//
Artikel Archiv

Bionik

Diese Schlagwort ist 4 Beiträgen zugeordnet

Paradiesvogelblume als technisches Vorbild

Die aus Südafrika stammende Strelitzie ((Strelitzia reginae) ist nicht nur von der Kombination der Farben her schön. Sie ist auch in ihren Bewegungsmöglichkeiten faszinierend. Landet nämlich ein Vogel auf der Spitze der von der Blume angebotenen „Sitzstange“ (blau), so wird diese durch das von der Gewichtskraft des Vogels ausgeübte Biegemoment nach unten gebogen. Weil die Stange aus zwei versteiften und miteinander verwachsenen Blütenblättern besteht, wird sie in Längsrichtung zu den Seiten hin aufgeklappt mit der Folge, dass die Staublätter und der Griffel zur Bestäubung freigelegt werden.
In der herkömmlichen Technik würde man für derartige Bewegungen entsprechende Scharniere benötigen, die wie in diesem Beispiel in der biologischen Welt elegant umgangen werden.
Da Scharniere in technischen Einrichtungen wegen der starken Beanspruchung leicht abnutzen, haben sich Ingenieure für diese biologische Variante interessiert und sie auch schon in Form einer bionischen Variante namens Flectofin® realisiert. Dabei wird die Bewegung stabförmiger und flächiger Elemente in Form eines gelenkfreien, stufenlos einstellbaren Klappmechanismus miteinander verbunden. Dafür gibt es zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten wie z.B. die verschleißfreie Verstellung beweglicher Sonnenschutzlamellen. Näheres dazu: https://www.youtube.com/watch?v=IQYrCpP0BHQ

Luftrüssel – der Natur abgeschaut?

Ein durch eine Spiralfeder zusammengerollter flacher Papierschlauch wird durch Einblasen von Luft entrollt. Sobald der Luftstrom nachlässt, rollt sich der Schlauch durch die Federkraft wieder auf.

Manche werden die Luftrüssel-Tröte noch aus der Kindheit kennen (Abbildung a). Es handelt sich um eine einfache Flöte, die beim Blasen durch einen mechanischen Zusatzeffekt überrascht: Sobald man bläst, dringt die Luft in einen spiralförmig aufgerollten Papierschlauch ein und entrollt diesen auf eine Länge von circa 20 cm. Das soll bewirken, dass andere Menschen nicht allein akustisch durch das überfallartige Tröten erschreckt werden, sondern zusätzlich durch das unerwartete Vorschnellen des Schlauches.

Dem Mechanismus des Entrollens und Aufrollens liegen zwei gegeneinander wirkende Kräfte zugrunde. Im Ruhezustand sorgt eine an den Kanten des luftleeren und in diesem Zustand flachen Schlauchs eingearbeitete feine elastische Spiralfeder dafür, dass er nur gegen die elastische Kraft dieser Feder entrollt werden kann (Abbildung b). (Die ausgebaute Spiralfeder in Abbildung c). Beim Aufrollen des luftleeren flachen Papierschlauchs legt seine äußere Fläche eine längere Strecke zurück als seine innere. Da das unelastische Papier weder gestreckt noch gestaucht werden kann, wird die innere Fläche durch aufgeworfene kleine Falten im Papier verkürzt, während der äußere Rand weitgehend glatt bleibt.

Beim Aufblasen des Schlauchs werden ähnlich wie bei einem Luftballon durch die raumgreifende Blasluft Kräfte auf die starren Papierwände ausgeübt, sodass die Luft im Schlauch unter zunehmenden Druck gerät.

Infolgedessen dringt die Luft zwischen die  durch die Spiralfeder eng zusammengepressten Ober- und Unterseiten, sodass diese gegen den Widerstand der elastischen Federkraft auseinander gedrückt werden. Damit ist zwangsläufig verbunden, dass der Schlauch und die Feder entrollt werden. Was hier langsam beschrieben wurde passiert realiter blitzschnell. Bei völlig abgerolltem Schlauch strömt die weiterhin einströmende Luft nunmehr aus der nunmehr entfalteten Öffnung an dessen Ende.

Das bleibt so, solang der erforderliche Luftdruck durch Weiterblasen aufrechterhalten werden kann.

Die Dauer hängt von der Entscheidung der Spielenden ab und wird letztlich vom Lungenvolumen begrenzt. Sobald der Luftstrom und damit der Luftdruck abnehmen gewinnt die rücktreibende Kraft der Spirale wieder überhand. Der Schlauch schnellt in seine aufgerollte Ruheposition zurück und presst dabei die Luft aus sich heraus.

Wenn man beim Zurückrollen einen kleinen Ball in die Papierschnecke klemmt, so kann man diesen beim nächsten Entrollen auf eine Wurfbahn katapultieren. Ein solcher Ballwurf hat ein Vorbild in der Natur. Das Springkraut wirft auf ähnliche Weise seine Samenkörner weit von sich.

Auch einige Schmetterlinge,  etwa das Taubenschwänzchen, können ihren Rüssel je nach Bedarf ausrollen und dadurch verlängern und anschließend platzsparend wieder einrollen (Abbildung 2). Ein langer Rüssel erlaubt es ihnen, auch aus sehr tiefen Blütenkelchen Nektar zu saugen. Da er aber sonst, insbesondere beim Flug, hinderlich wäre, wird er platzsparend spiralförmige eingerollt. Der Schmetterling nutzt allerdings keinen Luftdruck, sondern bestimmte Muskeln, die für das Auf- und Entrollen zuständig sind. Wie der Luftrüssel ist auch der Schmetterlingsrüssel im Ruhezustand aufgerollt, bei entspannten Muskeln.

Wer die Luftrüsseltröte erfunden hat, lässt sich wie bei vielen alten Spielzeugen nicht mehr nachvollziehen.

Ich danke Gerhard Mehler für die Überlassung des Fotos vom Taubenschwänzchen in diesem Beitrag.

Gegenseitige Beschirmung

Ob Pilze mit Schirm Vorbild für unserer Sonnen- und Regenschirme waren, ist nicht bekannt. Es ist allerdings erstaunlich, wie sehr sie manchen Pilzen ähneln. Dass die Pilze sich hier gegenseitig beschirmen, ist zwar ein typisch menschlicher Gedanke, aber kein schlechter.
Denn mit dem Schirm oder der manchmal auch eher an einen Hut erinnerenden Abdeckung werden die Sporen geschützt, die sich in den Lamellen oder Röhren an der Unterseite befinden. Erst wenn sie reif sind, werden sie frei gegeben und von Wind und Wasser in der Umwelt verteilt. Der Schopftintling setzt die Sporen auf eine sehr ungewöhnliche Weise frei – er verflüssigt sich gleich selbst.
Obwohl die Abdeckung mit einem Schirm oder Hut als typisch für Pilze angesehen wird, kommen viele Pilze auch ohne ihn aus.

Weitere Beiträge zu Pilzen findet man hier und hier und hier und hier und hier.

 

 

 

Vom Johannisbeerlikör zum Gradnetz der Erde

Die Natur ist für viele Errungenschaften und Vorrichtungen in vielerlei Hinsicht zum Vorbild genommen worden. So sind die Klettenfrucht beispielsweise Vorbild für den Klettverschluss und der Vogelflug für das Flugzeug. Mit solchen Übertragungen natürlicher Gegebenheiten und Phänomene auf technische Objekte befasst sich die Bionik. Weiterlesen

Photoarchiv