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Physik im Alltag und Naturphänomene, Physik und Kultur

Die Sonne klingt wie ein Gong

Die Sonne sieht manchmal nicht nur wie ein Gong aus, sie ist auch einer. Jedenfalls schwingt sie, auch wenn wir sie mit unseren Ohren nicht klingen hören. Denn sie Sonne ist ein materieller Körper und damit auch schwingungsfähig. Um diese Analogie zum akustischen Schwingen eines Gongs oder einer Glocke für unser Gehör erfahrbar zu machen, haben NASA-Wissenschaftler die Vibrationen der Sonne in hörbare Schallwellen übersetzt. Die verschiedenen physikalischen Ursachen für diese solaren „Töne“ sind äußerst komplex und haben unterschiedliche physikalische Ursachen. Daher sollte man dem Sonnenklang keine über die Hörbarmachung hinaus gehende Bedeutung beimessen. Selbst wenn es ein Ohr geben würde, das die Sonne klingen hören könnte, so würde der Klang nie bis an dieses Ohr vordringen, denn zwischen Ohr bzw. Erde und Sonne herrscht Ultrahochvakuum, das kein akustisches Signal transportieren könnte.

Man wird vielleicht an Goetes Prolog im Himmel seines „Faust. Der Tragödie erster Teil“ (1808), erinnert, wo es heißt:

Solare Wellen wie sie von NASA-Forschern in hörbare Schallwellen übersetzt wurden. © NASA/GSFC

Die Sonne tönt nach alter Weise
In Brudersphären Wettgesang,
Und ihre vorgeschriebne Reise
Vollendet sie mit Donnergang.
Ihr Anblick gibt den Engeln Stärke,
Wenn keiner sie ergründen mag;
Die unbegreiflich hohen Werke
Sind herrlich wie am ersten Tag.


Und schnell und unbegreiflich schnelle
Dreht sich umher der Erde Pracht;
Es wechselt Paradieseshelle
Mit tiefer, schauervoller Nacht;
Es schäumt das Meer in breiten Flüssen
Am tiefen Grund der Felsen auf,
Und Fels und Meer wird fortgerissen
In ewig schnellem Sphärenlauf.


Und Stürme brausen um die Wette,
Vom Meer aufs Land, vom Land aufs Meer,
Und bilden wütend eine Kette
Der tiefsten Wirkung ringsumher.
Da flammt ein blitzendes Verheeren
Dem Pfade vor des Donnerschlags;
Doch deine Boten, Herr, verehren
Das sanfte Wandeln deines Tags.


Der Anblick gibt den Engeln Stärke,
Da keiner dich ergründen mag,
Und alle deine hohen Werke
Sind herrlich wie am ersten Tag.

Goethes tönende Sonne ist allerdings nicht als geniale Vorwegnahme der modernen physikalischen Untersuchungen zur schwingenden Sonne anzusehen, sondern geht auf die altgriechische Vorstellung der Sphärenmusik zurück. Demnach ging man nach der von Pythagoras von Samos und seinen Anhängern vertretenen Idee davon aus, dass bei den Bewegungen der Himmelskörper und der sie tragenden durchsichtigen Kugeln (Sphären) Töne entstehen, die einen harmonischen Zusammenklang ergeben. Demzufolge würden der Physik der Sphären bzw. der Astronomie dieselben Gesetzmäßigkeiten zugrunde liegen wie der Musik (Sphärenmusik). Noch Johannes Kepler, einer der ersten neuzeitlichen Physiker, hat von diesen harmonischen Vorstellungen (erfolgreich) Gebrauch gemacht, auch wenn sie in den schließlich aufgestellten Gesetzen keine Rolle mehr gespielt haben.

Diskussionen

20 Gedanken zu “Die Sonne klingt wie ein Gong

  1. Hat dies auf rebloggt und kommentierte:
    Herzlichen sphärischen DankDank

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    Verfasst von ꜼƢAMAɠYÑIC🌐 | 21. März 2023, 00:05
  2. Ich hab’s nicht so sehr mit dem sgnt. Herrn und Goethe ist mir meist zu seicht
    so *freu* diesmal nicht
    liebe Grüße dir aus DoesburchSUED

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    Verfasst von ꜼƢAMAɠYÑIC🌐 | 21. März 2023, 00:28
  3. „Unermeßlich“🌞🌏🕊️Beides: das Bild und die „Squärenklänge“ der Sonne in Goethes „Prolog im Himmel!
    Ich glaube, Goethe meinte eine geistige „Sonne“, die auch durch die physische Sonne zu strahlen scheint.🌞🙏

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    Verfasst von Gisela Benseler | 21. März 2023, 02:31
  4. Die Idee der Harmonie in allem rührt wohl daher, daß das Betrachtete zu groß und übermächtig ist, als daß es ohne Ordnung und auch Sendung sei.
    Die Physik hat ja anstelle dieser gedachten Sphärenmusik ihre Gesetze in Stein gemeisselt. Aber auch da fragt man (ich) sich: Wieso fallen sie so aus? Alles Wahrnehmbare muss eine Ordnung haben, denn Chaos würde kein Leben zulassen. Leben konnte sich also nur in einer geordneten Welt entwickeln, mit den Puppenfäden der Gesetze.

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    Verfasst von kopfundgestalt | 21. März 2023, 08:38
  5. Welch ein Verlust, wenn die Sphärenmusik dem geistig Lauschenden nicht mehr ertönt und er statt dessen nur noch aus Rechentafeln zusammengeschusterte „Gesetze“ gelten lässt. Ich besitze übrigens einen Sonnengong, aus 12 Metallen ist er gegossen und hat einen wunderbaren Klang. https://gerdakazakou.com/2021/09/02/sonne-herangezoomt/ und https://gerdakazakou.com/2018/06/07/der-gong-und-die-gang-bleistiftzeichnung/

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    Verfasst von gkazakou | 21. März 2023, 15:08
  6. So schade es ist, dass man schwingende Gestirne nicht hören kann, so schade ist es auch, dass sich Schallwellen anders als Licht nicht durch das Vakuum fortpflanzen können. Ich hatte nämlich den sicher naiven Gedanken, dereinst bei wissenschaftlichem Fortschritt Beethovens Klavierspiel vielleicht doch noch hören zu können. Da sich Schallwellen relativ langsam fortpflanzen, müsste es ja theoretisch möglich sein, sie, von Beethoven einmal in die Welt gesetzt, auf dem Weg durchs All „einzuholen“ und so einzufangen. Aber vermutlich würde auch die Energie nicht ausreichen, mit der sie auf die Reise geschickt wurden, wenngleich Beethoven bekanntermaßen ziemlich auf seine Flügel eindrosch?

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    Verfasst von derdilettant | 22. März 2023, 13:31
    • Aber davon träumen darf man ja. Science fiction lebt ja von diesen Träumen, da manchmal wirklich gut ausgedacht sind. Die Gestik und das akustisch Hervorgebrachte wären neben schriftlichen Hinterlassenschaften das einzige, was von einem Menschen übrig bliebe. Aber was wissen wir schon genau?

      Gefällt 1 Person

      Verfasst von Joachim Schlichting | 22. März 2023, 16:11

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