rein!
Ich hab ihn angeschmiert!
Nun steht der Winter vor der Tür –
und friert! *


 Heinz Erhardt (1909 – 1979).

Wie ein leises Singen

’s war doch wie ein leises Singen
In dem Garten heute nacht, 
Wie wenn laue Lüfte gingen: 
„Süße Glöcklein, nun erwacht, 
Denn die warme Zeit wir bringen, 
Eh’s noch jemand hat gedacht.“ – 
’s war kein Singen, ’s war ein Küssen, 
Rührt‘ die stillen Glöcklein sacht, 
Daß sie alle tönen müssen 
Von der künft’gen bunten Pracht.
Ach, sie konnten’s nicht erwarten, 
Aber weiß vom letzten Schnee 
War noch immer Feld und Garten, 
Und sie sanken um vor Weh. 
So schon manche Dichter streckten 
Sangesmüde sich hinab, 
Und der Frühling, den sie weckten, 
Rauschet über ihrem Grab *

Die Blumen haben die nächtliche Kälte der letzten Tage locker überstanden, denn sie haben mit einem Frostschutzmittel vorgesorgt.


* Joseph von Eichendorf (1788 – 1857)

Verheißungsvolle Blicke durch Augentrug

Auch wenn wir den Winter noch lange nicht hinter uns haben, scheint es so als blickten wir auf geheimnisvolle Weise durch den winterlichen Matsch hindurch in die Zukunft, auf das was unweigerlich auf uns zukommt.
Die Desillusionierung folgt auf dem Fuß: Da man sich in den feuchtigkeitsdurchnässten Wäldern auf den Boden konzentrieren muss, fällt der Blick gelegentlich auch auf Dinge, die man ansonsten keines Blickes würdigen würde – auf die Pfützen. Denn statt als ganze Person in sie zu fallen, genügt es, den Blick durch sie hindurch fallen zu lassen. Dabei ist die Illusion des „Hindurch“ dem Reflexionsgesetz der Optik geschuldet, wonach das Licht aus den Wipfeln der Bäume gemäß Einfallswinkel = Reflexionswinkel im Pfützenwasser gespiegelt wird. Und da unsere Augen diesen Knick in den Lichtwegen nicht wahrnehmen, sieht es so aus, als käme das Licht aus der geradlinigen Verlängerung, einer geheimnisvollen Welt unterhalb der Pfütze. „Alice hinter den Spiegeln“ lässt grüßen!

Haareis – eine seltene Spezies gefrorenen Wassers

Wer sich nach einer feuchten Wetterperiode bei Temperaturen etwas unterhalb des Gefrierpunts vom Wege durch ein weitgehend naturbelassenes Waldstück abweicht, hat eine Chance, Haareis zu finden. Dass die Chance nicht allzu groß ist, sollte ich selbst erleben, der ich nun schon seit Jahren durch ein geeignetes Waldstück spaziere, von dem ich meine, dass in ihm bei den passenden meteorologischen Bedingungen Haareis zu finden sei. Inzwischen hatte ich mich so an meinen Wald gewöhnt, dass ich dort auch zu anderen Jahreszeiten meines Weges ging und andere spannende Phänomene vorfand, die teilweise auch Eingang in diesen Blog gefunden haben.
Daher verdanke ich die vor wenigen Tagen gemachten Entdeckungen auch eher dem Zufall als einer zielgerichteten, systematischen Suche. Diesmal kurz nach der Wintersonnenwende war die Sonne bereits hinter dem südlichen Berghang des Hüggeld (230 m) verschwunden, sodass mein Weg im Schatten lag. Um noch etwas von der Sonne zu erwischen beeilte ich mich daher aus dieser Gegend wegzukommen. Plötzlich schienen auf dem im Schatten liegenden Waldboden gleich mehrere Stellen wie aus sich heraus aufleuchten, was meine Neugier erweckte. Zunächst dachte ich an achtlos weggeworfene Tempotaschentücher, die durch ihre optischen Aufheller manchmal eine erstaunliche Leuchtkraft entwickeln. Merkwürdigerweise kam es mir überhaupt nicht in den Sinn, dass es sich um das Objekt meiner Wünsche handeln könnte, das einmal den Anlass gab, hier zu spazieren. Erst als ich die feinen Haarbüschel vor Augen hatte, die aus den am Boden liegenden, morschen Ästen herauswuchsen, fiel der Groschen. Soweit zur Vorgeschichte, die mir schön öfter in dieser Weise passiert ist, und nun etwas zur Physik.
Die feinen Eishaare, die hier büschelartig aus den feuchten, morschen am Boden liegenden Holzstücken (Reste von Buchenästen, aber auch einige andere Bäume sind geeignet) wucherten, hatten offenbar ideale Wachstumsbedingungen vorgefunden: durchnässtes morsches Holz bei Temperaturen leicht unter dem Gefrierpunkt. Wie kommt es zu diesem Phänomen?

Wissenschaftlich nachgewiesen ist, dass Haareis durch ein im Holz lebendes Pilzmyzel verursacht wird. Diese These ist schon sehr alt und geht auf Alfred Wegener (1880 – 1930) zurück, dessen Name vor allem mit der Kontinentalverschiebungstheorie verbunden ist. Ausgehend von Wegners Ergebnissen und der Fachliteratur über Haareis und ähnliche Phänomene haben neuere Untersuchungen experimentell und theoretisch die Pilzthese erhärtet. Dazu haben die Forscher zum einen zeigen können, dass auf Holzstücken, die natürlicherweise von Haareis befallen waren, dieses in geeigneten Frostnächten erneut sprießte, wenn man vorher die alten Haare beseitigt hatte. Sobald man allerdings dem vermuten Pilzmyzel mit Hitze (Kochen), Alkohol oder einem Fungizid zu Leibe rückte, blieb der anschließende Haareisbefall ganz oder zumindest teilweise aus.
Nach Auswertung und Analyse wissenschaftlichen Beobachtungen und Experimente, ergibt sich folgende Erklärung für das Zustandekommen von Haareis:
Urheber des zur Haareisbildung führenden Prozesses ist ein im Holzkörper, vor allem in den Holzstrahlen  lebendes Myzel eines winteraktiven Pilzes. Es konnten mehrere Arten von auf Laubholz spezialisierten Asko- und Basidiomyzeten identifiziert werden.
– Der Pilz baut die in den Holzstrahlen vorhandenen organischen Nährstoffe (Kohlenhydrate, Lipoide) durch einen aeroben Dissimilationsprozess (Zellatmung) ab. Oxydative Endprodukte sind CO2 und H2O.
– Der Druck des entstehenden CO2-Gases drängt mit dem Oxydationswasser auch im Holz gespeichertes Wasser durch die Holzstrahlkanäle an die Oberfläche.
– Im ausgestoßenen Wasser befinden sich als ‚Verunreinigung’ unvollständig abgebaute organische Substanzen. Dank der als Kristallisationskeime wirkenden organischen Moleküle gefriert das Wasser beim Austritt an die Luft schon knapp unterhalb von 0° C: Am Ausgang der Holzstrahlen entstehen Eishaare.
 – Die in den Eishaaren enthaltene organische Substanz kann winteraktive Insekten (Collembolen) anziehen.
– Beim Schmelzen der Eishaare wird die organische Substanz als dünner Faden sichtbar, an dem sich perlenartig Wassertröpfchen bilden.
*


* Gerhart Wagner und Christian Mätzler. Haareis auf morschem Laubholz als biophysikalisches Phänomen. Hair Ice on Rotten Wood of Broadleaf Trees – a Biophysical Phenomenon. Forschungsbericht Nr. 2008-05-MW 2008

Winter

Nachdem gestern die Wintersonnenwende relativ kalt über die Bühne gegangen ist, können wir mit Fug und Recht von Winter sprechen, einer Jahreszeit, die uns in ihren typischen Merkmalen wie Frost, Schnee, Eisblumen, Schlittenfahren, Schlittschuhlaufen oder nur auf einer zugefrorenen Pfütze Glitschen (wie wir es in Norddeutschland nennen) immer mehr abhandenkommt. Wenn man alte Bücher über den Winter liest, so stehen oft dank der unwirtlichen Witterungsverhältnisse und deren Auswirkungen wie Kälte und Lebensmittelknappheit traurige Geschichten im Vordergrund, jedenfalls für den größten Teil der Menschen in unseren Breiten. Nicht nur wegen des Klimawandels, sondern vor allem wegen der Nutzbarmachung externer Energiequellen, die einen erheblichen Anteil an eben diesen haben, kommen wir meist gut über den Winter. Der Preis dafür ist für die Menschheit als Ganzer sehr hoch.
In einem der naturwissenschaftlich geprägten Bücher aus dem Jahre 1872 von Camille Flammarion über die Atmosphäre* sind derartige Probleme noch gar nicht in Sichtweite. Selbst zu meiner Kindheit und meiner frühen Schulzeit waren Winter noch Winter, auf die man sich spätestens im Herbst vorbereiten musste: Einkellerung von Kohle und anderen Brennstoffen, Kartoffeln, Rüben, eingeweckten Früchten etc. Denn die Jahreszeiten einschließlich des Winters glichen noch eher dem, was bei Flammarion beschrieben wird, obwohl die Energierally bereits in vollem Gange war. Nur die Auswirkungen konnten noch geflissentlich übersehen werden.

Das Bild stammt aus diesem Buch* von Flammarion und zeigt nebenbei wie aufwändig es damals noch war, farbige Bilder in Büchern abzubilden. Sie wurden auf besonders dickem Papier auf sogenannten Tafeln gedruckt und mussten in komplizierten technischen Verfahren hergestellt werden. Fotos gab es zu der Zeit allenfalls als Schwarzweißaufnahmen, die im Druck in ziemlich geringer Auflösung erschienen.


* Camille Flammarion. L‘ Atmosphère – Description des grands phénomènes de la nature. Paris: Librairy Hachette 1872, p.

Wintergrafik

Es ist als wollten Pfützen ihr schlechtes Image damit aufbessern, dass sie sich sehr oft als naturschöne Hervorbringungen von Zufall und Notwendigkeit präsentieren. Dabei spielen nicht nur die oft sehr individuelle Morphologie des Untergrunds und die Geschwindigkeit, mit der das Wasser unter dem Eis versickert eine wesentliche Rolle, sondern auch der Temperaturwechsel, die Bedeckung des Himmels und anders mehr. Jedenfalls lasse ich keine Gelegenheit aus, zugefrorene Pfützen aufzuspüren und wenn möglich wie Bilder in einem Kunstmuseum zu betrachten. In vielen Fällen gelingt es mir, wenigstens im Prinzip, die physikalischen Hintergründe ihrer Entstehung aufzudecken (siehe z.B. hier, hier, hier).

Ein Zickzackmuster der Natur

Noch fährt der Winter zumindest bei uns einen ausgesprochenen Zickzackkurs und visualisiert ihn auch gleich in zugleich symbolischer wie naturschöner Weise auf einem Stechpalmenblatt. Da sich diese Pflanze ohnehin weigert im Winter ihr Grün abzulegen, ist dies eine schöne Möglichkeit des Winters sich auf ihr bemerkbar zu machen. Sie hat in einigen Ländern eine länger Tradition als typische Weihnachtspflanze als der Weihnachtsbaum, was neben dem Immergrün auch durch die knallroten Früchte gut zu verstehen ist. In diesem Zusammenhang spricht man auch von Christdorn.
Übrigens ist die Stechpalme der (Ilex aquifolium) „Baum des Jahres 2021“. Sie ist neben dem Efeu, Buchsbaum und Eibe eine der wenigen heimischen immergrünen verholzten Blattpflanzen.
Einen schönen Beitrag zum Baum des Jahres 2021 findet man zum Beispiel hier.

Der Winter kündigt sich mit feinen Kristallen an

Jetzt beginnt die Zeit, in der die Herbstfarben allmählich in den Hintergrund treten, auch wenn sie noch keck durch die Kristalle hindurchschimmern, mit denen der aus Schwarzweiß ausgerichtete Winter das Bunte zu überkrusten versucht. Die Eiskristalle haben sich in der klaren kalten Nacht gebildet. Sie streben alle in nachbarschaftlicher Konkurrenz dem Himmel zu, weil es in der Nähe der Blattoberfläche noch zu warm ist, um die Kristallisationswärme loszuwerden. Denn das ist der energetische Preis für den Übergang vom Gas zum Festkörper.
Jeder Kristall startet auf einem Härchen oder einer kleinen Erhöhung auf dem Blatt und wartet auf Wasserdampfmoleküle, die sich den bereits kristallisierten und damit fixierten zugesellen.
Wir sehen hier nicht mehr die Schönheit des Herbstes, sondern des Übergangs zum Winter, der demnächst auch offiziell beginnt. Inoffiziell hält er ja bereits als meteorologischen Winterbeginn seit Monatsanfang in unseren Breiten seinen noch schüchternen Einzug.

Alles still!

Alles still! Es tanzt den Reigen
Mondenstrahl in Wald und Flur,
Und darüber thront das Schweigen
Und der Winterhimmel nur.

Alles still! Vergeblich lauschet
Man der Krähe heisrem Schrei.
Keiner Fichte Wipfel rauschet,
Und kein Bächlein summt vorbei.

Alles still! Die Dorfeshütten
Sind wie Gräber anzusehn,
Die, von Schnee bedeckt, inmitten
Eines weiten Friedhofs stehn.

Alles still! Nichts hör ich klopfen
Als mein Herze durch die Nacht –
Heiße Tränen niedertropfen
Auf die kalte Winterpracht.*


* Theodor Fontane (1819 – 1898)

Wintermücken – Mücken im Winter

Als ich vor kurzem mein Erstaunen über einen Mückenschwarm im Winter und bei Regen zum Ausdruck brachte, konnte ich mich in dem Punkt beruhigen, dass ihnen der Regen nichts ausmachte. Und die relativ hohe Umgebungstemperatur von 13 °C erleichterte es mir, den Mückentanz als in Übereinstimmung mit den Naturgesetzen zu sehen. Inzwischen bin ich durch einige erhellende Kommentare und eigene Recherche etwas weiter gekommen.
Das entscheidende Stichwort war „Wintermücken“. Mir war bislang nicht aufgefallen, wohl auch weil ich es aus bestimmten Gründen für unmöglich hielt, dass Mückenschwärme einer bestimmten Mückenart im Winter keine Besonderheit sind. Weiterlesen

Aufrechter Eiszapfen

Die Aufrechten sind selten. Das gilt offenbar auch für Eiszapfen. Dennoch – oder trotzdem? – bekomme ich immer wieder Anfragen zu diesem Winterphänomen.  Meiner subjektiven Statistik entsprechend wachsen sie meistens auf einer Vogeltränke. So auch in diesem Fall. Werner Harbecke schickte mir das Foto eines besonders langen Prachtexemplars von 35 cm Länge (siehe Foto). Weiterlesen

Winterimpressionen

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Mückentanz am Tage der vorletzten Schokolade im Advendskalender

Einen Tag vor Heiligabend zeigte das Thermometer 13 °C an und es regnete. Es war eine merkwürdige Stimmung. Ich stellte mich einige Minuten in den Regen, nur so, um zu erfahren wie es ist, wenn man im Winter im Regen steht und die Kälte einen nicht sofort wieder ins Haus treibt.
Plötzlich gewahrte ich einen Schwarm Mücken, die völlig unbeeindruckt von den fallenden Tropfen – die ja wesentlich massiver sind als sie selber – hier ihren ansonsten wohl eher von lauen Sommerabenden vertrauten chaotischen Tanz zelebrierten. Ich traute meinen Augen nicht und schaute höchst erstaunt nunmehr selbst die Tropfen vergessend dem Treiben der Winzlinge zu. Sie ließen sich auch nicht von der Stelle vertreiben, die aus meiner Sicht so gut oder vielmehr so schlecht wie andere Stellen war.
Mein Erstaunen wird nur in der Hinsicht gemildert, dass die Mücken von den aus ihrer Sicht überdimensionalen Tropfen nichts zu befürchten haben, wie ich vor einiger Zeit mit großem Interesse zur Kenntnis genommen und auch darüber berichtet habe. Die Tropfen können ihnen nichts anhaben, jedenfalls dann nicht wenn sie sie hier in der Luft agieren.
Es stellen sich mir Fragen über Fragen: Woher kommen die Mücken jetzt? Hat das milde Wetter sie vorzeitig aus ihren Winterquartieren gelockt? Wohin gehen sie, wenn der in der Wettervorhersage angekündigte (heute zeigt das Thermometer 0 °C) Temperatursturz eintritt? Bleiben sie dann zusammen oder sucht dann jede für sich ein warmes Plätzchen? Wie wenig wir doch über Insekten im Allgemeinen und Mücken im Besonderen wissen!

Eismuster auf der Regentonne

In die Röhre zu gucken ist ja eigentlich negativ konnotiert. Schon vor einigen Tagen konnte ich ein Gegenbeispiel bringen. Diesmal haben wir eine Röhre in Form einer Regentonne. Sie ist immer wieder für Überraschungen gut – auch im Winter. Wenn es gefroren hat, schaue ich als erstes in die grüne Tonne. Vor einigen Tagen war sie wieder von einem sehr schönen Eismuster bedeckt – so schön, dass ich nicht wagte Wasser für die Blumen zu entnehmen. Am Vorabend hatte ich die Tonne noch einmal inspiziert und da ahnte ich bereits, dass es am Morgen etwas Schönes zu sehen geben würde. Vom Rand her trieben bereits einzelne lange Eiskristalle über die Wasseroberfläche, so als würden Claims für verschiedene Muster abgesteckt. Ein Ausschnitt der nächtlichen Frostaktivitäten ist im Foto zu sehen.

Von Seerosen und Eisblüten

Obwohl der meteorologische Winterbeginn erst für morgen angesagt ist und der astronomische ohnehin noch bis zum 20. Dezember auf sich warten lässt, hat es hier zum Auftakt des Winters zum ersten Mal gefroren. Weiterlesen

Was heißt hier ’nur eine Pfütze‘?

Ich würde sagen: Besonders die Wasserpfützen und zwar die am merkwürdigsten geformten bringen die schönsten Eisstrukturen hervor. Die Vertiefung im Boden hat eine durch welche Zufälle auch immer geformte Morphologie, die meist durch Regenwasser mit einer mehr oder weniger transparenten ebenen Oberfläche eingeebnet wird. Sinkt die Temperatur unter den Gefrierpunkt, kristallisiert das Wasser zunächst an der Oberfläche und bedeckt die Pfütze mit einer Eisschicht, die bei weiterhin niedrigen Temperaturen in die Tiefe wächst. Weiterlesen

Schneeverlust unter dem Gefrierpunkt

H. Joachim Schlichting. Spektrum der Wissenschaften 2 (2020), S. 72

Oh welch ein Schreck:
Der Schnee ist weg!
Wo ist er nur geblieben?

Anita Menger (*1959)

Manchmal verschwindet die Schneedecke, obwohl das Thermometer unter null Grad anzeigt. Oder aber sie schmilzt selbst bei Plusgraden kaum. Die Temperatur allein ist nicht entscheidend – bei den Vorgängen spielen weitere Kennzahlen eine wichtige Rolle. Weiterlesen

Frostige Parallelen

Da die frostigen Tage nun schon kaum mehr erinnerlich sind – jedenfalls in unseren Breiten – kommt man vielleicht nicht sofort darauf, dass es sich auf dem Foto um einen Ausschnitt aus einer zugefrorenen Fensterscheibe handelt. Zwar haben wir hier nicht die typischen Eisblumen, die ganz besondere Entstehungsbedingungen benötigen, sondern ganz andersartige – ich würde sagen – geometrische Figuren. Ich vermute, dass mangelnde Feuchtigkeit und nicht besonders tiefe Temperaturen zu dieser Sparausgabe der Eisblumen führen. Weiterlesen

Winterling mit Schwebfliege im Winter

Eine Schwebfliege Mitte Februar auf einem blühenden gelben Winterling! (Fotografie von gestern). Hier kommen mehrere für mich und vielleicht auch für einige andere erstaunliche Dinge zusammen: Ein Insekt, das man normalerweise mit Frühling und Sommer in Verbindung bringt, das eine blühende Blume bestäubt, die kurz vorher noch von Reif geweißelt zu bewundern war (unteres Foto). Aber das scheint noch nicht einmal eine Folge der Klimaerwärmung zu sein, sondern ist offenbar ganz normal. Wie wenig man doch von seiner Umwelt kennt.
Eine Schwebfliege bevorzugt gelbe Blüten. Und ausgerechnet solche findet sie im Winter bei mir im Garten, auf einem Winterling, der sich selbst auf dem ansonsten für andere Blumen vorgesehenen Beet eingenistet hat.
Die Schwebfliege hat auf den ersten Blick gar nicht so viel Fliegenhaftes. Sie erinnert an eine Wespe oder Biene, deren Outfit sie sich aus Gründen des Mimikry  zugelegt, um mögliche Widersacher auf Abstand zu halten. Ich gebe zu, dass ich als Kind großen Respekt vor diesen etwas schlang ausgefallenen Wespen hatte, sodass von mir keine Bedrohung ausging. Die Imitationen sind offenbar so gut, dass sich selbst die ‚Vorbilder‘ täuschen lassen und Schwebfliegen für Ihresgleichen halten und unter sich dulden.
Was ich bis gestern nicht wusste, dass ihre Nahrung aus Nektar und Pollen besteht und sie daher neben den Bienen die wichtigste Bestäubergruppe unter den Insekten ausmachen.
Sowohl der Winterling als auch die Schwebfliege müssen sich gegen den Frost schützen. Da ihre Oberflächen im Vergleich zum Volumen sehr groß sind, nehmen sie sehr schnell die Außentemperatur an und  kommen daher nicht um einen aktiven Frostschuzt umhin.
Der Winterling bevorzugt einen geschützte Standort. Bei mir hat er es sich unter Hortensienbüschen bequem gemacht, die zur Zeit keine Blätter haben und daher Licht durchlassen aber einen gewissen Schutz vor Wind und Frost bieten. Zum anderen legt sich die Pflanze im Bedarfsfalle ein Frostschutzmittel zu, indem sie verstärkt Stärke in Zucker verwandelt, der im Saft der Pflanzenzellen den Gefrierpunkt herabsetzt. Das ist insofern wichtig, als beim Gefrieren von Wasser das Volumen um etwa 10% zunimmt, was für die wässrigen Flüssigkeiten in der Pflanze nicht zu verkraften wäre. Noch schlimmer ist, dass die beim Gefrieren in den Pflanzenzellen wachsenden spitzen Eiskristalle die Zellwände durchstoßen würden und auf diese Weise platzen ließen. Um bedrohliche Temperaturabnahmen registrieren und die Frostschutzproduktion starten zu können, müssen die Winterlinge außerdem über entsprechende Sensoren verfügen.
Von einigen Insekten weiß man, dass sie über ganz besondere Proteine verfügen, die den Gefrierpunkt der Körperflüssigkeit senken können, indem sie Eiskristalle am Wachstum hindern. Ob die Schwebfliege auch dazu gehört, konnte ich in der Schnelle nicht ermitteln. Vielleicht kennt sich ja einer der Leser*innen besser damit aus.

Wege 14: Winterliche S-Kurven

Ich kenne diese beiden Wege seit Jahren. Aber nie war mir aufgefallen, wie sehr sie sich ähneln. In beiden Fällen handelt es sich um eine S-Kurve, die zum einen durch Schienen und zum anderen durch eine Straße realisiert wird, auf der die dunkle Wagenspur den ebenfalls dunklen Bahnschienen entspricht. Indem sie in einem kontrastreichen Hell-Dunkel-Kontext erscheinen, wird ihre Strukturähnlichkeit  zu einem Phänomen. Die durch die Schneedecke von den normalerweise vorhandenen Details befreiten Anblicke machen die Entsprechungen erst auffällig.
Wie der Zufall es will, kommt es interessanterweise auch noch in einer strukturellen Übereinstimmung am Rande der Fahrspuren: Dem durch die Bahnschwellen hervorgerufenen periodischen Höhenprofil entspricht auf der Straße die Profilspur eines Traktors.

Musterbildung im Schnee

Schlichting, H. Joachim. Physik in unserer Zeit 50/1 (2019), S. 45

Das Zusammenwirken von Absorption und Reflexion von Sonnenlicht sowie Wärmeleitung führt unter bestimmten Bedingungen zu regelmäßigen Mustern im Schnee.

Auf dem Handlauf eines Treppengeländers hat sich ein Muster aus periodisch weggeschmolzenem Schnee gebildet. Das ist auch insofern erstaunlich, als die Lufttemperatur mit -1 bis -2 °C eindeutig zu niedrig ist, um den Schnee zum Schmelzen zu bringen. Zwar bricht die Sonne hin und wieder durch den hochnebelartigen Dunst und fühlt sich angenehm warm an. Doch der blendend weiß erstrahlende Schnee ist ein deutliches Zeichen dafür, dass das Sonnenlicht nicht gleichermaßen vom Schnee absorbiert, sondern hauptsächlich reflektiert wird. Weiterlesen

Der Dezember

Das Jahr ward alt. Hat dünne Haar.
Ist gar nicht sehr gesund.
Kennt seinen letzten Tag, das Jahr.
Kennt gar die letzte Stund.

Ist viel geschehn. Ward viel versäumt.
Ruht beides unterm Schnee.
Weiß liegt die Welt, wie hingeträumt.
Und Wehmut tut halt weh. Weiterlesen

Die gefrorenen Fenster

Die Eisblumen

In Häusern findet man zur Winterzeit
Solch eine wunderbar formierte Zierlichkeit
Die Keiner tüchtig zu beschreiben;
Wenn die gefrornen Fensterscheiben
Von tausend zierlichen und schönen Kreaturen
Uns tausend zierlich Figuren
In solcher zarten Nettigkeit
Und doch in dunkler Nacht erzeugt, uns frühe zeigen. Weiterlesen

Gelb – das Gold des Winters

Eine farbliche und – wenn man in diesen Zeiten eine freie Nase hat – duftige Stimulation in der allgemeinen winterlichen Tristesse dieser Tage ist für mich die Zaubernuss im Garten, die mit einem erfrischenden Gelb ganz unprätentiös helle Farbtöne in das graue Einerlei bringt. Diese Pflanze, mit botanischem Namen Hamamelis genannt, hat also die lobenswerte Besonderheit, im Winter zu blühen und das auch noch vor dem Blattaustrieb. Sie hat vor etwa zwei Wochen mit dem Blühen begonnen und steht jetzt in voller Blüte. Erfahrungsgemäß wird sie diesen für die meisten Pflanzen atypischen Zustand noch einige Wochen aufrechterhalten. Ich freue mich jeden Tag darüber und genieße es, wenn sich das saubere Gelb über meinen Sehnerv ausbreitet.

Auch wenn das Gelb der Verheißung des Frühlings noch durch das Weiß des Schnee gerahmt erscheint, habe ich das Gefühl, dass der Anfang gemacht ist und vertraue auf die Zeilen aus den Stufen von Hermann Hesse:

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Schneegestäub‘ und Nebelqualm

Winter

Aus Schneegestäub`und Nebelqualm
Bricht endlich doch ein klarer Tag;
Da fliegen alle Fenster auf,
Ein jeder späht, was er vermag.

Ob jene Blöcke Häuser sind?
Ein Weiher jener ebne Raum?
Fürwahr, in dieser Uniform
Den Glockenturm erkennt kaum.

Und alles Leben liegt zerdrückt,
Wie unterm Leichentuch erstickt
Doch schau! An Horizontes Rand
Begegnet mir lebend`ges Land.

Du starrer Wächter, laß ihn los
Den Föhn aus deiner Kerkerschoß
Wo schwärzlich jene Riffe spalten,
Da muß er Quaränte halten,
Der Fremdling aus der Lombardei:
Säntis, gib den Tauwind frei!                                        Anette Droste von Hülshoff (1797 – 1848)

Doppelt verkehrte Welt

Ein Spiegelbild ist nicht materiell,
doch wirklich; man sieht es,
jeder kann es ansehen, greifen keiner.

Ulrike Draesner (*1962)

Es scheint als würde unter dem Pflaster ein Kirschbaum blühen. Schaut genau hin! Der im Wasser gespiegelt zu sehende Baum blüht jetzt im Winter in einem hellen Schneegewand. Der Frühling ist noch in weiter Ferne. Weiterlesen

Der Januar

Das Jahr ist klein und liegt noch in der Wiege.
Der Weihnachtsmann ging heim in seinen Wald.
Doch riecht es noch nach Krapfen auf der Stiege.
Das Jahr ist klein und liegt noch in der Wiege.
Man steht am Fenster und wird langsam alt.

Die Amseln frieren.
Und die Krähen darben.
Und auch der Mensch hat seine liebe Not.
Die leeren Felder sehnen sich nach Garben.
Die Welt ist schwarz und weiß und ohne Farben.
Und wär so gerne gelb und blau und rot. Weiterlesen

Das ewig frische Grün

Das ewig frische Grün der Nadelhölzer erheitert die öde Winterlandschaft. Es verkündet gleichsam den Polarvölkern, daß, wenn Schnee und Eis den Boden bedecken, das innere Leben der Pflanzen wie das Prometheische Feuer nie auf unserem Planeten erlischt*.

Da immergrüne Bäume, Lebenskraft und Stärke repräsentieren, glaubten die Menschen insbesondere mit geschmückten Nadelbäumen sich etwas davon ins Haus holen zu können.
Der hier abgebildete kleine durch eine üppige Schneelast „geschmückte“ Weihnachtsbaum strahlt m.E. diese Lebenskraft unmittelbar aus, auch wenn er als solcher darunter kaum noch zu erkennen ist – ein schönes  Symbol, nicht nur zur Weihnachtszeit!


*Alexander von Humboldt. In: Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse, 1807.

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