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Physik im Alltag und Naturphänomene

Tag- und Nachtgleiche 2023

Heute treten wir in die dritte Jahreszeit ein, den Herbst. Einige Anzeichen machen sich schon seit längerem bemerkbar, andere suchen wir vergeblich. Astronomisch gesehen bedeutet die Tag-und Nachtgleiche, auch Äquinoktium genannt, dass die Sonne senkrecht über dem Äquator steht und der Tag und die Nacht überall auf der Erde gleich lang sind, nämlich 12 Stunden.
Danach werden die Tage kürzer als die Nächte – die dunkle Jahreszeit nimmt hier ihren Anfang. Menschen, Tiere und Pflanzen stellen sich darauf ein. Der moderne Mensch in seiner durch künstliche Beleuchtungen bestimmten Umwelt ist von der zunehmenden Dunkelheit nicht wirklich betroffen, obwohl die Eine oder der Andere gefühlsmäßig auf die astronomisch bedingten Veränderungen reagiert.
Der Herbst wird oft mit dem Herbst des Lebens in Beziehung gebracht, wie es beispielsweise in dem folgenden Gedicht von Emanuel Geibel (1815 – 1884) anklingt:

O wär’ es bloß der Wange Pracht,
Die mit den Jahren flieht!
Doch das ist’s, was mich traurig macht,
Dass auch das Herz verblüht;

Dass, wie der Jugend Ruf verhallt
Und wie der Blick sich trübt,
Die Brust, die einst so heiß gewallt,
Vergisst, wie sie geliebt.

Ob von der Lippe dann auch kühn
Sich Witz und Scherz ergießt,
’s ist nur ein heuchlerisches Grün,
Das über Gräbern sprießt.

Die Nacht kommt, mit der Nacht der Schmerz
Der eitle Flimmer bricht;
Nach Tränen sehnt sich unser Herz
Und findet Tränen nicht.

Wir sind so arm, wir sind so müd’,
Warum, wir wissen’s kaum;
Wir fühlen nur, das Herz verblüht,
Und alles Glück ist Traum.

Es ist schon interessant, wie ein astronomisches Detail, eine Stelle der Erdbahn um die Sonne, zu derart tiefen Gefühlen Anlass geben kann. Offenbar ist das Astronomische nur ein Aspekt der Angelegenheit, der den meisten Menschen noch nicht einmal bewusst ist.

Diskussionen

19 Gedanken zu “Tag- und Nachtgleiche 2023

  1. Ganz so kann man es wahrlich nicht sehen.
    Das heisse verwandelt sich und nichts daran ist ein wirklicher Verlust.
    Soll denn eine Tonne Erfahrung nicht Spuren hinterlassen!?

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    Verfasst von kopfundgestalt | 23. September 2023, 00:07
  2. Das Geibelgedicht klingt mir aber eher winterlich als nach goldenem Herbst, lieber Joachim.

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    Verfasst von Ule Rolff | 23. September 2023, 08:04
  3. Das Foto ist so wunderbar, so lichtvoll, so trostreich… Dazu paßt das Gedicht von Emanuel Geibel nicht, finde ich.
    Vielleicht sollte man versuchen, zu dem Bild ein neues Gedicht zu schreiben.

    Gefällt 1 Person

    Verfasst von Gisela Benseler | 23. September 2023, 13:46
  4. Diese Tag- und Nachtgleiche ist mir ganz entgangen, danke fürs Dranerinnern, Joachim. Sicher wurde der Herbst zu Geibels Lebzeiten anders wahrgenommen – er wurde 1815 in Lübeck geboren, wo er 1884 auch starb – ein melancholischer Norddeutscher zu Zeiten, als sich die letzte Kleine Eiszeit ihrem Ende näherte… Doch auch ich empfinde den Verlust der Empfindungs- und Erlebnisfähigkeit im Alter als schmerzhaft. Da wir im Durchschnitt älter werden, verschiebt sich dieser Zeitpunkt ähnlich wie der Herbstbeginn nach später….

    Gefällt 2 Personen

    Verfasst von gkazakou | 23. September 2023, 14:18

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