An einem dieser warmen Sommertage genießen wir die abendliche Abkühlung und erleben den Sonnenuntergang, der zu dieser Jahreszeit wieder hinter einem Wald stattfindet. Wenn dann wie auf dem Foto der gerade einmal zwei Tage alte junge Mond der Sonne hinterher eilt, sieht man unmittelbar, wie diese Mondsichel zustande kommt. Jedenfalls wurde einer der Anwesenden ganz ruhig und plötzlich meinte er, dass er nunmehr verstehe, wie die Mondphasen zustande kommen. Man könne es hier ja direkt sehen. Die kurz vorher links unten abgetauchte Sonne bestrahle den Mond weiterhin von schräg unten. Und das was man davon sehen könne, sei gerade dieser sichelförmige Ausschnitt. Hier hatte jemand – wohl erstmalig etwas durch unmittelbare Anschauung verstanden – und war begeistert darüber. So können still genossene Sommerabende ganz absichtslos auch zu neuen Einsichten führen.
Anschließend kam auch noch das Gespräch auf den hellen Stern, der wie der Mond der Sonne hinterherzueilen schien (zur Vergrößerung auf Bild klicken), denn kurze Zeit nach dieser Fotografie waren beide hinter dem Wald verschwunden: Es ist der Planet Venus, der hier als Abendstern seine Bahn oberhalb der Sonne zieht und daher bald nachdem die Sonne untergegangen ist, in Erscheinung tritt. In den Zeiten, in denen Venus „unterhalb“ der Sonne vorbeizieht, zeigt er sich vor Sonnenaufgang als Morgenstern bis er in der Helligkeit der aufgehenden Sonne untergeht.
Die Venus habe ich bewusst noch nie gesehen. Jetzt ist wohl mein Blick geschärft. So ist es mit manchem: Man nimmt meist nur wahr, von dem man weiß.
Das stimmt. Ich kann mich auch noch genau erinnern, als ich erkannte, dass der Morgenstern und der Abendstern ein und dieselbe Venus auf jeweils verschiedenen Positionen ihrer Umlaufbahn um die Sonne sind. Man sieht die plötzlich mit neuen Augen oder mit Lichtenberg: „Neue Blicke durch die alten Löcher“.