H. Joachim Schlichting. Physik in unserer Zeit 52/6 (2021), S. 307
Ein einseitig mit einer Schokoladenschicht glasierter Keks krümmt sich allmählich, wenn er ausgepackt ist. Weshalb?
Der Keks muss hier schon einige Zeit gelegen haben, jedenfalls sieht er nicht mehr ganz so frisch aus, und deformiert ist er außerdem (Abbildung). Natürlich war er anfangs perfekt gerade. Er hat einige Zeit außerhalb seiner luftdichten Verpackung verbracht und sich unter den neuen Umweltbedingungen gekrümmt. Neu ist für ihn dabei vor allem die größere Feuchte. In feuchter Umgebung reagiert die Schokoladenseite anders als die Gebäckseite des Kekses. Denn letztere ist aufgrund einiger Inhaltsstoffe, vor allem des Zuckers, stark hygroskopisch. Das heißt es verbindet sich gern mit Wassermolekülen, die in Form von Wasserdampf in der Luft reichlich vorhanden sind. Da das Gebäck außerdem porös ist, weil es aus einem System feiner Kapillaren besteht, kann der Wasserdampf auf einer großen Grenzfläche an zahlreiche Zuckermoleküle andocken. Indem das Gebäck das Wasser aufnimmt, wächst sein Volumen – es quillt auf und dehnt sich aus.
Die Schokoladenseite ist weniger porös und damit ist eine wesentlich kleinere Grenzfläche dem Wasserdampf der Umgebung ausgesetzt. Folglich verbindet es sich mit weniger Wassermolekülen und dehnt sich kaum aus.
Was machen zwei festverbundene flächenhafte Hälften, wenn sich die eine streckt und die andere weitgehend starr bleibt? Das ungleiche Paar krümmt sich zur starren Seite hin. Ein ähnliches Verhalten kennt man vom Bimetall, deren Hälften sich zwar nicht durch Feuchtigkeitsänderung, sondern durch Temperaturänderung ungleich stark ausdehnen und daher krümmen.
Während dieser Effekt beim Bimetall für sinnvolle technische Anwendungen ausgenutzt wird, ist eine Nutzanwendung eines krümmenden Keks schwer zu finden. Es sei denn man nimmt die Krümmung als deutliches Zeichen dafür, dass der Keks jetzt endlich gegessen werden muss.
Und was geschieht, wenn sich Käsescheiben krümmen, wenn sie länger auf einem Brot verweilen? Auch da ist eine Krümmung zu beobachten. Ich habe nie darüber nachgedacht…. aber jetzt …. Deine Art die Beobachtungsgabe zu schärfen fruchtet bereits. Liebe Grüße
LikeGefällt 1 Person
Beim Käse ist es gerade umgekehrt. Die der Luft direkt ausgesetzte Seite verliert durch Verdunstung Wasser und damit Substanz, die zu einer Schrumpfung auf der Oberseite führt. Bei der dem Brot zugewandten Seite ist der Verlust an Wasser geringer und sie behält ihre Länge bei. Du hast mit deiner Frage ein schönes Beispiel für Physik beim Frühstück ansprochen: Wer sein Käsebrot liegenlässt, muss abends gewölbten Käse essen. Gruß, Joachim.
LikeLike
Und jetzt muss ich beim Käsebrot immer an dich denken. Danke für die Erklärung. Marie
LikeGefällt 1 Person
Zum Glück für mich stinkt normalerweise der in Scheiben geschnittene Käse nicht allzu penetrant… 😉
LikeLike
ich höre die kekse singen
sie singen so süßlich mein lied
sie würden gerne die brücke sein
sie seien so hart und so fein
mein innnerstes hängt an zwei seilen
das eine hält oben mein haupt
das andere zieht es hinab
sie ringen und bringen mich
bis an den rand des grabs
so steh ich im regen und wollte
der held der geschichte sein
doch dieses gekrümmte kekslein
es nah mich gefangen allein
so musste es alsbald auch sterben
das hat es nun davon
vor soviel krümmung da laufen
doch helden nicht einfach davon
LikeLike
Vielen Dank für deinen lyrischen Kommentar. Die Krümmung hätte den Keks fast vor dem Verzehr gerettet (Ist der noch genießbar?). Doch dann siegte die Vernunft und auch er musste seinen Gang durch das Verdauungssystem antreten. 😉
LikeGefällt 1 Person
Sicherlich siegt die Vernunft über mindestens einen anderen dringenden Gedanken: die Stimme der Zunge, die sich an den wunderbaren Schokoschmelz erinnerte
LikeGefällt 1 Person
Ich hatte die Stimme vernommen.
LikeGefällt 1 Person
Das Summen der Neuronen: Issss!
LikeLike
Da hilft nur, zu bestimmten Zeiten nichts im Haus zu haben…
LikeGefällt 1 Person
Allerdings…vorher muss man aber durch mindestens 4 Tage Abgewöhnung… das habe ich jetzt gerade durch. Spüre keinen Sog.
Den Apfelkuchen vorgestern habe ich mit 50% Zucker gemacht, der zählt nicht.
LikeLike
Ich nehme bei Kuchenbacken inzwischen auch immer etwas weniger Zucker, ich glaube aber bei 50% würden meine Mitesser streiken und ich müsste alles alleine essen, wodurch die 50% Ersparnis dann gleich wieder aufgehoben wären…
LikeGefällt 1 Person
Meine Frau mag es ohnehin nicht so sehr süss.
Vor wenigen Tagen sah ich Günter Lamprechts Darstellung in „Das Brot des Bäckers“, den Film, den er selbst hoch einschätzte.
Eine Kundin kam in den Laden um sich zu beschweren, weil sein Kuchen zu üppig war und ihr Gatte Magenprobleme bekam.
Der Bäcker Lamprecht hatte es aber gut gemeint und empfahl der Kundin: „Gehen Sie doch rüber zum Discounter, da bekommen sie die geschmacklose Ware, die sie wollen!!“.
Ein Film aus den Siebzigern, direkt nach „Berlin Alexanderplatz“ gedreht.
LikeGefällt 1 Person
Leider muss man gute Bäcker wirklich suchen. Das drückt sich z.B. auch darin aus, dass nur wenige noch ihre eigene Backmischung zubereiten.
LikeGefällt 1 Person
In den USA auch Mangelware, wie mir Pit erzählt.
Weisss ich selbst noch von meinen Reisen her her.
LikeLike
Und wir machen das alles nach.
LikeGefällt 1 Person
Ja entsetzliche Pampe…
LikeLike
😉
LikeGefällt 1 Person
Ich danke für die Hintergrundinformationen, wie immer ist es sehr interessant. Bei mir hätte es wahrscheinlich nur den einfachen „Essreflex“ ausgelöst. 🙂
LikeLike
Danke! Der Essreflex kam bei mir nach dem Foto. Okay, dann war es wohl kein Reflex mehr.
LikeGefällt 2 Personen
Bin leeeider ein Schokofreund…
LikeLike
Ich teile dein Schicksal 😉
LikeGefällt 1 Person
Du bist aber schlaaaank!
LikeLike
Das ist aber wohl nicht mein Verdienst…
LikeGefällt 1 Person
Kenne ich das nicht auch von Keramik her, haha.
Ich achte ja stets darauf,bei verbindung zweier Teile darauf zu achten, dass sie in etwa die gleiche dicke und den gleichen trocknungsgrad haben. Beides ist manchmal nicht unbedingt zu gewährleisten
Ton ist eigentlich kein Werkstoff für überexakte Arbeiten. Lambrecht ist einer derjenigen, die es erfolgreich können.
LikeLike
Stimmt, wenn man etwa mehr darüber nachdenkt, findet man weitere Beispiele. Bei Keramiken stelle ich mir das als echtes Problem dar, was man von der Schokolade nicht sagen kann.
LikeGefällt 1 Person
Vielleicht schiebe ich hier einen Link nach:
https://www.joachim-lambrecht.de/
LikeLike
Toll, da versteht jemand sein Handwerk!
LikeGefällt 1 Person
Allerdings, ein Jazzmusiker und ein Könner in Sachen Keramik. Habe übrigens eines seiner Rippenvasen erworben, ohne viel Vertun.
LikeLike
Das kann ich verstehen, weil du dabei neben der äußeren Erscheinung auch noch den Werdegang vor Augen hast und in deine Wertschätzung mit einbeziehst.
LikeGefällt 1 Person
Ja, genauso war es…
LikeLike
🙂
LikeGefällt 1 Person