Da man den Schnee als eine Art Granulat kennt, das je nach Alter aus leichten Flocken bis hin zu kompakteren Kristallen besteht, traut man ihm ein Verhalten, wie in der nebenstehenden Abbildung zu sehen kaum zu. Hier haben sich auf den Ästen abgeladene Schneepakete der Schwerkraft ergeben und teilweise von der Unterlage gelöst, um wie schlaffe Textilien herabzuhängen. Hängender Schnee, wie geht das? Aus kaltem Schnee lässt sich kein Schneeball formen. Er rieselt wie Sand von der Hand. Älterer verharschter Schnee verhält sich demgegenüber wie ein fester Körper. Er fällt allenfalls als Ganzes aber er fällt nicht von selbst auseinander. Dass es zwischen diesen beiden Extremen Abstufungen gibt, derart dass eine Schneedecke gestreckt oder gebogen werden kann, kommt einem kaum in den Sinn. Und doch ist es so, wie man in den Fotos sieht. Anderenfalls würde der Schnee
herabfallen, denn inzwischen wird er kaum noch durch Kohäsionskräfte mit dem Ast gehalten, sondern vor allem durch die Schwerkraft der herabhängenden Teile, die sich gegenseitig die Waage halten. Die Voraussetzung dafür ist, dass die Kristalle dieser Schneebänder elastisch miteinander verbunden sind. Im oberen Foto ist die Analogie zu einem über die Äste gelegten Schal allzu offentsichtlich.
Schnee kann je nach seinem physikalischen Zustand ganz unterschiedlich verhalten. Hier zeigt es sich in seinen viscoelastisches Möglichkeiten. Das heißt er kann sowohl wie eine Flüssigkeit fließen als auch wie ein elastischer Gegenstand verformt, also gebogen, gedehnt, gestaucht und geschert werden. Von Scherung spricht man beispielsweise, wenn sich eine Schneedecke im oberen Bereich schneller fortbewegt als im unteren. Dabei können sowohl elastische Kräfte zwischen den einzelnen Schneekristallen auftreten als auch quasikontinuierliche Umformungen in den Bereichen der Stauchung und der Dehnung. Diese äußerst langsam ablaufenden Mikrobewegungen kann man sich als lokale Schmelz- und Gefriervorgänge vorstellen.
Zwischen dem ursprünglichen Zustand, in dem der Schnee durch Kohäsion auf dem Ast „kleben“ blieb und der weitgehenden Ablösung vom Ast mit dem Übergang zu einem durchhängenden Schneeband sind mehrere Tage vergangen. Die Temperatur lag während dieser Zeit bei etwa – 10 °C.
Lieber Joachim, gibt es Bilder von diesen elastischen Bänder der Schneekristalle? Liebe Grüße
Jürgen
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Lieber Jürgen, meinst du Mikroaufnahmen? Außer diesen Fotos kenne ich keine nichts. Liebe Grüße, Joachim
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Unglaublich!! Das hätte ich nicht für möglich gehalten…
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Ich hatte das erstmalig auch erst vor ein paar Jahren gesehen. Aber es ist immer wieder faszinierend, weil es unserer Vorstellung von der Beschaffenheit des Schnees fundamental zu widersprechen scheint.
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Ja wirklich!
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🙂
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Herrlicher Schal, wenn er nur nicht so kalt und feucht wäre :-)! LG Hania
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Ja, die Vorstellung so ein Ding um den Hals gewunden zu haben ist wohl nur an einem heißen Sommertrag erträglich… LG, Joachim.
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Deine Fotos sind einfach immer toll, man gewinnt den Blick fürs Detail.
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Eine nette Übertreibung. Ich kann das Kompliment nur zurückgeben. 🙂
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Keine Übertreibung, meine ehrliche Meinung und vielen Dank für das freundliche Kompliment.
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🙂
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Ich kenne dieses Phänomen als Schneegirlanden. Die gab es hier auch wieder zahlreich zu sehen.
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Mir waren sie früher auch schon begegnet, bis mir allmählich aufging, dass eine solche Eigenschaft für Schnee eigentlich nicht selbstverständlich ist. Ich habe dann aber gesehen, dass es zahlreich Publikationen zur „Anhänglichkeit“ des Schnees gibt, weil die vielen oberirischen Leitungen in den USA oft deswegen zum Einsturz gebracht werden.
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Sollten wir nochmal Märzschnee bekommenm, werde ich Deine interessante Erklärung mal auf unserer Seite verlinken 🙂
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Ja, gerne. Sonst im nächsten Winter. Das Phänomen tritt meist erst dann auf, wenn der Schnee einige Tage liegt.
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