Diese Flechten auf den Dachpfannen beeindrucken durch ihre natürliche Farbenpracht. Viele Menschen fühlen sich offenbar eher abgestoßen. Im Internet stößt man vorwiegend auf Ratschläge, wie man diese Schönheiten der Natur dauerhaft entfernt. Dabei handelt es sich bei diesen interessanten Hybriden zwischen einem oder mehreren Pilzen (Mykobionten) und Grünalgen um Bioindikatoren, die uns die Luftreinheit anzeigen.
Die Grünalgen sind in dieser symbiotischen Lebensgemeinschaft für die Photosynthese und damit für die Energieversorgung. d.h. der Synthese von Zucker und Stärke verantwortlich. Der Pilz liefert das dazu nötige Wasser und sorgt für einen festen Halt auf der jeweiligen Oberfläche. Überdies schützt er die Gemeinschaft vor Austrocknung und schädigender Sonneneinstrahlung. Die Flechte nimmt alle Nährstoffe und Wasser passiv durch ihre Oberfläche auf und benötigt daher keine Wurzeln. Sie ist dadurch auch den Schadstoffen der Umgebung ungeschützt ausgesetzt. Sie können nicht wieder abgegeben werden und sammeln sich in der Flechte an. Auf diese Weise können sie Aufschluss über die Luftbelastung der jeweiligen Umgebung geben.
Da die Flechten auf die zufällig anfallenden Wassermengen (Regen, Tau und Wasserdampf) angewiesen sind, findet die Hauptwachstumszeit in den feuchten Monaten des Jahres statt. Gegebenenfalls müssen sie sehr lange Trockenperioden überdauern. Dabei können sie ihren Stoffwechsel vollständig einstellen und in eine Art trocknen Dornröschenschlaf übergehen. Ihr durchschnittliches Wachstum vollzieht sich daher relativ langsam. Sie wachsen nur 1-5 mm pro Jahr und können sich so auch nur sehr eingeschränkt von Schäden wieder erholen. Deshalb erkennt man an Flechten auch länger zurückliegende Belastungen der Luft.
Indikatoren, Indikatoren, Indikatoren…
Bräuchten wir wohl häufiger und umfassender.
Schöner Artikel!
Btw: Hatte durch einen blöden Umstand Fotos von Flechten Im Abendlicht vor einigen Monaten versaubeutelt. werde morgen aktiv danach suchen 🙂
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Vor allem brauchen wir Menschen, die Schlüsse ziehen aus den Informationen, die die Indikatoren geben.
Flechten sind oft sehr farbenfroh und von interessanter Struktur – Futter für Naturfotograf*innen.
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Da gebe ich Dir recht. Wenn klare Indikatoren missachtet werden, dann läuft etwas grundlegend schief.
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🙂
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Sehr informativ, danke!!!
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Das freut mich, dass ich für die Flechte eine Lanze brechen konnte…
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Ja, das Genügsame ist leider immer noch kein medaillenverdächtiges Verhalten. Vielleicht sollte man sagen: Euch ist kein „Kind“ geboren sondern für Euch sind Flechten und Grünalgen gewachsen; das neue Gold liegt im Genügsamen; das Genügsame: die neue „seltene Erde“; oder die Seidenstraße zum Genügsamen…so ähnlich. Statt dessen wird es „bekämpft“. Deren Gegner sind nicht zimperlich:
sie führen „Krieg“ gegen sie, sprechen von abtöten, vernichten, setzen chemische Mittel ein, deren Basis verschiedene Säuren sind, oder empfehlen Reinigungsmitteln mit Soda oder Chlor. Alle Präparate sorgen für das Absterben. Erkennbar am Farbwechsel: von Grün zu Braun.
Alleine der letztgenannte Farbton macht die Richtung dieses martialischen Kriegsführung deutlich.
Diesen „Kämpfern“ muss man sagen: Ihr vernichtet mit Eurer „Sauberkeit“ Eure „Heimat“, „unser Land“. Eure „weisse Rasse“ geht nicht durch „Vermischung“ zu Grunde sondern durch „chemische Beimischungen“.
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Und da sind wir dann wieder beim ach so unschuldigen Spießbürger, der ganz harmlos dafür sorgt, dass sein Vorgarten von Unkraut und Parasiten befreit und auf ein für ihn überschaubares Maß zurechtgestutzt wird. Alles was er nicht überschaut, sieht er als Bedrohung an.
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Bei mir spriesst Unkraut am Trottoir, nicht viel, aber um mich rum ist es leergefegt davon. Da hat wohl jemand etwas dagegen getan.
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Das denke ich auch und es geschieht nicht selten mit der chemischen Keule.
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Ausschliesslich.
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🙂
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Genügsam Nie genug haben.
Ein Freund mitte 50 lobte seinen Sohn, der als angehender Arzt ein tolles Loft gemietet hat und mal schnell für 5 Tage in ein exotisches Land gereist ist. Tja, der kann es NOCH besser als sein Vater.
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Solche Verhaltensweisen passen eigentlich nicht in die heutige Zeit.
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Ich finde Flechten cool, sie sind zäh und wachsen an den unmöglichsten Orten – Moose faszinieren mich auch, viel zu unterschätzt, diese Gewächse
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Seh ich genauso. Für Viele sind Flechten und Moose in ihrer Unangepasstheit eine Bedrohung ihrer vermeintlichen Ordnng und daher zu bekämpfen. Was wird nicht alles getan, um Moose aus dem Rasen und Flechten von den Dächern zu entfernen…
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Man entfernt wohl die Flechten von den Dächern, weil man sonst „zum Gespött der Leute wird“.
„Schau mal, wie der seine Sachen verkommen lässt“.
Ein entfernter Nachbar hat seinen Garten, der mit Hängen recht wild gebaut ist, mit einem extra Schild versehen, dass dies absichtlich so erfolgt sei!
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Das muss man aushalten können. Beim Besuch der kritisch auf unser Hausdach ob der zahlreichen Flechten blickt sage ich immer, dass ich auf diese Dachbelebung besonders stolz bin…
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Und: Hats überzeugt?!
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Man hat es zumindest zur Kenntnis genommen. Überzeugungen brauche meist eine längere Zeit.
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Bei all dem spürt man sehr intensiv, wie Änderungen, obwohl sie sachlich begründbar und von Vorteil sind an den „kulturellen Mauern“ zerschellen. Wie will man da eine ganze Welt retten? Fast bin ich geneigt zu sagen: eigentlich ist nur der chinesische Weg noch offen. Aber ich höre schon die Rufer und Mahner die lieber „freiheitlich sterben“.
Ich wünsche uns allen, dass wir nicht auf eine solche Situation zusteuern
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Ich schließe mich diesem Wunsch an.
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Derlei Geschwätz kann man getrost vergessen, sollen sie doch in ihren chemisch gereinigten Schottervorgärten brutzeln…
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In Münster sah ich einen Schottervorgarten, bei dem auf einigen Steinen sich gelbe Flechten angesiedelt hatten. Mein Gedanke: Wenigstens war der Schotter noch nicht chemisch gereinigt 😉
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In „meinem“ Kaff, Nähe Haltern am See, finden sich alle Schottergartenverbrechen, die man sich nur wünschen kann. Ganze Miniaturlandschaften aus Stein und Plastik, da sprießt maximal 1 x im Jahr ein ultrakrasser Löwenzahn.
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Ich hoffe, dass diese üble Praxis schon bald als Geschmacksverirrung empfunden wird. Das wäre vielleicht ein erfolgreicher Weg zu ihrer Überwindung als sachliche Argumente.
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Du meinst Schotter, zwischen dem nichts wachsen kann. Eine gruselige Idee…
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Ich liebe diese goldenen Flechten und würde jederzeit ein beflechtetes Dach einem unbeflechtetem bevorzugen 😅
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Ja, sie sind nicht nur schön anzusehen sondern auch nicht ein Symbol für den Überlebenswillen in einer bedrohten (Um)Welt…
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sind Flechten nicht die urältesten Pflanzen-Lebewesen überhaupt, die die Steine aufbrachen und überhaupt erst alles besiedelbar machten?
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Das war wohl lange vermutet worden. Inzwischen weisen aber Untersuchen darauf hin, dass Flechten erst Millionen Jahre nach den komplexen Pflanzen entstenden sind. Das tut aber m.E. ihrer Bedeutung keinen Abbruch.
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oh Danke, immer wieder toll, was ich bei Ihnen lernen darf.
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Danke! Ich muss mich da allerdings auch auf die wissenschaftlichen Ergebnisse verlassen.
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Genügsam..die Welt retten: Die ersten Vorboten einer Option auf „strenger Weltrettung“ erscheinen schon am „Buchhimmel“: und erhält einen Preis vom wirtschaftsnahen Handelsbaltt!!!
„Markus Brunnermeier denke weit über die Gesundheitskrise hinaus und über vorausschauende Wirtschaftspolitik nach – er hat die Idee eines „resilienten Gesellschaftsvertrags“.
Brunnermeiers Werk, das für den diesjährigen „Wirtschaftsbuchpreis“ des Handelsblatts nominiert ist, kommt zu der Quintessenz:
Entscheidend für eine wirksame Politik der Krisenprävention sei es, einen „resilienten Gesellschaftsvertrag“ durchzusetzen. Dies könne entweder über soziale Normen, staatlichen Zwang in einer autoritären oder offenen Gesellschaft oder über Märkte geschehen. Allerdings habe jeder der drei Ansätze „seine Schattenseiten“, so Brunnermeier. Es brauche daher stets eine Kombination aller drei.“ so der Handelsblattkommnetar
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Vielen Dank für den Hinweis. Das leuchtet ein. Die Umsetzung ist jedoch das große Problem. Fast die ganze Welt müsste an einem Strang ziehen. Man schafft ja nicht einmal die Vernichtung von Naturflächen im eigenen Land aufzuhalten. Ich las vor kurzen mit welcher Geschwindigkeit die Versiegelung vonstatten geht. Dagegen sind die Geröllvorgärten gar nichts. Von der Abholzung der Regenwälder will ich gar nicht erst sprechen.
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Ja, die Problem drängen nicht nur hinsichtlich ihrer Dringlichkeit, sondern wir bräuchten wahre Bodhisattvas in den Parlamenten, die tausend Arme und in den Handinnenflächen jeweils ein Auge und noch elf Köpfe hätten, wie in der Legende von Avalokiteshvara.
Günther Anders sprach in „Der antiquierte Mensch“ mal von der prometheischen Scham des Menschen, einer „Scham vor der beschämend hohen Qualität der selbstgemachten Dinge“ die ihn überrennen. Nun könnte er die promethische Hilflosigkeit vor der erschreckend hohen „Qualität“ und „Selbstläufigkeit“ der Probleme ergänzend hinzufügen.
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Ja, der ‚Anders, der hat die Gefahren früh erkannt und wurde von vielen dafür verlacht. Dezentralisierung im Sinne von auf viele Köpfe etc. zu verteilen wird uns von der übrigen Natur vorgelebt -bislang haben wir davon wenig übernommen.
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Herzlichen Dank für die sachkundige Beschreibung der Flechten. Ich hatte natürlich gar keine Ahnung von ihrem Sein und Werden, aber meine Sympathie hatten sie allemal. Neu belehrt, werde ich sie nun auch als „Indikatoren“ für den Zustand der Luft zu schätzen wissen,
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Ich werde auf die Flechten in Zukunft bestimmt nochmal zurückkommen. Es gibt übrigens ein Langgedicht von Hans Magnus Enzensberger zu den Flechten, das mich bereits in der Studienzeit begeistert hat. Und – wie gesagt – wo noch Flechten gedeihen, kann es umweltmäßig nicht ganz so schlimm sein.
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