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Schatten

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Zur Poesie des doppelten Schattens am Abend

Wenn man am Abend das Licht anmacht und das Licht des blauen Himmels durch ein Fenster dringt, hat man oft das Vergnügen, zwei Schatten eines Gegenstands vorzufinden. Im vorliegenden Fall ist es der blaue und gelbliche Schatten einer Kerze, die noch darauf wartet angezündet zu werden. Zu einem vermutlich ähnlichen Szenario äußert sich der amerikanische Maler Fairfield Porter in seinem Gedicht: „A Painter Obsessed by Blue. Dort heißt es:

No color isolates itself like blue.
If the lamp’s blue shadow equals the yellow
Shadow of the sky, in what way is one
Different from the other ?

Ob dieses Phänomen aber etwas mit der Eigenschaft der Farbe Blau zu tun hat, sich zu isolieren, sei dahingestellt. Jedenfalls scheint seine Schilderung einer ähnlichen Situation zu entsprechen, die im Foto zu sehen ist und mit etwas Aufmerksamkeit abends leicht beobachtet werden kann.
Auch seine Frage kann leicht beantwortet werden: Die Schatten unterscheiden sich dadurch, dass die Kerze einerseits vom leicht gelblichen Licht einer Lampe und andererseits vom blauen Himmellicht aus leicht unterschiedlichen Winkeln beleuchtet wird. In den Schattenbereich bezüglich der einen Lichtquelle fällt dann nur das Licht der jeweils anderen Lichtquelle und beleuchtet diesen entsprechend.

I

Lichtstern zwischen eingeschnürten Schatten

Was ist launischer als
die Verteilung von Lichtern und Schatten

Paul Valéry

Wenn benetzbare Gegenstände eintauchen, kriecht ein Meniskus an ihnen hoch. Die gekrümmte Wasseroberfläche verzerrt den Schatten auf dem Boden des Gewässers: Er erscheint eingeschnürt und von einer Brennlinie gesäumt.
Als ich einmal auf der Terrasse gesessen und den Sonnenschein genossen habe, zog das halb gefüllte Wasserglas meine ganze Aufmerksamkeit auf sich – oder besser der darin lehnende Strohhalm. Denn ich bemerkte, dass dessen Schatten auf dem Boden des Glases in zwei Teile zerfiel. Beide verjüngten sich an der Trennstelle und waren dort von hellen Brennlinien begrenzt.
Das faszinierende optische Rätsel ließ sich schnell zu seinem Ursprung zurück verfolgen: Die Schattentrennung und die damit verbundene Aufhellung kamen von der Stelle, an welcher der Strohhalm die Wasseroberfläche durchstieß. Dort wurde nämlich das Wasser an dem leicht benetzbaren Plastikhalm ein wenig hochgezogen. Daraufhin war er von einem so genannten Meniskus mit einem konkaven Profil umgeben.
Solch ein rundum laufender Wasserwall bricht die auftreffenden Sonnenstrahlen unter einem anderen Winkel in die Flüssigkeit hinein als die ebene Wasseroberfläche. Das Licht wird mit zunehmender Abweichung des Einfallswinkels immer stärker abgelenkt, und zwar in den Bereich, der ohne Meniskus im Schatten des Halms liegen würde. Das schnürt den sichtbaren Schatten ein.

Das Phänomen beim Übergang von der Luft ins Wasser ist in der Optik schon lange bekannt. Es wird seit einer entsprechenden Publikation von 1967 als Shadow-Sausage-Effekt bezeichnet [https://pubs.aip.org/aapt/ajp/article-abstract/35/8/774/1047926/Shadow-Sausage-Effect], weil sich die beiden scheinbaren Schattenenden des Halms ähnlich verjüngen wie der Knotenbereich einer Wurstkette. Zudem kommt es zu charakteristischen Brennlinien, so genannten Kaustiken. Hier kreuzen sich verschiedene Strahlenwege.
Eingehendere Experimente habe ich anschließend gemeinsam mit meinem Kollegen Wilfried Suhr durchgeführt – der Deutlichkeit wegen mit einem Holzstab, der sich gut benetzen lässt. Wir tauchten ihn zunächst senkrecht ins Wasser und beleuchteten ihn mit einer nahezu punktförmigen Lichtquelle (das sollte die weit gehend parallelen Strahlen der Sonne nachahmen) unter einem Winkel von zirka 50 Grad. Eine helle LED-Taschenlampe mit abgeschraubter Linse tat dabei gute Dienste.
Als erstes überzeugten wir uns davon, dass sich das konkav aufwölbende Wasser tatsächlich auf die Lichtwege auswirkt. Dazu mussten wir den Meniskus zum Verschwinden bringen. Das ist möglich, indem man den Stab genauso schnell aus dem Wasser zieht, wie dieses an ihm aufsteigt. Als die passende Geschwindigkeit gefunden war, hielten die beiden ehemaligen Schattenenden während der Bewegung passgenau zusammen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, einen Stab ins Wasser zu stellen, der nicht benetzt wird. Dazu eignen sich manche Kunststoffarten. Auch dann bleibt der Shadow-Sausage-Effekt aus.
Um einen genaueren Eindruck davon zu gewinnen, wie das Licht abgelenkt wird und wo die vom üblichen Weg abgebrachten Strahlen landen, haben wir einen weiteren kleinen Versuch durchgeführt. Wieder beleuchtete unsere Lichtquelle den Meniskus am senkrecht eingetauchten Holzstab unter einem 50-Grad-Winkel. Gleichzeitig tasteten wir den Bereich mit dem Strahl eines Laserpointers ab, der genauso ausgerichtet war wie das weiße Licht . Wir wählten dafür insbesondere vier Punkte aus, die für die Ablenkung charakteristisch sind und den dort gebrochenen Strahlen des weißen Lichts entsprechen.
Zwei der Punkte lagen jeweils an den gegenüberliegenden Stellen am unteren Rand von einer Seite des Meniskus. Der Anstieg der Wasseroberfläche ist dort noch relativ klein, das heißt die durch die Brechung geänderte Richtung des Lichtstrahls unterscheidet sich nur wenig von der, in die er auf einer ebenen Wasseroberfläche abgelenkt würde. Dementsprechend landen die Strahlen an der Stelle des Behälterbodens, an der die Einschnürung des Stabschattens gerade beginnt.
Für die zwei mittleren Punkte wählten wir Stellen, an denen die Steigung des Meniskus bereits so groß ist, dass der Lichtstrahl etwa in der Mitte der Einschnürung des Schattens auftrifft. Wie man sich leicht vorstellen kann, landen alle weiteren Strahlen innerhalb der beiden Extreme an einem Ort dazwischen auf der gekrümmten Brennlinie. Die große Leuchtdichte in den beiden hellen Kreuzungspunkten kann man sich dadurch entstanden denken, dass sich dort sehr viele solcher Linien fächerartig überlagern. Aus Symmetriegründen passiert auf der gegenüberliegenden Seite des Stabs Entsprechendes. So kommt es insgesamt zu der feinen Struktur der Kaustik, die auch als Astroide bezeichnet wird. Durch die Änderung des Einfallswinkels oder der Neigung des Stabs werden natürlich die Linien und Kurven von Schatten und Licht entsprechend deformiert. Die charakteristische, karo-ähnliche Form bleibt dabei jedoch erhalten.
Der Effekt ist weniger exotisch und häufiger zu beobachten als man denkt. Wer bei Sonnenschein auf dem Boden eines flachen Gewässers die Schattenprojektion eines herausragenden Asts oder der umher driftenden Blätter betrachtet, bekommt deformierte und von Kaustiken durchwirkte Gestalten zu Gesicht, die ästhetisch oft sehr ansprechend sind. Unter günstigen Bedingungen rufen sogar die von Wasserläufern verursachten Dellen entsprechende Phänomene hervor [https://www.spektrum.de/wissen/schlichting-bizarre-unterwasserschatten/1560214].

Man findet den Effekt außerdem an unvermuteten Stellen. So kann ein auf flachem Wasser schwimmender Ball im Licht der Sonne gleich drei Schatten werfen. Dabei umschließt ein nur schemenhaft zu erkennender, diffuser großer Schatten zwei kleinere, prägnantere. Sie wirken, als kämen sie sich derart in die Quere, dass sie sich gegenseitig ein wenig zusammendrücken.
Vergleicht man dieses Schattenpaar mit dem eingetauchten Strohhalm, so erkennt man den Ursprung des Kuriosums: Der Ball entspricht einem kugelförmigen Stab mit einem Teil über und einem unter der Wasseroberfläche. Die Abschnürung des geometrischen Schattens des Balls führt wieder zu annähernd kreisrunden Schatten – und so entsteht ein merkwürdiges Dreischattengebilde.

Quellen

Suhr, W., Schlichting, H. J.: Einleuchtendes über Leonardos Kreuz. Physik in unserer Zeit 54, 2023

https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/piuz.202301682

Osterei mit Schatten

Dieses Ei ist ein ganz Besonderes. Es taucht nicht nur am richtigen Tage auf, es zeigt auch fast exakt die aktuelle Mondphase auf. Es wird an derselben Seite von der Sonne angestrahlt wie der heutige Mond. Darüber hinaus wirft es auch noch einen Schlagschatten auf einen mondlandschaftsähnlichen Untergrund. („Ähnlich“ ist zum Glück bedeutungsmäßig dehnbar.) Das hat uns der Mond nur ganz selten zu bieten, nämlich wenn sein Schatten auf die Erde fällt. Man spricht dann von einer Sonnenfinsternis und die haben wir nicht alle Tage. Naja, unser Ei auf dem Foto ist auch nicht alle Tage zu sehen. Nur heute, weil der Osterhase es so wollte.

Schattenspielerei in Farbe

Robert Musil sagt über die DICHTUNG: Man hat ein Licht und läßt es Schatten werfen; man erzeugt nicht das Licht.

Höhlenwanderungen mit Ausblick

In diesen ruhigen Tagen erinnere ich mich gerne an die Zeit, in der wir in Kapadokien (Türkei) gewandert sind. Besonders die „Ausflüge“ in die zerklüftete Höhlenlandschaft verschaffte uns immer wieder phänomenale Ein- und Ausblicke. Die durch die Spalten hereinleuchtende Sonne schuf eine Atmosphäre, wie sie vielleicht Plato vor Augen hatte, als er sein Höhlengleichnis schrieb.
Im vorliegenden Fall (Foto) waren die „Gänge“ oft so schmal, dass man nur kriechend und manchmal sogar rutschend vorankam, immer den manchmal fast verglimmenden Lichtspalt im Auge, der den Kontakt mit der Außenwelt sicherstellte zumindest visuell.
Das Foto offenbart für mich eine besondere Ästhetik einer Felsstruktur, die in Jahrtausenden von Wind, Wasser und anderen Naturkräfte gewissermaßen absichtslos gestaltet wurde.

Löffel und Gabel…

…aus der Perspektive ihres Schattens.

Herr Löffel und Frau Gabel

Herr Löffel und Frau Gabel,
die stritten sich einmal.
Der Löffel sprach zur Gabel:
„Frau Gabel, halt den Schnabel,
du bist ja bloß aus Stahl!“

Frau Gabel sprach: „Herr Löffel,
Ihr seid ein großer Töffel
mit Eurem Gesicht aus Zinn,
und wenn ich Euch zerkratze
mit meiner Katzentatze,
so ist Eure Schönheit hin!“

Das Messer lag daneben
und lachte: Gut gegeben!
Der Löffel aber fand:
mit Herrn und Fraun aus Eisen
ist nicht gut Kirschen speisen,
und küsste Frau Gabel galant –
die Hand.
*

Auch wenn ich das Gedicht nicht kommentieren möchte, sei auf einen implizit zum Ausdruck kommenden historischen Bezug der Besteckteile aufmerksam gemacht. Wenn man es nämlich genau liest, klingen einige Aspekte an, z.B. dass der Löffel verzinnt ist und die beiden anderen aus Stahl gefertigt sind, die auf eine unterschiedlich Entwicklung des Bestecktripels verweisen. Davon spüren wir heute nichts mehr, aber zur Zeit Morgensterns waren diese Unterschiede wohl noch bewusst.

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* Christian Morgenstern (1871-1914)

Schatten und Spiegelbilder auf Karosserien

Abb. 1 Mehrere Abbildungen einer Person auf der Karosserie eines Autos.

H. Joachim Schlichting. Physik in unserer Zeit 54/6 (2023), S. 308

Autokarosserien reflektierten das Licht sowohl diffus als auch spiegelnd. Dadurch kommen neben Spiegelungen auch Schatten ins Spiel.
Man lernt schon in der Schule, dass ein Spiegel keinen Schatten „auffängt“. Das würde nämlich voraussetzen, dass er Licht diffus in alle Richtungen reflektiert. Ein Spiegel reflektiert das Licht vielmehr spiegelnd. Im Strahlenmodell des Lichts heißt das: Ein unter einem bestimmten Einfallswinkel auftreffender Lichtstrahl wird unter einem gleich großen Reflexionswinkel wieder ausgestrahlt. Für die meisten spiegelnden Flächen im Alltag gilt das jedoch nicht. Eine spiegelglatte Autokarosserie kann beides (Abbildung 1): Sie reflektiert das auffallende Licht teilweise spiegelnd (Einfallswinkel = Reflexionswinkel) und teilweise diffus, streut also einen Teil des Lichts in alle Richtungen.
Das große Abbild des Kopfes des Fotografen in Abbildung 1 ist ein veritabler Schatten. Er kommt dadurch zustande, dass in einem durch die Silhouette der Person ausgeblendeten Bereich kein Sonnenlicht auf die Karosserie gelangt. Von diesem Bereich kann daher auch kein Sonnenlicht reflektiert werden, sodass er dunkel erscheint. Dass dieser Schatten dennoch nicht monochrom schwarz ist, liegt daran, dass die Karosserie außerdem vom Himmelslicht ausgeleuchtet wird, das aus fast allen Richtungen kommt.
Das verkleinerte Abbild der Person, teilweise innerhalb des Kopfschattenbereichs zu sehen, ist das Spiegelbild der Person. Es ist zwar scharf, weil dort die Verwässerung durch die diffuse Reflexion des Sonnenlichts entfällt, aber es erscheint ziemlich dunkel und fast monochrom. Da die gespiegelte Vorderseite des Fotografen im Schattenbereich des Sonnenlichts liegt und daher von ihm nur das auffallende Himmelslicht diffus reflektiert wird, ist dessen Intensität um Größenordnungen kleiner als die des direkten Sonnenlichts. Auf den ersten Blick sieht dieses Spiegelbild daher ebenfalls wie ein Schatten aus, bei genauerem Hinschauen erkennt man aber zum Beispiel die geringfügig hellere Haut der Arme.
Während der Schatten wegen der Parallelität des Sonnenlichts etwa genauso groß ist wie der Querschnitt des Kopfes, ist das Spiegelbild wesentlich kleiner. In einem ebenen Spiegel ist das Spiegelbild halb so groß wie der Schatten des Originals. Das ergibt sich aus der Tatsache, dass das Spiegelbild genauso weit hinter dem Spiegel virtuell zu verorten ist wie das Original real davor und der Spiegel genau auf halber Strecke zwischen beiden liegt. Der direkte Vergleich mit dem Schatten des Fotografen auf der Karosserie zeigt jedoch, dass das Spiegelbild dort wesentlich kleiner als halb so groß ist. Die zusätzliche Verkleinerung kommt dadurch zustande, dass die Karosserie gerade im abgebildeten Bereich nicht eben, sondern konvex gewölbt ist. Ein Wölbspiegel wirkt aber bekanntlich verkleinernd.
Bei genauerem Hinsehen erkennt man direkt oberhalb des Kopfschattens schemenhaft eine zweite, zusammengestauchte und auf dem Kopf stehende Spiegelung des Fotografen. Auch wenn man die „Topografie“ der spiegelnden Karosserie nicht direkt wahrnehmen kann, lässt sich aus der Umkehrung der Abbildung schließen, dass das Blech hier konkav geformt sein muss. Die Wirkung ähnelt der eines Hohlspiegels, bei dem der abgebildete Gegenstand außerhalb der einfachen Brennweite liegt. Oberhalb dieser Hohlspiegelabbildung ist die Karosserie wiederum leicht konvex, aber in anderer Neigung als im unteren Bereich. Deshalb wird die Person hier teilweise noch einmal aufrechtstehend spiegelnd reflektiert, wobei der Kopf nicht mehr aufs Bild kam.
Interessant ist noch, dass sowohl der in der Nähe des Antisolarpunkts liegende Schattenkopf als auch der gespiegelte Kopf andeutungsweise von einem hellen Kranz umrandet zu sein scheinen. Es handelt sich um eine Art Oppositionseffekt: Aufgrund einer gewissen Unebenheit des Lacks und hinzugekommener Gebrauchsspuren wird auch noch in der Nähe des Spiegelbildes der Sonne mehr Licht zum Betrachter zurückgestrahlt als von weiter entfernten Bereichen.
Der helle Punkt am oberen Bildrand ist ein weiteres Spiegelbild der Sonne an der konvexen Krümmung der Einfassung des Rückfensters.
So kann uns ein Auto, das zu ganz anderen Zwecken konstruiert wurde, eine nichttriviale Lektion in geometrischer Optik erteilen.


Rinnsale aus Schatten

In einer Dünenlandschaft kann man bei tiefstehender Sonne ein reichhaltiges Repertoire an Schatten bewundern. Oft werden bestimmte Strukturen überhaupt erst durch die Schatten deutlich sichtbar. Deshalb und auch aus anderen Gründen ist es vorteilhaft Wanderungen in den Dünen am frühen Morgen oder Abend vorzunehmen.
Ich ziehe den Morgen vor, weil man dann auch noch die aufsteigende Sonne erleben kann, die diese Strukturen nacheinander zum Leben erweckt.

Blaue Planeten

Diese blauen Planeten hat ein kurzer Regenschauer auf einem Schilfblatt hinterlassen. Die Szenerie dokumentiert ausnahmslos die Erhaltung der Lichtenergie. Da transparente Tropfen fast alles auftreffende Licht durchlassen, wird der Lichtmangel im Bereich des Schattens durch die Sammlung des Lichts in einem Brennfleck ausgeglichen. Man kann auch sagen, der Tropfen wirke wie eine Sammellinse, die das durchgehende Licht bündelt.
Nicht alles, sondern nur fast alles Licht geht durch den Tropfen. Ein Teil wird reflektiert. Ein Tropfen wirkt wie ein Kugelspiegel, der (wieder nur) fast die ganze Welt drumherum abbildet – auch den Fotografen, wenngleich dieser nur schemenhaft auf den Tropfen zu erkennen ist.
Im Übrigen ist jeder Tropfen so etwas wie eine 3D-Abbildung unseres blauen Planeten 😉

Durchblick durch Schatten

Dieses Foto ist auf den ersten Blick nicht besonders schön aber auf dem zweiten Blick interessant. Es zeigt den Schatten des Schornsteins auf einer Nebelwand, die vermutlich durch kondensierenden Wasserdampf entsteht. Da die Nebelwand von der Sonne beleuchtet wird, reflektiert sie einen großen Teil des Lichts diffus in Richtung des Fotografen. Dieses reflektierte Licht ist jedenfalls so intensiv, dass die hinter der Nebelwand befindliche Szenerie nicht zu erkennen ist.
Dort wo der Schatten des Schornsteins auf die Nebelwand erscheint, wird das reflektierte Licht ausgeblendet, und der Nebel wird dadurch transparent. Wir haben es also mit dem merkwürdigen Fall zu tun, dass ein Schatten keine Information vernichtet, sondern im Gegenteil solche ermöglicht. Somit ist die Überschrift im doppelten Wortsinn zu verstehen. Wir blicken gewissermaßen durch den Schatten und gewinnen dadurch Durchblick (im Sinne von Verständnis).

Optische Alltagstäuschung

Als ich mich bei Sonnenaufgang diesem vertrauten Tor näherte, war ich zunächst irritiert, weil ich den Eindruck hatte, dass der mit flachen Pyramide gekrönte Pfosten größer geworden war. Erst auf den zweiten Blick erkannte ich, dass die vermeintliche Fortsetzung nach links lediglich aus diffusen Sonnenreflexen an denSeitenflächen der Torlatten bestand, die sich in derselben orangegelben Farbe an Reflexe auf dem Pfosten anschlossen. Das Tor selbst erfuhr eine Ergänzung in Form von Schatten auf dem Pfosten. Für mich war das ein bescheidener naturschöner Eindruck eines Herbstmorgens, der auf diese Weise für eine gute Stimmung sorgte. Manchmal genügt nur so wenig.

Rätselfoto des Monats Oktober 2023

Wir möchten wissen, wie der Tropfen ins Teesieb gelangte.

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Erklärung des Rätselfotos des Monats September 2023

Frage: Wie kommt es zu den kleinen Abbildern?

Antwort: Man blickt durch ein Teesieb, das gerade aus einer vollen Teetasse gehoben wurde. Der anschließende Blick auf das Gesicht einer Person ergab dann diesen Anblick. Durch die Benetzung im Tee, sind einige der Maschen des Siebs mit einer Membran aus Tee (Wasser) überzogen. Die Membrane wirken wie kleine Zerstreuungslinsen und bilden das entfernte Gesicht verkleinert ab. Zerstreuungslinsen sind an den Rändern dicker als in der Mitte. Wäre die Flüssigkeit in der Mitte dicker als am Rande, hätte man es mit kleinen Sammellinsen zu tun. Dann würden aber die Bildchen auf dem Kopf stehen, wie man es beispielsweise von einer Lupe kennt, durch die man einen fernen Gegenstand betrachtet.
Die meisten Membranen sind bereits geplatzt.

Baumtunnel

Dieser Baum ist leider nicht mehr. Ich bin unzählige Male durch den von seinem Laubwerk gebildeten Tunnel gegangen und anschließend vom vergleichsweise hellen Tageslicht geblendet auf der „anderen Seite der Welt“ gelandet.
Ob es notwendig war, den Baum zu fällen, vermag ich nicht zu beurteilen. Für mich ist es ein großer Verlust.

Spuren im Sand, Schatten im Verstand

Als ich das Bild jemanden zeigte, fragte der spontan: „Wie bist du da drüben hingekommen?“ – „?“
Das sind dann die Momente, in denen man glaubt, Flügel zu bekommen bzw. bekommen zu haben.

Schatten im Sand

Beim Wandern in einer Dünenlandschaft, in der die Sandkörner nahezu stochastisch verteilt sind und damit nicht gerade die Fantasie anregen, stolperte ich fast über einen kleinen, vertrockneten und schlangenartig gekrümmten Grashalm. Gemeinsam mit seinem Schatten bildete er so etwas wie eine an den Enden spitz zulaufende Endlosschleife und brachte damit den endlosen Sand symbolisch auf den Strecke. Also ein Schatten, der mal nicht im Sand verläuft, oder doch?

Gesegnet die Augenblicke und die Millimeter und die Schatten der kleinen Dinge, die noch demütiger sind als sie!*

Dass kleine Dinge einen Schatten werfen hat Goethe, der sich selbst ja vor allem als Naturforscher verstand, wohl nicht nur aus poetischer Perspektive für bemerkenswert gehalten, sondern auch als physikalisches Problem gesehen. Es stellt sich nämlich die Frage, wie klein ein Gegenstand sein muss, dass man seinen Schatten nicht mehr sieht. _________________________________________________________________________________
* Fernando Pessoa. Das Buch der Unruhe. Frankfurt 1987. S. 197

Im Sand lesen…

Vielleicht war es gar nicht der Mensch, der den Zirkel erfunden hat. Möglicherweise sah er so etwas Ähnliches wie auf dem Foto : Ein an einem Ende fixierter Faden wird durch den Wind herumgetrieben und zeichnet in den weichen Sand einen Kreis, in diesem Fall aufgrund der Beschaffenheit des Fadens sogar viele konzentrische Kreise. Diese Kreise haben zwar keine mathematische Qualität, aber sie könnten bestimmte Denkprozesse angeregt haben. Und außerdem sind sie naturschön.
Neben dieser besonderen Form einer „Sanduhr“, deren Zeiger allerdings nur die Windrichtung anzeigt, ist vorne rechts auch noch eine kleine Sonnenuhr zu sehen. Sie ist zwar nicht geeicht und auch sonst irgendwie fragil, aber sie zeigt zumindest die Richtung und Höhe der Sonne an.
Interessanterweise steht der natürliche Schattenstab der Sonnenuhr in einer kleinen Vertiefung. Sie ist das Werk des Windes. Dieser treibt den Sand vor sich her und umströmt das Hindernis des Stabs. Die Luft muss also einen kleinen Umweg machen. Und damit es zu keinem Stau kommt, nimmt die Windgeschwindigkeit nebst der mittransportieren Sandlast entsprechend zu. Dadurch werden mehr Sandkörner aufgenommen als deponiert und es entsteht eine kleine Vertiefung.
Sand ist also mehr als das sprichwörtliche „wie Sand am Meer“. Darauf hat schon Georg Christoph Lichtenberg hingewiesen, wenn er sagt: „daß man in der Lage des Sands die Kräfte lesen könne die ihn hinein gebracht,…was ist die Gestalt der Erde und der Felder anders als eine Tafel auf der sich alle die Kräfte lesen lassen, die auf sie gewürkt haben?“*

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* Georg Christoph Lichtenberg. Schriften und Briefe I. München 1968, S. 443 (E 469)

Strukturen auf einem Bach

Man blickt auf einen träge dahinfließenden Bach. Von der Wasserbewegung sieht man nur dann etwas, wenn ein kleines schwimmendes Objekt mit der Strömung durch das Blickfeld geht. Ansonsten sieht alles ziemlich gleichbleibend aus.
Interessant ist die ovale, konkave (nach innen gewölbte) Vertiefung im Zentrum, die einen Pflanzenhalm umgibt. Offenbar ist der Halm wasserabweisend (hydrophob). In der konkaven Wandung der Vertiefung werden die zahlreichen linienartigen Objekte der Umgebung spiegelnd reflektiert und zeichnen die ovale Struktur mit zahlreichen Strichen nach.
Auf den ersten Blick sieht es so aus, als würde man die Fortsetzung des Halms unter Wasser sehen. Das ist nicht der Fall. Vielmehr handelt es sich um den Schatten des Halms, der auf den kaum transparenten Belag des Gewässers projiziert wird.
Mein ursprüngliches Motiv die Situation zu fotografieren, war jedoch weniger die physikalische Aufklärung der Situation als vielmehr der naturschöne Anblick.

Abbaubare Kronkorken am Strand

Diese vermeintlichen Kronkorken sind entstanden, als ich triefend nass aus dem Wasser an den Strand kam und einige Tropfen verlor. Sie bilden sehr schon ab, was mit einem Wassertropfen passiert, wenn er auf eine harte Unterlage auftrifft: er bildet eine Krone, die man üblicherweise nur auf Highspeed-Fotos zu sehen bekommt. Weil die Tropfen aufgrund der Wasserliebe (Hydrophilie) des Sands aber beim Auftreffen sofort benetzt werden, nehmen die auf dem harten Boden reflektierten Minitropfen einen Teil des Sandes mit, der dann zu diesen kronkorkenförmigen Rändern führt.

Auf dem Foto ist außerdem ein interessanter Schatten eines zufällig angespülten Rest eines Zweiges zu sehen, der den Zweig zu einer Art Schiffchen komplettiert. Nicht ganz, aber man kann kaum anders, als sich den Rest hinzuzudenken. Für mich macht gerade das den Reiz des Bildes aus – eine Art Symmetriebruch.

Ein rätselhaftes Weinblatt

Die Strukturen von Blättern (hier ein Weinblatt) kennt man: Blattadern, die in teilweise selbstähnlicher Weise die Oberfläche eines Blatts bestimmen. Wenn da nicht die Schatten wären, die mich stutzig machten und zu diesem Foto veranlassten. Hat jemand eine Idee, welche optischen Phänomene zu dieser Strukturierung führen?

Schatten im Sand

Dieses Foto war eigentlich anders gedacht. Ich wollte den Spitzensaum der Düne mit ihrem Schatten zur Deckung bringen und hatte dazu auch schon die passende Position angenommen. Allerdings musste ich in diesem Moment den Akku des Fotoapparats wechseln und in dieser Zeit war die untergehende Sonne ein Stück weiter abgesunken, sodass die Schattenlinie meiner Düne etwas höher auf der Projektionswand der Nachbardüne abgebildet wurde. Aber im Nachhinein erweist sich diese Bild noch interessanter und vor allem naturschöner.

Eine Kugel schleppt ihren Schatten

Wenn eine Kugel ihren größer werdenden Schatten hinter sich her zieht, wird sie dann gebremst?

Der Moment, in dem die Sonne die Erde streift

Ich liebe den kurzen Zeitraum am Morgen, wenn die Sonne gerade über den Horizont blinzelt und eine Lichttangente über das flache Land legt. Heute hatte ich Gelegenheit, diesen Moment in einer kaum zu überbietenden Feinheit zu erleben. Als ich eine Schnecke ähnlich gemächlich über den Weg rutschen sah, wie die Sonne aufstieg, flammte plötzlich der flache orangefarbene Schneckenkörper im hellen Sonnenlicht auf. Wie man an den angestrahlten Tannennadeln und Steinchen auf dem Weg erkennt, wurde hier das ästhetisch Prinzip des Ton in Ton in hervorragender Weise erfüllt.
Die Tage im Mai sind für mich in dieser Hinsicht besonders passend, weil wir – die Sonne und ich – etwas zur gleichen Zeit aufstehen.

Rätselfoto des Monats Mai 2023

Wo und wie kommt es zu diesen Kristallen?

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Erklärung des Rätselfotos des Monats April 2023

Frage: Blickt man auf die Sonne oder den Mond?

Antwort: Wenn man nicht auf den Kontext achtet, könnte es sowohl der Mond als auch die Sonne sein. Vom Mond sind die Strukturen nicht zu erkennen, und die Sonne ist bei diesigem Wetter oft so gedimmt, dass sie wie der Mond aussieht. Aber es gibt Hinweise auf die Antwort. Im Vordergrund erscheinen die Blätter eines Baumes in einem roten Licht. Insbesondere die Blätter, deren Seite uns zugewandt ist, reflektieren rotes Sonnenlicht. Die Sonne liegt also hinter uns. Wir blicken daher auf den Mond, der ebenfalls im Licht der Sonne liegt.

Reflexionen am frühen Morgen

An einem morgendlichen Spaziergang taucht plötzlich wie an einem hell erleuchteten Baum gepinnt, mein Schattenbild auf. Auch wenn es nur ein Schatten ist, das Gefühl, dass er etwas mit mir zu tun hat, lässt sich einfach nicht vermeiden.
Schaut man genauer hin, so zeigt sich, dass die durch die Zwischenräume zwischen den Bäumen hervorgebrachten Lichtspalten nicht nur Teile anderer Bäume erhellen, sondern auch den Boden. Dadurch entsteht zuweilen der irritierende Eindruck als würden die Bäume teilweise ihre Grenzen überschreiten.
Die gelbliche Farbe des Lichts zeigt, dass die Sonne noch sehr tief steht und ihr Licht einen so langen Weg durch die Atmosphäre zurücklegt, dass infolge der sogenannten Rayleigh-Streuung die kurzen Wellenlängen (vor allem die Blautöne) zum großen Teil durch Streuung zu den Seiten verloren gegangen sind. „Verloren“ ist nicht ganz korrekt, denn das vorwiegend herausgestreute kurzwellige Licht sorgt als Himmelblau bzw. Tageslicht tagsüber für die typische indirekte Beleuchtung, ohne die wir ansonsten nur etwas im direkten Licht der Sonne sehen würden. Das wären dann optisch gesehen ähnliche Verhältnisse wie auf dem Mond, der keine Licht streuende Atmosphäre besitzt.

Fenster, Licht und Schatten

Eine Glaskugel wird vom blauen Himmel durch ein Fenster hindurch beleuchtet. Sie fokussiert das Licht auf einen Brennfleck. In diesen Brennfleck lege ich eine lichtundurchlässige Kugel (ich hatte nur eine solche aus Schokolade). Diese wirft einen Schatten. Der Schatten ist gerundet und relativ kurz. Denn das Fenster ist als Lichtquelle sowohl zu den Seiten als auch in der Höhe begrenzt.

Rätselfoto des Monats April 2023

Blickt man auf die Sonne oder den Mond?


Erklärung des Rätselfotos des Monats März 2023

Frage: Wir möchten die ungefähre Tageszeit der Aufnahme wissen.

Antwort: Die Aufnahme zeigt zum einen Fenster, in denen die Front eines gegenüberliegenden Hauses reflektiert wird. Zum anderen sieht man eine Serie von Projektionen von Lichtkreuzen im Lichtkreis, die von Fenstern des gegenüberliegenden Hauses stammen. Damit man sie auf der Häuserwand projiziert vorfindet, steht die Sonne nicht sehr hoch. Andererseits stehen sie so hoch, dass von Dämmerung keine Spur ist, denn ihre Farbe ist hell weiß.
Die orangene Färbung der Häuserfront kann daher nicht durch das farbige Licht der tiefstehenden auf- oder untergehenden Sonne erklärt werden. Es handelt sich vermutlich um die Wirkung einer Beschichtung der reflektierenden Fensterscheiben, die langwelliges Licht reflektieren und kurzwelliges durchlassen.
Bei der Tageszeit ist daher vom frühen Vormittag oder späten Nachmittag auszugehen.

Sand, Licht und Schatten

Obwohl der Sand von einheitlicher Farbe ist, schaffen Licht und Schatten eine beeindruckende Koloration, die den sanft geschwungenen Dünen eine Struktur verleihen, von der man sich nur schwer vorstellen kann, dass sie durch die formende Kraft der Winde geschaffen wurde.

Verräterischer Schatten

Der Schatten bringt es an den Tag: Der Gleichschritt wird zur Gefahr, wenn die, die ihn mitmachen, gleichzeitig (momentan) immer nur auf einem Bein stehen. Viele Pilze haben dieses Prinzip vervollkommnet, allerdings für den Preis ewig auf einer Stelle zu stehen. (Stichwort: Ein Männlein steht im Walde…)
Eine andere Frage ist, warum Menschen dazu neigen, sich zu synchronisieren. Im vorliegenden Fall pendeln sogar die Arme im gleichen Takt.

Transparente Kugeln im Sonnenlicht

Eine transparente Glaskugel liegt im Licht, das von rechts oben einstrahlt. An der Länge des Schattens erkennt man in etwa den Einfallswinkel des Lichts. Diese transparente Glaskugel wirft einen Schatten, weil sie das auftreffende Licht auf einen Brennfleck fokussiert. Das im Schattenbereich fehlende Licht wird hier auf eine kleine Fläche konzentriert. Es geht also kein Licht verloren (Energieerhaltung). Der Brennfleck reflektiert einen Teil des Lichts diffus in alle Richtungen. Insbesondere durchleuchtet er von schräg unten die kleinere ebenfalls halbwegs transparente Kugel (Es handelt sich um eine Vitamin D3-Pille, die irgendwie auf meinen Schreibtisch geraten ist 😉 . Sie fokussiert das Licht erneut und strahlt es nach links oben ab.

Lange Schatten

Es sieht aus, als würde ich auf einem Hochrad fahren. Es ist aber nur der lange Schatten auf der abendlichen Fahrt mit einem normalen Fahrrad. Warum fallen uns die langen Schatten in der Zeit der langen Nächte (die auch Schatten sind) besonders auf? Auch im Sommer hätte dieses Foto zu einer etwas späteren Stunde aufgenommen werden können.
Wegen der Kürze der Tage sind im Winter die Zeiten der langen Schatten gemessen an der Tageslänge besonders lang; vermutlich fallen sie uns daher häufiger auf als im Sommer. Wenn man ganz genau ist, müsste man auch noch berücksichtigen, dass die Dauer des Sonnenuntergangs im Winter etwas länger ist. Denn die Sonne trifft unter einem kleineren Winkel auf den Horizont. Aber dieser Unterschied dürfte gemessen an den anderen Einflussfaktoren nicht besonders auffällig sein.
Ganz abgesehen davon sind die Schatten um diese Zeit im Schnitt länger als im Sommer, weil die Sonne im Sommer mittags eine größere Höhe erreicht.

Origineller Doppelschatten

H. Joachim Schlichting. Physik in unserer Zeit 53/6 (2022), S. 289

Normalerweise treten so viele Schatten eines Gegenstands auf, wie Lichtquellen vorhanden sind, die diesen aus unterschiedlichen Richtungen beleuchten. Diese physikalische Gewissheit könnte im folgenden Beispiel arg in Zweifel gezogen werden – allerdings nur auf den ersten Blick.

Obwohl in der Abbildung nur die Sonne von schräg oben fast streifend auf die Hauswand und die etwas vorstehende Fensterbank scheint, beobachtet man an dessen Gitterstäben zwei in entgegengesetzte Richtung fallende Schatten.

Der erste Schatten ist plausibel. Seine Länge zeigt deutlich, dass die Sonnenstrahlrichtung nur geringfügig von der Ausrichtung der Hauswand abweicht. Das Zustandekommen der Schatten der Gitterstäbe erschließt sich erst auf den zweiten Blick: Das nahezu parallel zur Hauswand strahlende Sonnenlicht führt dazu, dass ein schmaler Streifen der rechten weißen Fensterleibung vom Sonnenlicht getroffen wird. Dieser erhellte Streifen reflektiert das Sonnenlicht und wird dadurch zu einer nahezu linienhaften Lichtquelle. Diese beleuchtet auch die gegenüberliegenden Seiten der Leibung und hellt diese deutlich auf.

Die beiden in diesem Licht liegenden Gitterstäbe blenden einen ihrer Ausdehnung und Orientierung entsprechenden Lichtstreifen daraus aus, was sich in entsprechenden Schattenlinien bemerkbar macht. Denkt man sich die beiden Schattenabschnitte auf der oberen Seite der Fensterleibung durch Linien verlängert, so treffen sie sich in der Lichtquelle, also auf dem beleuchteten schmalen Streifen der Fensterleibung (rote Linien auf der Abbildung). Dass der Effekt so deutlich ausfällt, ist auch der großen Intensität des Sonnenlichts zu verdanken. Denn wie es in Goethes „Götz von Berlichingen“ bereits heißt: „Wo viel Licht ist, ist starker Schatten.“

Der blaue Himmel – vieltausendmal

Am Morgen als die Sonne bereits strahlend ihre zu dieser Jahreszeit kurze Bahn zieht, entdecke ich auf einem Feld mit Gründüngerpflanzen den blauen Himmel vieltausendmal in einem Meer von Wassertropfen reflektiert. Die Tropfen haben sich in der Nacht auf den Blättern gebildet, nachdem die Temperatur den Taupunkt unterschritt und der überschüssige Wasserdampf kondensierte.
Jeder Tropfen ist mit einem hellen Punkt markiert, die auf der Oberfläche spiegelnd reflektierte Sonne, so als müsste sie überall ihr Signum setzen. Außerdem wirft jeder Tropfen trotz seiner Lichtdurchlässigkeit einen Schatten, in dem das ausgeblendete Licht zu einem Brennfleck gebündelt ausdruckstark zu Geltung kommt.
Im rechten Bereich des Fotos sind zahlreiche unscharf fotografierte Tropfen zu sehen. Aber auch diese zeigen ein interessantes Unschärfephänomen: Die Sonnenreflexe mutieren zu Ringen. Solche meist ungewünschten Unschärfen werden oft zu künstlerischen Zwecken bewusst herbeigeführt und hören auf den aus dem Japanischen stammenden Namen: bokeh.

Vorauseilender Schatten

Den Schatten eines Kondensstreifens auf einer darunterliegenden Wolken-/Dunstschicht erlebte ich zum ersten Mal vom Fenster des Flugzeugs aus. Ich habe lange rätseln müssen, um den Ursprung der parallel zum Flug verlaufenden dunklen Linie herauszufinden. Die Sonne schien von schräg hinten und von den Kondensstreifen selbst war natürlich nichts zu sehen.
Aber auch von der Erde aus betrachtet, sind die Verhältnisse manchmal gar nicht so leicht zu durchschauen, weil es oft schwer ist die unterschiedlichen Höhen räumlich konsistent miteinander in Einklang zu bringen..

Licht im Schatten einer Flamme

Brechende Flamme | Eine brennende Kerze steht im Sonnenlicht. Auf der weißen Wand ist zu erkennen, dass der Schatten der Flamme von zwei senkrechten Lichtbändern eingerahmt wird. Oberhalb des Dochts ist ein ähnlich heller Fleck.

H. Joachim Schlichting. Spektrum der Wissenschaft 12 (2022)

Oh kleines Licht, oh Quelle,
zarte Dämmerung

Jean Wahl

Die heiße Luft und die chemische Umgebung einer brennenden Kerze lenken Licht ab, das auf die Flamme trifft. Deswegen wirft diese in der Sonne nicht bloß einen Schatten, sondern verstärkt an einigen Stellen im Gegenteil die hindurchlaufende Strahlung.

Wenn eine brennende Kerze vom Sonnenlicht bestrahlt wird, wirft sie einen Schatten auf die Fensterleibung oder auf die Wand, vor der sie steht. Interessanterweise zeichnet sich dort nicht nur der Umriss des Wachskörpers ab, sondern auch die Flamme selbst. Haben wir es hier mit dem Schatten von Licht zu tun? Man kann den Vorgang genauer untersuchen, indem man durch die Flamme hindurch auf einen kleinen Gegenstand blickt. Dann zeigt sich: Die Flamme ist an verschiedenen Stellen unterschiedlich durchsichtig.

Im Bereich der Leuchtzone in der Mitte ist ein dahinterliegendes Objekt kaum zu erkennen. Diese Region ist am wenigsten durchlässig und maßgeblich für den Halbschatten auf der Wand verantwortlich. Der äußere Saum und der den Docht umgebende Kern der Flamme sind hingegen nahezu transparent und hinterlassen auf der Wand so gut wie keine Verdunklung.

Erstaunlicherweise gibt es in der Projektion aber nicht nur dunklere Zonen, sondern auch Aufhellungen, die sogar noch intensiver wirken als der direkte Sonnenschein. So leuchten symmetrisch zu beiden Seiten der Flamme zwei senkrechte Streifen, und im Bereich des Dochtschattens fällt ein vergleichbar heller Fleck auf. Insbesondere diese Verstärkungen deuten darauf hin, dass wir es nicht nur mit einer bloßen Schattenabbildung der Kerzenflamme zu tun haben, sondern mit einer komplexen Wechselwirkung des eingestrahlten Lichts mit der heißen Umgebung.

Dem komplexen physikalischen und chemischen Geschehen einer brennenden Kerze liegen mehrere Teilprozesse zu Grunde. Im Docht steigt flüssiges Wachs auf und verdampft zu langkettigen Kohlenwasserstoffmolekülen. Diese heizen sich beim Durchwandern des dunklen Flammenkerns auf und zerbrechen in kleinere Fragmente. Erst in der äußeren Schicht der Flamme im unmittelbaren Kontakt mit dem Luftsauerstoff verbrennen sie schließlich. Hier sind die Temperaturen am höchsten. Die starke Auftriebskraft entsorgt die Verbrennungsprodukte in einer nach oben strebenden Abgasfahne.

© Spektrum der Wissenschaft / Mike Zeitz, nach: H. Joachim Schlichting (Ausschnitt)
Flammenzonen | Im Bereich der Flamme gibt es eine Abgasfahne, eine Leuchtzone, eine Reaktionszone und den Flammenkern.

Der Übergang von der kühlen Luft zum Abgasschlauch ist mit einem großen Temperatursprung verbunden. Daher liegt es nahe, die hellen Linien als Folge davon anzusehen, dass Licht durch diese Grenzschicht geht. In Gasen kommt es nämlich zur Brechung, wenn sich die Temperatur und damit die Dichte ändern. Das kennt man beispielsweise von Luftspiegelungen über heißen Asphaltstraßen oder von dem Flimmern über einem Feuer.

Wie stark das Licht beim Durchgang durch die Kerzenflamme und die Abgasfahne abgelenkt wird, hängt von der jeweiligen Größe des Brechungsindex in diesen Bereichen ab. Dessen Verlauf quer durch die Abgasfahne und die Flamme haben wir experimentell ermittelt, und zwar einmal exemplarisch in einer Ebene im mittleren Bereich der Leuchtzone sowie unmittelbar über dem Docht [1].

Für beide Ebenen gilt: Nähert man sich der Flamme von außerhalb der Abgasfahne, so sinkt der Brechungsindex innerhalb eines Abstands von etwa zehn bis vier Millimetern von der Symmetrieachse zunächst sehr stark. Dann wird die Abnahme schwächer bis zu einem Minimum. Von hier an unterscheiden sich die Ebenen. Bei der Leuchtzone nimmt der Brechungsindex wieder leicht zu und bleibt schließlich bis zum Zentrum konstant. Ganz anders sieht es in der Dochtebene aus. Hier steigt der Brechungsindex nach Durchlaufen des Minimums enorm und übertrifft sogar den Wert für die Umgebungsluft.

Das beobachtete Verhalten in der weiter oben gelegenen Zone war zu erwarten, weil hier die Temperatur drastisch steigt und zur Symmetrieachse hin wieder etwas sinkt. Die Erhöhung des Brechungsindex im Bereich des Flammenkerns beim Docht lässt sich allerdings nicht allein mit dem Temperaturverlauf erklären. Vielmehr macht sich hier die Abhängigkeit von der stofflichen Zusammensetzung des Gases bemerkbar. Der dort vorhandene reine Wachsdampf bricht das Licht wesentlich stärker als die Luft oder die in der Abgasfahne befindlichen Verbrennungsgase.

Unsichtbare Gase mit sichtbarer Auswirkung

Die Variationen des Brechungsindex lenken das Licht in unterschiedlicher Weise aus seiner ursprünglichen Richtung ab. Das betrifft einerseits die Strahlen im schmalen Übergangsbereich zwischen der äußeren Luft und der nach oben strebenden Abgasfahne. Die abgelenkten Strahlen laufen anschließend auf solche zu, die unbeeinflusst geradlinig weiter vom Rand kommen. Das erhöht die Lichtintensität und erzeugt die hellen Lichtbänder auf der Projektionsfläche.

Außerdem wird das Licht im Flammenkern wegen des rapide zunehmenden Brechungsindex verhältnismäßig stark nach innen abgelenkt. Aus Symmetriegründen überlagert es sich rechts und links des Zentrums. Dadurch nimmt auch hier in einem gewissen Bereich hinter der Kerze die Lichtintensität mit wachsendem Abstand zu. Das führt zu dem beobachteten Fleck beim Schatten des Dochts.

© Spektrum der Wissenschaft / Mike Zeitz (Ausschnitt)
Lichtpfade | Im Bereich des Dochts, wo Wachs verdampft, werden Lichtstrahlen zur Mitte hin abgelenkt und zu einem hellen Fleck auf dem Schirm konzentriert. Auch am Rand werden die Lichtstrahlen gebrochen, hier durch die Abgasfahne von innen nach außen, so dass rechts und links der Flamme zwei Streifen entstehen.

Das heißt, das helle Muster hinter einer durchstrahlten Kerzenflamme mit seinen zwei Streifen und einem zentralen Fleck lässt sich insgesamt auf das Profil des Brechungsindex zurückführen. Dieses wiederum wird durch zwei Dinge bestimmt: die charakteristische Variation der Temperatur und den hohen Brechungsindex des Wachsdampfs in der Nähe des Dochts.

Vor allem in der von Rußpartikeln dominierten Leuchtzone ist die Flamme weniger transparent. In der Projektion lässt sich deshalb ein Schatten beobachten, der aber viel heller ist als der Kernschatten des festen Kerzenkörpers. Interessanterweise ist er nicht ganz grau, sondern eher leicht braun getönt. Für die Färbung sind ebenfalls die Rußpartikel verantwortlich. Mit ihrer Größe von zirka 20 Nanometern sind sie mindestens zehnmal kleiner als die Wellenlängen des sichtbaren Lichts. Sie streuen daher vor allem kurzwellige, überwiegend blaue Anteile der Strahlung, ein als Rayleigh-Streuung bezeichnetes Phänomen. Hierbei werden vorwiegend die langwelligen Rottöne durchgelassen, die in der Projektion dominieren. Wir haben es also mit einer ähnlichen Situation zu tun wie bei der Morgen- oder Abenddämmerung.

Quelle: [1] W. Suhr, H. J. Schlichting. Eine Kerzenflamme im Sonnenlicht. Physik in unserer Zeit 52/6 (2021)

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