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Marginalia, Physik im Alltag und Naturphänomene

Die Sonne und der volle Mond

sonne_mond_p1000659rv… in trauter Nähe Zweisamkeit, so möchte man hinzufügen, wenn man die beiden wie auf dem Foto so nebeneinander sieht. Ich möchte gleich hinzufügen, dass das Foto nicht manipuliert ist. Es fragt sich also, wie das abgebildete Phänomen zustand gekommen ist.
Dass man einen solchen Anblick vor Augen haben kann, erlebte ich zusammen mit einer Reisegruppe an einem frühen Morgen auf einer Busfahrt von Münster nach Florenz.  Plötzlich rief  einer der Teilnehmer begeistert aus: „Guckt mal raus, Sonne und Mond!“ Es war eine ähnliche Situation wie die auf dem Foto darstellte. Denn leider fehlten sowohl die Geistesgegenwart wie auch die Gelegenheit, so schnell ein Foto davon zu machen. Diese ergab sich  dann einige Zeit später.
Nein, der Mond kann es natürlich nicht sein, weil Sonne und Vollmond sich nicht nebeneinander am Himmel aufhalten können. Diese Einsicht ist sogar schon vor vielen Jahren als Schlager in der Alltagswelt angekommen. Hier ein Ausschnitt:

Lady Sunshine und Mister Moon
Können gar nichts dagegen tun
Dass sie am Himmel sich niemals trafen
Denn wenn er aufsteht, dann geht sie schlafen

Lady Sunshine und Mister Moon
Können gar nichts dagegen tun
Wenn sie auch träumen von einem Märchen
Ein Pärchen werden sie nie…

In der Tat, der Vollmond (und nur der ist auch im Schlagertext gemeint) geht dann auf, wenn die Sonne untergeht. Sie sind nur dann gemeinsam zu sehen, wenn der Mond bereits aufgegangent und die Sonne noch nicht untergegangen ist.
Schaut man sich den vermeintlichen Mond auf dem Foto etwas kritischer an, so erkennt man vielleicht, dass die vermeintlichen Strukturen nicht auf die Kraterlandschaft des Mondes verweisen, sondern eher auf die Zweige der Bäume, die in der hellen Sonne fehlen. Das könnte die Idee nahe legen, dass es sich um eine Spiegelung der Sonne handelt. Eine Spiegelung würde auch die erheblich geringere Strahlungsintensität erklären*.
Wie vermutet liegt eine solche Spiegelung vor. Sie ist dadurch entstanden, dass das Foto durch ein Fenster mit einer Doppelglasscheibe gemacht wurde. Das helle Sonnenlicht wird von der inneren der beiden Scheiben zur äußeren Scheibe reflektiert und von dieser erneut in Richtung auf die innere Scheibe zurückgeworfen. Der Rest, der dann durch die innere Scheibe hindurchgeht erreicht unser Auge. Natürlich wird bei jedem Durchgang durch eine Scheibe an jeder Grenzfläche nur ein kleiner Bruchteil (bei senkrechtem Einfall 4% der jeweils einfallenden Strahlung) reflektiert. Das meiste Licht geht nach wie vor durch.
Die Verschiebung des reflektierten Bildes kommt durch den leicht schrägen Einfall des Sonnenlichts zustande. Bei senkrechtem Einfall würden Original und Spiegelbild natürlich zusammenfallen. Eine entsprechende Situation erlebten wir seinerzeit zu Beginn unserer naturwissenschaftlich motivierten Exkursion, bei der wir auf diese Weise von Anfang an gefordert waren. Denn die Phänomene „lauern“ überall, man muss nur bereit sein, sie zu sehen.
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* Dass die Zweige in der untergehenden noch intensiv leuchtenden Sonne nicht zu sehen sind, liegt an der Irradation. Das heißt, die Sonne ist so hell, dass nicht nur die von hellen Lichtstrahlen getroffenen Rezeptoren unserer Augen, sondern auch unmittelbar benachbarte erregt werden. Diese „sehen“ dann Helligkeit, obwohl sie direkt gar nicht von hellen Strahlen getroffen werden. Etwas Ähnliches passiert beim auf dem Chip der Kamera. Dieser Effekt heißt dann meist „Blooming“.

Diskussionen

4 Gedanken zu “Die Sonne und der volle Mond

  1. Denn die Phänomene „lauern“ überall, man muss nur bereit sein, sie zu sehen.

    So ist es. Darum wird es auch nie wirklich langweilig.

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    Verfasst von gnaddrig | 13. Februar 2018, 12:12

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