Wie in einem früheren Beitrag dargestellt wird ein Kaltwassergeysir im Wesentlichen durch die periodische Lösung und Ausgasung von Kohlenstoffdioxyd in Wasser infolge einer subtilen Druckvariation betrieben. Dass diese im Verborgenen stattfindenden physikalischen Vorgänge zu derartig drastischen Wirkungen in der Außenwelt führen, ist das eigentlich
Beeindruckende an diesem technisch unterstützten Naturschauspiel. Darüber wird aber meist übersehen, dass nach dem Aufstieg der Wassersäule der Rückfall und die Wiederbegegnung des nunmehr weitgehend zerstäubten mit allerlei Mineralien angereicherten Wassers mit der Erde für mein Empfinden spektakuläre Spuren hinterlässt.
Im ausgestoßenen Wasser ist nämlich nicht nur CO2 gelöst, sondern in ihm sind auch Mineralien wie Eisen, Calcium, Magnesium etc. enthalten. Davon kann man sich überzeugen, wenn man die zum Geysir führenden gepflasterten Wege, auf die sich die Wassersäule abregnet etwas eingehender in Augenschein nimmt. Sie sind von einem vor allem in Rot- und Brauntönen strahlenden Belag überzogen.
Leider wird diesem Phänomen in den Äußerungen und Darlegungen, die ich zum Geysir gefunden habe, keine Aufmerksamkeit gewidmet oder mit einem negativen Unterton als Rost – dem vermeintlichen Inbegriff von Zerfall und Hässlichkeit – abgetan. Ich war im Gegensatz dazu geradezu begeistert vom Gestaltungsvermögen dieses natürlichen Prozesses, der den Besuchern ein ästhetisch äußerst ansprechendes natürliches Kunstwerk (man entschuldige dieses Oxymoron) aus feingegliederten in allen Rot- und Gelbtönen changierenden Strukturen zu Füßen legt. Eigentlich viel zu schön, um achtlos darüber hinwegzutrampeln. Ich habe meinen meist zur Wassersäule erhobenen Blick einfach mal nach unten gerichtet und versucht, einige Eindrücke fotografisch festzuhalten.
„Eindrücke“ im buchstäblichen Sinne sind es eigentlich nicht. Denn die Muster sind „erhaben“ und kommen dadurch zustande, dass sich die im Mineralwasser des Geysirs gelösten festen Stoffe auf dem Boden absetzen. Aufgrund des vom Geysir in einem weitgehend festen Strahl hochgeschossenen und in Tropfenform wieder abregnenden gehaltvollen Wassers, kommt es zu einem großflächigen Kontakt mit dem Untergrund. Die Zerstäubung und die damit verbundene Vergrößerung der Oberfläche des Wassers bedingt, dass ein großer Teil in Wasserdampf übergeht. Infolgedessen haben sich die Mineralien stark angereichert, sodass sie auf dem Boden abgeschieden werden. Keime für diese Form der Kristallisation wurden bereits durch die vorhergehenden Ausbrüche in Form der bereits vorhandenen Mineralschicht hinterlassen. Die bereits bestehenden Strukturen können daher weiter ausgebaut und vervollkommnet werden.
Obwohl diese Vorgänge nach festen physikalischen Gesetzen ablaufen, spielt bei der konkreten Ausgestaltung der entstehenden Muster nach Gestalt und Farbe der Zufall eine wichtige Rolle. Die durch vorangegegangene Ereignisse erfolgte Verteilung der Kristallisationskeime spielt ebenso eine Rolle, wie die konkrete Art und Weise, wie die niedergehenden Wassertropfen dazustoßen.
Schoner Artikel..Wie ist eigentlich die Zuwachsrate?
Kunst hat für mich auch immer etwas von zufälligem. Zumindest die Formen, die mich stärker interessieren. Der kunstbegabte Mensch erkennt auch im zufall eine ordnung.
Wenn ich etwas schaffe, bin ich frei, sogar dann, wenn ich “ schroffe Ästhetik“ verwende.
Manche Betrachter sagen: Kann das weg?
Ja schon, wenn es keine Seele hat.
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Danke! Wie groß die Zuwachsrate ist, weiß ich nicht. Man findet dazu einfach nichts. Sie dürfte aber sehr gering sein und das was ich dort auf den Gehsteigen gefunden habe, das Werk von Jahren sein. die erhabenen Strukturen sind ziemlich hart und überstehen auch gelegentliches Darüberstapfen.
Die Strukturen sind natürlich nicht blind zufällig. Immerhin stecken einige physikalische Abläufe dahinter, die im Rahmen der zufälligen Gegebenheiten (Beschaffenheit des Untergrunds, Art der Beregnung, Störungen durch Besucher…) mit Notwendigkeit ablaufen.
All das macht natürlich noch kein Kunstwerk. Ich würde sagen: Der Betrachter macht es dazu. Ich fand es schöne, andere sprachen sich abfällig über den rostigen Boden aus.
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sehr schöne Oberflächen, fürwahr! Eine Frage zum „Zufall“: Stecken nicht hinter allem „physikalische Abläufe“, also ganz unabhängig davon, ob etwas zufällig oder willentlich zustande kommt? Ob ich nun meinen Pinsel mit Bedacht üer die Leinwand führe oder einfach nur kleckse – an den physikalischen Abläufen ändert das doch nichts – oder?
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In der Physik geht man jedenfalls davon aus, dass alles Geschehen nach physikalischen Gesetzen abläuft. Von Zufall spricht man, wenn beliebig kleine Einflüsse (der berühmte Flügelschlag des Schmetterlings) das Geschehen in die eine oder andere Richtung lenken. Das ist in sogenannte „sensitiven“ Situationen der Fall wie etwa der folgenden: Man bemüht sich einen Bleistift mit der Spitze auf den Tisch zu stellen. Theoretisch müsste das möglich sein, wenn der Schwerpunkt über der Auflagefläche der Spitze liegt. Aber selbst wenn das gelänge, würde die kleinste Störung den Stift in die eine oder andere Richtung zu Fall bringen. Man kann alles vorhersagen nun nicht, in welche Richtung er wirklich fällt. Solche Entscheidungssituationen trifft man auf Schritt und Tritt.
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Verstehe. Man versteht die Gesetze, aber Prognosen über die Realität scheitern dennoch irgendwie am Zufall. 😉
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Genau.
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